Zu wenige Baugenehmigungen

Fotos: Steffen Roller
standorte
Tobias Kassner, Bereichsleiter Bulwiengesa AG
Anke Stadelmeyer, Leitung Bereich Business
Development der Drees & Sommer GmbH Stuttgart
Jürgen Klein, Leiter Büro Stuttgart der Reiß &
Co. Real Estate München GmbH; Ralph Esser,
Geschäftsführer der Fay Projects GmbH
Zu wenige Baugenehmigungen
real estate forum stuttgart
Im Ländle gedeihen die Immobilienmärkte
nach wie vor prächtig – allen voran der Ballungsraum Stuttgart.
D
as diesjährige Real Estate Forum
Stuttgart zeigte sich mit rund 100
Teilnehmern erneut bestens frequentiert.
Die in Stuttgart aktiven Immobilienprofis gaben sich gut gelaunt, und das aus
guten Gründen. Die Wirtschaft in und
um die schwäbische Metropole herum
wächst und gedeiht.
Tobias Kassner von Bulwiengesa belegte das mit handfesten Zahlen. Ende
Von Christof Hardebusch
2014 lag die Arbeitslosenquote in
Deutschland bei 6,5 Prozent. Im Teilraum Baden-Württemberg waren es nur
vier Prozent, in Stuttgart weniger als
sechs Prozent – ein für Großstädte ausgezeichneter Wert.
Der Aufbau der Beschäftigung zeigt in
Stuttgart eine beeindruckende Dynamik,
die den bundesdeutschen Durchschnitt
weit hinter sich lässt. Besonders auffällig
Real Estate Forum
Stuttgart 2015
Referenten: Gero Bergmann, Vorstandsmitglied der Berlin Hyp AG;
Andreas Engelhardt, Vorstandsvorsitzender der GWG; Tobias Kassner,
Bereichsleiter Bulwiengesa AG; Professor Dr. Jutta Rump, Direktorin des
Instituts für Beschäftigung und Employability in Ludwigshafen (IBE).
Durch die Konferenz führte Paul J.
Feldhoff (Bild links).
Initiatoren: Berlin Hyp, Drees & Sommer, GWG Gruppe, Menold Bezler,
Feldhoff & Cie., Immobilien Manager
Verlag.
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ist die Zunahme an Bürobeschäftigten.
Während dieser Sektor in Deutschland
generell wie auch in Baden-Württemberg
stagniert, verzeichnen die Stuttgarter ein
deutliches Wachstum. Bedarf für neue
Büroflächen sollte also vorhanden sein.
Deren Entwicklung vollzieht sich aber
nur zögerlich. Das aktuell in der Vermittlung befindliche Volumen bleibt weit
hinter dem der anderen A-Standorte zurück. In puncto Development gilt dies
aber mit Ausnahme der EinzelhandelsImmobilien für alle Assetklassen.
Kassners Fazit: Stuttgart ist in Sachen
Entwicklung der aktuell mit Abstand
kleinste A-Markt.
Aus Sicht der Nachfrager liegt die Konsequenz auf der Hand: Für den Erstbezug
stehen nur relativ wenige Büroflächen zur
Verfügung, nämlich ganze 10.000 Quadratmeter. Lediglich weitere 34.000 Quadratmeter sind als höherwertig und modern zu bezeichnen. Selbst Köln, unter
den A-Städten die Nummer sechs, lässt
Stuttgart in dieser Disziplin mit einem
Erstbezugsangebot von 33.000 Quadratmetern und einem Angebot an modernen
Flächen von 109.000 Quadratmetern
deutlich hinter sich. Dabei liegen beide
Standorte beim Flächenumsatz im Fünfjahresschnitt nicht weit auseinander.
Gero Bergmann, Vorstandsmitglied Berlin Hyp;
im Hintergrund: Bettina Fuchs, City-Managerin
City-Initiative Stuttgart e.V.; Matthias Alipass,
Geschäftsführer Inditex Deutschland
Dr. Axel Klumpp, Menold Bezler Rechtsanwälte
Partnerschaft; Falko Streber, Retail-Group Streber;
Bettina Fuchs, City-Initiative Stuttgart; Matthias
Mußler, Mußler GmbH
Professor Jutta Rump, Direktorin des Instituts
für Beschäftigung und Employability
Andreas Engelhardt, Vorstandsvorsitzender
der GWG Gesellschaft für Wohnungs- und
Gewerbebau Baden-Württemberg AG
Philipp Ellebracht, Sprecher der Geschäftsführung der Schroder Real Estate Investment
Management GmbH
Andreas Ullrich, IMV; Tobias Börsch, Vorstand
der Deutsche Fonds Holding AG
Die Kombination aus geringem Angebot
bei relativ hoher Nachfrage führt natürlich zu hohen Kaufpreisen. Die Nettoanfangsrendite für Büroobjekte liegt bei
4,8 Prozent, und damit kaum höher als in
Berlin und Düsseldorf.
hingegen um mehr als 30 Prozent. Das
Auseinanderdriften von Mieten und
Preisen ist allerdings kein rein schwäbisches Thema, sondern in allen A-Städten
zu beobachten.
Dass insbesondere das Wohnungsangebot Grund zur Sorge bereitet, konstatierte auch Andreas Engelhardt, Vorstandsvorsitzender der GWG Gesellschaft für Wohnungs- und Gewerbebau
Baden-Württemberg. Die GWG managt
rund 15.000 Wohneinheiten, davon
10.000 im eigenen Bestand.
Die Enge im Wohnungsmarkt hat
Engelhardt zufolge einige „natürliche“
Gründe: Es gibt wenig Baulücken und
kaum freie städtische Grundstücke, die
Verkehrsinfrastruktur ist überlastet und
der „Stuttgarter Kessel“ begrenzt das
Wachstum ohnehin.
Hausgemachte Probleme verstärken
allerdings diese Nachteile. Die Landesbauordnung verteuere die Errichtung
von Wohnraum zusätzlich, kritisierte
Engelhardt. Oft zögen Stadtverwaltung
und Regionalparlament zudem nicht an
einem Strang. Eine verbesserte regionale
Kooperation zwischen der Landeshauptstadt, fünf Landkreise und insgesamt 179
Kommunen könnte hier für Abhilfe
sorgen.
Wenig Platz im Kessel
Gut 100 Teilnehmer lauschten den Vorträgen
und diskutierten beim Real Estate Forums in
Stuttgart.
Bernd Mattick, Leiter Marketing Service der
Jaguar Landrover Deutschland GmbH bei der
Abendveranstaltung
Im Wohnungsbau zeigt sich die Region Stuttgart dynamischer. Im Zeitraum von 2009 bis 2013 steht sie bei den
Fertigstellungszahlen auf Rang zwei der
Ballungsräume der A-Städte. Vergleicht
man die Bauaktivitäten in den Kernstädten, reicht es immerhin noch zu
Platz vier.
Eine dramatische Verschlechterung
ist allerdings zu befürchten. Denn bei
der Schaffung von Baurecht hinkt
Stuttgart hinterher. Im Zeitraum von
2010 bis 2014 wurden pro Fertigstellung
nur 0,95 neue Einheiten genehmigt.
Ähnlich schlecht ist dieser Wert mit 1,06
nur in Köln. Spitzenreiter Berlin bringt
es auf 1,89 Baugenehmigungen pro
Fertigstellung, München auf 1,57. Die
Mieten zogen übrigens in demselben
Zeitraum in der Stuttgarter Kernstadt
nur um 14 Prozent an, die Kaufpreise
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