Thesenpapier von Laura Kup Seminar Unternehmens - Insolvenzrecht Prof. Dr. Heribert Hirte, LL.M. (Berkeley) Sommersemester 2010 - Die Insolvenzanfechtung in der Doppelinsolvenz von Gesellschaft und Gesellschafter Situation in der Einzelinsolvenz der Gesellschaft: Grundsätzlich haftet der persönlich haftende Gesellschafter gem. § 128 HGB mit seinem gesamten Vermögen für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Wird die Gesellschaft insolvent, so greift § 93 InsO, der einen Wettlauf der Gläubiger auf das Vermögen der Gesellschafter verhindern soll, um so die Gleichbehandlung der Gläubiger (par condicio creditorum) zu wahren. § 93 InsO hat vor allem zwei Wirkungsrichtungen: Sperrwirkung: Durch § 93 InsO verliert der Gläubiger die Befugnis zum Zugriff auf den Gesellschafter. Der Gesellschafter verliert die Befugnis, befreiend an einen Gesellschaftsgläubiger zu leisten. Ermächtigungswirkung: Der Insolvenzverwalter der Gesellschaft wird ermächtigt, die Forderungen der Gesellschaftsgläubiger für diese gegen den Gesellschafter geltend zu machen. Zusätzlich ermächtigt § 93 InsO analog den Insolvenzverwalter der Gesellschaft auch zu einer Insolvenzanfechtung gem. §§ 129 ff. InsO derer Leistungen, die der Gesellschafter vor Eröffnung der Insolvenzverfahrens erbracht hat. Situation in der Doppelinsolvenz von Gesellschaft und Gesellschafter: Durch die persönliche Haftung der Gesellschafter werden diese in Folge der Gesellschaftsinsolvenz meist auch insolvent. Nunmehr ist nur noch der Insolvenzverwalter des Gesellschafters ermächtigt, Leistungen des Gesellschafters anzufechten. Etwaige Forderungen der Gesellschaftsgläubiger muss der Insolvenzverwalter der Gesellschaft nun im Insolvenzverfahren des Gesellschafters zur Tabelle anmelden. 1 Spezielle Probleme in der Doppelinsolvenz: Haftungsumfang Im Fall der Doppelinsolvenz meldet Insolvenzverwalter der Gesellschaft in Gesellschafterinsolvenz der der e.A.: Doppelberücksichtigungsmodell …den Gesamtbetrag der bei ihm angemeldeten Gläubigeransprüche an. a.A.: Ausfallmodell …den Ausfallbetrag an, der nach dem Gesellschaftsinsolvenzverfahren noch nicht getilgt ist. hier vertretene Auffassung! Fristenberechnung Allgemein Für den Anfangstag der Fristenberechnung gem. § 139 InsO der Insolvenzanfechtung kommen zwei mögliche Zeitpunkte in Betracht: 1. Zeitpunkt des Eröffnungsantrags der Gesellschaft 2. Zeitpunkt des Eröffnungsantrags des Gesellschafters Abzustellen ist auf den früher gestellten Antrag – dies ist zumeist der der Gesellschaft –, um Umgehungen durch Antragsstellung zu vermeiden. Auch für Privatgläubiger? Für die Privatgläubiger des Gesellschafters gilt diese Fristenverschiebung auf den ersten Antrag nicht. Der Insolvenzverwalter des Gesellschafters hat eine getrennte Masse für das aus der Insolvenzanfechtung Erlangte zu bilden, aus dem vorrangig die Gesellschaftsgläubiger befriedigt werden. Die Privatgläubiger sollen durch die Fristenverschiebung nicht an etwas partizipieren, an dem sie ohne die gleichzeitige Insolvenz der Gesellschaft auch keine Anteile bekommen hätten. Vermischung von Anfechtungen Ficht bereits der Insolvenzverwalter der Gesellschaft eine Leistung des Gesellschafters an und wird innerhalb des laufenden Prozesses das Insolvenzverfahren über das Vermögens des Gesellschafters eröffnet, so hat der Insolvenzverwalter der Gesellschaft keine Kompetenz zur Anfechtung mehr. In diesem Falle ist die vorzugswürdige Lösung ein Parteiwechsel per legem gem. § 4 InsO i.V.m. §§ 239 ff. ZPO analog. Ein Abweisen der Klage als unzulässig wegen mangelnder Prozessführungsbefugnis und eine neue Klageerhebung durch den Insolvenzverwalter des Gesellschafters ist aus Gründen der Masseerhaltung und des Gläubigerschutzes als unökonomisch abzulehnen. 2
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