Syrien Emirate Israel/Palästina Türkei Bischof Audo berichtete bei der ICO-Tagung über die Lage in der umkämpften Stadt Aleppo. f5 Rund um die neue Pauluskirche in der Hauptstadt hat sich ein reges Pfarrleben entwickelt. f8 Benediktinersprecher Nikodemus Schnabel ortet eine „Selbstgettoisierung“ der Christen. f 12 Sepp Gruber radelte 2150 km durch die Osttürkei. Ein Höhepunkt war der Besuch des Turabdin. f 13 15. Jahr, Nr. 60 ÖPAG • Sponsoring Post BNPA 4020 Linz • GZ 10Z038385S November 2015 Foto: Franz Litzlbauer Das Jesuskind (in der Kapelle der Kleinen Schwestern Jesu in Linz/Oberösterreich) streckt uns seine Hände entgegen und lächelt. Das ist die Botschaft von Weihnachten: Gott will mit diesem Kind die Herzen berühren. Von ihm gehen Zärtlichkeit, Licht und Hoffnung aus. 2 Nr. 60 / November 2015 GRUSSWORT Liebe Leserinnen und Leser! Die Eröffnung des neuen Universitätslehrgangs Master of Arts in Syriac Theology an der Universität Salzburg am 20. Oktober 2015 und die Einweihung des Syrischen Kollegs Beth Suryoye am 19. Oktober waren ein großes Ereignis für die syrisch-orthodoxe Kirche. Patriarch Mor Ignatius Aphrem II. reiste eigens aus Damaskus an. Sechs syrisch-orthodoxe Bischöfe und weitere Geistliche begleiteten ihn zu den Feierlichkeiten und Gottesdiensten in Salzburg. Über 200 syrische Christinnen und Christen aus aller Welt und zahlreiche Personen aus Salzburg und ganz Österreich nahmen daran teil. Die Teilnehmer drückten durch ihre Präsenz, ihre freundliche Ausstrahlung und in netten Gesprächen ihre Freude über die Einmaligkeit der syrisch-theologischen Studien in Salzburg aus, wo demnächst Theologinnen und Theologen für die gesamte syrische Christenheit ausgebildet werden. Für dieses Jahr sind schon Studierende aus Indien, dem Iran, Syrien, der Türkei, Ägypten und Deutschland eingetroffen. Im akademischen Festakt „Emigration – Integration: syrische Theologie an einer öffentlichen Universität in Europa“ würdigten die Redner die Implementierung der syrischen Theologie als ein Hoffnungszeichen für die syrischen Christinnen und Christen, die in ihrer Heimat verfolgt werden. Am Vorabend wurde im Dom zu Salzburg für sie und für Frieden für alle Verfolgten und Flüchtenden gebetet. In seiner Festrede sprach Mor Ignatius Aphrem II. von Salzburg als eine patriarchale Ausbildungsstätte für syrische Theologinnen und Theologen und bedankte sich beim Rektor Univ.-Prof. Dr. Heinrich Schmidinger und bei Alterzbischof Dr. Alois Kothgasser. Prof. Dr. Aho Shemunkasho Leiter des Lehrgangs für Syrische Theologie / Universität Salzburg ICO - INFORMATION CHRISTLICHER ORIENT Editorial Es betrifft nicht unmittelbar die Arbeit der Initiative Christlicher Orient, ist aber für alle Mitarbeiter/innen und Freund/innen der ICO ein Grund zur Freude. Unser Obmann Pfarrer Dr. Slawomir Dadas wurde kürzlich zum Generaldechant der Diözese Linz gewählt und von Diözesanbischof Dr. Ludwig Schwarz in diesem Amt bestätigt. Pfarrer Dadas gehört nun in den Kreis der Diözesanleitung. Wir gratulieren ganz herzlich zu dieser neuen zusätzlichen Aufgabe. Wir freuen uns, dass er die damit verbundenen neuen Möglichkeiten für die ICO nutzen wird: um unsere Anliegen und Arbeit einem noch weiteren Kreis von Menschen bekannt zu machen. Ein zweites erfreuliches Ereignis: Die Vergabe des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels an den Schriftsteller und Islamwissenschafter Navid Kermani. Bei der Preisverleihung in Frankfurt am Main hat er seine Zuhörer/innen nicht wenig überrascht, als er zu einem Gebet eingeladen hat. Seit dem zweiten Weltkrieg wird die Paulskirche, der Ort der Preisverleihung, nicht mehr als Kirche genutzt, sondern hauptsächlich für Ausstellungen und staatliche oder städtische Veranstaltungen. In diesem Raum wurde schon lange nicht mehr gebetet. „Ein Friedenspreisträger soll nicht zum Krieg aufrufen. Doch darf er zum Gebet aufrufen“ – zum Gebet für Freiheit und Frieden, sagte Kermani. Es war ein beeindruckendes – ein starkes – Bild, als sich die Festgäste erhoben haben. Wie gut ist es, dass wir nicht nur Worte, sondern Bilder des Friedens und der Versöhnung den Hassbildern und -videos des Islamischen Staates entgegensetzen, die uns über das Internet erreichen und Angst verbreiten. Josef Wallner Die „Initiative Christlicher Orient“ wünscht allen Förderern und Abonnenten ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest und den Segen Gottes für das kommende Jahr 2016. EX ORIENTE LUX Sedro aus der maronitischen Liturgie zum Weihnachtsfest Als Sedro bezeichnet man das meditative Priestergebet im Weihrauchritus des Eröffnungsteiles. Dank sei dir, ewiger und anfangsloser Sohn, verborgenes Licht, das in die Welt gekommen ist; Ewiger, der du ein Kind geworden bist und von der Tochter Davids geboren wurdest; Herr, der du dich mit einer Krippe im Stall von Bethlehem zufrieden gegeben hast; Geliebter, der du in Windeln gewickelt wurdest; Ehrfurchtgebietender, der du dich an den Liedern der Davidstocher erfreust. Wir bedenken voll Staunen das Geheimnis unserer Erlösung und rufen: Wie wunderbar bist du, Gott, der du Mensch geworden bist und Gott bleibst. Wie wunderbar bist du, Gott, der du in einen Stall hinab gestiegen bist und mit deiner Herrlichkeit Himmel und Erde erfüllst. Wie wunderbar bist du, Gott, zu dem die Engel, die Hirten und die Weisen gekommen sind, um dir zu huldigen. Durch deine Geburt hast du den Frieden aufgerichtet zwischen Himmel und Erde, du hast die trennende Mauer zwischen den Bewohnern des Himmels und der Erde entfernt. Durch deine Geburt hast du uns befreit und es herrscht nun gute Hoffnung unter den Menschen. Durch deine Geburt ist das Licht in die Welt gekommen und die Finsternis wurde hell. Durch deine Geburt wurden vereint die Fernen und die Nahen und sie haben gemeinsam an deinem Fest teilgenommen. An diesem Tag haben die Engel den Hirten verkündigt: Geboren ist euch heute der Retter in der Stadt Davids; es ist Christus, der Herr! Aus: A. Heinz, Die Heilige Messe nach dem Ritus der Syrisch-maronitischen Kirche. Paulinus 1996, S. 155. ICO - INFORMATION CHRISTLICHER ORIENT Nr. 60 / November 2015 3 ICO-Projekte Die Flüchtlingshilfe vorort in Syrien und im Nordirak ist 2015 der Hauptschwerpunkt der ICO. Die Not und das Leid der Flüchtlinge sind weiterhin groß. „Damit die Christen in ihrem Heimatland bleiben können“ SYRIEN/NORDIRAK – Die Kriegshandlungen der verschiedenen Konfliktparteien sowie die Aktivitäten der Jihadistenmiliz „Islamischer Staat“ zehren an den Kräften der bedrohten und verfolgten Menschen. Tagtäglich geht es für die Betroffenen um „Leben und Überleben“ (s. Seite 5). Die ICO versucht zu helfen und erst die Hilfe zahlreicher SpenderInnen und UnterstützerInnen macht es möglich. Aus diesem Grund liegt dieser Ausgabe der Informationszeitschrift ein Spendenerlagschein bei. ICO-Obmann Slavomir Dadas bittet: „Helfen Sie mit die Not und das Leid zu lindern und den Christen die Möglichkeit zu geben in ihren Heimatländern zu bleiben!