Zum Bericht der Oberhessichen Presse von Karin Waldhüter

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Oberhessische Presse
LIEbE LEUtE,
draußen ist es kalt. Muss diese
Wahrheit einfach gelassen aussprechen. Der Sommer ist gegangen und nun heißt es für
uns, andere Mittel und Wege
zu finden, dass es nicht nur
warm ums Herz wird, sondern
generell wohltemperiert.
Was für mich ganz gut funktioniert, ist dabei der Gang in
die Sauna. Für mich stehen
dort Ruhe und Entspannung
im Vordergrund. Ein befreundetes Mädel sieht das anders:
Sie tauscht sich gerne aus,
während die Wärme sie noch
heißer macht, als sie schon ist.
Mir lässt dies das Blut in den
Adern gefrieren. Es treibt mich
in den Wahnsinn, wenn mein
Körper mit der Hitze kämpft
und nebenan jemand sitzt, der
auch noch dummes Zeug erzählt. Aus diesem Grund sind
in vielen Saunen die Themen
Politik und Religion tabu. Ihr
glaubt aber gar nicht, was für
eigenartige Meinungen auch
bei anderen Themen aufkommen. Fußball zum Beispiel. Da
läuft es mir eiskalt den Rücken
runter. Aber lassen wir das.
Und nix für ungut,
POLIZEI
Polizei stoppt
einen Raser
Langenstein. Nach einem riskanten Überholmanöver am
Samstag, 3. Oktober ermittelt
die Polizei gegen einen 32-jährigen Benz-Fahrer unter anderem wegen Straßenverkehrsgefährdung. In diesem Zusammenhang suchen die Ordnungshüter nach zwei weiteren Autofahrern, die als Zeugen vernommen werden sollen. Der aus
dem Ostkreis stammende Mann
fuhr um 12.45 Uhr von Marburg
in Richtung Stadtallendorf und
überholte mit seinem dunklen Daimler kurz vor der Einmündung nach Langenstein ein
Fahrzeug. Ein entgegenkommender Streifenwagen musste voll abbremsen, wich nach
rechts aus und konnte nur so
eine Kollision verhindern. Ein
hinter dem Polizeifahrzeug fahrender Wagen musste ebenfalls
eine Vollbremsung einleiten.
Die Beamten nahmen sofort
die Verfolgung auf und stoppten den Fahrer. Ein Drogenvortest verlief positiv. Die Polizei
veranlasste eine Blutentnahme. Die Beamten suchen nun
nach dem Fahrer des überholten Fahrzeuges sowie dem Fahrer, der hinter der Polizeistreife unterwegs war. Beide werden
gebeten, Kontakt mit der Polizeistation Stadtallendorf, Tel.
06428- 93050, aufzunehmen.
Die Abfahrtzeiten des Busses in den Stadtteilen: 13.30 Uhr Burgholz (Gemeinschaftshaus);
13.33 Uhr Burgholz (Spielplatz); 13.40 Uhr
Emsdorf (Bogenstraße); 13.45 Uhr Langenstein
(Backhaus); 13.55 Uhr Kirchhain (Busbahnhof); 14.10 Uhr Himmelsberg, (DGH); 14.15
Uhr Stausebach (Kirche); 14.25 Uhr Anzefahr (Mehrzweckhalle). Die Rückfahrt erfolgt
ab 16.45 Uhr.
Mittwoch, 7. Oktober 2015
Begegnung mit den Namen der Opfer
100 Kirchhainer begleiteten das Setzen von zehn Stolpersteinen · Angehörige kamen aus USA und Israel
Seit über zwei Jahrzehnten setzt Gunter Demnig
zum Gedenken an Opfer
des Nazi-Terrors Steine
gegen das Vergessen. Bei
der Erstverlegung von
zehn Stolpersteinen in
Kirchhain war die Anteilnahme groß.
von Karin Waldhüter
Kirchhain. Angehörige der Opfer waren eigens aus den USA
und Israel angereist und legten
Blumen nieder.
