INDIANER – TIPI UND TOTEMPFAHL AUSSTELLUNGSBEREICH „INDIANER DER NORDWESTKÜSTE“ Um dem weit verbreiteten Klischee vieler Deutscher von dem „nordamerikanischen Indianer“ entgegen zu wirken, zeigt die Sonderausstellung des Museums Wilnsdorf auch die Menschen eines anderen Kulturareals – der Nordwestküste. Das Kulturareal der Nordwestküste umfasst den gesamten pazifischen Küstenstreifen zwischen Südalaska im Norden und der Grenze der Bundesstaaten Washington und Oregon im Süden. Zwischen dem Meer und den Rocky Mountains liegen höchstens 350 Kilometer, während die Nord-Süd-Ausdehnung entlang des Meeres etwa 2500 Kilometer beträgt. Diese Topographie lässt erkennen, warum die Hauptkonzentration der in diesem Gebiet beheimateten Menschen dem Wasser galt und noch immer gilt. Die Stämme der Nordwestküste entsprachen – und entsprechen bis heute – keinem der gängigen Indianerklischees. Sie kleideten sich nicht in Leder oder schmückten sich mit Federhauben, sie lebten auch nicht in Tipis oder machten Jagd auf Büffel. Stattdessen beeinflussten das Wasser und der Wald ihr tägliches Leben. Die Menschen trugen Kleidung aus Rindenbast und flochten Körbe aus Gras, sie schnitzten Löffel, Teller und Schalen aus dem Holz der Rotzeder und ernährten sich hauptsächlich von dem, was das Meer ihnen an Nahrung bot: Tang und Muscheln, Heilbutt und Lachs, Tintenfisch, Robben und Wal. Diese Lebensweise verlangte nur wenig Mobilität; die Stämme waren sesshaft. Sie lebten in, dem Meer zugewandten, Sommer- und gut geschützten Winterdörfern, die nur wenig voneinander entfernt lagen. Sie schmückten ihre Häuser mit Bildern von Tieren und Fabelwesen und kennzeichneten sie stolz mit Wappenpfählen, die Auskunft über Rang und Herkunft der Familie gaben. Doch auch die Kulturlandschaft der Nordwestküste blieb vom Eindringen der Europäer nicht verschont. Im Jahr 1778 erreichte James Cook die Westküste von Vancouver Island. Als er im heutigen Nootka-Sund Anker werfen wollte, fielen ihm Eingeborene auf, die am Ufer standen und „Nootka“ riefen. Sie wollten ihn vor gefährlichen Strömungen warnen, er aber glaubte, sie riefen ihm ihren Stammesnamen zu. So wurde für lange Zeit aus dem Volk der Nuu-cha-nulth – denen „entlang der Berge“ – die „Nootka“. Heute tragen sie und die anderen Stämme entlang der kanadischen und amerikanischen Nordwestküste wieder ihre richtigen Namen. Nahezu 200 Jahre lang wurden die Traditionen der Ureinwohner missachtet, ihre Sprache durfte nicht gesprochen werden, ihre Kinder wurden zu „Weißen umerzogen“ und ihr Lebensraum wurde in katastrophaler Weise ausgebeutet. Dennoch ist es den Nu-cha-nulth und anderen Stämmen gelungen, ihre Kultur am Leben zu erhalten und ihren Glauben zu bewahren. Mittlerweile sind viele zu den traditionellen Lebensweisen zurück gekehrt. Die Exponate in der Ausstellung belegen dies auf eindrückliche Weise. Neben historischen Aufnahmen und Texten, Kleidungsstücken, Hausrat und Gegenständen des alltäglichen Lebens finden sich in der Ausstellung vor allem Masken und Zeremonialobjekte, die direkt mit der lebendigen Mythologie der Nucha-nulth in Beziehung stehen. Highlights sind, auch von ihren Ausmaßen her, die originalgetreue Fassade eines Versammlungshauses der Nu-ch-nulth und ei- 1 INDIANER – TIPI UND TOTEMPFAHL nes der Boote, mit denen sie noch bis in die 80er Jahre des 20. Jahrhunderts gelegentlich Jagd auf einen Wal machten - mit sieben Ruderern und einem Harpunisten. Die Sonderausstellung entstand in enger Zusammenarbeit mit dem Westfälischen Museum für Naturkunde des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe in Münster. Zu diesem Ausstellungsbereich kann folgende Publikation erworben werden: Indianer der Nordwestküste: Wandel und Tradition; [Begleitbuch zur gleichnamigen Ausstellung] = First nations of the Pacific Northwest / [Westfälisches Museum für Naturkunde, Landesmuseum und Planetarium ; Landschaftsverband Westfalen-Lippe]. Alfred Hendricks. Mit Beitr. von Annika Hendricks; Jaqueline Windh. Übers.: Manuela Well-Off-Man ; Astrid Haas. Münster: Westfälisches Museum für Naturkunde, 2005 2
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