“. Mit Lebensmittel, Kleidung, Hygieneartikel, Wohnungszuschüsse, Schulgebühren und medizinischer Versorgung werden heuer kontinuierlich 2000 Familien im Nordirak und in Syrien unterstützt. Ausgabe von Hilfsgütern im Nordirak: ICO hilft Flüchtlingen, die in ihren Herkunftsländern Zuflucht gefunden haben. Fotos: zVg Der Rohbau in Enishke ist fertig Die Bauarbeiten beim neuen Katechese- und Jugendhaus im nordirakischen Dorf Enishke schreiten zügig vor. Im Oktober wurde der Rohbau fertiggestellt. NORDIRAK – Die Innenarbeiten im Kellergeschoss haben bereits begonnen und die Räume nehmen dank Zwischenwänden Formen an. Bauingenieur Amer Toma Isho und Bauherr Pfarrer Samir Yousif sind mit dem Fortschritt zufrieden. Sofern die Arbeiten im Zeitplan bleiben ist die Fertigstellung und Eröffnung für Mitte 2016 geplant. Arbeit für Flüchtlinge. Erfreulich ist, dass christliche und yesidische Flüchtlingsmänner bei den Bauarbeiten mithelfen und so Einkommen für sich und ihre Familien erzielen. In der Pfarre Enishke leben an die 180 christliche Familien und mittlerweile über 400 Flüchtlingsfamilien. Weitere Hilfe notwendig. Für dieses Projekt fehlen der ICO noch 20.000 Euro. Hier ist große Unterstützung durch Gönner und Förderer gefragt, ersucht ICO Kassier Thiemo Pree. Am neuen Katechese- und Jugendhaus in Enishke kann fleißig mitgebaut werden. Die ICO bietet „Bausteine“ zu 10, 20, 50 und 100 Euro an. Projekt-Infos Die ICO stellt Ihnen gerne weitere Information zu den Projekten zur Verfügung und geht gerne auf Ihre Fragen ein. Bitte wenden Sie sich bei Interesse an unser Büro. Alle Kontaktmöglichkeiten finden Sie auf Seite 15 rechts unten. Stand der Bauarbeiten vom Oktober 2015. Pfarrer Samir Yousif bei Papst Franziskus Enishke/Rom – Der chaldäisch-katholische Pfarrer von Enishke, Samir Yousif, war im August auf Einladung der Italienischen Bischofskonferenz in Rom und informierte über seine pastoralen und seelsorglichen Aktivitäten. Im Zuge der Reise konnte er auch Papst Franziskus einen kurzen Einblick in seine Lebensrealität im Nordirak geben (Bild). Ein großes Anliegen im Gespräch mit dem Papst war dem Pfarrer das neue Katechese- und Jugendhauses, dessen Bau ICO unterstützt. 4 Nr. 60 / November 2015 ICO - INFORMATION CHRISTLICHER ORIENT Tragfähige Beziehungen zwischen Christen und Muslimen gesucht ICO-Tagung 2015 „Christen und Muslime – Wege in die Zukunft?“ Unter diesem Thema stand die Jahrestagung 2015 der Initiative Christlicher Orient. Mehr als 150 Interessierte waren dazu am 28./29. September in das Bildungshaus St. Virgil nach Salzburg gekommen. Salzburg – Der Linzer Diözesanbischof Ludwig Schwarz, in der österreichischen Bischofskonferenz für den Bereich Mission/ Entwicklungshilfe zuständig, eröffnete das Symposium und erklärte: „Die Begegnung mit dem Islam ist eine Herausforderung, der sich die Christen nicht verweigern dürften.“ Der Bischof forderte einen echten gegenseitigen Respekt zwischen Christen und Muslimen und mahnte bei den Muslimen die Absage an Verhaltensmustern und Einstellungen ein, die die eigene Religion anderen gegenüber als überlegen ansehen. Der Islam zeige sich vielfach in einer „beängstigenden Weise“, räumte Bischof Schwarz unter Verweis auf islamistische und terroristische Strömungen ein. Zudem gebe es vor allem im Nahen Osten zahlreiche innerislamische Konflikte, deren Opfer aber vielfach auch Christen seien. Der Grazer Religionswissenschaftler Prof. Karl Prenner ging auf aktuelle Problemfelder innerhalb des Islam ein. Der Islam sei weltweit durch große religiöse und kulturelle Vielfalt geprägt. Gerade bei Migranten, die nach Europa kommen, würden die Muslime aber aus ihrem kulturellen Umfeld herausgerissen. Sie müssten sich in Europa neu orien- Tagungs-Vorträge Auf www.christlicher-orient.at, der Homepage der Initiative Christlicher Orient, können Sie einige der Vorträge bei der ICO-Tagung 2015 in voller Länge nachlesen. tieren und diese Neudefinition der muslimischen Identität erfolge ausschließlich über die Religion und nicht mehr über die Kultur. Prenner sprach von einem „rein religiösen Riten-Islam“. Ein solcher Verlust von Vielfalt führe aber leicht zu Fundamentalismus, warnte der Religionswissenschaftler. Der Münsteraner islamische Theologe Prof. Mouhanad Khorchide diagnostizierte zwei Haltungen innerhalb des Islam: Die Haltung des Sich-Verschließens und die des Sich-Öffnens. Khorchide plädierte dafür, den Koran nicht als abgeschlossenes System zu sehen. So müsse man zwischen historisch bedingten und a-historischen Aussagen des Koran unterscheiden. Es gehe darum, zwischen dem zu unterscheiden, „was göttliche Offenbarung ist und was dem gesellschaftlichen Wandel unterliegt“. So dürften etwa Passagen im Koran zu körperlichen Strafen heute nicht wortwörtlich verstanden werden. Wohl aber müsse man das dahinterstehende Bemühen um eine gerechte Gesellschaft beachten. Als übergeordnetes Kriterium, was wortwörtlich zu verstehen sei und was nicht, nannte Khorchide das „Kriterium der Barmherzigkeit“. Der Theologe räumte allerdings auch ein, dass er mit seiner Position nur eine kleine Minderheit der Muslime repräsentiere. Zur ICO-Jahrestagung war auch der ägyptische koptisch-katholische Bischof Kyrillos William gekommen. In seinem Vortrag erklärte er, dass Ägypten auf einem guten Weg sei. Die Situation der Christen habe sich seit der zweiten Revolution 2013 verbessert, so der Bischof von Assiut. Freilich räumte er zugleich ein, dass das Land noch vor großen Herausforderungen stehe. Der Würzburger emeritierte Bischof Paul-Werner Scheele diskutierte in seinem Vortrag den Vorstoß zu einem kirchlichen „Tag der Märtyrer“. Ein solcher Tag wäre u.a. ein Akt der Solidarität und der ökumenischen Verbundenheit unter den Kirchen. Das Zeugnis jener Menschen, die um ihres Glaubenswillen verfolgt und ermordet wurden, sei gemeinsames Erbe aller Konfessionen. Freilich gelte es bis zur Einführung eines solchen Tages noch eine Reihe von Fragen und Details zu klären, so Scheele. (KAP) PRESSESPLITTER Bischof mahnt zu stärkerem Friedensengagement Der Linzer Bischof Ludwig Schwarz appellierte bei der Eröffnung der ICOTagung 2015 an die internationale Staatengemeinschaft, sich endlich im Nahen Osten stärker für den Frieden einzusetzen. Nur so könnten die Flüchtlingsbewegungen gestoppt werden. Die Menschen in der Krisenregion hätten vielfach nur die Wahl zwischen Flucht oder Tod bzw. Sklaverei. (KAP) Vier Millionen syrische Flüchtlinge in Nachbarländer Laut Bischof Antoine Audo sind innerhalb Syriens zehn Millionen Menschen aus ihren Heimatgebieten in ruhigere Regionen geflohen. Ungefähr vier Millionen Menschen haben das Land bereits verlassen und leben seither teils unter katastrophalen Bedingungen in Flüchtlingslagern in den angrenzenden Ländern. (ORF OÖ) „Wir müssen die stoppen, die Waffen liefern“ Bischof Antoine Audo zur Friedensaussicht in Syrien: „Wir müssen die stoppen, die Waffen liefern. Denn militärisch gibt es keine Lösung. Dann müssen die unterschiedlichen Ebenen für den Frieden arbeiten. Die internationale Ebene mit der UNO, USA und Russland, dann die regionale Ebene mit Iran, Saudi Arabien und der Türkei und schließlich die lokale Ebene hier im Land. Die Lösung kann schlussendlich nur von uns selbst, von den Syrern kommen.“ (Kirchenzeitung Linz) „Übergangslösung mit Assad“ Bischof Antoine Audos Position zu Staatschef Assad: „Ich respektiere den Standpunkt der Europäer, die sagen, Assad ist ein Diktator und Mörder. Aber wir müssen diesen Krieg in einem größeren Zusammenhang sehen. Assad verteidigt schon auch eine Idee von Syrien. Wir müssen eine Übergangslösung finden – erst mit Assad. Dann muss es eine Lösung mit Sunniten, Alawiten, den verschiedenen Konfessionen geben.