Jagd in Hessen im 21. Jahrhundert - Hessen

Informationen des Forstamtes Kirchhain im Dez. 2015:
Jagd in Hessen im 21. Jahrhundert –
exklusive Freizeitbeschäftigung oder
umweltpolitische Notwendigkeit ?
Natürliches Gleichgewicht
Die Lebensbedingungen für Menschen, Tiere und Pflanzen sind weltweit einem ständigen Wandel
unterworfen. Dabei spielen globale und regionale Veränderungen der Umwelt sowie der Einfluss des
Menschen auf unsere Kulturlandschaft eine Rolle.
Die meisten der natürlichen Feinde unserer heimischen Schalenwildarten Hirsch, Reh und Wildschwein
kommen in Hessen nicht mehr vor. So sind es vor allem die klimatischen Bedingungen und die Nahrungsgrundlage, die einen gewissen Einfluss auf die Entwicklung der Wildtierpopulationen haben können. Da
aber die Winter der letzten Jahre mit ungewöhnlich milden Temperaturen bei geringer Schneelage einhergingen, trat keinerlei Notsituation und damit verbundene natürliche Auslese von kranken und schwachen
Tieren ein. Zudem beschert der ganzjährige Anbau von energiereichen Feldfrüchten, häufiges und
reichliches Fruchtaufkommen bei unseren Waldbäumen sowie Veränderungen der Waldstrukturen infolge
von Sturmereignissen, die eine nahrhafte Kraut- und Strauchvegetation fördern, dem Wild einen reich
gedeckten Tisch.
Im Ergebnis sind die Bestände der genannten Wildarten stark angewachsen und Hessens Jäger haben alle
Hände voll zu tun, um natürliche Gegenspieler zu ersetzen und der ungebremsten Vermehrung der Tiere
zu begegnen. Im Ergebnis wurden im Zeitraum April 2014 bis März 2015 u.a. rund 6300 Stück Rotwild,
49000 Wildschweine und 82000 Rehe (Angaben Hess. Landesjagdverband) zur Strecke gebracht. Dabei
ist davon auszugehen, das weniger als der natürliche Zuwachs der Wildbestände erbeutet wurde.
Auswirkungen überhöhter Bestände
Unter Berücksichtigung der genannten Jagdergebnisse ist in Hessen
von einem Wildbestand in mehrfacher Höhe der genannten Zahlen
auszugehen. Angesichts derartiger Populationsdichten wundert es nicht,
wenn von Vertretern der Land- und Forstwirtschaft massive Wildschäden
reklamiert werden. Während auf Ackerflächen und Grünland vor allem
das Schwarzwild für Ertragseinbußen in Millionenhöhe sorgt, sind es
insbesondere Hirsche und Rehe, die für ähnliche Schadenssummen an
den Waldbeständen verantwortlich sind. Diese treten primär durch das
Abfressen von Knospen an Jungpflanzen und das Abschälen der Rinde
an jungen Bäumen, aber auch das Zerstören jungen Bäumchen durch
Hirsche und Rehböcke mit Hilfe ihres Geweihes auf. Der Möglichkeit,
diesen Schäden durch Schutzzäune oder ähnliches vorzubeugen, sind
naturgemäß wirtschaftliche Grenzen gesetzt.
Im Straßenverkehr ziehen überhöhte Wildbestände Gefährdungen der
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Rehbock im Sommer
Verkehrsteilnehmer sowie ggf. materielle Schäden
an verunfallten Fahrzeugen nach sich. Schließlich
ist es aus Sicht des Naturschutzes zu beklagen,
dass hohe Wildbestände zu einer selektiven
Beeinträchtigung der natürlichen Vegetation und
damit zum Schwund bevorzugt gefressener
Pflanzenarten und darauf angewiesener Lebensgemeinschaften beitragen. Dies wirkt einer
angestrebten größtmöglichen Artenvielfalt und
damit der vielzitierten Biodiversität entgegen.
Das Forstamt Kirchhain führt regelmäßig Projekte zum
Schutz gefährdeter Arten (hier: Wespenbussard) durch.
Gesetzlicher Rahmen
Gemäß Hessischem Landesjagdgesetz ist die „Vielfalt der wild lebenden Tiere und Pflanzen im
jeweiligen Naturraum .. zu erhaltenF. Bedrohte F Arten sind besonders zu schützen und F zu
fördern.“ Dazu legt der Gesetzgeber fest, welche Tierarten bejagt werden dürfen und zu welchen
Jahreszeiten und unter welchen sonstigen Umständen in die Wildbestände eingegriffen werden darf.
Im Rahmen einer neuen Rechtsverordnung, die z.Zt. im Entwurf vorliegt, unterbreitet die Landesregierung Vorschläge, welche Tierarten künftig von einer Bejagung ausgenommen werden sollen, da
deren Regulierung nicht notwendig erscheint und nachteilige Wirkungen einer solchen Beschränkung
nicht zu befürchten sind. Auch sollen Details der jagdlichen Ausbildung und Fragen der Aufgabenübertragung auf die Vereinigungen der Jäger neu geregelt werden. Diese Reformvorschläge rufen
massiven Protest der Hessischen Jägerschaft hervor. Vor allem fühlen sich Jagdpächter und
Jagdausübungsberechtigte in ihren Rechten beschnitten. Zudem wird eine Überbetonung des
Naturschutzes im Jagdrecht beklagt.
Zukunft der Jagd
Die Regulierung der Bestände großer, heimischer Schalenwildarten in Hessen wird auch künftig
zwingend erforderlich sein. Dazu muss ein gerechter Ausgleich der z.T. gegensätzlichen Interessen
von Land- und Forstwirtschaft, Naturschutz, erholungssuchender Bevölkerung und Freizeitjägerschaft
herbeigeführt werden. Gelingen kann dies nur, wenn außer den jagdrechtlichen Rahmenbedingungen
auch Belange des Tierschutzes und zeitgemäße wildbiologische Erkenntnisse berücksichtigt werden.
Dadurch könnte die Wirksamkeit der Jagd einerseits erhöht, andererseits die Phasen der
Beunruhigung des Wildes in Zeiten reduzierter Stoffwechselaktivität vermindert werden.
Ein Nebeneffekt einer ordnungsgemäßen Jagd ist und bleibt übrigens die Erzeugung von Wildfleisch
als einem besonders hochwertigen und naturreinen Lebensmittel. Wildbret von Wildschwein und Reh
ist auch beim Forstamt Kirchhain erhältlich – bitte melden Sie Ihren Bedarf rechtzeitig an.
Frohe Feiertage und einen guten Start
ins Neue Jahr wünschen Ihnen die
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von
Hessen-Forst
Forstamt Kirchhain
Hangelburg 2
35274 Kirchhain
Tel.: 06422 9427-12
Fax: 06422 9427-40
E-Mail: [email protected]
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