73 Jahre, vier Monate und zwei
Tage nachdem sie im Vernichtungslager Sobibor starb, bekommt Johanna Strauß ihren
Namen zurück. „Hier wohnte Johanna Strauß, deportiert
1942, ermordet am 3. 6. 1942 in
Sobibor.“ So ist es auf dem Messingschild auf dem Pflasterstein eingraviert. „Hugo Strauß,
geb. 1869 gedemütigt und entrechtet“ steht auf dem zweiten
Stein.
„Hier“, das ist das Haus Nummer 13 in der Römerstraße.
Lastautos rattern vorbei und
Autos schlängeln sich an den
rund 100 Menschen vorbei, die
sich versammelt haben zum
Gedenken an die Kirchhainer
Juden, die in der Zeit des Nationalsozialismus gelitten haben,
in die Flucht getrieben oder ermordet wurden. Unter den Besuchern sind auch vier Gäste,
die eine besonders weite Reise auf sich genommen haben.
Professorin Jenny Strauß-Clay
und ihr Bruder Thomas Strauß
waren aus den USA angereist,
und Estee Bligh und ihr Mann
Alexander waren aus Israel gekommen. Jenny Strauß-Clay ist
die Adoptivtochter und Thomas Strauß ist der Stiefsohn des
weltberühmten Wirtschaftsphilosophen.
Zwischen all den Menschen
kniet Gunter Demnig. Zehn
Stolpersteine verlegt er, und
Volker Scheldt und Torsten Weber vom Bauhof gehen ihm dabei zur Hand. Demnig ist zum
ersten Mal in Kirchhain, und
schweigsam verrichtet der
Mann mit dem breitkrempigen
Hut seine Arbeit.
Schüler gaben den Anstoß
für die Stolpersteine
Ein Jahr ist es her, dass das
Stadtparlament, ausgehend von
einer Anregung von Schülerinnen und Schülern der AlfredWegener-Schule,
einstimmig
beschlossen hatte, das Projekt
„Stolpersteine in Kirchhain“ zu
verwirklichen. Träger des Projektes ist der Arbeitskreis „Stolpersteine“, in dem sich Schüler und Lehrer der Alfred-Wegener-Schule, des Heimat- und
Geschichtsvereins, Vertreter der
Fraktionen, der Stadtverwaltung sowie des Arbeitskreises
Ökumene zusammengeschlossen haben.
Eine 15-köpfige Arbeitsgruppe der AWS mit dem Namen
„Antisemitische, Rassistische,
Rechtsextremistische Tendenzen-Stoppt (kurz ARRET)“ setzte sich intensiv mit dem Thema auseinander. Als Vertreter
der Arbeitsgruppe ARRET fand
Lasse Lowak eindringliche Worte. Wer über die Steine stolpere, solle sich bewusst werden,
Während Künstler Gunter Demnig in der Römerstraße die ersten Stolpersteine setzte, begrüßte Bürgermeister Jochen Kirchner die zum Teil aus Übersee angereisten Gäste.
Fotos: Karin Waldhüter
dass die Bahnhofstraße einmal
Adolf-Hitler-Straße hieß, und
SA-Männer die Menschen mit
Steinen bewarfen, diskriminierten, bestahlen und ihre Deportation zuließen, sagte er.
Bürgermeister Jochen Kirchner hob hervor, dass er sich
über das Kommen der vielen Menschen freue. Unter diesen befand sich Amnon Orbach
von der Jüdischen Gemeinde
Marburg, der später ein hebräisches Gebet sprach. An den
drei Standorten verlasen Klaus
Hesse vom Heimat- und Geschichtsverein und Schüler der
AWS Kurzbiographien und gaben den Opfern mit Fotografien, die sie in den Händen hielten, ein Gesicht.
„Wir haben keine Schuld,
aber Verantwortung“
Thomas Strauß und Jenny Strauß-Clay legten Blumen vor dem
Haus ihres Stiefvaters Leo Strauß nieder.