“ (Salzburger Nachrichten) ICO - INFORMATION CHRISTLICHER ORIENT Nr. 60 / November 2015 SYRIEN „Wir halten die Flamme der Hoffnung am Leben“ Bischof Antoine Audo war Hauptreferent der ICO-Jahrestagung Ende September in Salzburg. Audo, der dem Jesuitenorden angehört und seit 1992 der Oberhirte für die chaldäischen Katholiken in Norden Syriens ist, lebt in der Stadt Aleppo. Was er damals über das Leben in seiner Stadt erzählt hat, hat sich inzwischen wesentlich verändert. lich auch das verstärkte militärische Engagement Russlands nichts ändern. Es brauche eine politische Lösung für Syrien und die muss von den Syrern selbst kommen (s. auch „Pressesplitter“ auf Seite 4). Dank an alle, die den Menschen in Syrien helfen Bischof Audo dankte allen – ausdrücklich auch der ICO – die die Menschen in Syrien unterstützen. Über Aleppo sagte er: „Wir, die Caritas, haben dort große Projekte. Wir verteilen monatlich an die 6000 LebensmittelAleppo – Die Bombardements Aleppos körbe, bezahlen Medikamente und Operatiodurch Russland haben zu keiner Entspan- nen, wir ermöglichen 6000 Kindern den Schulnung, sondern zu einer Verschärfung des besuch und wir helfen den alten Menschen. Konflikts geführt (s. Das wird ein immer auch rechte Spalte größeres Problem. oben). Wie es BiDie Jungen gehen schof Audo aktuell weg, die Alten bleigeht, ist derzeit nicht ben allein zurück. bekannt. Seine VisiWir brauchen insgeon für einen Frieden, samt rund 170.000 die er in Salzburg im Dollar im Monat alGespräch mit Journalein in Aleppo. „So listen dargelegt hat, halte man die „kleine ist aber nach wie vor Flamme der Hoffgültig. nung“ am Leben, In Aleppo sei die sagte der Bischof. Lage jeden Tag geMit Sorge erfüllte fährlich, so Audo. ihn schon im SepJeden, auch ihn, tember der Gedanke könne eine Bombe an den Winter. Die treffen. Doch in sei- Antoine Audo ist Bischof der chaldäisch- Preise für Diesel zum nem Viertel sei es katholischen Kirche in Aleppo und Präsi- Heizen und Kochen schon längere Zeit dent der Caritas Syrien. Auf Einladung der sind in den verganrelativ ruhig. Was „Initiative Christlicher Orient“ referierte er gen Jahren explodiert sich aber von einer in Salzburg und Linz über die Lage der Chri- und steigen weiter. Minute auf die ande- sten in seinem Heimatland. Foto: zVg Beim Gespräch im re ändern kann, so September 2015 Audo. Doch die Menschen versuchten, sich stand bereits die Frage im Raum, ob der Islamit der Situation zu arrangieren. Audo: „Man mische Staat (IS) Aleppo erobern kann. „Wir muss eben aufpassen, wenn man sich in der haben Angst davor und hoffen doch, dass Stadt bewegt.“ Es besteht die paradoxe Si- es nicht passiert. Wenn es passiert, dann tuation, dass einerseits das Leben weiter werden die 50.000 Christen, die noch in der gehe, teilweise Schulen geöffnet sind und Stadt leben, flüchten, so wie sie aus Mossul gleichzeitig der Alltag lebensgefährlich ist. geflohen sind. Alle werden weggehen. FrüMilitärisch sei der Konflikt nicht zu ge- her lebten 150.000 Christen hier“, so Bischof winnen, das sei nach mehr als vier Jahren Audo. Über sich selbst sagt er: „Ich werde Krieg klar, betont Audo. Daran werde letzt- der Letzte sein, der geht.“ Josef Wallner 5 KURZ GEMELDET In Aleppo droht eine humanitäre Katastrophe SYRIEN – Die Gemeinschaft Sant’Egidio hat Ende Oktober 2015 auf ihrer Internetseite www.santegidio.org vor einer humanitären Katastrophe in der umkämpften nordsyrischen Stadt Aleppo gewarnt. Aus den südlichen Vororten seien nach Schätzungen allein in der letzten Woche 70.000 Menschen geflohen. Große Sorge bereite die humanitäre Lage in der Altstadt. Denn die einzige Verbindungsstraße zu anderen von Damaskus kontrollierten Gebieten sei unterbrochen, womit die Versorgung der Bevölkerung nicht mehr gesichert ist. Die Gemeinschaft Sant’ Egidio wiederholt eindringlich ihren Appell „Save Aleppo“. Darin hatte sie schon im Vorjahr gefordert: „Humanitäre Korridore müssen sofort eingerichtet werden, um die gefangene Zivilbevölkerung zu versorgen. Dann muss beharrlich ein Ende der Kämpfe ausgehandelt und die Stadt in eine neutrale Zone umgewandelt werden.“ Wiener Syrienkonferenz nährt Hoffnung auf Frieden SYRIEN/ÖSTERREICH – Erstmals seit Ausbruch des Syrienkonflikts sind am 30. Oktober 2015 in Wien alle maßgebenden ausländischen Akteure (u.a. USA, Russland, Iran, Saudi Arabien, Türkei; vertreten durch ihre Außenminister) zusammengekommen, um über ein Ende der Gewalt zu beraten. Dabei einigten sich die Teilnehmer auf Grundzüge einer politischen Lösung und weitere Verhandlungen. Einigkeit herrschte u.a. darin, dass „Da’esh (IS) und andere Terrorgruppen“ besiegt werden müssten. Unter Mitwirkung der UNO wird ein baldiger Waffenstillstand und die Durchführung von Wahlen angestrebt. Wie ein politischer Übergang konkret ablaufen soll, bleibt unklar. – Der Syrienkonflikt forderte bisher über 250.000 Menschenleben und verursachte die größte humanitäre Krise seit dem Zweiten Weltkrieg. X Schlusserklärung der Wiener Syrienkonferenz (Englisch): http:/ /eeas.europa.eu/statementseeas/2015/151030_06.htm. 6 Nr. 60 / November 2015 SYRIEN/IRAK Beim Gedenken an den Völkermord an den Armeniern brannten erst vor kurzem an manchen Orten 100 Kerzen, um zu erinnern, was 100 Jahre zuvor an den armenischen und syrischen Christen geschehen war. Es sollte nicht vergessen sein, was 1915 geschah – und nicht wieder geschehen sollte. Gegenwärtig sind wir im Jahre 2015 Zeugen einer ähnlichen Katastrophe in Syrien und im Irak. In vielen Ländern, in denen die Muslime die Mehrheit haben, werden Christen wegen ihres Glaubens verfolgt, entführt, aus ihrer Heimat vertrieben und ermordet. Fachleute sagen: alle fünf Minuten wird weltweit ein Christ wegen seines Glaubens getötet. Vom grausamen Vorgehen der Terrormiliz IS („Islamischer Staat“) in Syrien und im Irak gegen Christen und andere Minderheiten hören wir ständig in den Medien. Was sich aber im Sudan, im Iran, in Nordkorea und in vielen anderen Ländern an Grausamkeiten ereignet, davon hören wir wenig. Wie viele Christen sitzen dort unschuldig in Gefängnissen oder in Arbeitslagern und sind ständig dem Tod ausgeliefert. Millionen Christen sind weltweit auf der Flucht, weil sie unter solchen Umständen in ihrer Heimat keine Zukunft mehr sehen. In vielen Ländern gibt es faktisch keine Religionsfreiheit, obwohl sie in den Gesetzen theoretisch festgeschrieben ist. Von den 100 Millionen unterdrückten Menschen sind 80 Millionen Christen. So könnte man fortsetzen, aber das ist nicht mein eigentliches Anliegen. Der syrisch-orthodoxe Patriarch von Antiochien, Ignatius Aphrem II., stellte bei einem Treffen im Mai die Frage, ob weitere hundert Jahre abgewartet werden müssen, wie beim Genozid der Armenier, „bis die Welt reagiert und aufhört, sich die Hände vom Blut unserer Leute abzuwaschen“. Ja, in 100 Jahren wird man Kerzen anzünden und Gedenkfeiern veranstalten, um sich zu erinnern, was sich in unserer Zeit ereignet – damit es nicht mehr geschieht. ICO - INFORMATION CHRISTLICHER ORIENT In 100 Jahren werden wieder Kerzen brennen... ...zur Erinnerung an die Gegenwart fehlt die Solidarität mit den christlichen Schwestern und Brüdern, die verfolgt und unterdrückt werden. Paulus schrieb an die Christen von Korinth: „Wenn ein Glied leidet, leiden alle Glieder mit“ (1 Kor 12,26). Davon kann man weithin wenig spüren! Wenn man materiell nicht helfen kann, soll es wenigstens im Beten eine spürbare Solidarität geben: in den Fürbitten der Messe, in Gebetsstunden, in Wallfahrten … Der Westen schaut zu Die zweite beschämende Tatsache ist die schwache Reaktion der Politik in den westlichen Ländern. Die katastrophale Lage in Syrien und im Irak ist weithin eine Folge von Fehlern und Fehleinschätzungen in der Vergangenheit. War Syrien wirklich ein „Schurkenstaat“? Es gab Missstände und Probleme, wer aber das Land vor einigen Jahren kannte, kann sich mit dieser schändlichen Bezeichnung nicht identifizieren. Und niemand hat im Irak Giftgas gefunden! Jetzt hat Europa die Last der Flüchtlingsströme zu bewältigen, wobei die kleinen Nachbarländer Libanon und Jordanien sowie die Türkei unvergleichlich größere Lasten zu tragen haben. Wäre es nicht sinnvoller und wirksamer, den Flüchtlingsstrom dort auszutrocknen, wo er seinen Ursprung hat? Wenigsten in Syrien und im Irak? Notschreie aus dem Orient Wiederholt haben der chaldäische Patriarch Louis Raphael I. Sako und andere hohe Kirchenführer den Westen aufgerufen, nicht zuzuschauen, sondern einzugreifen. Vergeblich! Nur eine Stimme sei genannt: Der syrischkatholische Patriarch Ignatius Joussef III. Younan hat kurz nach der Zerstörung des Klosters Mar Elian im August 2015 (Bild oben) durch die IS gefragt: „Bis wann wird die sogenannte zivilisierte Welt sich noch in mitschuldig werdendem Schweigen üben angesichts des durch diese Barbaren verursachten Horrors? ... Wie können Staaten, die sich als Verteidiger der Menschenrechte verstehen, die Augen verschließen vor solchen Abirrungen der Menschlichkeit wie Enthauptungen, Versklavung und Vergewaltigung von Frauen und Kindern?