Hochverehrte, liebe Frau Mutters, liebe Familie Mutters, werte Trauergemeinde, dass Tom Mutters von uns gegangen ist, erfüllt uns mit großer Trauer. Und so fühlen wir mit Ihnen, die in Tom Mutters den Mann, den Vater, den Schwiegervater, den Opa oder ganz einfach einen Freund verloren haben. Für uns von der Lebenshilfe vermischt sich dieses Gefühl der Trauer mit höchster Bewunderung für sein Lebenswerk, die Lebenshilfe, und alles was er darüber hinaus für jene Menschen getan hat, die wir etwas leichtfertig „geistig“ behindert nennen. Und wir empfinden tiefe Dankbarkeit! Tom Mutters zu höchstem Dank verpflichtet fühlen sich nicht nur die – im Verlauf der 58jährigen Geschichte der Lebenshilfe in die Millionen zählenden - behinderten Menschen und ihre Angehörigen; ihr Leben hat Tom Mutters im Kern und im positiven Sinne dramatisch verändert. Dankbar wollen und müssen auch hundertausende Menschen sein, die als Mitarbeitende in Lebenshilfe seit ihrer Gründung einen sinnerfüllenden Arbeitsplatz gefunden haben. Meine erste Begegnung mit Tom Mutters fand im Februar 1979 statt. Ich war zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen. Wir trafen uns – zusammen mit dem damaligen Schatzmeister Gerd Bonn-Meuser - in der Bundeszentrale in Cappel. Sie war vom unternehmerisch denkenden Bundesgeschäftsführer Mutters geplant, um aus bescheidenen Räumen in der Marburger Innenstadt angemessene Bedingungen für die Arbeit einer Verbandspitze zu schaffen. Dort also lernte ich Tom Mutters kennen. Das Gespräch war für von so lebensprägender Wirkung, dass ich heute, fast genau 37 Jahre später, als sein Nachfolger hier sprechen darf. Seine Begeisterungsfähigkeit, sein Charisma nahmen mich gefangen. Und so fuhr ich nach Hause zurück – und auf die Frage meiner Frau „Wie war’s“ – war meine Antwort: „Wenn die mich nehmen, gehe ich zur Lebenshilfe.“ Und so endete meine Karriere in der so genannten „Freien Wirtschaft“ und meine Tätigkeit als Bereichsleiter bei der Lebenshilfe begann. Nun, ich war allerdings auch positiv eingestimmt: „Der Mutters, das ist ein guter Typ, schon auch ein Manager, ein echter Holländer“ – so hatte mich der damalige Vorsitzende meiner Heimat-Lebenshilfe in Würzburg eingestimmt. „Die Bundeszentrale, das ist ein guter Laden, da kannst du hingehen! – so sein Rat. Unter der Geschäftsführung von Tom Mutters wuchs diese Bundessgeschäftsstelle rasant. Allein von 1979 bis 1989 hat sich der Personalbestand mehr als verdoppelt. Stabile Strukturen wurden geschaffen, fähige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf allen Ebenen eingestellt. Gerade bei der Auswahl und Gewinnung „guter Leute“ zeigten sich die Qualitäten von Tom Mutters. So war er nicht nur „Tom, der Gründer“, sondern auch „Tom, die Führungskraft“ – für uns in Marburg und für die Lebenshilfe insgesamt. Als Führungspersönlichkeit setzte er natürlich programmatische Akzente: Etwa dadurch, dass die Bundesvereinigung das Normalisierungsprinzip – in Skandinavien entwickelt - für Deutschland und auf europäischer Ebene vorantrieb. Oder die Tür zur Integration aufstieß. Oder sich dafür aussprach, dass auch Menschen mit einer geistigen Behinderung ein Recht auf Sexualität und Partnerschaft haben. Oder mit offensiver Öffentlichkeitsarbeit gegen Vorurteile anging. Oder zum sozialpolitischen Motor wurde. Wie war Tom Mutters als Chef? So wurde ich in den letzten Tagen immer wieder gefragt. Sein