Süddeutsche Zeitung, 21. November 2015 – Wirtschaft Seite 3

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WIRTSCHAFT 27
DEFGH Nr. 269, Samstag/Sonntag, 21./22. November 2015
Süddeutsche Zeitung Wirtschaftsgipfel Die Deutsche Bank im Umbruch
ZITATE DES TAGES
interview: marc beise
und ulrich schäfer
Martin Schulz
Berlin – Seit drei Jahren ist Paul Achleitner Aufsichtsratschef der Deutschen
Bank. Auf dem SZ-Wirtschaftsgipfel in
Berlin spricht er über die tiefe Krise des
größten deutschen Geldinstituts, den bescheideneren Stil des neuen Vorstandschefs und die Frage, wie die Bank in der digitalen Ära vorne bleiben will.
EU-Parlamentspräsident
„Das Leben wird vorwärts
gelebt, aber rückwärts verstanden.“
Roland Berger
Unternehmensberater
„Ich bin ein ergrautes Start-up – der
Laden ist aber jung geblieben.“
Ulrich Grillo
Präsident des BDI
„Wir haben überhaupt keinen Raum
für parteipolitische Zickereien.“
Paul Achleitner
Aufsichtsratschef der Deutschen Bank
„Das Wichtigste an einer Bank
ist das sogenannte
Rumlaufvermögen: Die Mitarbeiter
gehen jeden Abend nach Hause und
man muss sehen, dass sie am nächsten
Tag wiederkommen.“
Thorsten Dirks
Chef der Telefónica Deutschland
„Wenn sie einen Scheißprozess
digitalisieren, dann haben sie einen
scheiß digitalen Prozess.“
Martina Koederitz
Chefin von IBM Deutschland
„Ein Tanker ist nicht über Nacht in ein
Speedboot zu verwandeln.“
Jean Lemierre
Chefkontrolleur BNP Paribas
„Wir müssen Terrorismus und die
Flüchtlinge in der politischen Debatte
unbedingt auseinanderhalten.“
Ulrich Spiesshofer
ABB-Chef
„Wir wissen, wo wir sind, wir wissen,
wo wir hinwollen.“
Herr Achleitner, wer etwas verändern
will, muss Krisen erzeugen, trifft das
auch auf die Deutsche Bank zu?
Paul Achleitner: Auf jeden Fall sollte sie
Krisen nutzen.
Sie sind seit drei Jahren Aufsichtsratschef
der Deutschen Bank. Haben Sie sich das
manchmal anders vorgestellt?
Es ist bei vielen Verantwortungen im Job
so, dass man sich das zuvor anders vorstellt, das ist hier sicherlich auch der Fall.
Die Deutsche Bank ist in einer tiefen Krise, das würden Sie nicht bestreiten, oder?
Die gesamte Bankbranche ist in einem fundamentalen Umbruch, der Folgen haben
wird. Denn ohne Finanzen funktioniert
nichts in der Wirtschaft. Das betrifft auch
viele andere Institute.
Sie stehen vor dem größten Arbeitsplatzabbau in der Unternehmensgeschichte.
Sie müssen die Postbank verkaufen, haben Milliarden Verluste gemacht, die Dividende gekappt. Das ist schon ganz schön
happig, oder?
Ja, das ist so.
Wie konnte es so weit kommen?
Das muss man in einen größeren Kontext
einbauen. Schauen Sie, wir hatten eine finanzielle Revolution, jetzt eine digitale. Im
19. Jahrhundert aber hatten wir die industrielle Revolution. Da gab es Dinge, die im
Nachhinein völlig unmöglich erscheinen.
Es gab Kinderarbeit, auf die Umwelt hat
man nicht geachtet und hat Gift in den
Fluss geleitet. Aus heutiger Sicht werden
die, die damals sehr erfolgreich waren, anders eingeordnet, einfach weil sich die Vorschriften geändert haben.
Irgendwann aber muss man den Fluss säubern. Sie haben den säubern lassen, der
quasi zuständig war für die eingeleiteten
Chemikalien. War es richtig, Anshu Jain,
den früheren Chef des Investmentbankings zum Co-Chef der Bank zu machen?
Ja.
Anshu Jain hat die Bank gerade verlassen. In seiner Amtszeit mussten das Institut viele Milliarden an Strafen bezahlen
für die Skandale im Investmentbanking.
Haben Sie zu lange gewartet?