“ … Nicht die Stärke der IS-Kämpfer, sondern die Schwäche und Uneinigkeit der „Zuschauer“ führt zu den Erfolgen der IS und zu den Flüchtlingsströmen! In 100 Jahren wird man Kerzen anzünden zur Erinnerung an die Vertreibung der Christen aus dem Orient, an die derzeitigen Flüchtlingsströme in aller Welt, an die Toten im Mittelmeer, an die Gräueltaten der IS! – damit man gegen das Vergessen etwas unternimmt und solches nicht mehr geschieht – wovon wir täglich Zeugen sind. Hans Hollerweger Fehlende Solidarität Die erste beschämende Tatsache ist, dass diese größte Christenverfolgung aller Zeiten die Christen in den wohlhabenden Ländern im Allgemeinen wenig interessiert. Es Die Kirche St. Elian von Qaryatayn in Syrien, die neben dem zerstörten Kloster steht. Sie wurde von der Terrormiliz „Islamischer Staat“ verschont, aber ihr Altar wurde zerstört und die Glocke geraubt. Der Vorsteher des Klosters, P. Jacques Murad, wurde im Mai 2015 entführt (ICO berichtete in Nr. 59), er ist seit Oktober wieder frei. Foto: Hans Hollerweger ICO - INFORMATION CHRISTLICHER ORIENT LIBANON Am 25. Juli 2015 wählte die Synode der Armenisch-kath. Kirche am Sitz des Patriarchats in Bzommar Bischof Gregor Ghabroyan zum 20. armenischkatholischen Patriarchen. Er nahm den Namen Gregor Petrus (Bedros) XX. an. Damit wurde die Sedisvakanz nach dem Tod von Patriarch Nerses Bedros XIX. Tarmouni beendet. Nr. 60 / November 2015 7 Bzommar: Ein Licht auf den Bergen des Libanon Ein neuer armenisch-katholischer Patriarch gewählt wird, ist voll von Hoffnung und Barmherzigkeit, den wir sind gewiss, dass das Kreuz Jesu der Baum des Lebens ist“. Der Konvent von Bzommar Das Kloster Bzommar liegt oberhalb von Ghosta (Jounieh) Bzommar – Der gewählte Pa30 km von Beirut entfernt auf triarch stammt aus Aleppo, stueinem bewaldeten Hügel in 930 dierte in Rom und wurde 1959 m Seehöhe mit einer herrlichen zum Priester geweiht. Er leitete Aussicht bis zum Mittelmeer. u. a. das Seminar in Bzommar, Das Kloster beherbergt ein Mawar von 1976 bis 2013 Bischof rienbild, das als „Maria von den für die armenisch-katholischen Sorgen“ verehrt wird. Gläubigen in Frankreich und Im Mittelalter bestanden zwiwar vor seiner Wahl Patriarschen dem armenischen Kathochalvikar. Die feierliche InthroPatriarch Gregor likat von Kilikien und Rom enge nisation fand am 9. August Petrus XX. Beziehungen. Im Jahre 1740 statt. Wie im Ostkirchenrecht wurde in Aleppo der erste arvorgesehen, bat er in einem Schreiben den Papst um die „Kirchliche Ge- menisch-katholische „Patriarch von Kilimeinschaft“, das Franziskus mit herzlichen kien“ gewählt, der 1749 seinen Sitz im Kloster Bzommar nahm. 1867 wurde die KirchenGlückwünschen beantwortete. Papst Franziskus erwähnte in seinem provinz Konstantinopel mit dem Patriarchat Schreiben die schweren Anforderungen der von Kilikien vereinigt und der Sitz des PatriZeit. Er fügte aber hinzu: „Unsere Sicht der archen nach Istanbul verlegt. Während des Welt, die durch das Licht des Glaubens an Genozids an den Armeniern verlor die armeden auferstandenen Christus erleuchtet nisch-katholische Kirche ca. hunderttausend Gläubige, 130 Priester und sieben Bischöfe. 1928 wurde der Sitz des Patriarchen wieder nach Bzommar zurückverlegt. Die armenisch-katholische Kirche zählt an die 500.000 Gläubige in 15 Bistümern. Der größere Teil lebt in den Ländern des Nahen Ostens, doch gibt es auch eine große Diaspora vor allem in Nord- und Südamerika, aber auch in Armenien, in der Türkei, Ägypten und in Paris. Unter den Gelehrten ist der Kardinal-Patriarch Gregor-Petrus XV. Agaganien (18851971) in Erinnerung. Die Bibliothek der Mechitharisten in Wien umfasst rund 200.000 Bände und eine bedeutende Sammlung früher Handschriften (2600 Bände ab dem 9. Jahrhundert). Märtyrerbischof Ignatius Maloyan Bzommar bewahrt in seinem Museum die Erinnerung an den Märtyrerbischof von Mardin (Türkei) Ignatius Maloyan. Er wurde 1869 in Mardin geboren, studierte in Bzommar, war hoch gebildet und sprach mindestens sechs Sprachen. Er wurde 1911 zum armenisch-katholischen Erzbischof von Mardin ernannt. Er war von den türkischen Behörden hochgeschätzt, dennoch machte die jungtürkische Bewegung keine Ausnahme: Er wurde verhaftet und am 11. Juni 1915 nach einem schrecklichen Todesmarsch Richtung Diyarbakir in einem Dorf zusammen mit 417 Priestern und Gläubigen vom Polizeichef von Mardin persönlich ermordet. Im Jahre 2001 wurde er seliggesprochen. Im Museum in Bzommar kann man u.a. sein Messgewand und seinen Kelch sehen. Die Mechitharisten Innenhof des Klosters Bzommar. Eine besondere Bedeutung für die armenisch-katholische Kirche hat der Mechitharistenorden, der 1701 von dem Mönch Mechithar aus Sebaste (+1749) gegründet wurde. Die wichtigsten Klöster sind die Mechitharisten in Wien und in Venedig. Sie tragen den Auftrag ihres Gründers weiter: Pflege der Wissenschaft, Jugenderziehung und allgemeine Seelsorge. Viele ihrer Gelehrten haben große Verdienste in der Aufarbeitung der armenischen Kultur und Sprache. Gemälde mit dem Märtyrerbischof Ignatius Maloyan. Fotos (2): Hans Hollerweger 8 Nr. 60 / November 2015 ICO - INFORMATION CHRISTLICHER ORIENT Im Sommer organisierte die Pfarre St. Paul ein Kindercamp, an dem über 260 Buben und Mädchen der Pfarre (im gelben T-Shirt) teilnahmen. Den Eltern (hinten) wurde u.a. ein Vortrag über Kindererziehung angeboten. Fotos (3): St. Paul, Abu Dhabi Eine Kirche, die viele Sprachen spricht... Pauluskirche/Abu Dhabi (red) – In den Vereinigten Arabischen Emiraten leben etwa 900.000 Katholiken, aber auch orthodoxe, anglikanische, armenische und evangelikale Christen. Dabei handelt es sich größtenteils um ausländische Arbeitskräfte aus anderen asiatischen Ländern (vor allem Indien, den Philippinen und Sri Lanka) sowie aus Afrika und Europa. Entsprechend der unterschiedlichen Herkunft der Christen bietet Abu Dhabis Pauluskirche daher neben täglichen englischen Gottesdiensten auch Messfeiern in den Sprachen Malayalam, Arabisch, Tagalog (wöchentlich) sowie Tamil, Syro Malankara, Konkani und Singhalesisch (monatlich). ...und von Freitag bis Sonntag voll ist VEREINIGTE ARABISCHE EMIRATE Jung und lebendig: Die Pfarre St. Paul in Abu Dhabi Rund um die neue Pauluskirche in der Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) hat sich innerhalb weniger Monate ein aktives, selbstbewusstes Pfarrleben entwickelt. ICO bat einen Angehörigen der jungen Pfarre um einen Bericht. Liebe Freunde, der Friede sei mit Euch. Willkommen in unserer herrlichen Kirche im Stadtviertel Mussafah von Abu Dhabi. Sie ist ein Die meisten Wochentagsabendmessen in der Pauluskirche werden von durchschnittlich 400 bis 500 Gläubigen besucht. Bei den Gottesdiensten von Freitag bis Sonntag ist die Kirche mit ihren 1200 Sitzplätzen stets „voll ausgelastet“, erfuhr ICO. – Weitere Informationen (in englischer Sprache) auf stpaulsabudhabi.org. Kl. Strassner Das Banner zum Sommercamp 2015. Geschenk, für das wir sehr dankbar sind. Die Grundsteinlegung für dieses Gotteshaus erfolgte am 29. Juni 2013, dem Festtag der Apostel Peter und Paul, durch unseren Bischof Paul Hinder, dem Apostolischen Vikar von Südarabien (Jemen, VAE, Oman). Die Pauluskirche wurde am 11. Juni 2015 durch Scheich Nahyan bin Mubarak Al Nahyan eröffnet und am darauffolgenden Tag von Kardinal Pietro Parolin gesegnet (ICO berichtete in Nr. 59). Hochamt und Segnung wurden live im Fernsehen übertragen. Am 14. Juni schließlich bestellte Bischof Paul ICO - INFORMATION CHRISTLICHER ORIENT Nr. 60 / November 2015 9 Emirate stellen religiöse Diskriminierung unter Strafe In der Pfarre sind hunderte Laien aktiv, u.a. als Ministranten (Bild), Kommunionshelfer, Katecheten, Lektoren und Betreuer verschiedener Programme. Hinder unseren Pfarrer