Kalifornien greift auf dem Olivenöl-Markt an

Delikatessen mit neuer Technologie: Kalifornien...
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DELIKATESSEN MIT NEUER TECHNOLOGIE
Kalifornien greift auf dem Olivenöl-Markt
an
von:
Datum:
Axel Postinett
05.03.2016 08:40 Uhr
Erst haben die Amerikaner den Weinmarkt aufgerollt, dann den Biermarkt. Nun
ist die Olivenöl-Produktion dran. Wie sie mit Spitzentechnologie aus dem Silicon
Valley die Traditionsbetriebe aus Europa verdrängen wollen.
Oliven
Statt uriger Handarbeit wie in Europa arbeiten sich hochmoderne Ernteroboter durch die
Olivenbaumfelder in Kalifornien.
San Francisco. Im noblen Delikatessenladen Bristol Farms im Westfield-Einkaufszentrum in San
Francisco ist der Wandel schon zu spüren. Das Angebot an Olivenölen aus aller Welt ist üppig. Aber
es sind die heimischen Marken aus Kalifornien, die das Bild beherrschen. Und waren sie früher eher
preiswerte Alternativen zu den dominierenden italienischen und spanischen Herstellern, sind diese
Zeiten vorbei.
Eine 0,5�Literflasche Extra Native Olive Oil der Marke California Olive Ranch kostet da schon fast 14
Dollar. Wer etwas günstigeres sucht, der sollte zu Bertolli greifen. Der halbe Liter der italienischen
Traditionsmarke ist nach Preissenkungen schon �ür gut zwölf Dollar zu haben.
Ausgerechnet ein Italiener brachte die Amerikaner auf den Geschmack. Kurz nach dem Abpfiff des
Superbowl, des Endspiels der American Football League, zeigte der italienische Fahnder Sergio
Tirro in der bekannten TV�News-Show „60 Minutes“ auf CBS Millionen von Zuschauern wie einfach
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es ist, aus billigem, farblosen Sonnenblumenöl teures Olivenöl zu machen. Ein paar Tropfen
Chlorophyll und fertig ist die grünliche Flüssigkeit, mit der dann echtes Olivenöl und Gewinne der
Hersteller gestreckt werden. Oft wird gutes Olivenöl auch mit minderwertigem Öl verlängert.
STIFTUNG WARENTEST TESTET OLIVENÖLE
Bedeutung
Knapp ein Liter Olivenöl verzehrt jeder Deutsche im Schnitt pro Jahr. Wer viel davon zu sich nimmt, kann gesundheitlich
profitieren. Denn es ist gut für Herz und Kreislauf.
Quelle: Stiftung Warentest
Schadstoffe
Fünf Olivenöle waren hoch mit Mineralöl belastet, in 20 Ölen wurden Pestizide nachgewiesen, fünf enthielten Weichmacher
Sieger
„O-Med Picual Extra virgin olive oil“ aus Spanien. Preis pro Liter: 40 Euro, Note: 2,4
Zweiter
„Hacienda Iber Arbequina Natives Olivenöl extra“ aus Spanien, Preis pro Liter: 16 Euro, Note: 2,6
Preis-Leistungs-Sieger
„Lidl / Andorinha Portugal Natives Olivenöl Extra“ aus Portugal, Preis pro Liter: 6,40 Euro, Note: 2,8
Viele Flops
13 der 26 getesteten Olivenöle erhielten die Note „mangelhaft“.
Test-Verlierer
„Agrestis Nettar Ibleo Organic & DOP Olio Extravergine di Oliva“, Bio, Preis pro Liter: 40 Euro, Note: 5,4
Empfehlungen der Tester (1)
Der Testzweite „Hacienda Iber Arbequina“ und „Monini Gran Futtato“ (Note 2,9, Preis pro Liter: 14,20 Euro)
Empfehlungen der Tester (2)
Das Bioöl „Rapunzel Kreta P.G.I Chania Kritis“ (Note: 3,1, Preis pro Liter: 18 Euro) sowie „Piccardo & Sayore 100% Italiano“
(Note 3,2, Preis pro Liter: 20 Euro)
Ob Käse, Wein, Olivenöl – einfach alles wird ge�älscht und laut einem Bericht des italienischen
Landwirtschaftsverbandes Coldiretti machte die italienische „Agrarmafia“ schon 2012 rund 12,5
Milliarden Dollar Umsatz im Jahr. Wenn Zoll und Polizei der Hydra einen Kopf abschlagen, wachsen
zwei nach. Erst vor kurzem wurden in Italien bei mehreren Razzien im Rahmen der Operation
„Mamma mia“ rund 2000 Tonnen falsch deklariertes Öl im Wert von 13 Millionen Euro
beschlagnahmt. Seit Ende 2015 wird sogar gegen mehrere große Markenhersteller ermittelt, die
gepanscht haben sollen.
