Obersee Nachrichten, 17.12.2015

LOKALSPIEGEL
OBERSEE NACHRICHTEN Donnerstag, 17. Dezember 2015
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GOMMISWALD KÜMMERT SICH UM DIE FLÜCHTLINGE
Endlich ein Bett für Rachel
Provisorische Bleibe für Asylanten.
ST. GALLENKAPPEL
80 Besucher
bei 100 Asylanten
Der Tag der offenen Tür ist «sehr zufriedenstellend» verlaufen, sagt Gemeindepräsident Josef Blöchlinger.
89 Männer und elf Frauen leben noch
bis Ende Januar in der Zivilschutzanlage. «Bei diesem Termin bleibt es», sagt
Blöchlinger. Er lobt die Arbeit der freiwilligen Helfer und des Kantons. (mal)
RAPPERSWIL-JONA
Chodorkowski
verlässt Rapperswil
Der russische Ex-Oligarch Michail
Chodorkowski hat seinen Wohnsitz
von Rapperswil-Jona nach London
verlegt. Die Frau des Kreml-Kritikers
meldete sich persönlich bei Stadtpräsident Erich Zoller ab, wie die «Südostschweiz» berichtet. Die Frau habe
«persönliche Gründe» angegeben, so
Zoller. (on)
SCHMERIKON
Grossüberbauung
muss an die Urne
Das Referendumskomitee gegen den
Teilzonenplan Schlatt reichte 256 gültige Unterschriften ein. Inzwischen hat
sich zwar die Bauherrschaft bereit
erklärt, das Projekt anzupassen. Das
Referendum kann aber nicht mehr
zurückgezogen werden, wie die
«Zürichsee-Zeitung» berichtet. (on)
FREIENBACH
Steuern
werden gesenkt
Die Freienbacher genehmigten die vorgeschlagene Steuersenkung von 80 auf
75 Prozent einer Einheit. Trotz eines
erwarteten Defizits von knapp zwei
Millionen Franken im kommenden
Jahr sieht die Finanzlage der Gemeinde
Freienbach erfreulich aus. Für das Jahr
2015 erwartet die Gemeinde immerhin
einen Ertragsüberschuss von zwölf
Millionen Franken, wie das «Höfner
Volksblatt» berichtet. (on)
Vier Monate lang lebte die
Kongolesin Rachel Lemandi in
einer Mini-Kammer im Asylhaus
der ABS in Gommiswald. Jetzt
hat die Gemeinde den unhaltbaren Zustand beendet.
Rachel Lemandi streichelt mit ihren
Fingern über den Glockenknopf, daneben steht ihr Name in sauberen Druckbuchstaben. Das Namensschild weist
den Weg zu ihrem Einzimmer-Studio
im zweiten Stock eines Mehrfamilienhauses in Gommiswald. «Hier bleibe
ich», sagt sie zuerst auf Deutsch und
dann auf französisch «Je reste ici!»
Die letzten vier Monate lebte die
39-jährige Frau im Asylhaus in Gommiswald in einer kleinen Kammer. Sie
schlief auf dem Boden, auf einer Liegestuhl-Schaumstoffmatte. Die Firma
ABS hatte die Frau dort deponiert, weil
die vorherige Wohnung von Rahel Lemandi für die Asyl-Profiteure zu teuer
war. Ende September sagte Gommiswalds Gemeindepräsident Peter Göldi
bei einem Ortsbesuch: «Das Zimmer
von Frau L. geht so gar nicht.»
Ab heute sind ein Zimmer mit Kochnische, ein WC mit Dusche und ein
Kellerabteil das neue Zuhause der
39-jährigen Frau und Gemeindepräsident Göldi stellt zufrieden fest: «Damit
wurden zumutbare Umstände geschaffen.» Gefunden wurde die Wohnung
von einer freiwilligen Helferin, die der
Flüchtlingsfrau am Umzugstag auch
ein Bett mit einer sauberen Matratze
schenkt. Für das Zimmer übernimmt
die Gemeinde die monatliche Miete
von 500 Franken. Die ABS hat in dieser
Wohnung nichts mehr zu sagen.