Unter der Leitung von Torsten
Mihr begleiteten Schüler des
Wahlpflichtkurses Musik mit
einem jüdischen Tanzlied und
dem ergreifenden Lied „Donna, Donna“, das die Situation
der Juden in der Zeit des Dritten Reiches reflektierte, die Verlegung der Steine. Die Schüler
des Kurses „Darstellendes Spiel“
der Jahrgangsstufe 11, unter der
Leitung von Silke Trux, forderten in einer szenischen Collage mit lauten Stimmen im Chor:
„Wir haben keine Schuld, aber
Verantwortung, seid aufmerksam, setzt Stolpersteine in eure
Leben. Man stolpert nicht und
fällt hin, man stolpert mit dem
Kopf und mit dem Herzen.“
Sichtlich bewegt traten Jenny
Strauß-Clay und Thomas Strauß
an die beiden Stolpersteine in
der Römerstraße und dankten
den Initiatoren. „Wir haben viele Geschichten über Kirchhain
gehört, es ist für uns sehr rührend hier zu sein“, erklärte Jenny Strauß-Clay. Gemeinsam legten sie Blumen ab und verharrten einen Moment im stillen
Gedenken.
Fünf Wertheims
wurden ermordet
Wie heimisch sie sich in Kirchhain fühle, weil sie so gut von
den Leuten aufgenommen worden sei, erklärte Estee Bligh, die
mit ihrem Mann Alexander aus
Israel angereist war. Ihre Vorfahren lebten im Weinhaus neben
dem Rathaus.
In der Raiffeisenstraße 11 verlegt Demnig fünf Stolpersteine.
Sie erinnern an Sannchen Wertheim, Adolf Wertheim, Betty
Wertheim, Martin Wertheim und
Karola Wertheim. An der Stelle
findet man heute einen großen
Parkplatz. Sannchen Wertheim
starb am 19. Mai 1943, nachdem
sie in das Ghetto Theresienstadt
deportiert worden war. Adolf
Wertheim wurde gemeinsam
mit seiner Frau und seinen Kindern nach Lublin deportiert, am
22. August 1942 starb er im Vernichtungslager Majdanek. Seine Frau Betty brachte die Kin-
der Martin (1927) und Karola (1934) zur Welt. Betty Wertheim wurde am 3. Juni 1942 in
Sobibor ermordet. Sohn Martin
starb am 26. September 1942 im
Konzentrationslager Majdanek
und Karola wurde als Neunjährige in Sobibor ermordet. Daran, dass in dem Haus „Unterm
Groth 23“ einst Meier Wertheim, Klara Wertheim und Alfred Wertheim ein und aus gegangen sind, erinnern drei weitere Stolpersteine. Wie sein Bruder Adolf betrieb „Meier II“, wie
er in Kirchhain genannt wurde,
einen Viehhandel. Noch vor der
Reichspogromnacht gelang ihm
die Flucht in die USA. Er starb
1971 in New York. Seine Frau
Klara starb 1988 im Alter von 92
Jahren in New Jersey. Sohn Alfred, geboren 1922, floh 14-jährig mit seinen Eltern in die USA.
Die Schlussworte gehörten
der Vorsitzenden des Heimatund Geschichtsvereins Kerstin
Ebert und Schulleiter Matthias
Bosse. 4 700 Euro Spendengelder, fast alle von Privatpersonen, habe der Verein erhalten. 600 Euro hatte die VRBank gespendet. Ebert betonte,
dass noch rund 20 000 Euro gebraucht werden, um noch etwa
60 Häuser mit Stolpersteinen zu
versehen.
„Ich bin großartig dankbar,
hier dabei gewesen zu sein“, erklärte Bosse: „Kirchhain war damals vorneweg, deswegen ist
es wichtig, dass Kirchhain auch
heute vorneweg geht.“
2016 wird nicht an der Steuerschraube gedreht
Kirchhains Ergebnishaushalt knackt 30-Millionen-Marke und schafft im Entwurf wieder die schwarze Null
Kirchhains Bürgermeister
Jochen Kirchner brachte
MELDUNG
am Montagabend den
Seniorentreff
Haushaltsentwurf für
heute in Sindersfeld 2016 ins Parlament ein,
Sindersfeld. Heute findet in und dieser bietet gleich
Kerns Hoob in Sindersfeld eine drei Besonderheiten.
