Recht Fragen an die Expertin Justiziarin Andrea Schannath gibt Antwort Kinder beim Arzt – wer muss zustimmen? Frau Dr. T. aus Berlin hat folgendes Problem: „Ich bin Kinderärztin und bei der Behandlung meiner Patienten ist in der Regel nur ein Elternteil anwesend und erteilt seine Zustimmung zur ärztlichen Untersuchung. Für mich stellt sich die Frage, ob dies auch bei schwerwiegenden Eingriffen ausreichend ist. Was können Sie mir diesbezüglich sagen?“ Frau Schannath: „Das Oberlandesgericht Hamm hat am 29.09.2015 (Az.: 26 U/15) zu Ihrer Frage eine interessante Entscheidung getroffen. Danach benötigen Ärzte nur für wirklich schwerwiegende Eingriffe die ausdrückliche Zustimmung beider Eltern. Das OLG Hamm hat desweiteren drei Fallgruppen gebildet. Bei Routinefällen dürfen Ärzte davon ausgehen, dass ein Elternteil auch für den anderen auftritt. Dies gilt aber immer nur dann, wenn keine anderen gegenteiligen Anzeichen, wie Scheidung oder Sorge rechtsstreitigkeiten vorliegen. Bei schwereren Eingriffen oder Behand lungen mit nicht unbedeutenden Risiken reicht ebenfalls noch die Zustimmung eines Elternteils aus. In diesen Fällen muss der Arzt aber ausdrücklich nachfragen, ob der bei der Behandlung anwesende Elternteil vom anderen Elternteil ermächtigt wurde. Der Arzt kann auch davon ausgehen, dass der anwesende Elternteil wahrheitsgemäß antwortet. Dies aber nur, solange ander weitige Umstände dieser Annahme nicht widersprechen. In jedem Fall sollte sich der Arzt unterschreiben lassen, dass der anwe sende Elternteil vom anderen zur Einwil ligung zu dem Eingriff ermächtigt wurde. Bei schwierigen und weitreichenden Entscheidungen über die Behandlung ei nes Kindes, wie z. B. eine Herzoperation, liege „eine Ermächtigung des abwesenden Elternteils zur Einwilligung in den ärztli chen Eingriff durch den anwesenden El ternteil nicht von vorneherein nahe“, so die Richter. In diesen Fällen müsse sich der behandelnde Arzt bei beiden Elternteilen vergewissern, dass sie mit der Behandlung einverstanden sind.“ Keine Abrechnung von Leistungen eines Assistenten ohne förmliche Genehmigung der KV Herr Dr. S. aus Coburg stellt folgende Frage: „Ich beschäftige seit einiger Zeit, wie früher auch schon mehrfach, einen Assistenten. Dessen Namen habe ich handschriftlich auf der Sammelerklärung vermerkt. Ich habe aber diesmal krankheitsbedingt versäumt, die Anstellung durch die Kassenärztliche Vereinigung (KV) genehmigen zu lassen. Kann ich jetzt Probleme bei der Abrechnung bekommen?“ Frau Schannath: „Das Sozialgericht Marburg hat am 02.09.2015 (Az.: S 16 KA 531/13) in einem vergleichbaren Fall entschieden, dass die Berechtigung eines Vertrags arztes zur Abrechnung der Leistungen seines Assistenten als formelle Grund lage eine Genehmigung nach § 32 Abs. 2 Ärzte-ZV voraussetzt. Eine handschrift liche Anzeige der Beschäftigung des Assistenten auf der Sammelerklärung genügt genauso wenig wie die mündli che Auskunft eines Mitarbeiters der KV, eine schriftliche Genehmigung sei nicht notwendig. Daher kann die KV die Vergütung für die von dem Assistenten erbrachten Leis tungen zurückfordern. Eine rückwirkende Genehmigung kommt nicht infrage. Sie müssen umgehend die Genehmigung für die Beschäftigung einholen und zukünftig penibel darauf achten, dass jede Beschäfti gung eines Assistenten im Vorhinein durch die KV genehmigt wurde.“ Andrea Schannath Justiziarin des NAV-Virchow-Bundes, Verband der niedergelassenen Ärzte Deutschlands e. V., der seit über 60 Jahren kompetenten Arzt-Service bietet, beantwortet auf dieser Seite für den „niedergelassenen arzt“ die interessantesten Fragen, die im Rahmen ihrer Beratungstätigkeit an sie herangetragen werden. Haben auch Sie Fragen an Andrea Schannath? Mitglieder des NAV-Virchow-Bundes erreichen sie montags bis donnerstags jeweils von 9 bis 16 Uhr und freitags von 9 bis 13 Uhr unter der Telefonnummer (030) 28 87 74 125. 27 — der niedergelassene arzt 01/2016
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