Der Mensch Tom Mutters Die Gäste der Trauerfeier verabschiedeten nicht nur den Gründer der Lebenshilfe, den wirkungsmächtigen Fürsprecher und Begleiter geistig behinderter Menschen. Sie verabschiedeten einen geschätzten, einen geachteten und geliebten Menschen. Allen voran galt das für seine Familie, für seine Frau Ursula, für seine vier Söhne mit ihren Familien. „Er war ein guter Mensch. Guido, sag das. Er hat auf uns aufgepasst. Und auf viele, die wir gar nicht kannten.“ Diese Worte gab Ursula Mutters Modemacher und Moderator Guido Maria Kretschmer, dem Lebenspartner ihres Sohnes Frank, auf den Weg, als sie ihn bat, sich im Namen der Familie Mutters an die Trauergäste zu wenden. Kretschmer berichtete aus der Kindheit von Tom Mutters in Amsterdam: „Der einzige Sohn eines Geigenlehrers hatte drei Schwestern und verstand sich sehr gut mit ihnen. Hilfsbereitschaft war in seiner Familie selbstverständlich. So fuhr er seine kleine Schwester Kitty morgens mit dem Fahrrad zur Schule. Anschließend ging er dann zu Fuß den kürzeren Schulweg in das nahegelegene Jungengymnasium.“ Die Familie, später seine eigene, blieb für Mutters die wichtigste Basis: „Er reiste um die Welt, seine Frau Ursula – selbst Lehrerin – hielt ihm den Rücken frei.“ Für die Belange behinderter Menschen war Mutters immer unterwegs – auch in ferne Länder. Aber wenn dann Ansichtskarten mit ausgesuchten Briefmarken zuhause für große Freude sorgten oder wenn es in die gemeinsamen Urlaube – zum Skifahren in die Berge oder nach Italien – ging, dann war der Ehemann und Vater ganz nah. „Tom Mutters war ein freier Geist. Interessiert und gebildet, grenzenlos tolerant und sozial aus tiefster Seele. Ein feiner Mensch, beharrlich und mutig, charmant und eigensinnig. Er sprach nicht nur einige Sprachen dieser Welt, er sprach die Wichtigste, die alles Verbindende, die Herzenssprache. Die respektiert, die achtet, die weiß um das Wichtigste, das uns verbinden sollte, die Menschlichkeit und das Menschenrecht eines jeden“, sprach Kretschmer der Familie aus der Seele. Seit Jahrzehnten ist die Familie Mutters auch seine Familie. Gerne erinnerte er sich daran, dass auch er – vor nunmehr 30 Jahren – bei Ursula Mutters und unter Aufsicht von Tom das Skifahren lernte. Dr. med. Nico Tom Mutters, ein Enkelsohn, bekennt in seiner Trauerrede: „Meine Welt ohne ihn ist eine ärmere. Er wird mir fehlen.“ Jahrelang hat er mit seinem Großvater eine intensive Brieffreundschaft gepflegt und setzt mit seiner niederländischen Ehefrau ein Stück der internationalen Familiengeschichte fort. In letzter Zeit, so Nico Tom Mutters, habe der Großvater wieder vermehrt niederländisch mit ihm geredet: „Als ich ihn zwei Wochen vor seinem Tod besucht habe, hat er mir eine Sache gesagt, die ich Ihnen heute gerne weitergeben möchte: Man muss das Leben leben, man darf es nicht an sich vorbeigleiten lassen. Er hat es gelebt, dieses Leben, er hat es gelebt mit Wucht, mit Kraft, aber auch mit Humor und mit leiser Demut.“ Aufgehoben in seiner Familie hat sich Tom Mutters jetzt entschieden zu gehen. Auf seinen 99. Geburtstag am 23. Januar 2016 stieß er lächelnd mit seinen Liebsten an. Reden wollte er nicht mehr. Wenige Tage danach hörte er auf zu essen. Und schlief am 2. Februar 2016 in Frieden ein. Jürgen Reuter, Mitarbeiter der Bundesvereinigung Lebenshilfe
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