Unternehmenskultur muss gelebt werden

„Unternehmenskultur muss gelebt werden“
■ Sie gibt einem Unternehmen ihr Gesicht,
macht es erlebbar, ist nie abgeschlossen und
kann nicht am grünen Tisch erschaffen werden – die Unternehmenskultur. Die Literaturwissenschaftlerin und Unternehmensberaterin Dr. Anne Kitsch aus Bielefeld weiß: „Unternehmenskultur muss gelebt werden. Dazu
gehören Symbole, Rituale und Geschichten.
Ein Leitbild allein funktioniert nicht.“ Kitsch
war eine der Referentinnen bei der IHK-Veranstaltung „Erfolgsfaktor Unternehmenskultur. Die große Idee, die uns treibt“, an der
rund 200 Unternehmerinnen und Unternehmer teilnahmen.
Am Anfang stehe meist die Idee, die Vision
des Gründers, die mit Leben gefüllt werden
müsse: „Die Unternehmen müssen Botschaften versenden, denn ob jemand vom Rhein
an die Lutter wechselt, hat mit der Attraktivität des Arbeitgebers, mit seiner Anziehungskraft und Ausstrahlungskraft zu tun“,
appellierte Kitsch an die Unternehmer, mit
ihrer Unternehmenskultur nicht hinter dem
Berg zu halten und diese mehr zu kommunizieren. Dr. Tom A. Rüsen, Geschäftsführender Direktor des Wittener Instituts für Familienunternehmen an der Privaten Universität
Witten-Herdecke, erläuterte, dass für Familienunternehmen andere Parameter gelten: „Bei
Unternehmen, die sich im Eigentum einer Familie befinden, wird deren Entwicklung meist
durch den bestimmenden Einfluss der Familienmitglieder geprägt.“ Unternehmen hingegen seien profitorientierte Organisationen,
bei denen die Personen austauschbar sind.
In Familien jedoch seien die Personen nicht
Diskutierten über das Thema Unternehmenskultur: Thomas Niehoff, IHK-Hauptgeschäftsführer, Ralf Becker, WDR,
Stefan Nölke, Gebr. Nölke GmbH & Co. KG, Versmold, Elmar Duffner, Geschäftsführer Poggenpohl Möbelwerke GmbH,
Herford, Dr. Anne Kitsch, Unternehmenskultur, Bielefeld, Dr. Tom A. Rüsen, Wittener Institut für Familienunternehmen,
und IHK-Präsident Ortwin Goldbeck (von links).
kündbar und durch Gefühle miteinander verbunden. Aus der Praxis berichtete Elmar Duffner, Geschäftsführer der Poggenpohl-Küchenwerke in Herford. Hinter dem Unternehmen
verberge sich eine typische deutsche Mittelstandsgeschichte. Durch den Verkauf an einen schwedischen Eigentümer habe die Firma
jedoch ihre Identität verloren und jahrelang
Verluste geschrieben. Die Idee einer zerlegbaren Küche floppte, erst die Rückbesinnung auf
die Stärken der Marke wie die Innovationskultur brachte 2002 den Erfolg zurück.
Stefan Nölke, Mitgesellschafter der Versmolder Gebr. Nölke GmbH & Co. KG („Gutfried“), plauderte aus dem Nähkästchen. Kei-
ner der Gesellschafter ist hier im Unternehmen tätig, dennoch seien sie alles andere
als stille Beobachter: „Wir informieren uns
sehr genau über die Pläne unseres Managements“, betonte Nölke. Doch seien Vertrauen, Sorgfalt und Bodenständigkeit Werte,
die das Unternehmen auszeichneten. Übernommen von der Gründergeneration, die
ihre Entscheidungen im verschwiegenen Familienkreis mit einem einfachen
„Män“
fällte, der plattdeutsche Ausdruck für „Moak
män“ („Mach mal“). Einen Rat gab er den
anwesenden Unternehmern noch mit auf
den Weg: „Man muss es üben, zu streiten.
Und lernen, dass es nicht immer böse gemeint ist.“ > Silke Goller
VERBRAUCHERPREISINDEX
2007
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Oktober
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2000 = 100
110.9
111.3
111.6
112.0
112.2
112.3
112.8
112.7
112.8
113.0
113.6
114.2
2006=100
102.4
102.9
103.1
103.6
103.6
103.6
104.2
104.1
104.2
104.5
105.0
105.6
2008
Januar
Februar
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Oktober
November
Dezember
105.3
105.8
106.3
106.1
106.7
107.0
107.6
107.3
107.2
107.0
106.5
106.8
2009
Januar
Februar
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September
Oktober
November
Dezember
106.3
106.9
106.8
106.8
106.7
107.1
107.1
107.3
106.9
107.0
106.9
107.8
2010
Januar
Februar
März
April
Mai
107.1
107.5
108.0
107.9
108.0
Quelle: Statistisches Bundesamt, alle Angaben ohne Gewähr
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