Veranstaltung der Kreisvolkshochschule statt. Im SeniorenTreffpunkt A (Kernstadt und die
Stadtteile Anzefahr, Burgholz,
Emsdorf, Himmelsberg, Langenstein, Sindersfeld und Stausebach) wird Detlef Ruffert „Aus
den Leben eines Taugenichts“
berichten. Dazu sind auch Bürger eingeladen, die noch keine
65 Jahre alt sind.
kirchhain
von Matthias Mayer
Kirchhain. Der letzte Etatentwurf des Kämmerers überschreitet im Ergebnishaushalt
erstmals die 30-Millionen-Marke und dies mit 31,74 Millionen
Euro deutlich. Zum zweiten Mal
legt das parteilose Stadtoberhaupt einen Ergebnishaushalt
vor, der im Plan ausgeglichen
ist. Der geplante Überschuss:
25 711 Euro.
Und es gibt auf der Einnahmeseite der Stadt 2016 eine deutliche Verschiebung. Sinkenden
Erträgen aus den Steuern – insbesondere aus der Gewerbesteuer – stehen steigende Einkünfte aus den Zuweisungen
gegenüber.
Doch zunächst wandte sich
Kirchner den im Finanzhaushalt
festgeschriebenen Investitionen
zu, die letztlich für Kirchhains
Zukunft stünden. 2,6 Millionen
Euro stehen im Finanzhaushalt
bereit, der mit einem Defizit in
Höhe von knapp 700 000 Euro
abschließt. Die größten Ausgaben sind:
540 000 Euro für den Ausbau
n der Forsthausstraße in Emsdorf,
wobei 300 000 Euro durch die
Erschließungsbeiträge der Anlieger wieder in die Stadtkasse
fließen.
200 000 Euro gibt die Stadt für
n die Umstellung der FeuerwehrFunktechnik von analog auf digital aus. Das Land gewährt dazu einen Zuschuss in Höhe von
12 064 Euro.
150 00 Euro stehen für den
n Kreisverkehrsplatz in Kirchhain
an der Frankfurter Straße bereit.
50 000 Euro gibt das Land dazu.
130 000 Euro investiert die
n Stadt in den Ankauf unbebauter
Grundstücke.
103 000 Euro zahlt die Stadt
n an Erschließungsbeiträgen für
ihre Grundstücke an der erneuerten Straße Amöneburger Tor.
100 000 Euro fließen in einen
n Umkleide-Anbau an das Feuerwehrhaus in Stausebach.
100 000 Euro werden in ein
n Regenrückhaltebecken
am
Kirchhainer Hallenbad gesteckt,
um Starkregen-Ereignisse abfedern zu können.
55 000 Euro gibt die Stadt für
n den Kauf eines Einsatzfahrzeuges TSF-W für die Feuerwehr
Langenstein aus.
Im Ergebnishaushalt sieht der
Bürgermeister die Stadt weiter auf dem positiven Weg. Mit
Ausnahme der Kinderbetreu-
Bürgermeister Jochen Kirchner brachte am Montagabend seinen
letzten Haushalt ins Parlament ein.
Foto: Matthias Mayer
ung und des Friedhofswesens
seien alle Gebührenhaushalte ausgeglichen, wobei der Kostendeckungsgrad bei den Friedhöfen auf erfreuliche 70 Prozent angestiegen sei. Erfreulich für die Bürger: Nach Jahren
30-prozentiger Erhöhungen der
Hebesätze wird der Ausgleich
im Ergebnishaushalt 2016 ohne weitere Erhöhungen bei der
Gewerbesteuer und der Grundsteuer B geschafft. „Bei der
Grundsteuer B liegen wir wieder unter dem Landesdurchschnitt“, stellte Kirchner fest.
Auf der Einnahmeseite gibt es
ein Minus in Höhe von 1,5 Millionen Euro, das allein den Einbrüchen bei der Gewerbesteuer um zwei Millionen Euro geschuldet ist. Dafür gibt es bei
den Zuweisungen ein deutliches Plus von gut vier Millionen
Euro. Bei den Ausgaben fällt
der Zuwachs bei den Sach- und
Dienstleistungen um knapp 1,1
Millionen Euro auf. Die Stadt
gibt mehr Geld für den Erhalt
von Straßen und Gebäuden aus.