Teil 6: Nachsuche im Dunkeln

UNSERE HUNDE
ANSCHUSS
KNIGGE
NACHSUCHEN-SERIE, TEIL 6
Im Dunkeln tappen
Das beschossene Stück liegt nicht am Anschuss, und inzwischen bricht
die Nacht herein. Sofort nachsuchen oder bis zum nächsten Tag warten?
STEFAN MAYER gibt Hinweise, wie der Jäger diese Situation meistert.
N
achsuche ist keine Nachtsuche.“
Dieser Leitsatz hat uneingeschränkte Gültigkeit, genauso
wie der Umkehrschluss: „Nur Tageslicht
ist Nachsuchenlicht.“ Davon ausgenommen sind lediglich kurze Totsuchen.
Totsuchen sind keine Nachsuchen im eigentlichen Sinne. Ein tödlich getroffenes
und verendetes Stück wird gesucht, da es
der Schütze, beispielsweise in der dichten Vegetation, nicht findet. Bei der Totsuche geht es vorrangig darum, das Wildbret nicht verderben zu lassen. Aber auch
für nächtliche Totsuchen gibt es zwei
wichtige Regeln, um die Qualen des Wildes nicht unnötig zu erhöhen und die
eigene Gesundheit sowie die des Hundes
nicht zu gefährden:
1. Mais- und Rapsschläge oder Schilf
werden nur am Tag betreten. Die Risiken für das Gespann, von einem plötzlich zum reifen Keiler herangewachsenen Frischling angenommen zu werden, sind in der Nacht unkalkulierbar
hoch.
2. Wird der Anschuss in der Nacht kontrolliert, geht man der Fährte maximal
150 Meter nach. Liegt das Stück nicht
nach dieser Strecke, ist es eher eine
Nachsuche und die Gefahr, das Stück
aufzumüden, steigt. Derart aufgeschrecktes Wild geht so weit die Läufe
es tragen. Selbst für erfahrene Gespanne sind Nachsuchen auf hochgemachte
Stücke eine schwere Aufgabe.
Merke: Verläuft die nächtliche Totsuche
in Schilfpartien, Mais- oder Rapsfeldern
oder ist sie länger als 150 Meter, wird
die Arbeit abgebrochen.
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FOTO : S TEFAN M AYER
Merke: Nachsuchen, außer tatsächliche
Totsuchen, werden niemals in der Dunkelheit durchgeführt.
Wenn eine längere Nachsuche vermutet
wird, geht es erst am nächsten Morgen
bei Tageslicht weiter.
Prinzipiell gibt es lediglich zwei Arten
von Treffersitzen, die eine nächtliche
Suche erlauben.
1. Der Kammertreffer, der durch Lungenteile am Anschuss und im Schweiß
gekennzeichnet ist.
2. Der Pansenschuss beim Rehwild,
den man bereits am Geruch erkennt.
Beide Trefferarten führen zu einem
schnellen oder beinahe schlagartigen
Verenden des Wildes, und die Stücke lie-
gen in aller Regel nach wenigen Metern.
Sämtliche anderen Schüsse sind erst
nach einer mehrstündigen Wartezeit
und tagsüber nachzusuchen. Selbst Leberfetzen am Anschuss eines Stückes
Schwarzwild sind keine Gewähr für eine
kurze Totsuche. Ein Jäger sollte die Anatomie der Wildtiere kennen, denn eine
Schweineleber besteht aus mehreren
Lappen. Ist davon nur einer verletzt,
führt die Verwundung noch lange nicht
zum schnellen Tod. Mit Milztreffern
können die Stücke teilweise noch mehrere Wochen leben.
Immer wieder erlebt man, dass Jäger
ihren Hund in der Nacht das wegbrechende Wild hetzen lassen. Nur selten sind sich die Führer der Gefahren für
ihren Vierläufer bewusst. Unser Jagdhelfer ist in der Nacht dem annehmenden
Wild gnadenlos unterlegen. Zudem riskiert der Rüdemann, dass der Hund
durch spitze Äste oder Dornengebüsch
während der Hatz sein Augenlicht verliert. „Wachtelvater“ und Hundefachmann Rudolf Frieß betitelte dies mit dem
Ausdruck „in die aschgraue Pechhütte
gehetzt“, was bildhaft die nächtliche
Hatz beschreibt.
Merke: Ein Hund darf in der Nacht
nicht geschnallt werden. In der Dunkelheit ist er annehmendem Wild unterlegen und kann beim Nachsetzen im
Unterholz sein Augenlicht verlieren.
Aus diesen Gründen ist es selbstverständlich, dass die tatsächliche Nachsuche nur bei Tageslicht durchgeführt
wird. Über die vermeintlich bessere
Wildbretqualität eines nächtlich gehetzten Stückes im Vergleich zu einem
im ersten Tageslicht gefundenen, verendeten Stück bedarf es keiner Diskussion.
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WILD UND HUND 21/2011
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