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EXPERTEN
TIPPS
Keine Angst vor Spinnen (oder: Elastisch klingt es besser)
Autor: sleepytomcat/rummelpott Jens Kraglund
Im Tonjargon ist eine „Spinne“ eine „elastische Mikrofonaufhängung“ oder ein
„shock-mount“.
Spinne heißen die Dinger, weil sie mit den Krabbeltieren entfernt eine Ähnlichkeit haben. In
einem größeren Ring, meist mit einem Kippgelenk und einem Gewinde für das Stativ
versehen, ist eine Haltevorrichtung für das Mikrofon mittels Gummibändern „aufgehängt“.
Es gibt auch Varianten, bei denen das Mikro in einer Schaumstoffmuffe sitzt oder durch
Federn aus Kunststoff oder Metall gehalten wird.
Ihren ersten Einsatz hatten Spinnen wohl, als noch mit „Kohlemikrofonen“ gearbeitet wurde.
Bei diesen befanden sich zwischen zwei dünnen Blechen (mit den Anschlüssen) Kohlekörner,
die beim Besprechen des Mikros in Bewegung gerieten und so ihren Widerstand an den
Berührungspunkten untereinander und an den Blechen veränderten. Damit konnte der
Strom einer angelegten Spannung verändert werden und nach Weiterleitung und
eventueller Verstärkung hörbar gemacht werden. Es wurde gern „sprachabhängiger
Wackelkontakt“ genannt.
Diese Mikrofone waren meist kleine Kästen, die mit Federn in einem Ring aufgehängt waren.
In alten Filmen kann so etwas mitunter noch sehen.
Kohlemikrofone waren ungeheuer empfindlich gegenüber Berührungen und
Erschütterungen: Stieß jemand gegen das Stativ oder ging mit festen Schritten daran vorbei
ertönte ein entsetzlicher Krach aus dem Lautsprecher oder wurde aufgenommen. Die
Aufhängung in Federn verminderte diesen Effekt deutlich.
Moderne Mikrofone sind nicht ganz so gefährdet, aber immer noch empfindlich gegenüber
Fußbodenschwingungen durch Schritte in Stativnähe und Stöße gegen das Stativ. Auch
„Taktklopfen“ mit dem Fuß mag kein Mikro am Stativ gerne.
Somit hat die Spinne noch lange nicht ausgedient. Im Prinzip benötigt jedes Mikrofon auf
einem Stativ eine Spinne! Es gibt sie sogar für die modernen Digitalrecorder, die ja auch auf
Stative geschraubt werden können.
Experten-Tipps bei AUDIYOU: Keine Angst vor Spinnen
Bei der Anschaffung von Spinnen sollte auf folgendes geachtet werden:
Die Spinne muss vom Durchmesser oder der Befestigung
für Mikro/Recorder passend sein.
Das Anschlussgewinde für das Stativ muss passen.
Profis bevorzugen nach wie vor Spinnen mit Gummibändern. Das hat einfache Gründe:
Gummibänder sind billig und sehr leicht ersetzbar, schlimmstenfalls kann man sich mit BüroGummibändern behelfen. Gummibänder neigen dazu, im Laufe der Zeit „matschiger“ zu
werden, sie sind weniger steif als im Neuzustand. Damit haben sie bessere
Dämpfungseigenschaften. Mancher Profi wirft neue Gummis sofort weg und ersetzt sie
durch weichere, die er irgendwo auftreibt (O-Ringe, Büro-Gummis, Hosengummis, etc.).
Spinnen können sehr teuer sein, wenn „Neumann“, „Sennheiser“, „Schoeps“, „AKG“, „Beyer“,
etc. ’draufsteht. Sehr gut und preiswert sind die Spinnen der Firma MXL, die es für schlanke
Kondensatormikrofone mit 19-22 mm Ø und auch für „dicke“ Dinger gibt.
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MXL-Spinne für Mikros mit Ø 19-22 mm
Experten-Tipps bei AUDIYOU: Keine Angst vor Spinnen
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Diese Spinne von Beyer hält das Mikro mit Gummibändern fest.
Aus Kunststoffrohr (für Abwasser) und Gummis selber baubar…
Geschickte Bastler können auch manches selber bauen. Schwierigkeiten bereitet meist nur
das Stativgewinde. Erfolg verspricht eine Recherche bei „ebay“ und Feinmechanikern, die
über Gewindeschneidwerkzeug für UNC-Gewinde verfügen.
Zusätzlich zu den Spinnen ist es nicht verkehrt, wenn unter die Stativfüße dämpfendes
Material gelegt wird: Das sind z. B. feste Kunsthoffschwämme oder Stücke von einer alten
Iso-Matte in zwei bis drei Lagen. Kleiner Preis, große Wirkung.
Es gibt eine weitere unangenehme Geräuschquelle, die die schönsten Aufnahmen kaputt
machen kann: Griffgeräusche. Mikrofone und Recorder mit eingebauten Mikros sind richtige
Sensibelchen, wenn es sich um Kondensatormikros handelt (bei Recordern fast immer der Fall).
Jedes Zugreifen und Tastendrücken etc. ist auf der Aufnahme zu hören. Sehr übel.
Das gleiche Problem gibt es bei einer „Angel“. Das sind diese langen Stangen, die beim Film
über den Akteuren eingesetzt werden. Viele von Euch haben sie schon gesehen. Auch bei
Interviews sind sie beleibt, wenn sehr viele Tonleute von einem z. B. Politiker eine Aussage
aufnehmen wollen. Dadurch wird auch ein Gedrängel vermieden...
Ein geräuscharmer Handgriff für Mikro oder Recorder ist kein übertriebener Luxus! Profis
arbeiten damit.
Auch so etwas ist selber herstellbar: Ein geeignetes Rundholz wird mit „soft-grip-Hülsen“, wie
sie für Fahrradlenker angeboten werden, überzogen. In eine Stirnseite kommt ein Schraube
mit dem üblichen Stativgewinde (meist 3/8“ UNC = „großes Fotogewinde“). Wer nicht
basteln will, findet bei „Rycote“ einen fertigen Griff.
Experten-Tipps bei AUDIYOU: Keine Angst vor Spinnen
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Rycote „soft-grip“-Handgriff für Mikros
Den Recorder bekommt der Bastler auch schnell an Spinne und Griff:
ein Stück Rundholz, vom Durchmesser zur Spinne passen (z. B. 20 mm) mit einer Schraube in
der Stirnseite für den Recorder (meist ¼“ UNC = „kleines Fotogewinde“) ist ein Adapter.
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Adapter aus 20 mm Rundholz mit ¼“ UNC-Schraube
zur Befestigung eines Recorders an einer Spinne
Noch ein Wort zu „Bastelarbeiten“ allgemein:
Selbst gebastelte Hilfsmittel und Einrichtungen sind weder amateurhaft noch zu belächeln.
„Professionell“ ist alle Arbeit und alles an Hilfsmitteln, was dem Erreichen eines überlegten und
geplanten Ziels dient. Wie es entstand, wo es herkam, wer es wie machte, ist unwesentlich.
Ich weiß, wovon ich rede. Ich komme aus dem beruflichen Foto-/Film-/Tonbereich. Viele meiner
Produktionen wären ohne Tape, Bindedraht und Wäscheklammern nicht möglich gewesen...
Experten-Tipps bei AUDIYOU: Keine Angst vor Spinnen