ANSCHUSS KNIGGE NACHSUCHEN-SERIE, TEIL 4 Ruhe nach dem Schuss Liegt das beschossene Stück nicht in Sichtweite, halten viele Schützen die Ungewissheit nicht aus. Kaum ist der Pulverdampf verflogen, eilen sie zum Anschuss. Doch vieles spricht dagegen. STEFAN MAYER sagt, weshalb. FOTO : S TEFAN M AYER Dieser Bock kam nur knapp 50 Meter vom Anschuss (dort typische Pirschzeichen eines Laufschusses, Bild unten) zur Strecke. Wird ein Laufschuss auch nur vermutet, sollte der Anschuss zunächst nicht angegangen werden. O berstes Gebot nach dem Schuss ist: Nachladen und Ruhe halten. Nutzen Sie diese Phase, um sich alles, was geschehen ist, genau einzuprägen. Denn mehrere Gründe sprechen gegen das vorschnelle Aufsuchen des Anschusses: 1. Beschossene Stücke, die nicht tödlich getroffen wurden, verhoffen oft nach kurzer Flucht und orientieren sich neu, um einen sicheren Ort anzusteuern. Dabei kann das Stück unter Umständen nochmals beobachtet und bestenfalls erlegt werden. 2. Rast der Schütze sofort zum Anschuss, verknüpfen andere Rudel- oder Rottenmitglieder den Schuss mit ihrem größten „Feind“, dem Menschen. 3. Der wichtigste Punkt: Das beschossene Stück soll nicht durch den Menschen aus dem häufig sehr nahen Wundbett aufgemüdet werden. Derart angerührtes Wild flüchtet häufig noch weite Strecken – auch mit schwerer Verwundung. Merke: Nach dem Schuss mindestens 15 Minuten warten. Lange Zeit wurde gelehrt, dass der Jäger den Anschuss möglichst ruhig auf- und untersuchen sollte. Aber dieser alte Zopf muss abgeschnitten werden. Der lautlos pirschende Jäger verschreckt das Wild weit mehr, als die quasselnden „Walkerinnen“ oder die wandernde Familie, die heutzutage zunehmend unsere Natur bevölkern. Das Wild hat sich daran vielerorts bereits gewöhnt. Deshalb empfiehlt es sich, den Anschuss wie ein Spaziergänger pfeifend oder gar sprechend auf- zusuchen. Das im Wundbett liegende Wild nimmt so den annähernden Jäger frühzeitig war und kann sich drücken oder kurz flüchten, um sich bald wieder niederzutun. Selten wird das kranke Stück in panischer Flucht das Weite suchen. Merke: Den Anschuss laut angehen. Zwei Ausnahmen gilt es aber zu beachten: 1. Vermutet der Schütze durch seine Beobachtungen einen Laufschuss, sollte er den Anschuss gar nicht erst angehen. Häufig sitzt das Wild (vor allem Wiederkäuer) schon in der Nähe im Wundbett. Dort sollte es in den folgenden drei bis sechs Stunden in Ruhe gelassen werden, damit die Nachsuche möglichst schnell zum Erfolg führt. Der durch die Verletzung verursachte Adrenalinschub klingt ab und das Stück bekommt sogenanntes Wundfieber. Die Schussverletzung verursacht neben der mechanischen Verletzung noch Muskelverspannungen, Zerrungen und Blutergüsse. Dadurch ist das Wild nach der entsprechenden Wartezeit recht ungelenk und kann somit vom Hund sehr schnell gehalten oder gestellt werden. 2. Deuten die Anzeichen auf einen Waidwundschuss hin, sollte die Wartezeit bis zum Suchen des Anschusses erhöht werden. Häufig liegt das Stück im Umkreis von 50 Metern. Lässt man es in Ruhe, ist es oft nach einer halben Stunde verendet. Tritt der Jäger zu früh in seine Nähe, kann es – auch mit schweren Verletzungen – noch mehrere hundert Meter flüchten. Merke: Bei Waidwundschüssen frühestens nach einer Stunde zum Anschuss gehen, bei Laufschüssen gar nicht. e WILD UND HUND 19/2011 073_073_Sieben_Suenden_1911.indd 73 73 15.09.2011 13:56:13 Uhr
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