IFAM INSTITUT FÜR AUFSICHTSRAT-MITBESTIMMUNG Nr 1 Feber 2015 JAHRESABSCHLUSS NEU – EIN BLICK AUF DIE KÜNFTIGE RECHNUNGSLEGUNG IN ÖSTERREICH VON ALICE NIKLAS Gerade die immer stärkere Bedeutung der internationalen Bilanzierungsstandards (IFRS) und auch die politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen in den EU-Mitgliedsstaaten bewirkten in den letzten Jahren zahlreiche Veränderungen auf dem Gebiet der Rechnungslegung. Mag (FH) Alice Niklas Die am Shareholder Value Prinzip ist in der Abteilung orientierten IFRS spielen weltweit Betriebswirtschaft der AK Wien beschäftigt. eine wesentliche Rolle im Wirtschaftsleben. Ziel eines IFRS-Abschlusses ist es, den Investoren ein möglichst wahrheitsgemäßes Bild (True and Fair View) über das Unternehmen zu vermitteln, dh der IFRS-Abschluss zeigt, wie rentabel das Unternehmen mit dem vorhandenen Kapital arbeitet. Nach IFRS sollen sämtliche stille Reserven möglichst ausgewiesen werden. Die Unternehmen stehen unter einem starken Druck, eine möglichst hohe Rentabilität für die Investoren zu erreichen. Ein wichtiger Bewertungsansatz dabei ist das Fair Value Prinzip. Dabei wird Vermögen im Unterschied zur österreichischen Rechnungslegung (Unternehmensgesetzbuch – UGB) nicht höchstens mit den Anschaffungskosten angesetzt, sondern mit ihrem jeweiligen Marktwert. In Zeiten steigender Kurse führt dies daher in den Bilanzen zu hohen buchmäßigen Gewinnen, die aber (noch) nicht wirklich realisiert wurden. Das Eigenkapital wird überbewertet. Aufgrund der Wirtschaftskrise sind die Kurse gefallen und die Unternehmen mussten sehr hohe Abschreibungen bei a www.voegb.at/IFAM Finanzanlagen wie Wertpapieren und Beteiligungen vornehmen. Dieses Bewertungsprinzip führt tendenziell zu schwankenden Unternehmensergebnissen. Durch die zunehmende Bedeutung des IFRS werden allerdings die im UGB verankerten Prinzipien Gläubigerschutz und Vorsichtsprinzip immer mehr in den Hintergrund gedrängt. Im UGB dürfen Vermögensgegenstände in der Bilanz höchstens mit ihren Anschaffungskosten angesetzt werden. Dadurch wird die Bildung von so genannten „stillen Reserven“ für schlechtere Zeiten bewusst in Kauf genommen. Im Interesse des Gläubigerschutzes soll somit die Ausschüttung von noch nicht realisierten Gewinnen und damit vorzeitiger Kapitalabzug vermieden werden. Die Anpassung der Bewertungsansätze stellt einen wichtigen Punkt im Rahmen der Entwicklung der Rechnungslegung dar. Dies hat die EU daher zum Anlass genommen und die europäischen Rechnungslegungsregeln mit der neuen Bilanzrichtlinie überarbeitet. Dabei wurden vermehrt Ansätze der internationalen Bilanzierungsregeln aufgenommen. Weitere Ziele dieser Reform waren – neben den Einsparungen der Verwaltungskosten für KMUs – die Transparenz und die Vergleichbarkeit der Jahresabschlüsse aller Unternehmen zu erhöhen. Die erforderlichen Änderungen im UGB wurden nun durch das im Dezember 2014 beschlossene Rechnungslegungsänderungsgesetz (RÄG) in das österreichische Recht übernommen und sind erstmals auf Geschäftsjahre anzuwenden, die nach dem 31.12.2015 beginnen. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über wesentliche Änderungen. www.ifam-aufsichtsrat.at IFAM Höherer Rückstellungsausweis Im Rahmen der Bewertung und Bilanzierung werden beispielsweise künftig Rückstellungen mit dem Erfüllungsbetrag angesetzt, der bestmöglich geschätzt werden kann, und nicht mehr – wie bisher – mit dem Betrag nach vernünftiger unternehmerischer Betrachtung. Dabei sind auch künftige Preis- und Kostensteigerungen einzubeziehen und dies kann in Folge zu höheren Rückstellungen führen. Rückstellungen für Abfertigungen, Pensionen, Jubiläumsgeld oder vergleichbare langfristig fällige Verpflichtungen werden mit dem nach versicherungsmathematischen Grundsätzen