Führungsverständnis war von der Überzeugung geprägt, dass die Lebenshilfe als Elternvereinigung nur dann überleben kann, wenn auf Augenhöhe und partnerschaftlich auch Fachleute mit am Werke sind – auf allen Ebenen, auch in der Bundesvereinigung. Uns, die Fachleute in „seiner“ Bundeszentrale führte Tom Mutters an der langen Leine. Sein Credo war „Effizienz“. War die gewährleistet, hatten wir im vorgegebenen Rahmen der Programmatik und der Finanzen viel freie Hand. Für uns war dies – auch eingedenk seines erheblichen internationalen Einsatzes – ein ungeheurer Vertrauensvorschuss. Meine und unsere Beziehung zu Herrn Mutters war sicherlich auch aufgrund des Altersunterschieds – als ich eingestellt wurde, war Herr Mutters 61 und ich 35 Jahre alt – eher durch Bewunderung, Respekt, ja auch durch Ehrfurcht geprägt. Gleichwohl entstand und bestand zwischen Tom Mutters und uns eine wohltuende Basis der Sympathie. Tom Mutters war ein begeisterter Autofahrer. Öffentliche Verkehrsmittel? Eher nicht – da war er abhängig von Dritten. Das wollte er nie sein, auch nicht im Verhältnis zu anderen Verbänden. Und so hat sein Fahrstil auch ein wenig abgefärbt auf seine Art und Weise, etwas zu bewirken: Hohes Tempo, draufgängerisch - wenn es sein muss, auch mal ein Risiko eingehen, trotzdem immer den Überblick behaltend. Eher spontan als verkrampft strategisch, mit dem untrüglichen Blick auf das Wesentliche. In den vielen Jahren der Zusammenarbeit konnten wir seinen Wunsch nach Tempo und Schwung auch in freizeitnahen Lebensfeldern erleben: Tom Mutters war ein begeisterter Skifahrer – und kein Betriebsausflug und kaum eine Weihnachtsfeier, die nicht mit einem Tänzchen geendet hat. Eine Besonderheit war sicher das Verhältnis des Bundesgeschäftsführer Mutters zum Bundesvorstand. Wenngleich formal als hauptamtlicher Geschäftsführer dem Bundesvorstand nachgeordnet, genoss er als Gründer der Lebenshilfe übergreifenden Respekt. Und mancher fragte sich verschmitzt, wer gerade „unter Mutters“ Vorstand ist. Damit tat man ihm jedoch Unrecht. Bundesvorsitzenden wie Staatssekretär a.D. Ludwig von Manger König, Ministerin a.D. Annemarie Griesinger, Ministerialdirektor Günther Jaspert oder in früheren Jahren der Mitgründer Bert Heinen, Jugendrichter aus Bonn - um nur einige zu nennen - begegnete Herr Mutters mit hohem Respekt. Und so denken wir an Tom Mutters nicht nur als das Denkmal, das er für die Lebenshilfe schon zu Lebzeiten geworden ist. Wir denken an ihn als einen Motivator, einen Mann, der auch seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter begeistern konnte, an eine Führungskraft mit natürlicher Autorität. Wir denken an einen Chef, der auch feiern konnte – in diesem Zusammenhang, liebe Frau Mutters, erinnere ich mich gerne, an die Geburtseinladungen, an denen wir zu Ihnen in Ihr Haus in Wehrshausen kommen durften. Wir alle als seine Wegbegleiter empfinden schon immer und besonders jetzt, da er von uns gehen musste, uneingeschränkte Hochachtung, große Bewunderung und ein Grad an Wertschätzung, wie nur ein Gründer sie erfahren kann, dessen Werk auch nach fast 60 Jahren des Bestehens absehbar nicht am Ende ist. Die Lebenshilfe wird gebraucht — auch in der Zukunft. Die Lebenshilfe gäbe es nicht ohne Tom Mutters. Er wird in der Lebenshilfe weiterhin in unserer Mitte sein. Dr. Bernhard Conrads, Bundesgeschäftsführer der Lebenshilfe i.R.
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