Engagierte Freiwillige Helfer
Das profitorientierte Verhalten der ABS
und die Berichterstattung der ON darüber haben in Gommiswald viel bewegt:
«Nach Ihren Berichten haben sich einige Einwohner bei der Gemeinde und
der Kirche gemeldet und gesagt, dass
sie gerne Freiwilligenarbeit leisten,
denn so gehe es doch nicht», sagt der
Gemeindepräsident Peter Göldi heute.
Seit letzter Woche ist in Gommiswald eine Asylgruppe am Werk. Der
pensionierte Primarlehrer Walter Weber koordiniert die Einsätze der Helfer
und packt selber mit an. Am Tag des
Umzugs transportiert er, gemeinsam
mit Brigitte Winkler und dem Eritreer
Zakarias Zerom, die Habseligkeiten
von Rachel Lemandi. Viel reden mag
Walter Weber noch nicht: «Ich arbeite
mich erst ein.»
Die Koordination zwischen Freiwilligen, Behörden, Medizinern, Fachleuten und der Kirche leistet das Sozialamt der Gemeinde. Damit übernimmt
Gommiswald das Modell, wie es im
Zakarias Zerom, Walter Weber, Rachel Lemandi und Brigitte Winkler nach dem Umzug ins Einzimmerstudio. Bild: MAL
benachbarten Eschenbach seit längerer
Zeit erfolgreich gelebt wird. Wie an
anderen Orten hat auch Gommiswald
die Betreuungsverträge mit den Asylprofiteuren gekündigt. Unklar ist noch,
ob man die ABS die administrative
Arbeit, zum Beispiel das Auszahlen
von Sackgeldern, machen lässt. Die
Vorstellung, dass sie weiterhin mit diesen Leuten zu tun hat, erschreckt die
Flüchtlingsfrau aus dem Kongo: «Plus
jamais ABS!», «Nie wieder ABS!»,
sagt sie dazu.
Flucht vor Bürgerkrieg im Kongo
Rachel Lemandi reiste am 24. September 2002 in die Schweiz ein. Sie war
vor dem Bürgerkrieg im Kongo geflo-
hen. Dort hatte sie als Frau und Opfer
der Soldaten unsägliches Leid erlebt.
Mehrere Monate versteckte sie sich in
der Schweiz, lebte als «Sans Papier»,
als Mensch ohne Pass und Ausweis.
Schliesslich halfen Schwestern des
evangelischen Saronbundes in Uznach
der tiefreligiösen Christin auf ihrem
Weg in die Legalität.
Doch das Asylgesuch der Kongolesin wurde abgelehnt. Seit mehr als elf
Jahren hat sie den «Flüchtlingsstatus
F». Sie ist «vorläufig aufgenommen»,
kann aber jederzeit in ihre alte Heimat
abgeschoben werden, wenn die Verhältnisse dort zumutbar sind. Wie ihr
geht es Tausenden von F-Flüchtlingen
in der Schweiz.
Normales Leben ist schwierig
«Jetzt brauche ich nur noch eine Arbeit»,
sagt Rachel Lemandi hoffnungsvoll.
Doch so einfach ist das nicht. Sie hat zu
viel erlebt und ist schwer traumatisiert,
befindet sich in psychologischer Betreuung. Den vielen Anforderungen an
einen Arbeitsalltag genügt sie kaum.
Eher wäre eine Arbeit in einem geschützten Bereich sinnvoll. Die Helfer
und das Gommiswalder Sozialamt wollen sie dabei unterstützen.
«Ich bete jeden Tag, dass es besser
wird», sagt sie. Einen ersten Schritt
dazu hat Rachel Lemandi nun gemacht.
Kaum sind die Zügelkartons in der
Wohnung, packt sie diese aus.
Mario Aldrovandi
ABS-Haus: Das Zimmer von Rachel.
Walter Weber und Zekarias Zerom packen an und helfen beim Umzug.
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