Ani Xavier sowie die Vikare und segnete die Grotte Unserer Lieben Frau von Lourdes. Am 4. Juli feierte P. Gandolf Wild sein goldenes Priesterjubiläum mit einem Dankgottesdienst in unserer Pauluskirche. Die Feier war eine geisterfüllte Motivation für neue Berufungen. Ein voller Erfolg war eine Blutspendeaktion am 14. August. Insgesamt 155 Pfarrangehörige beteiligten sich daran. Pfarrer Ani Xavier dankte den Blutspendern sowie der Abu Dhabi Blutbank, die uns tatkräftig unterstützte. Am Tag nach dieser gelungenen Aktion feierten wir das Fest der Himmelfahrt unserer seligen Jungfrau Maria. Zum Abschluss beteten wir den Rosenkranz in der Grotte Unserer Frau von Lourdes. Der Präsident der Vereinigten Arabischen Emirate, Scheich Khalifa bin Zayed Al Nahyan, hat im Juli 2015 ein Dekret erlassen, das religiöse Diskriminierung und Beleidigung von Glaubensbekenntnissen unter Strafe stellt. Das meldete die staatliche Nachrichtenagentur WAM. In den Vereinigten Arabischen Emiraten, in denen der Islam Staatsreligion ist, ist demnach jede Diskriminierung auf Grundlage von Religion, Glaubenszugehörigkeit, Kaste, Rasse, Hautfarbe oder Ethnie verboten. Ebenso werden Aufstachelung zu religiösem Hass und die Beleidigung von Glaubensrichtungen in Wort und Schrift rechtlich verfolgt. Besonders geschützt werden durch das neue Gesetz auch religiöse Stätten, Zeremonien und Symbole. (KNA/red) Minister an Christen: „Haben viel von euch gelernt“ Andreaskirche/Abu Dhabi (red) – Die Politik der Vereinigten Arabischen Emirate fördere „Toleranz und Respekt“ gegenüber den Kulturen und Religionen. Das betonte der Minister für Kultur, Jugend und soziale Entwicklung, Scheich Nahyan bin Mubarak Al Nahyan, in seinem Grußwort zur Wiedereröffnung der renovierten anglikanischen Andreaskirche in Abu Dhabi am 8. Oktober 2015 (Bild). Die vielfältige Mischung von Nationalitäten, Ethnien, Religionen, Sprachen und Kulturen in den VAE sei eine Bereicherung. „Wir haben viel von euch gelernt“, so der Minister. „Wenn Gott für uns ist, wer kann dann gegen uns sein?“ Nur zwei Monate nach der Eröffnung der Pauluskirche veranstalteten wir unter der Leitung unseres Pfarrers Ani Xavier und den Vikaren ein spirituelles Sommercamp für die Kinder unserer Pfarre. Über 260 Buben und Mädchen nahmen daran teil. Das Motto lautete: „Wenn Gott für uns ist, wer kann dann gegen uns sein?“ (Röm 8:31). Das Sommercamp wurde am 18. August von P. Troy de los Santos, dem Generalvikar für Südarabien, feierlich eröffnet. Für die Eltern der teilnehmenden Kinder gab es u.a. einen Vortrag über die „Erziehung der Milleniums-Generation“. Das Camp endete am 28. August mit Vorfüh- Treffen anlässlich der Wiedereröffnung der Andreaskirche: Scheich Nahyan (2.v.l.) mit (v.l.) Großbritanniens Botschafter Philip Parham und Gattin, dem anglikanischen Bischof Michael Lewis, dem römisch-katholischen Bischof Paul Hinder Foto: cypgulf.org und dem Kaplan der Andreaskirche Andrew Thompson. rungen der Kinder und einer Heiligen Messe mit allgemeinem Segen. Inzwischen haben sich mehrere Gebetsgruppen gebildet, darunter Jesus Youth, Eheleute für Christus, Legion Mariens, Elsadai, Light of Jesus und Catholics for Family. Zudem hat im Oktober der Katechismusunterricht für unterschiedliche Altersgruppen der Kinder sowie für die Jugendlichen unserer Pfarre begonnen. Gordon Dsouza, Abu Dhabi 10 Nr. 60 / November 2015 KURZ GEMELDET Assyrische Kirche hat ein neues Oberhaupt IRAK – Mar Gewargis (Georg) III. Sliwa (74, *Habbaniyah) ist der neue Patriarch der Assyrischen Kirche des Ostens. Sliwa, vorher Metropolit des Irak und Russlands, wurde von der Synode im September 2015 in Erbil zum Nachfolger des im März verstorbenen Mar Dinkha IV. gewählt. Die Amtseinführung erfolgte am 27. September in der Johanneskathedrale von Erbil. Unter den Teilnehmern waren der Premier der autonomen Kurdenregion Necirvan Barzani, der chaldäische Patriarch Louis Raphael I. Sako und der syrischorthodoxe Patriarch Ignatius Afrem II. ICO - INFORMATION CHRISTLICHER ORIENT An der Universität Salzburg wird die Sprache Jesu gesprochen Der syrisch-orthodoxe Patriarch Ignatius Aphrem II. hat am 20. Oktober 2015 an der Universität Salzburg den Lehrgang „Master of Arts in Syriac Theology“ eröffnet. Es ist das erste Studium dieser Art an einer öffentlichen Universität in Europa. ÖSTERREICH (KAP) – „Wir haben zwar syrisch-orthodoxe Klöster, Kirchen und Gemeinden auf der ganzen Welt, aber keine akademische Bildungseinrichtung“, zeigte sich der aus Damaskus angereiste Patriarch über den neuen Universitätslehrgang erfreut. Leiter des Lehrgangs für Syrische Theologie ist Prof. Aho Shemunkasho, der aus dem südosttürkischen Turabdin stammt (s. Grußwort auf Seite 2). Heuer beginnen zehn Studenten aus verschiedenen Nationen mit dem viersemestrigen Studium, darunter eine Frau. Ökumenische Zusammenarbeit. Besonders stolz auf den neuen Studiengang an seiner Fakultät zeigte sich Dekan Prof. Dietmar Winkler. In den letzten Jahren sei die ökumenische Zusammenarbeit zwischen der katholischen und der syrisch-orthodoxen Kirche immer intensiver geworden. Das syrische Christentum sei einer der ältesten Zweige des Christentums und pflege auch noch das Aramäische – die Sprache Jesu. Bischöfe beklagen mangelnde Sicherheit für Gläubige Der syrisch-orthodoxe Patriarch Ignatius Afrem II. mit (von links) Prof. Aho Shemunkasho, Erzbischof Franz Lackner und Dekan Dietmar Winkler anlässlich der Eröffnung des Lehrgangs für Syrische Theologie an der Universität Salzburg. Foto: www.kirchen.net Bezahlte Anzeige IRAK/SYRIEN/VATIKAN (poi) – Die chaldäisch-katholischen Bischöfe haben bei der Synode die „mangelnde Sicherheit“ für ihre Gläubigen im Irak und in Syrien angeprangert. Dies geht aus der Schlusserklärung der Bischofsversammlung hervor, die unter dem Vorsitz von Patriarch Louis Raphael I. Sako von 24. bis 29. Oktober 2015 im Vatikan tagte. In der Erklärung wird die Bedeutung von Versöhnung und Vergebung unterstrichen; für den innerkirchlichen Bereich werden Einheit und Zusammenhalt, die Verbesserung der Priesterausbildung und die stärkere Beteiligung der Laien betont. ICO - INFORMATION CHRISTLICHER ORIENT Nr. 60 / November 2015 11 KURZ GEMELDET Gedenkkirche für koptische Märtyrer von Libyen in Bau Am 17. August 2015 wurden in Beir Ona die ersten Olivenbäume ausgerissen und mit Planierarbeiten begonnen. Foto: Facebook Protest gegen Bau der israelischen Mauer im Cremisan-Tal Mitte August 2015 hat die israelische Armee mit der Rodung von Olivenbäumen beim CremisanTal begonnen, um den Bau der Trennmauer aufzunehmen. ISRAEL/PALÄSTINA/VATIKAN – Der israelische Oberste Gerichtshof hatte dazu am 6. Juli – entgegen einer früheren, vermeintlich endgültigen Entscheidung (ICO berichtete in Europas Bischöfe tagten erstmals im Heiligen Land Jerusalem/Galiläa/Bethlehem/ Ramallah – Auf Einladung des Lateinischen Patriarchen von Jerusalem, Fouad Twal, tagte die Vollversammlung des Rates der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE) 2015 erstmals im Heiligen Land. Die Beratungen der Bischöfe aus über 35 Ländern, darunter Salzburgs Erzbischof Franz Lackner, fanden von 11. bis 16. September in Jerusalem und Galiläa statt. Dabei kamen auch die Flüchtlingsthematik und die verursachenden Konflikte im Nahen Osten zur Sprache. Zudem haben CCEEVertreter Bethlehem besucht und in Jerusalem und Ramallah mit den Präsidenten Reuven Rivlin (Israel) und Mahmud Abbas (Palästina) gesprochen. Nr. 58) – grünes Licht gegeben. Auf Grundlage dieses neuen Urteils bleiben zwar die beiden Salesianerklöster auf palästinensischem Territorium und sind von Beit Jala aus zugänglich, aber die Felder von 58 palästinensischen christlichen Familien befinden sich künftig auf der israelischen Seite der Mauer. Das Lateinische Patriarchat von Jerusalem verurteilt den Bau der Mauer und die Konfiszierung von Land der örtlichen Familien scharf und spricht von „Bedrohungen und Beleidigungen für den Frieden.