Ein wichtiges Instrument

Frankfurter Allgemeine Zeitung
Briefe an die Herausgeber
Mittwoch, 02.09.2015, Nr. 203 / Seite 6
Ein wichtiges Instrument
Zum Artikel "169 Mal nachhaltig" (F.A.Z. vom 26. August): Jochen Stahnke verweist zu
Recht auf die Erfolge der Millenniums-Entwicklungsziele. Es darf allerdings nicht der
Eindruck entstehen, diese Erfolge seien allein China zuzuschreiben. Beispielsweise ist die
Reduzierung der Kindersterblichkeit besonders in den ärmsten Ländern deutlich beschleunigt
worden. Gleiches gilt in den Bereichen Trinkwasserversorgung und Grundschulbildung. Diese
wichtigen Erfolge beruhen zu einem beträchtlichen Teil auf den MillenniumsEntwicklungszielen, die zu starker Mobilisierung und Ergebnisorientierung geführt haben.
Quantifizierte globale Ziele sind ein erstaunlich nützliches Instrument bei der Bewältigung
langfristiger Herausforderungen.
Es ist deshalb gut, dass die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen (UN) in der Agenda 2030
neue Ziele für die nächsten 15 Jahre beschließen. Nicht richtig ist die Behauptung des
Artikels, dass es sich hierbei um Ziele der Vereinten Nationen handele. Die Ziele werden
vielmehr von den nationalen Regierungen der 193 UN-Mitgliedstaaten beschlossen - für die
Umsetzung in ihren eigenen Ländern, in ihren globalen Politiken und in ihrer Unterstützung
untereinander. Um dies zu erreichen, haben Regierungen, Zivilgesellschaft und Wirtschaft in
einer beispielhaften Weise bei der Erarbeitung der Ziele zusammengewirkt - genau das
Gegenteil einer bürokratischen Weltverbesserung vom Schreibtisch aus.
Die neuen universellen Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) müssen sich in einer
veränderten Welt natürlich an den weltweiten Herausforderungen der nächsten 15 Jahre
orientieren und können nicht in einem überkommenen Entwicklungsverständnis verharren.
Neben die Überwindung der Armut treten andere globale Herausforderungen wie die
Klimaerwärmung oder die rapide steigende Ungleichheit. Die neuen Ziele sind deshalb
richtigerweise komplexer und zahlreicher. Es ist aber falsch, wie schon in der Überschrift des
Artikels direkt auf die 169 Unterziele abzustellen. Vielmehr wäre es sachgerecht und
hilfreicher, die 17 Ziele in den Vordergrund zu rücken. Diese beschreiben den Kern der neuen
Agenda 2030, lassen sich leichter kommunizieren und decken die Herausforderungen der
kommenden 15 Jahre sehr gut ab. Ja, die 17 Ziele sind ambitioniert, aber sie sind nicht
überambitioniert, wie der Artikel behauptet. Ihre Erreichung ist mit den richtigen Politiken
und einer guten Finanzierung möglich. Es ist jedoch irreführend, den erwähnten
Finanzierungsbedarf von drei Billionen Euro mit der konzessionären
Entwicklungsfinanzierung zu vergleichen. Letztere spielt weiterhin eine wichtige Rolle,
besonders in den ärmsten Ländern, aber zweifelsohne kann und wird der überwiegende Teil
der Finanzierung aus privater Hand und einheimischen Steuermitteln kommen - in
Entwicklungs-, Schwellen- und auch Industrieländern.
Als ein Purist kann man die Ziele und Unterziele kritisieren, aber es ist schwer erkennbar, wie
in einer Verhandlung zwischen 193 Mitgliedstaaten ein besseres Ergebnis hätte erzielt werden
können. Dies allein schon ist ein bemerkenswerter Erfolg in einer Welt zunehmender
Spannungen. Und zweifelsohne brauchen wir weltweit eine verstärkte transformative
Kooperation, um die zentralen Herausforderungen einer global nachhaltigen Entwicklung
anzugehen. Dies hat die deutsche Bundesregierung zu Recht beim G-7-Gipfel in Elmau
betont. Die 17 neuen Ziele der nachhaltigen Entwicklung (SDGs) sind ein wichtiges
Instrument auf diesem Weg.
ADOLF KLOKE-LESCH, DEUTSCHES LÖSUNGS-NETZWERK FÜR NACHHALTIGE
ENTWICKLUNG, BONN
GUIDO SCHMIDT-TRAUB, SUSTAINABLE DEVELOPMENT SOLUTIONS
NETWORK, PARIS
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