Fragen aus der Übung „Fallbeispiele zum Privatrecht“ Übung 8 K

Fragen aus der Übung „Fallbeispiele zum Privatrecht“
Übung 8
K kauft in einem großen Elektromarkt in Siegen eine neue Digitalkamera. Wenige Stunden später überlegt K es sich anders und
möchte die Kamera in der ungeöffneten Originalverpackung zurückgeben. Hat er einen Anspruch auf Erstattung des Kaufpreises
(Zug-um-Zug gegen Herausgabe der Kamera)?
Welche Auswirkung hat die vertragliche Vereinbarung eines einfachen Eigentumsvorbehalts auf die Pflichten der Parteien in einem
Kaufvertrag?
Sie haben eine neue Abfüllanlage für Ihre Brauerei bestellt. Da Sie
bei Lieferung nicht zahlen können, bieten Sie dem Verkäufer (V) eine Anzahlung von 10.000,- € an. Daraufhin überlässt er Ihnen die
Abfüllanlage entgegen dem schriftlichen Kaufvertrag unter einfachem Eigentumsvorbehalt. Ist der EV wirksam? Wem gehört jetzt
die Anlage?
K ist Geschäftsführer der Baustoffe X GmbH und erteilt seinem Angestellten A eine Generalhandlungsvollmacht. A bestellt nun bei V
im Namen der Baustoffe X GmbH 100 Abendkostüme für Damen, die
er für ein echtes Schnäppchen hält. Wurde ein wirksamer Vertrag
geschlossen und wenn ja zwischen wem? Wie läge es, wenn K dem
A Prokura erteilt hätte?
2!!
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K kauft in einem großen Elektromarkt in Siegen eine neue Digitalkamera. Wenige Stunden später überlegt K es sich anders und
möchte die Kamera in der ungeöffneten Originalverpackung zurückgeben. Hat er einen Anspruch auf Erstattung des Kaufpreises
(Zug-um-Zug gegen Herausgabe der Kamera)?
- Nein.
- Das BGB kennt kein voraussetzungsloses Rücktrittsrecht. Zwar
gibt es bei manchen Verträgen (z.B. Fernabsatzverträge) ein
zweiwöchiges Widerrufsrecht, bei Kaufverträgen, die in Ladenlokalen geschlossen werden, besteht aber kein entsprechendes Recht
des Kunden.
- Händlern steht es aber offen, kulanzhalber Waren zurückzunehmen oder eine Nichtgefallensgarantie o.Ä. einzuräumen.
Welche Auswirkung hat die vertragliche Vereinbarung eines einfachen Eigentumsvorbehalts auf die Pflichten der Parteien in einem
Kaufvertrag?
Aufgrund der Vereinbarung eines einfachen EV gilt gem. § 449 BGB die
Auslegungsregel1 („im Zweifel“), dass die Übertragung des Eigentums, die sich nach § 929 S. 1 BGB richtet, unter einer aufschiebenden Bedingung gem. § 158 I BGB steht.2 Die Bedingung besteht in der
Zahlung des kompletten Kaufpreises.
Diese schuldrechtliche Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts modifiziert also die Pflichten von Käufer und Verkäufer:3
- Der Verkäufer
o darf (entgegen § 433 I S. 1 BGB) das Eigentum an der Sache vorerst zurückhalten,
o er ist nur zur Übertragung des Eigentums unter der aufschiebenden Bedingung der vollständigen Kaufpreiszahlung verpflichtet.
- Der Käufer
o kann die Übergabe der Sache sofort verlangen, obwohl er
noch nicht den vollständigen Kaufpreis gezahlt hat.
o (Ohne EV könnte er die Übergabe gem. §§ 320, 322 BGB
nur Zug-um-Zug gegen vollständige Zahlung verlangen.)
Sie haben eine neue Abfüllanlage für Ihre Brauerei bestellt. Da Sie
!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
1
AnwK/Büdenbender, § 449, Rn. 7.
AnwK/Büdenbender, § 449, Rn. 1.
3
Vgl. AnwK/Büdenbender, § 449, Rn. 7.
2
3!!
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bei Lieferung nicht zahlen können, bieten Sie dem Verkäufer (V) eine Anzahlung von 10.000,- € an. Daraufhin überlässt er Ihnen die
Abfüllanlage entgegen dem schriftlichen Kaufvertrag unter einfachem Eigentumsvorbehalt. Ist der EV wirksam? Wem gehört jetzt
die Anlage?
- Der Kaufvertrag verpflichtet den Verkäufer ggü. dem Käufer zur
Übergabe der Sache und zur Verschaffung des Eigentums.
Übergibt der Verkäufer die Sache, behält sich aber das Eigentum bis zur vollständigen Kaufpreis-Zahlung vor, so handelt es
sich um eine aufschiebende Bedingung gem. § 158 I BGB hinsichtlich des Eigentumsübergangs nach § 929 S. 1 BGB. Dies
geht aufgrund der Stärke des Eigentumsrechts (§ 903 BGB)
auch ohne vorherige Vereinbarung.
- Auch die Übertragung des Eigentums (VFG) bedarf der Zustimmung beider Parteien. Wird die Sache aber ausdrücklich unter
EV übergeben, findet die Eigentumsübertragung – unabhängig
von der Zustimmung des Käufers – nicht statt, da es auf Seiten
des Verkäufers an einer entsprechenden WE fehlt. Erst mit
Bedingungseintritt, nämlich der Kaufpreis-Zahlung, erwirbt der
Käufer das Eigentum an der Maschine. Daher bleibt zunächst V
der Eigentümer. Sie haben nur ein Anwartschaftsrecht an der
Anlage.
K ist Geschäftsführer der Baustoffe X GmbH und erteilt seinem Angestellten A eine Generalhandlungsvollmacht. A bestellt nun bei V
im Namen der Baustoffe X GmbH 100 Abendkostüme für Damen, die
er für ein echtes Schnäppchen hält. Wurde ein wirksamer Vertrag
geschlossen und wenn ja zwischen wem? Wie läge es, wenn K dem
A Prokura erteilt hätte?
- Für einen wirksamen Vertrag, der hier nur zwischen der XGmbH und V zustande gekommen sein könnte, hätte A die XGmbH wirksam vertreten müssen. Er hat eine eigene WE im
Namen der X-GmbH abgegeben. Fraglich ist aber, ob er die erforderliche Vertretungsmacht für das Geschäft hatte.
- Eine Generalhandlungsvollmacht i.S.d. § 54 Abs. 1 HGB ermächtigt den Vertreter nur zu solchen Geschäften, die der Betrieb eines „derartigen“ Handelsgewerbes gewöhnlich mit sich
bringt. Da die X-GmbH mit Baustoffen handelt, bezieht sich die
Generalhandlungsvollmacht des A nicht auf den Ankauf von
Damenkostümen; es handelt sich um ein branchenfernes Geschäft. Mangels entsprechender Vertretungsmacht des A wurde
kein wirksamer Vertrag geschlossen.
4!!
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- Hätte der K dem A hingegen Prokura erteilt, könnte A alle Geschäfte vornehmen, die der Betrieb „eines“ Handelsgewerbes
mit sich bringt, wozu auch der Ankauf ungewöhnlicher Waren
zählen kann. Die Beschränkung auf die betroffene Branche fällt
also weg.
- Eine vorliegend denkbare Beschränkung nach § 242 BGB wegen
Missbrauchs der Vertretungsmacht kommt schon deshalb nicht
in Betracht, weil A ohne Schädigungsabsicht handelte. Es wäre
also ein wirksamer Vertrag geschlossen worden.