„Neue Bescheidenheit“
Die Deutsche Bank sucht den Ausweg aus der Krise. Im Kreuzverhör
erklärt ihr Aufsichtsratschef Paul Achleitner, wie das gelingen soll
um die fundamentalen Daten, die dahinter stehen. Oft haben die Banken langfristig gewachsene Datenstrukturen, die den
modernen Technologien nicht sofort zugänglich sind. Darum müssen wir uns
ganz umfassend kümmern. Aber natürlich sind wir bei der Digitalisierung dabei,
auch wenn man es nicht immer sieht von
außen: Wenn Apple zum Beispiel einen
App-Entwickler beauftragt, läuft die Bezahlung über uns.
Das Wort Kulturwandel verwenden Sie
nicht mehr gern, aber ist die Digitalisierung nicht der viel größere Kulturwandel?
Sie können die Welt
nicht erobern, wenn sie
nur in Frankfurt und Berlin
sitzen. Mit geografischen
Aufrechnereien werden wir
unseren Herausforderungen
nicht gerecht werden.“
Für die Deutsche Bank propagiert Chefkontrolleur Paul Achleitner
eine neue Bescheidenheit – das gilt für die Mitarbeiter, aber auch
für die Aktionäre. FOTO: JOHANNES SIMON
Nein, wir haben ja reagiert. Wir haben erst
eine neue Strategie aufgesetzt, dann die
Strukturen dafür ins Leben gerufen und
dann haben wir die richtige Führungsmannschaft ausgewählt, das umzusetzen.
Ich bin überzeugt, dass wir das zum richtigen Zeitpunkt gemacht haben. Sie dürfen
auch nicht vergessen: In den vergangenen
drei Jahren haben wir immerhin unsere Erträge stabil gehalten. Die Aufräumarbeiten haben einiges gekostet, aber das muss
man sich auch erst einmal leisten können.
Seit dem 1. Juli führt John Cryan die Bank.
Was kann der Neue besser?
Ich bitte zu berücksichtigen: Jürgen Fitschen ist nach wie vor Co-Vorstandschef.
Zu John Cryan kann ich Ihnen sagen: Er
hat schon einmal die Strukturen einer
Bank aufgeräumt, er ist ein sehr erfahrener Manager, der sich sehr gut in den gesamten Geschäftsbereichen auskennt. Er
ist bestens geeignet, eine neue Bescheidenheit ins Unternehmen zu bringen.
Gehört zu dieser Bescheidenheit etwa
auch, dass sich Cryan nicht gerne öffentlich zeigt?
Wir können ja nicht auf der einen Seite darüber reden, dass die Herausforderungen
so fundamental sind, aber auf der anderen
Seite reist er von Konferenz zu Konferenz.
Wir als Aufsichtsrat sind froh, dass er sich
um das Management, die Organisation
kümmert. Viele Mitarbeiter sind verunsichert, die erwarten das auch.
Als Cryan seine Pläne angekündigt hat,
ging der Aktienkurs aber runter.
Es war doch klar, dass der Aktienkurs runtergeht, wenn man keine Dividende mehr
bezahlt. Das ist keine so aufregende Erkenntnis. Sie können ein Unternehmen
nicht führen, indem sie permanent versuchen, Analysten und Medien glücklich zu
machen. Langfristig sollte das natürlich
das Ziel sein, aber wenn man sich im Mikromanagement verliert, dann fehlt einem oft die langfristige Orientierung.
Auch bei der Digitalisierung braucht man
langfristig eine Orientierung. Sind die
deutschen Banken damit zu spät dran?
Bei der Digitalisierung geht es nicht nur
darum, tolle Apps zu entwickeln, es geht
Ja, natürlich, alles, was digitalisiert werden kann, wird auch digitalisiert. Wir sind
daher beispielsweise auch dabei, einen eigenen Attacker aufzubauen, dessen einziger Job es ist, die Deutsche Bank vorsorglich digital anzugreifen.
Ihr übergeordnetes Ziel ist es, die Deutsche Bank zu einer europäischen Alternative zu den großen internationalen Banken machen, richtig?
Die Deutsche Bank macht das, wofür sie gegründet wurde, also die Expansion der
deutschen Industrie zu begleiten. Heute
unterstützt die Bank die europäische Industrie in einer globalen Wirtschaft.
Der zuständige Firmenkunden-Vorstand
Jeff Urwin sitzt in New York. Hat er überhaupt die Kontakte zur hiesigen Industrie?
Sie können die Welt nicht erobern, wenn
sie nur in Frankfurt und Berlin sitzen, und
außerdem: Herr Urwin ist ja kein Alleinkämpfer, er arbeitet im Team. Mit irgendwelchen geografischen Aufrechnereien
werden wir unseren Herausforderungen
nicht gerecht werden.
Noch eine persönliche Frage: Warum tragen Sie Bart? Das ist in Ihrer Branche
doch eher unüblich.
Weil ich zunächst mal Mensch bin und
dann erst Banker.
protokoll: meike schreiber
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