ergebenden Betrag angesetzt. Rückstellungen mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr sind mit einem marktüblichen Zinssatz abzuzinsen. Für Rückstellungen für Abfertigungen, Pensionen, Jubiläumsgeld oder vergleichbare langfristig fällige Verpflichtungen kann ein durchschnittlicher Marktzinssatz genommen werden, der sich bei einer angenommenen Restlaufzeit von 15 Jahren ergibt, wenn dagegen im Einzelfall keine erheblichen Bedenken bestehen. Für die Beurteilung der wirtschaftlichen Lage im Aufsichtsrat bedeutet dies daher, dass vor allem die Annahmen, die in die Bewertung der Rückstellungen einfließen, in den Jahresabschlüssen ab dem Geschäftsjahr 2016 verstärkt und genauer hinterfragt werden sollten, wie beispielsweise welche Kosten in welchem Umfang miteinbezogen wurden oder wie Kostensteigerungen erklärt werden. Ausweis von Restlaufzeiten in der Bilanz Bei der Bilanz wird es in den künftigen Abschlüssen nicht viele Anpassungen geben. Neu ist zB der Ausweis der Restlaufzeit von Forderungen über einem Jahr und von Verbindlichkeiten bis zu bzw mehr als einem Jahr direkt in der Bilanz. Im Eigenkapital wird die Position der unversteuerten Rücklagen gestrichen, damit werden Unterschiede in der UGB Bilanz und Steuerbilanz abgebaut. Ausweis außerordentlicher Positionen in der GuV entfällt In der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) entfällt der Ausweis von außerordentlichen Ertrags- und Aufwandspositionen. Diese Beträge werden in Hinkunft in den „ordentlichen“ Positionen dazu gezählt. Im Anhang müssen der Betrag und die Wesensart der einzelnen Ertrags- oder Aufwandsposten von außerordentlicher Größenordnung oder Bedeutung angegeben werden. Diese Regelung führt dazu, dass die bisherige Zwischensumme „Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit“ entfällt, nur für mittlere und große Unternehmen ist in der Gliederung die Zwischensumme „Ergebnis vor Steuern“ vorgesehen. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, was unter „außerordentlich“ verstanden wird. Im Gesetz findet sich keine Definition. Es ist damit zu rechnen, dass dieser Begriff in der Praxis sehr unterschiedlich ausgelegt wird und die Angaben im Jahresabschluss dünn ausfallen. Falls diese Informationen in den Jahresabschlussunterlagen fehlen, können ArbeitnehmervertreterInnen diese vor der Aufsichtsratssitzung schriftlich einfordern bzw in der Sitzung erfragen, um einen detaillierten Einblick in die wirtschaftliche Lage des Unternehmens zu erhalten. Alternativer Ausweis der Gewinnverwendung In Zukunft können die Posten zu den Rücklagenveränderungen und Bilanzgewinn (Gewinnverwendung) entweder wie bisher im GuV-Schema oder alternativ im Anhang dargestellt werden. In diesem Fall endet die GuV mit der Position „Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag“ und die ArbeitnehmervertreterInnen finden dann Angaben zur Gewinnverwendung im Anhang. Bericht über Zahlungen an staatliche Stellen Große Unternehmen und Unternehmen von öffentlichem Interesse, die in der mineralgewinnenden Industrie (zB Exploration, Entdeckung und Weiterentwicklung von Mineralien etc, Erdölvorkommen) oder im Holzeinschlag in Primärwäldern (natürlich regenerierte Wälder mit einheimischen Arten) tätig sind, müssen künftig über Zahlungen an staatliche Stellen in den Ländern, in denen sie ihrer Tätigkeit nachgehen, berichten. Im Rahmen des Konzernabschlusses ist ein entsprechender konsolidierter Bericht über die Zahlungen zu erstellen. Diese jährlichen Berichte enthalten Informationen über Sachund Geldleistungen an staatliche Stellen und werden gleichzeitig mit dem Jahresabschluss aufgestellt, dem Aufsichtsrat vorgelegt und von sämtlichen gesetzlichen Vertretern unterzeichnet. Sie unterliegen allerdings keiner Prüfungspflicht. Sofern