“ Patriarch Fouad Twal deutete gegenüber der Gemeinschaftsredaktion österreichischer Kirchenzeitungen an, dass der israelische Mauerbau eine Reaktion auf die Anerkennung des Staates Palästina durch den Heiligen Stuhl sein könnte. (Im Abkommen zwischen dem Vatikan und Palästina, das im Juni 2015 unterzeichnet wurde, ist ausdrücklich von einem Staat Palästina die Rede – ICO berichtete in Nr. 59). Zum „Fall Cremisan“ hat die katholische Menschenrechtsorganisation Societé St. Yves/Jerusalem einen ausführlichen englischen Bericht veröffentlicht (siehe Titelseite links). Er ist nachzulesen unter: www.saintyves.org/downloads/reports/ 20150902063619.pdf ÄGYPTEN (AsiaNews) – Im Oktober 2015 ist im Dorf Al-Awar in der Provinz Minya mit dem Bau einer Kirche zum Gedenken an die im Februar von ISTerroristen enthaupteten koptischen Gastarbeiter in Libyen begonnen worden. Die Ermordeten wurden von ihrer Kirche zu Märtyrern erklärt und werden landesweit hoch verehrt. Für P. Rafic Greife, Sprecher der katholischen Kirche in Ägypten, ist die Baugenehmigung durch Präsident Abdel Fattah al-Sisi eines von mehreren positiven Zeichen für die Christen des Landes. 400 junge Christen beim „Jugendtag“ in Kirkuk IRAK (Fides) – Über 400 christliche Jugendliche verschiedener Konfessionen nahmen am 17. Oktober 2015 am Jugendtag der chaldäischen Erzdiözese Kirkuk teil. Hauptveranstaltungsort war die chaldäische St. Josephs-Kathedrale. Auf dem Programm standen Bibellektüre, gemeinsames Gebet, Theateraufführungen, Gesellschaftsspiele, Vorträge und Diskussionsrunden sowie am Abend ein Fakkelzug und ein Feuerwerk. – Im Jänner wurde ein IS-Angriff auf Kirkuk abgewehrt. In der Stadt sind derzeit kurdische Peschmerga-Milizen stationiert. Jahrhundertdürre Mitgrund für Konfliktausbruch? SYRIEN – Syrien wurde von 2007 bis 2010 von Ernteausfällen infolge einer Jahrhundertdürre heimgesucht. Darauf hat der deutsche Klimaforscher Stefan Rahmstorf gegenüber der „Frankfurter Rundschau“ (10. 9. 2015) hingewiesen. „Rund 1,5 Millionen Menschen flohen aus Not aus den ländlichen Gebieten ... in die Peripherie großer Städte wie Homs und Aleppo. Dort gab es Arbeitslosigkeit, Überfüllung, unzureichende Infrastruktur und Kriminalität, und daher eine massive Unzufriedenheit“, so der Forscher. Syrien habe seine „Grundwasservorräte übernutzt“, was es sehr anfällig in der Dürre machte. Später habe das Regime versagt, den Dürreopfern zu helfen. 12 Nr. 60 / November 2015 ISRAEL/PALÄSTINA Am 18. Juni 2015 wurde von jüdischen Rechtsextremen ein verheerender Brandanschlag auf unser Priorat Tabgha am See Genezareth verübt (ICO berichtete in Nr. 59). Ein älterer Mitbruder und eine junge Volontärin mussten mit Rauchvergiftung ins Krankenhaus. Der Sachschaden beträgt 1,6 Millionen Euro. von P. Nikodemus SCHNABEL OSB Sprecher des Benediktinerklosters Tabgha am See Genezareth Leider war und ist dies nicht der erste Brandanschlag auf eine Kirche oder Kloster in Israel. Nur ein Jahr zuvor hat es unsere Abtei in Jerusalem getroffen. Ganz zu schweigen von den fast schon zur Gewohnheit gewordenen Spuck- und Verbalattacken von national-religiösen jüdischen Splittergruppen gegenüber Mönchen und Nonnen in der Jerusalemer Altstadt. Zur gleichen Zeit flimmern in Jerusalem über die Fernsehbildschirme tagtäglich Enthauptungs- und Zerstörungsvideos des so genannten „Islamischen Staates“ – wohlgemerkt unzensiert und sehr explizit, nicht wie in Europa. Alpträume und Durchschlafschwierigkeiten von Kindern wegen dieser Videos sind ein Problem, mit dem wohl schon jeder Seelsorger im Land konfrontiert wurde. Immer mehr fühlen sich die nur noch knapp zwei Prozent ausmachenden Christen im Heiligen Land zwischen zwei großen Mühlsteinen sitzend: Auf der einen Seite die jüdischen Israelis, für die sie als Christen genauso „Araber“ sind wie die Muslime – und auf der anderen Seite die Muslime, von denen sie sich ebenfalls als „fünfte Kolonne des Westens“ kritisch beäugt fühlen. Das Pater Nikodemus Claudius Schnabel, geb. 1978 in Stuttgart, studierte Theologie u.a. in München und Jerusalem. 2003 trat er in die Dormitio-Abtei auf dem Berg Zion ein und wurde 2013 zum Priester geweiht. Der promovierte Theologe und Ostkirchenexperte ist Seelsorger für die deutschsprachigen Katholiken in Israel und Palästina und Pressesprecher seines Klosters. ICO - INFORMATION CHRISTLICHER ORIENT Angefeindet von allen Seiten? Die aktuelle Situation der Christen im Heiligen Land die überwältigende Mehrzahl der Juden und Muslime an einem friedlichen Zusammenleben interessiert sind und sich ein Heiliges Land ohne Christen nicht vorstellen wollen, gerät dabei leicht aus dem Blick. Auf einmal stehen die paar Brandstifter von Tabgha für alle Juden und die kleine Gruppe der IS-Sympathisanten für alle Muslime. Christen reagieren mit Selbstgettoisierung Diese doppelte Skepsis gegenüber den beiden Mehrheitsreligionen im Land führt bei der überwältigenden Mehrheit der Christen zu einer Selbstgettoisierung: Man zieht sich zurück in geschlossene Wohngebiete, Straßen und Dörfer. Die Christen verschwinden aus der Fläche und konzentrieren sich immer stärker in „Sakrotopen“, wo jeder Nachbar Christ ist, die Kirche und das Pfarrzentrum in Fußnähe liegen und wo man möglichst keinen Juden und Muslimen begegnen muss. Kritische Distanz zu Juden und Muslimen, das ist es, was viele christlichen Eltern ihren Kindern in der Erziehung vermitteln, wie ich es immer gesagt bekomme, da man eben nicht „hinter die Stirn“ der anderen schauen könne. Zum Wesen des Christentums gehört aber ganz wesentlich missionarisch, Sauerteig zu sein! Das heißt nicht, dass die Christen jetzt anfangen sollen die Juden und Muslime bekehren zu wollen, aber sie sollten sich nicht verstecken! Niemand ist so gut ausgebildet wie die Christen im Land: weder die Muslime noch die Juden. Das ist auch einer der Gründe, warum ich immer nur im Mönchshabit vor die Türe gehe, um den Christen Mut zu machen, sich nicht zu verstecken sondern sich mutig zu zeigen. Unendlich wichtig und hilfreich sind die vielen christlichen Bildungseinrichtungen, welche allen Menschen gleich welcher Religion offen stehen; an ihnen wird nicht nur eine hervorragende Erziehungs- und Bildungsarbeit geleistet, sondern sie sind im besten Sinne Sauerteig für die israelische und palästinensische Gesellschaft und ermöglichen, dass der Christ nicht das unbekannte Wesen ist, über das man Vorurteile über Vorurteile hat, sondern der Studienkollege an der Universität oder die Freundin aus der Schule, mit der man sich dieselbe Schulbank teilt. Hilfreich für die immer weniger werdenden arabischsprachigen Christen wäre auch das Wahrnehmen ihrer immer mehr werdenden hebräischsprachigen Glaubensgeschwister. Hiermit sind einerseits die täglich von Abschiebung bedrohten christlichen Flüchtlinge aus Äthiopien und Eritrea gemeint und andererseits die christlichen Gastarbeiterinnen von den Philippinen, Indien und aus Sri Lanka, die nicht selten in der Halblegalität bis hin zur Illegalität in der Kinderbetreuung und Altenpflege arbeiten. Deren Kinder wachsen mit der Muttersprache Hebräisch und als Christen in einem mehrheitlich jüdischen Umfeld auf, während die alteingesessene palästinensischen Christen in der Regel mit einer muslimischen Mehrheitsgesellschaft konfrontiert sind. Arabisch- und hebräischsprachige Christen Mittlerweile kommen auf drei arabischsprachige Christen zwei hebräischsprachige Christen – mit einer Tendenz zum baldigen Gleichstand! Das Entdecken und Wahrnehmen der Ängste und Probleme der beiden so völlig unterschiedlich herausgeforderten christlichen Bevölkerungen des Heiligen Landes, welche zur selben Kirche gehören und die gleiche Taufe empfangen haben, kann in Zukunft sicher vieles positiv in Bewegung setzen und den Christen wieder neue Kraft und Mut