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Das ist die Stunde des amerikanischen Olivenöls. Frei von Skandalen oder Subventionsbetrug wie in
Europa mischen sie mit modernen Produktionsmethoden den heimischen Markt auf, um zunächst
die angeschlagenen italienischen Markt�ührer aus Küchen und Restaurants zu vertreiben.
Danach soll es an den Weltmarkt gehen. Vorbild ist die kalifornische Weinindustrie. Müde belächelt
von den großen Weingütern in Spanien oder Frankreich und lange der Billi�wein bei Aldi & Co, sind
vor allem die Tropfen aus dem kalifornischen Napa Valley heute teurer Inbegriff �ür Qualität und auf
den Weinkarten der Top-Restaurants zu finden. 1976 schlugen sie zum ersten Mal in wichtigen
Wettbewerben die etablierte Konkurrenz. Das war der Wendepunkt.
Doch der Weg ist noch weit. Nach Angaben des Verbands
der Olivenproduzenten werden nur zwei Prozent des
lokalen Verbrauchs im Land produziert. Und das, obwohl
seit 150 Jahren Oliven in den USA angebaut werden und
der US�Markt mit 80 Millionen Gallonen pro Jahr der
größte neben Europa ist.
Es sind junge Produzenten wie California Olive Ranch, die
OLIVENÖL
Gourmets erleben einen Ölpreis-Schock
Skandale, Fälschungen und miserable
Testergebnisse belasten das Image; trotzdem
steigen die Preise für Olivenöl jetzt deutlich an. Wie
das zusammenpasst – und worauf die Deutschen
beim Einkauf achten. mehr…
die Bewegung an�ühren. Mit High-Tech und höchsten
Qualitätsansprüchen greifen sie die von schlechten
Testergebnissen und Missernten geplagte Konkurrenz an.
Olivenöl
Die Olivenöle aus den USA stellen eine große Konkurrenz für spanische und italienische Hersteller dar.
Statt uriger Handarbeit wie in Europa arbeiten sich hochmoderne Ernteroboter durch die akkurat
wie in Weinbergen in langen Reihen angepflanzten 1,3 Millionen Olivenbäume, wie Gregory Kelley,
Chef des 18 Jahre alten Unternehmens im Gespräch mit Bloomberg Business erklärt. Keine Olive
werde auf dem Weg vom Baum bis zur eigenen Hochleistungsölmühle von Menschenhand berührt.
Die Erntekosten sind der größte Kostenbock bei der traditionellen europäisch geprägten und hoch
subventionierten Produktion.
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SO FINDEN SIE EIN GUTES OLIVENÖL
Wahl des Geschäfts
Suchen Sie sich ein Geschäft, in dem Sie Olivenöle vor dem Kauf verkosten können und dessen Personal ein paar
grundsätzliche Fragen dazu beantworten kann, wie, wo und von wem sie hergestellt wurden. Olivenölfachgeschäfte und Ölbars
gibt es immer mehr – auch bei Feinkostanbietern, auf Märkten und in Supermärkten.
Wahl anderer Anbieter
Wenn Sie das Öl vor dem Kauf nicht kosten können, wählen Sie einen Anbieter mit strikten Qualitätskontrollen bei Produktion
und Auswahl. Dazu gehören Olive Press (www.theolivepress.com), Zingerman's (www.zingermans.com), Beyond the Olive
(www.beyondtheolive.com) oder Corti Brothers (www.cortibros.biz).
Frisches Öl
Natives Olivenöl wird nicht im Alter besser wie ein guter Wein. Im Gegenteil, es ist leicht verderblich und verliert nach dem
Pressen an Geschmack und Aroma. Das passiert noch schneller, wenn das Öl in Flaschen abgefüllt ist. Deshalb sollten Sie so
nah am Produzenten (z.B. einer Olivenmühle) wie möglich kaufen und das Öl in sauberen Edelstahlcontainern lagern.
Behälter
Am besten eignet sich als Behälter dunkles Glas – es schützt vor Licht.
Etiketten
Wenn Sie keinen Verkäufer zu rate ziehen können, vertrauen Sie auf das Etikett. Besonders wichtig ist dabei, dass das Öl als
„nativ extra“ ausgezeichnet ist. Bei anderen Bezeichnungen wie zum Beispiel „rein“ oder „Olivenöl“ wurde das Öl noch chemisch
raffiniert.
Haltbarkeitsdatum
Um der Frische Ihres Öls sicher zu sein, sollten Sie Produkte mit Haltbarkeitsdatum oder gar Erntetermin kaufen. Nach
Möglichkeit sollten Sie Öle aus der diesjährigen Ernte bevorzugen. Wenn ein Öl noch zwei Jahre lang haltbar ist, wird es
vermutlich noch frisch sein. Aber Vorsicht: Auch beim Haltbarkeitsdatum kann gepfuscht werden. Statt der Ernte wird dann der
Tag der Abfüllung als Ursprung gewählt. Kontrollierbar ist das nicht.
