THEMA DER WOCHE Afrika am Scheideweg Daten | Fakten

07
Newsletter
18.02.2016
Daten | Fakten | Argumente
THEMA
DER
WOCHE
Afrika am Scheideweg
Ewiger „Chancenkontinent Afrika“?
Afrika gilt seit Jahrzehnten als Chancenkontinent. Rohstoff- und Bevölkerungsreichtum sowie großer
Nachholbedarf im Bereich Infrastruktur bieten ohne Frage enorme wirtschaftliche Potenziale – auch für
deutsche Unternehmen. Deutsche Exporte auf den afrikanischen Kontinent sind in den vergangenen zehn
Jahren um knapp 60 Prozent gestiegen. Zahlreiche Projekte im Bereich Infrastruktur sowie die wachsende
konsumfreudige Mittelschicht eröffneten neue Absatzmöglichkeiten für deutsche Produkte und Dienst­
leistungen. Aktuell sind jedoch Wachstum und in der Folge Investitionen ins Stocken geraten.
Leere Kassen durch
niedrige Rohstoffpreise
Etlichen Ländern in Afrika hat ihr Rohstoffreichtum über Jahre hohe Wachstumsraten beschert und die
Staatskassen gefüllt. Die derzeit sehr niedrigen Rohstoffpreise treffen sie daher empfindlich. Vor allem der
tiefe Erdölpreis wirkt sich auf Staatshaushalte in Angola, Nigeria und anderen erdölexportierenden Staaten
negativ aus. Denn Erdöl allein macht knapp 50 Prozent aller afrikanischen Exporte aus. Vergeblich haben die
Staaten Afrikas die „Organization of Petroleum Exporting Countries“ (OPEC) gebeten, die Förderquoten zu
senken. Angola und Nigeria haben in der Folge als erste afrikanische Staaten Anfang Februar Verhandlungen
über Notkredite aufgenommen.
Diversifizierungskurs in
Afrika fortsetzen
Die niedrigen Rohstoffpreise machen die Notwendigkeit einer stärkeren Diversifizierung der afrikanischen
Volkswirtschaften wieder einmal besonders deutlich. Sie ist Grundbedingung für nachhaltiges Wachstum
und Arbeitsplätze. Wichtig ist unter anderem der Ausbau der Transportinfrastruktur sowie der Wasser- und
Energieversorgung. Auch ausländische Investoren können dabei mitwirken, die Industrialisierung voranzutreiben. Voraussetzung sind jedoch verlässliche, investitionsfreundliche Rahmenbedingungen. Dazu gehören
eine stabile Sicherheitslage, transparente Verwaltungsvorschriften und die konsequente Bekämpfung von
Korruption – hier ist der Weg oft noch weit.
Deutsche Wirtschaft in
Afrika unterstützen
Deutsche Unternehmen könnten durch Handel und Investitionen einen Wachstumskurs Afrikas befördern. Hierfür ist eine zielorientierte Unterstützung der deutschen Wirtschaft in Afrika notwendig: Entwicklungszusammenarbeit und Außenwirtschaftsförderung müssen dazu noch enger verzahnt werden,
vor allem durch eine bessere Zusammenarbeit bei Projekten in Bereichen wie Berufsbildung, Energieversorgung und Infrastrukturausbau. Zudem sollten geeignete Förder- und Absicherungsinstrumente die
Aktivitäten deutscher Betriebe in Afrika flankieren. Diese müssen an die unternehmerischen Bedarfe und
Möglichkeiten in den jeweiligen Partnerländern angepasst sein. Die Bundesregierung sollte die Investitionsschutzverträge mit ­afrikanischen Partnern aktiv vorantreiben und staatliche Exportkreditgarantien
schrittweise weiterentwickeln, beispielsweise durch eine regelmäßigere Überprüfung der Deckungsmöglichkeiten für afrikanische Länder.
Ansprechpartnerin:
Rima Al-Tinawi, DIHK Berlin, Telefon 030 20308-2314
„Die Menschen in ganz Afrika brauchen eine Perspektive, auch die kommenden Generationen“, sagte
Bundes­präsident Joachim Gauck vergangene Woche während seines Besuchs in Nigeria. Viele Flüchtlinge,
die in den letzten Monaten nach Europa gekommen sind, stammen aus Afrika. Ohne positive Aussichten in
den Heimatländern wird die Zahl der Menschen auf der Flucht nicht abnehmen – zumal sich die Einwohnerzahl des Kontinents bis 2050 auf zwei Milliarden verdoppeln wird. Um Arbeitsplätze für die Menschen
dort zu schaffen, müssen sich afrikanische Volkswirtschaften noch viel stärker als bisher entwickeln, diversifizieren und industrialisieren.