schenken, an ihren jeweiligen Orten auf je unterschiedliche Weise Sauerteig zu sein – sei es in Tel Aviv, Gaza, Bethlehem, Eilat oder Jerusalem! Wer mehr über die Christen im Heiligen Land – aber nicht nur diese – erfahren möchte, dem sei das aktuelle Buch des Autors empfohlen, mit dessen Kauf man auch finanziell den Wiederaufbau von Tabgha unterstützt: Pater Nikodemus Schnabel: Zuhause im Niemandsland. Mein Leben im Kloster zwischen Israel und Palästina. Es ist im Herbst 2015 im HerbigVerlag erschienen und kostet rund 20,- Euro. ICO - INFORMATION CHRISTLICHER ORIENT Nr. 60 / November 2015 13 Mit dem Fahrrad am „Berg der Knechte Gottes“ Had Bschabo Kirche im Dorf Inwardo. Der St. Pöltner Betriebsseelsorger Sepp Gruber bereiste im Frühjahr 2015 mit dem Rad die Osttürkei. Ein Höhepunkt der 2150 km langen Tour war der Besuch des Turabdin, dem „Berg der Knechte Gottes“. Im folgenden schildert er die Eindrücke einer Reise, die heute wegen der angespannten Lage wohl nicht möglich wäre. Als Radfahrer fällt man in der Osttürkei extrem auf. Ständig wird man eingeladen, weil alle wissen wollen, wer der „Verrückte“ ist. Damit ist man aber schon mit den Leuten in TÜRKEI Kontakt beim obligaten Cay (Tee). Ich fuhr in meinem Sabbatjahr zwei Wochen mit meiner Schwester Notburga und dann weitere zweieinhalb Wochen allein per Fahrrad ausgehend von Mardin auf den Spuren der syrischen Christen, der Armenier, der Aleviten und Kurden durch den ganzen kurdischen Osten. Dabei gelang es mir, an vier der fünf Sonntage zu einem Gottesdienst der syrischen Christen zu kommen. Die Zahl der Christen ist seit dem Völkermord 1915 und den folgenden Verfolgungen alle paar Jahrzehnte sehr gering. Die Präsenz ist aber doch noch gegeben, vor allem Christliches Ehepaar in Inwardo mit einem Bild ihrer großen Familie. durch die syrischen Christen. Von den Armeniern finden sich meist nur Kirchenruinen (oder ehemalige Kirchen, die in Moscheen umgewidmet wurden) und Menschen ohne Anschluss an eine Gemeinde. Einzig in Diyarbakir konnte 2011 die Ruine der Kathedrale nach fast 100 Jahren wieder eröffnet werden (ICO berichtete in Nr. 44). Gastfreundschaft Die Radler Sepp Gruber und seine Schwester Notburga (Mitte) beim syrisch-orthodoxen Erzbischof Gregorios Melki Ürek (3. von rechts) in Adiyaman. Fotos: Sepp Gruber Ein Zauberwort heißt „güzel“, das türkische Wort für „schön“. Es war das Erste, was die meisten Leute wissen wollten, wie es mir in „Kurdistan“ gefällt. Ich konnte mit voller Überzeugung zustimmen: die Bergketten, die Flusstäler von Eufrat und Tigris, die Hochebenen, der Vansee, der „Götterberg“ Nimrud Dagi, die alten Städte mit Kirchen und Moscheen sind wirklich beeindruckend. Die Gastfreundschaft, die Hilfsbereitschaft und die Offenheit der Menschen wa- 14 Nr. 60 / November 2015 ICO - INFORMATION CHRISTLICHER ORIENT ren überwältigend. Überall wurde ich auf Cay eingeladen, im Basar, in den Teehäusern, von Hirten, Bauarbeitern, auf Tankstellen, in Familien. Eine negative Seite ist die verbreitete feindliche Einstellung der muslimischen Mehrheitsbevölkerung gegenüber religiösen Minderheiten. Die wenigen Christen in der Türkei verhalten sich sehr vorsichtig. Ein evangelischer (amerikanischer) Pastor in Malatya wollte uns nur im Hotel treffen und uns über die schwierigen Jahre nach der Ermordung dreier Christen in Malatya 2007 (ICO berichtete in Nr. 29) erzählen. Ein Großteil der Gemeinde hatte sich danach aus Angst zerstreut und erst langsam entsteht wieder eine evangelische Gemeinde. Der syrisch-orthodoxe Bischof Gregorios Melki Ürek von Adiyaman lässt seine Umgebung nur wissen, wie weit er fährt bei seinen Pastoralbesuchen und nicht den genauen Ort. Großes Interesse am traditionellen Christentum In den letzten Jahren ist die Situation aber wieder besser geworden. So meinte Bischof Gregorios (im Frühjahr 2015): „Wir sind als Christen nicht unbedingt beliebt, aber die Regierung gibt uns die Möglichkeiten. Man braucht aber einen langen Atem.“ Auch sieht man ein neues Interesse vieler junger Leute am Christentum und seiner langen Tradition in der Osttürkei. So waren ein Drittel der Besucher beim Ostergottesdienst in Mardin offensichtlich interessierte Muslime und auch in Adiyaman kommen immer wieder muslimische SchülerInnen zum Bischofshaus, um die Kirche zu besichtigen. Im Turabdin, dem Kerngebiet der syrischorthodoxen Christen, öffnete der Name Der Autor (links) bei einer christlichen Familie im Dorf Derkube, die sich nach Jahren noch an die Unterstützung von ICO-Gründer „Father Hans“ Hollerweger erinnert. „Father Hans“ (Hollerweger) Türen von Klöstern und Häusern. Im kleinen Dorf Derkube (Karagöl) freuten sich die drei Familien sehr, dass ich fast aus Linz kam und „Father Hans“ kenne, der sie vor Jahren so sehr unterstützt habe. Auch im Dorf Hah (Anitli) mit seiner einmaligen Klosterkirche Yoldath Aloho, wo ich übernachten konnte, freute man sich über einen Freund von ICO. Hier traf ich einen Rückkehrer aus Deutschland, der im Sommer sein altes Haus im Dorf herrichtet, um bald ganz zu übersiedeln. Diese Aufbruchsstimmung ist aber nicht im ganzen Turabdin zu spüren. So war das fast verlassene Dorf Zaz (Izbirak) mit einer einzigen alten Schwester oder Kelith Das Kloster Deyrulzafaran, das jahrhundertelang Sitz der syrisch-orthodoxen Patriarchen war. Rechts das 2005 fertiggestellte „Besucherzentrum“ samt Parkplatz. (Dereici) mit seinen ehemals 3 Kirchen und den paar Familien ein sehr trauriger Anblick. In Inwardo (Gülgöze) bei Midyat wurde ich von einer freundlichen christlichen Familie eingeladen, deren fast ganze Familie noch in der Türkei lebt und auch traurig ist über den Exodus der Christen. Die Kirchen in den verlassenen Dörfern oder auch Städten wie Kfarburan (Dargecit) werden – wenn überhaupt – dann nur noch nebenbei von den Mönchen der Klöster in der Umgebung betreut. Aber auch dort leben meist nur ein bis drei Mönche wie in Mor Yakub, Mor Abraham und in Mor Gabriel. Eine spezielle Ausstrahlung hat das ehemalige Patriarchenkloster Deyrulzafaran bei Der von weitem Mardin. Mit dem dorti- sichtbare Glokgen Bischof konnten kenturm des Klowir in Mardin den Ost- sters Mor Gabriel. ergottesdienst mitfeiern. Die Begegnungen mit den christlichen Brüdern und Schwestern beeindruckten mich nachhaltig. Betroffen machte mich das Schicksal der christlichen Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak im Osten und Süden der Türkei, die nicht wissen, wo sie weiter leben können. Sepp Gruber ICO - INFORMATION CHRISTLICHER ORIENT Christen wieder im Parlament Nach den türkischen Parlamentswahlen vom 1. November 2015 haben Christen weiterhin vier der insgesamt 550 Mandate inne. Großer Wahlgewinner ist die Regierungspartei AKP. TÜRKEI – Die Wahl war nötig geworden, weil nach dem Urnengang vom 7. Juni 2015 keine neue Regierung zustande kam. Sie fand in einer aufgeheizten Atmosphäre statt, geprägt vom Aufflammen des „Kurdenkonfliktes“, Anschlägen und der Einschüchterung regierungskritischer Medien. Mehr als 250 Menschen fielen seit den Wahlen im Juni der Gewalt zum Opfer, darunter ca. 100 bei einem der Terrororganisation „Islamischer Staat“ zugeschriebenen Selbstmordattentat in der Hauptstadt Ankara am 10. Oktober. Aufgeheizte Atmosphäre Die Sorge vor einer weiteren Eskalation bzw. der Wunsch nach Stabilität veranlasste offenbar viele, die AKP zu wählen, die nun wieder stark genug ist, um alleine regieren zu können. Die islamisch-konservative Partei legte von zuletzt 41% auf 49% der Stimmen zu und erreichte 317 Sitze in der türkischen Nationalversammlung. Wahlverlierer sind die nationalistische MHP mit 12% und die kurdisch dominierte HDP mit 11%. Die sozialdemokratische CHP kam wie zuletzt auf 25% (Prozentangaben gerundet). Im neuen türkischen Abgeordnetenhaus sind die armenischen und syrischen Christen mit den selben vier Abgeordneten vertreten, wie nach den Juni-Wahlen: