indianer – tipi und totempfahl

INDIANER – TIPI UND TOTEMPFAHL
AUSSTELLUNGSBEREICH
PRÄRIE- UND PLAINSINDIANER
Die Sonderausstellung „INDIANER – Tipi und Totempfahl“ rückt den Lebensalltag
jener Menschen in den Mittelpunkt, die die traditionelle Auffassung vom nordamerikanischen Indianer begründeten. Sie präsentiert die Indianerstämme von
Prärie und Plains in den letzten Jahrzehnten ihrer freien Existenz – jedoch nicht
als zweidimensionale „Vorzeigeindianer“, sondern anhand von Exponaten, die
teilweise aus dem 18. Jahrhundert stammen. Gleichzeitig stellt sie – mit der weiterführenden Ausstellung „Indianer der Nordwestküste“ – auch eine ganz andere
und weitgehend wenig bekannte Facette der indianischen Kulturvielfalt anschaulich dar.
Zwischen dem 18. und dem ausgehenden 19. Jahrhundert waren die amerikanische Prärie und die Plains die Heimat von mehr als 30 Indianerstämmen. Als eine
der größten Graslandschaften der Welt umfassen sie eine Fläche von rund 2,5
Millionen Quadratkilometer. Die Landschaft erstreckt sich vom North Saskatschewan River in Kanada bis fast zum Rio Grande in Texas. Die östliche Begrenzung wird vom Mississippi-Tal gebildet, die westliche von den Rocky Mountains.
Die feuchtere und daher fruchtbare Prärie ist ein relativ schmaler Streifen, der im
Osten der Landschaft liegt; die trockeneren Plains mit ihren starken Temperaturschwankungen bilden den übrigen Teil.
Um 1730 entwickelte sich hier, mit der allmählichen Ankunft des Pferdes, fast
explosionsartig eine Hochkultur. Mit Pferden eroberten die Indianerstämme die
bis dahin unbewohnbaren Teile ihres Lebensraumes. Sie gaben ihre vorherige
sesshafte bzw. halbsesshafte Lebensweise auf, verzichteten mit wenigen Ausnahmen auf den Anbau von Früchten und lebten nomadisch und hauptsächlich
von der Büffeljagd. Eine steinzeitliche, hoch spirituell ausgerichtete Jägerkultur
entstand, die sich als integrierter Teil einer allumfassenden Harmonie begriff.
Zu welchen kulturellen Höhenflügen sie imstande gewesen wäre, ist leider nicht
mehr nachvollziehbar. Militär, Siedler, Goldsucher, Spekulanten und nicht zuletzt
wohlmeinende Missionare begannen um 1870 die junge Kultur in Trümmer zu
legen. Sie zerschlugen sie so wirkungsvoll, dass sich die Nachkommen der Überlebenden bis heute nicht vollständig davon erholen konnten.
Die Sonderausstellung zeigt die Welt der Prärie- und Plainsindianer vor dem Zusammenbruch. Zwei originalgetreue Tipis empfangen den Besucher und geleiten
ihn in die Welt der Prärie und der Plains, wo er Beutegreifern und Beutetieren
begegnen und sich anhand von Kleidungsstücken, Waffen, Schmuck und Gerätschaften einen Einblick in diese vielfältige Kulturlandschaft verschaffen kann.
„Friedenspfeife“ und „Kriegsbeil“ sind hier natürlich auch zu finden, auf den
„Skalp“ allerdings wurde verzichtet.
Indianer – Mythos und Wirklichkeit
Der
der
mit
Der
Wunsch vieler Europäer nach der „heilen Welt“, in der der „edle Wilde“ mit
Natur in Einklang lebt, hat aus dieser Kultur der Prärie- und Plainsindianer
ihren unterschiedlichen Facetten das Genrebild des „Indianers“ geschaffen.
heldenhafte Kampf vieler Stammeskrieger um den Erhalt ihres Lebensraums
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INDIANER – TIPI UND TOTEMPFAHL
und ihres kulturellen Erbes gegen eine unbezwingbare Übermacht trug viel zur
Legendenbildung bei.
Noch heute sind die Namen Sitting Bull, Wild Horse, Red Cloud nahezu jedem
erwachsenen Europäer ein Begriff. Viele zählen automatisch noch den edelsten
und berühmtesten aller indianischen Krieger hinzu, obwohl ausgerechnet dieser
nur in der Phantasie eines deutschen Romanschriftstellers existierte: Karls May’s
Winnetou. Der Trend zur Ökologie seit den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts hat
sich noch einmal des Mythos vom Indianer als dem geborenen Beschützer der
Mutter Erde vor den Eingriffen der Weißen angenommen. Hollywood tat mit Filmen wie „Der mit dem Wolf tanzt“ das seine, das Klischee des Indianers zu verstärken.
Das Bild des Indianers wurde jeher vom Zeitgeist geprägt. Er erschuf den Indianer, der den Wunschvorstellungen der Menschen entsprach. Dass dieses Bild mit
der Realität der nordamerikanischen Ureinwohner nicht übereinstimmt, zeigt die
Sonderausstellung des Museums Wilnsdorf. Sie entstand in enger Zusammenarbeit mit dem Westfälischen Museum für Naturkunde des Landschaftsverbandes
Westfalen-Lippe in Münster.
Zu diesem Ausstellungsbereich kann folgende Publikation erworben werden:
Prärie- und Plainsindianer: Wandel und Tradition; [Begleitbuch zur gleichnamigen Ausstellung, Westfälisches Museum für Naturkunde, Landesmuseum
und Planetarium, Landschaftsverband Westfalen-Lippe] = Prairie and plains indians / Alfred Hendricks. Mit Beitr. von Annika Hendricks. Übers.: Manuela WellOff-Man. Hrsg. Alfred Hendricks.
Münster: Westfälisches Museum für Naturkunde, 2005
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