Zahlungen unter 100.000 € im Geschäftsjahr liegen, brauchen sie im Bericht nicht angegeben werden. Die Berichte sollen die soziale Verantwortung der Unternehmen stärken und einen Beitrag zur Bekämpfung der Korruption darstellen. Konsolidierter Corporate Governance Bericht Eine weitere Neuerung ist die Erstellung eines konsolidierten Corporate Governance Berichts (§ 267a UGB, enthält Angaben über zB Empfehlungen zu Vorstandsvergütung, Geschäftsordnung und Selbstevaluierung des Aufsichtsrats) von Unternehmen, die einen Konzernabschluss erstellen müssen. Den ArbeitnehmervertreterInnen im Aufsichtsrat bietet sich damit die Möglichkeit, ein noch besseres Bild über die Qualität der Steuerung und Kontrolle der konsolidierten Unternehmen zu erhalten. Fazit Zusammenfassend gesehen zeigt diese Reform, dass sich die österreichische Rechnungslegung verstärkt in Richtung IFRS orientiert. Diese Entwicklung wird aus Sicht vieler Stakeholder als kritisch beurteilt, weil die wichtigen Grundsätze aus dem UGB (Vorsichts- und Gläubigerschutz) in den Hintergrund geraten. Gerade IFAM für die ArbeitnehmervertreterInnen verschlechtert sich auch die Transparenz und Vergleichbarkeit von Jahresabschlüssen. Daher wird künftig in den Aufsichtsratssitzungen vermehrt etwa auf das Thema Bewertung (zB Rückstellungen) zu achten sein, indem die Annahmen der Bewertungsansätze transparent gemacht und hinterfragt werden. Darüber hinaus bieten aber die neuen Berichte über Zahlungen an staatliche Stellen und die konsolidierten Corporate Governance Berichte wichtige Informationen für den Aufsichtsrat, um sich hier ein noch besseres Bild über das Unternehmen zu machen. IFAM BUCHTIPP Der Jahresabschluss im Wandel In diesem Buch diskutieren ExpertInnen aus Wissenschaft, Finanzmarktaufsicht, Wirtschaftsprüfung, Gläubigerschutzverbänden, Gewerkschaften und Arbeiterkammer den Wandel im Rechnungswesen sowohl aus nationaler wie auch internatio naler Sicht. ÖGB-Verlag, 1.Auflage (2014) ISBN 978-3-99046-027-6 Bestellung versandkostenfrei im Themenshop des ÖGB-Verlags: www.arbeit-recht-soziales.at Mail: [email protected], Tel: +43 1 4054998 132 oder direkt in der Fachbuchhandlung, 1010 Wien, Rathausstraße 21 IFAM TIPP AK-Bilanzberatung für Betriebs- und Aufsichtsräte Wie jedes Jahr werden auch in den nächsten Wochen wieder die Jahresabschlüsse vom Aufsichtsrat kontrolliert, beschlossen und dann der H auptversammlung vorgelegt werden. Dem Aufsichtsrat müssen die Jahresabschlüsse (inkl Prüfbericht) innerhalb der ersten 5 Monate nach dem Bilanzstichtag übermittelt werden. Da dem Aufsichtsrat bei der Bilanzkontrolle eine besondere Verantwortung zukommt, haben die Arbeiterkammern bereits seit Jahren ein besonderes Service für Betriebs- und Aufsichtsräte eingerichtet. Die Jahresabschlüsse werden von einem AK-Experten sorgfältig analysiert und im Rahmen eines Beratungsgesprächs gemeinsam mit dem Betriebsrat besprochen. Für die Aufsichtsratssitzung werden Fragen und Themenstellungen erarbeitet. Nähere Auskünfte: Abteilung Betriebswirtschaft, AK Wien 01 50165-2650 oder 3152 AK-Bilanzrechner Mit Hilfe des AK-Bilanzrechners erhalten Betriebsräte einen schnellen Überblick über die Ertragssituation und die finanzielle Stabilität ihres Unternehmens. Anhand von Kennzahlen wie Ebit-Quote und Eigenkapitalquote wird die wirtschaftliche Lage verbal erläutert. AK-Homepage: http://bilanzrechner.arbeiterkammer.at/ DIE UMSETZUNGSORIENTIERTE ORGANISATION Öffnende und schließende Interventionen während der Strategieentwicklung und -umsetzung dienen der geplanten, differenzierten Einbindung von Betroffenen, sowie unterschiedlicher Funktionsgruppen und Hierarchieebenen. Wichtig ist es uns dabei, das dem jeweiligen Personenkreis bewusst ist, wo und in welchem Ausmaß er den Anspruch