Markar Esayan (AKP), Selina Özuzun-Dogan (CHP), Garo Paylan (HDP) und Erol Dora (HDP). Als Vertreter der Roma wurde Özcan Purcu (CHP) wieder gewählt. Die Jesiden werden erneut durch Feleknas Uca (HDP) vertreten. Die Spitze der „DeDer aus dem Tur- mokratischen Partei abdin stammen- der Völker“ (HDP), bei de Christ Erol Do- der die meisten Angera wurde wieder hörigen von Minderheiten kandidierten, krigewählt. tisierte die „unfairen Bedingungen“ der Wahl. „Wir konnten keinen Wahlkampf führen. Wir haben einfach nur versucht, unsere Leute zu schützen“, sagte Co-Vorsitzender Selahattin Demirtas mit Hinweis auf die tödlichen Anschläge in Suruc (am 20. Juli) und Ankara. Eine Reihe geplanter Wahlveranstaltungen der HDP musste abgesagt werden. Laut Co-Vorsitzender Figen Yüksekdag wurden rund 500 Mitglieder und Funktionäre der HDP verhaftet und 190 Parteibüros attackiert. INITIATIVE CHRISTLICHER ORIENT (ICO) Die „Initiative Christlicher Orient“ (ICO) ist ein von der Österreichischen Bischofskonferenz und von staatlicher Seite anerkannter Verein zur Förderung der Information und zur Unterstützung der Christen im Orient. Förderer: Sie unterstützen in besonderer Weise die Anliegen des Vereines. Der Förderbeitrag beträgt Euro 20,00 (CHF 30,00) pro Jahr. Der Bezug der Zeitung ist inbegriffen. Abonnenten: Die Zeitung „Information Christlicher Orient“ informiert vierteljährlich über die Christen im Orient. Das Abonnement kostet Euro 11,00 (CHF 20,00) pro Jahr. Bankverbindungen für Förder-, Abonnementsbeiträge und Spenden an: Hilfswerk Initiative Christlicher Orient Österreich: Hypo Oberösterreich, IBAN: AT42 5400 0000 0045 4546, BIC: OBLAAT2L; Deutschland: Liga Bank eG, IBAN: DE93 7509 0300 0004 5016 75, BIC: GENODEF1M05; Schweiz: St. Galler Kantonalbank, IBAN: CH89 0078 1015 5347 5880 1, BIC: KBSGCH22. Spenden können steuerlich geltend gemacht werden! Bankverbindungen für „Licht für Bethlehem“, Bücher u.a.: Initiative Christl. Orient – Freunde des Tur Abdin Österreich: Hypo Oberösterreich, IBAN: AT31 5400 0000 0031 3221, BIC: OBLAAT2L; Deutschland: VR Bank Passau eG, IBAN: DE22 7409 0000 0000 0138 11, BIC: GENODEF1PA1; Schweiz: St. Galler Kantonalbank, IBAN: CH89 0078 1015 5347 5880 1, BIC: KBSGCH22. Nr. 60 / November 2015 15 KURZ GEMELDET Syrisch-kath. Märtyrerbischof seliggesprochen TÜRKEI/LIBANON – Der syrisch-katholische Bischof von Mardin, Flavian Michael Melki (*1858 in Kalaat Mara), ist am 29. August 2015 in Harissa/Libanon selig gesprochen worden. Melki war ein Opfer des Völkermords an den Christen syrischer Tradition im Osmanischen Reich – er wurde am 29. August 1915 geköpft. Der Bischof ist der erste syrisch-kath. Märtyrer dieses Genozids, der seliggesprochen wurde. Apostolisches Vikariat von Anatolien wieder besetzt VATIKAN/TÜRKEI– Papst Franziskus hat Prof. Dr. Paolo Bizzeti SJ (68) am 14. August 2015 zum Apostolischen Vikar von Anatolien bestellt. Der italienische Jesuit folgt seinem Landsmann Luigi Padovese nach, der 2010 ermordet worden war (ICO berichtete in Nr. 39). Als Gründer von „Amici del Medio Oriente“ (Freunde des Nahen Ostens) ist P. Paolo mit dem nahöstlichen Christentum vertraut. Bizzeti wurde am 1. November in Italien zum Bischof geweiht. Die Amtseinführung in Iskenderun soll Anfang Dezember stattfinden. KONTAKT Alle Zuschriften an den Verein und an die Zeitung „Information Christlicher Orient“richten Sie an: Please send your letters to the organization or magazine to the following address: Initiative Christlicher Orient Friedensplatz 2 4020 Linz Austria Tel/Fax: +43 732 773148 E-Mail: [email protected] Homepage: www.christlicher-orient.at Bürozeiten: Montag - Freitag 9-12 Uhr Weihnachtsurlaub von 24.12.15 bis 08.01.16 Impressum: Eigentümer, Verleger und Herausgeber: Hilfswerk Initiative Christlicher Orient, Friedensplatz 2, 4020 Linz, Österreich (Alleineigentümer). – Redaktion: Josef Wallner, Linz. – Grafik: Klaus Strassner, Wien. – Druck: Trauner Drucke Linz. – Verlags- und Herstellungsort: Linz. – Österreichische Post AG / Sponsoring Post BNPA 4020 Linz GZ 10Z038385S. – Richtung: Information über die Christen in den Ländern des Orients. 16 Nr. 60 / November 2015 ICO - INFORMATION CHRISTLICHER ORIENT Adressfeld für Postzustellung Weihnachtsaktion Licht für Bethlehem Das Antoniuskloster inmitten der bezaubernden Natur des „Heiligen Tales“ im Libanon. Reise in das Land der Zedern Die Initiative Christlicher Orient lädt vom 15. bis 23. April 2016 zu einer Ökumenischen Pilger- und Begegnungsreise in den Libanon. Die 7-tägige Reise führt uns zu den kulturellen und landschaftlichen Höhepunkten des Libanon. Wir wandeln auf den biblischen Spuren des Landes, besuchen die bedeutendsten Pilgerstätten und tauchen ein in die kosmopolitische Metropole Beirut. Das Programm bietet gleichermaßen eine Begegnung mit dem modernen wie dem historischen Libanon. Besichtigungen wechseln sich mit Zusammenkünften mit den Menschen des Landes ab. Wir werden zu Gast bei Bauern sein, Ordensleute in ihren Klöstern kennen lernen, soziale Einrichtungen besuchen und uns mit jungen Leuten zum Gespräch treffen. Aus erster Hand können wir so etwas über das Leben dort erfahren. Christliches Leben. Einen besonderen Schwerpunkt der Reise bildet das christliche Leben im Libanon. Im Antoniuskloster (Bild) ist eine Teilnahme am Stundengebet der Mönche und am Gottesdienst möglich. Die Reise wird von der Initiative Christlicher Orient zusammen mit dem Roncallihaus in Magdeburg (D) organisiert. Die Reiseleitung liegt bei Mag. Matthias Disch/Berlin. Die Reiseplanung erfolgt immer mit Blick auf die aktuelle Sicherheitslage. Kurzfristige Änderungen sind daher möglich. Genauere Informationen bei der Reiseleitung [email protected] oder unter www.christlicher-orient.at Anmeldung bitte bis 14. Februar 2016 ans ICO-Büro: ICO, Friedensplatz 2, 4020 Linz, Austria; Tel/Fax: +43 732 773148, [email protected], www.christlicher-orient.at ICO bietet zum 16. Mal Olivenholzarbeiten aus Bethlehem an, um die Christen in Palästina zu unterstützen. Licht für Bethlehem X verschafft Handwerkern Arbeit, X unterstützt die Caritas Jerusalem, damit sie Kinder, Schüler und alte Menschen zu Weihnachten beschenken kann, X hilft kinderreichen Familien durch Bezahlung des Schulgeldes. Der 3D Stern ist eines der neuen Olivenholzmotive aus Bethlehem. Neben der Abnahme von Olivenholzarbeiten sind wir auch für Spenden dankbar. Bei Adventsingen, Weihnachtsfeiern oder auch bei der Christmette haben die Menschen ein offenes Herz für die Christen in Bethlehem. Bitte fordern Sie die ICO-Sondernummer 59a „Licht für Bethlehem“ an (sie enthält alle Olivenholzmotive sowie einen Bestellschein) oder bestellen Sie direkt auf www.christlicher-orient.at. Die ICO dankt für Ihre Mithilfe! AUS DEM INHALT Grußwort / Editorial / Ex Oriente Lux ........................................................................ 2 ICO-Projekt: Flüchtlingshilfe Syrien/Nordirak, Katechesehaus Nordirak ..... 3 Tragfähige Beziehungen zwischen Christen und Muslimen gesucht .................... 4 Syrien: „Wir halten die Flamme der Hoffnung am Leben“ .................... 5 In 100 Jahren werden wieder Kerzen brennen ......................... 6 Libanon: Bzommar: Ein Licht auf den Bergen des Libanon ..................... 7 Emirate: Jung und lebendig: Die Pfarre St. Paul in Abu Dhabi ............... 8 Minister an Christen: „Haben viel von Euch gelernt“ ................ 9 An der Universität Salzburg wird die Sprache Jesu gesprochen ........................ 10 Israel/Palästina: Protest gegen Bau der israelischen Mauer im Cremisan-Tal.... 11 Angefeindet von allen Seiten? ................................................. 12 Türkei/Turabdin: Mit dem Fahrrad am Berg der Knechte Gottes ...................... 13 Christen wieder im Parlament / Impressum .......................... 15
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