Herkunft
Wenn ein Etikett besagt, das Olivenöl sei in Italien verpackt oder abgefüllt worden, heißt das nicht, dass das Öl auch aus Italien
stammt. Italien ist einer der größten Importeure von Olivenölen. Eine italienische Flagge auf der Verpackung heißt aber noch
nichts. Öle, bei denen der genaue Herstellungsort nicht auf der Packung steht, sollten Sie daher meiden.
Farbe des Öls
Die Farbe des Öls sollte keine Rolle spielen. Ob Grün oder Gold oder Strohgelb – echte native Olivenöle sind nicht an der Farbe,
sondern am fruchtigen Geschmack und Geruch zu erkennen.
Typ des Öls
Der Öltyp sollte zum Essen passen. Kräftiges Öl – oft bezeichnet als „robust“, „frühe Ernte“ oder „körperreich“ – sollten Sie dabei
für deftige Speisen wie Pfeffersteak, bruschetta oder aromatisches Gemüse verwenden. Mildere Öle mit Auszeichnungen wie
„mild“, „zart fruchtig“ oder „späte Ernte“ eignen sich besser für Fisch, Hühnchen oder Kartoffeln.
Preis
Auch, wenn der Preis eine Rolle spielt: Wer ein gutes Öl kaufen will, sollte sich nicht von Schnäppchenpreisen verführen lassen.
Echtes natives Olivenöl ist kostspielig, dafür sollten Sie mindestens acht Euro einplanen. Natürlich ist aber auch ein hoher Preis
kein Garant für Qualität.
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Zertifizierungen
Zertifizierungen auf Etiketten sind nicht immer eine Qualitätsgarantie. Vertrauen kann man aber nationalen und staatlichen
Olivenölverbänden wie Australian Olive Association, California Olive Oil Council und Association 3E. Auch die North American
Olive Oil Association und der internationale Olivenölrat zertifizieren Olivenöl.
Informationen
Ausführliche Informationen und aktuelle Ressourcen zum Kauf und Genuss guter Öle finden Sie auf www.extravirginity.com.
Kelley ist ein alter Silicon-Valley-Kämpfer, er hat Unternehmen aufgebaut und im Dotcom-Crash
2001 sterben sehen. Irgendwann kehrte er der Tech-Welt den Rücken und fing 2006 bei einem
unbedeutenden Olivenöl-Erzeuger in Sacramento im Norden Kaliforniens an. 2007 wurde er
Vorstandschef, sammelte, wie in Tech-Industrie gelernt, 120 Millionen Dollar Venture Capital ein
und heute ist California Olive Ranch die Nummer vier im US�Markt. Es war ein Risiko, vertraute er
Forbes Magazine an. Er akzeptierte 70 Prozent Einkommensverlust als er den Job bei der Farm
angenommen hatte, aber er wollte es einfach.
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gesenkt werden. mehr...
Heute, schätzt Kelley, steht das junge Unternehmen bereits �ür 65 Prozent der amerikanischen
Olivenöl-Produktion. Er spricht gerne vom „schmutzigen Geheimnis der Olivenölbranche“, davon,
wie er Bloomberg erzählt, dass viele der in den USA verkauften Öle gepanscht, von unklarer
Herkunft sind oder mit schlechten Produktionsmethoden, spricht zu viel Hitze, erzeugt werden. Mit
seiner Kostenstruktur erhofft er sich einen klaren Vorteil im Kampf um den Weltmarkt.
Nach dem Wein und dem Markt �ür „Craft Beer“, die neue
handwerkliche Bierproduktion in Kleinunternehmen, die
ihren Ursprung in San Francisco hatte, wäre Olivenöl der
dritte große Lebensmittelmarkt, den die amerikanische
Industrie im Handstreich übernimmt, wenn man Fast
Food einmal beiseite lässt.
Das nötige Selbstbewusstsein �ür die Attacke auf die
STIFTUNG WARENTEST
Jedes zweite Olivenöl ist mangelhaft
Die Stiftung Warentest hat die Hälfte aller getesteten
Oliven-Öle mit der Note fünf bewertet. Guten
Appetit! mehr…
etablierten Produzenten aus Europa haben sich die
Amerikaner 2015 auf dem New York International Olive Oil
Competition geholt. 38 Öle konnten Auszeichnungen mit
nach Hause nehmen (alle Ergebnisse hier).
Auch wenn italienische und spanische Öle dominieren, ist
es doch ein Achtungserfolg. Ob sich der Siegeszug fortsetzen wird, zeigt sich am 11. April. Dann
werden in Blindverkostungen in New York die Besten des Jahrgangs 2016 ermittelt. Im Vorjahr
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wurde jedes ausgezeichnete amerikanische Olivenöl in Kalifornien produziert. Das ist ein Ansporn
�ür Kelley.
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Verzögerung der Kursdaten: Deutsche Börse 15 Min., Nasdaq und NYSE 20 Min. Keine Gewähr für die Richtigkeit
der Angaben.
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