auf Information, auf Einbringen seiner Einschätzung zu Beratungszwecken oder auf Mitentscheidung hat, beziehungsweise wo von ihm strategische Entscheidungen erwartet werden. Und in welchen Grenzen. Dadurch wird bereits während der Entwicklung VON MICHAEL SCHULTE-DERNE der Strategie der Anspruch die „Betroffenen ins Boot zu holen“ seiner moralischen Schwere und seines prätentiösen Gehalts entbunden und in seiner pragmatischen Bedeutung und Umsetzungsnotwendigkeit sichtbar. In der Organisation selbst entsteht so ein zweckmäßiges und nachvollziehbares Set von Regeln, welches es den einzelnen MitarbeiterInnen möglich macht, ihre eigene Rolle und Position innerhalb der Strategieentwicklung und -umsetzung zu erkennen, ihren eigenen Beitrag wertzuschätzen und seine Bedeutung organisatorisch einordnen zu können. g P.b.b. Zulassungsnummer: 02Z034644 M Erscheinungsort Wien, Verlagspostamt 1040 Wien Herausgeber, Verleger, Medieninhaber: Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte 1040 Wien, Prinz-Eugen-Straße 20-22 Satz und Layout: www.fielhauer.at | Jakob Fielhauer Alle Fotos: AK Wien, Abteilung Betriebswirtschaft Verlags und Herstellungsort: Wien Offenlegung nach § 25 Mediengesetz: siehe http://wien.arbeiterkammer.at/impressum.html Transparenz über die damit verbundenen, berechtigten eigenen Erwartungen an andere, sowie das Wissen um deren Erwartungen an einen selbst. Diese Erwartungen müssen adäquat kommuniziert werden können, in gewissem Rahmen immer auch verhandelbar sein und drehen sich im Wesentlichen um das Dreieck aus Aufgaben, Verantwortung und Kompetenz im Prozess der Strategieentwicklung und deren organisatorischer Umsetzung. Dr Michael Schulte-Derne ist geschäftsführender Gesellschafter der Unternehmensberatung C/O/N/E/C/T/A Es darf dabei nicht übersehen werden, dass die Umsetzung der Ergebnisse nach dem Integrationsansatz der Strategieentwicklung – ebenso wie nach dem Veränderungsansatz des Transformations-Managements – durchaus auch gegen den Widerstand der Betroffenen (zumindest partiell) erfolgen kann und erfolgt. Beide Ansätze sind Steuerungsmodelle, die sowohl die direktive Kraft der Führungsebenen nutzen, als auch die Integration der MitarbeiterInnen im Auge behalten. In beiden Modellen sind aber eben auch keinesfalls „alle an allem“ beteiligt. Führung bedeutet hier durchaus auch Abgrenzung – und damit auch Ausgrenzung von Personen. Nur scheint es eine brauchbare Arbeitshypothese zu sein (und durch Beobachtung auch entsprechend untermauert), dass sich Integration von MitarbeiterInnen nicht unbedingt in Annäherung an ein basisdemokratisches Vorgehen – mit voraussehbarem Scheitern – erschöpfen muss. Integration entsteht auch und vor allem durch Klarheit und Transparenz. Klarheit über die eigene Rolle und die eigene Position innerhalb eines Prozesses und Nach mehr als zwei Jahrzehnten beruflicher Beschäftigung mit Strategie, Strategischer Planung und Strategieentwicklung denke ich: um das Unplanbare zu planen, gilt es sich von der Illusion sinnvoller Trennbarkeit zwischen Strategieentwicklung einerseits und Strategieumsetzung andererseits zu verabschieden und sich stattdessen der professionellen Planung der Koppelung zwischen Strategie und Organisation zur Erreichung der gewünschten Ergebnisse zuzuwenden. Je unsicherer das strategische Umfeld, desto mehr Sorgfalt erfordert dieser Weg als lebendig zu haltender Prozess. IFAM VIDEOREPORTAGE Strategische Prozesse verstehen und Einflussmöglichkeiten des Betriebsrats ausleuchten Im Rahmen der IFAM lounge am 6.Oktober 2014 wurden strategische Prozesse und deren Umsetzung im Unternehmen diskutiert. Die wichtigsten Ergebnisse wurden in einer Videoreportage zusammengefasst: www.ifam-aufsichtsrat.at
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