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Angriffe von Neonazis-Hooligans in Connewitz | Manuskript
Angriffe von Neonazi-Hooligans in Connewitz
Bericht: Jennifer Stange, Thomas Datt, Arndt Ginzel
Montagabend, halb acht. Bis zu 300 Vermummte ziehen durch den linksalternativen
Leipziger Stadtteil Connewitz, zerstören mehr als 20 Geschäfte und Kneipen.
Tatjana Festerling, Pegida
Guten Abend Leipzig!
Zur selben Stunde in der Leipziger Innenstadt.
Tatjana Festerling, Pegida
Ihr seid immer noch da, trotz aller Attacken, Hasstiraden und Gewaltanschlägen der linken
Faschisten.
Pegida-Scharfmacherin
Überraschungsgast.
Tatjana
Festerling
gratuliert
Legida.
Auch
dabei:
ein
Hannes Ostendorf, Sänger „Kategorie C“
Zum Geburtstag viel Glück, zum Geburtstag viel Glück, liebe Legida, zum Geburtstag viel
Glück.
Hannes Ostendorf, Hogesa-Fan und Sänger der rechtsextremen Hooliganband „Kategorie C“.
Er ruft auf zum Widerstand.
Hannes Ostendorf, Sänger „Kategorie C“: Antifa halts Maul!
Fast zeitgleich in Connewitz: Die Polizei kann mehr als 200 Tatverdächtige einkesseln, alle
kommen in Gewahrsam. - Zahlreiche Kneipen und Schaufenster sind demoliert.
Viele der festgesetzten Angreifer haben ihr Auto hier am Stadtrand geparkt. Es sind
Nummernschilder aus ganz Deutschland und Österreich. Einige der jungen Männer treffen
wir, als sie nach Mitternacht aus dem Polizeigewahrsam zurückkommen.
Reporter: Waren Sie heute dabei gewesen in Connewitz? Sie sind aus Magdeburg?
Sie sind doch verhaftet worden?
Mann: Halt die Fresse.
Reporter: Waren Sie in Connewitz dabei heute?
Autofahrer: Nein.
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verwendet werden. Jede Verwertung ohne Zustimmung des Urheberberechtigten ist unzulässig.
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Angriffe von Neonazis-Hooligans in Connewitz | Manuskript
Reporter: Wissen Sie, warum so viele Autos heute hier sind?
Autofahrer: Nein.
Reporter: Aber die kommen aus dem gesamten Bundesgebiet?
Autofahrer: Ja.
Reporter: Sind Sie Rechtsextremist?
Autofahrer: Nein.
Reporterin: Und was machen Sie dann hier?
Autofahrer: Urlaub.
Fußgänger: Ey, hau ab, Mann. Sonst kriegst Du gleich eine.
Reporter: Ich würde trotzdem gern wissen, ob Sie an dem Angriff auf den türkischen Laden
beteiligt waren.
Fußgänger: Verpiss Dich, Du Assi.
Die abgestellten Autos verraten mehr als die Besitzer: Masken, Steine. Auch Äxte liegen in
den Autos. Unsere Aufnahmen zeigen wir dem Gewaltforscher Alexander Leistner vom
Deutschen Jugendinstitut.
Alexander Leistner, Deutsches Jugendinstitut Halle:
Was man sehr gut erkennen kann dass es eine sehr gut organisierte Aktion war. Von
Hooligans verschiedener Vereine, die normalerweise erbitterte Rivalitäten pflegen. Zudem
konnte man sehen, dass es für die rechtsextreme Szene typische Insignien gab: Wolfsangel
oder Zahlencodes wie 1488. In dem Sinne spricht sehr viel dafür, dass es eine politische
Aktion war von rechtsextremen Hooligans jenseits eines Fußballbezugs.
Ilona Fleischmann betreibt seit 36 Jahren ihren Buchladen in Leipzig. Auch sie wurde Opfer
des Gewaltexzesses. Kaputte Scheiben – aber es hätte noch schlimmer kommen können.
Ilona Fleischmann, Buchhändlerin Leipzig-Connewitz:
Durch die Scheibe wurde etwas, eine Silvesterrakete oder was reingeschmissen. Ich habe
es im Nachhinein nicht mehr identifizieren können. Da war großes Glück dabei, dass es
nicht gebrannt hat. Sie können ruhig reingehen! Es hat nur gekokelt, hat nicht gebrannt.
Also dann wär es für das ganze Haus schrecklich geworden.
Dass die rechten Hooligans ausgerechnet am Legida-Geburtstag zuschlugen, war aus Sicht
der Polizei kein Zufall.
Uwe Voigt, Polizeidirektion Leipzig:
Und wir wissen auch teilweise, dass diese Personen, die wir jetzt festgestellt haben, in den
früheren Monaten teilweise an Legida-Demonstrationen teilgenommen haben und
entsprechend können wir doch eine Verbindung hier ziehen.
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Angriffe von Neonazis-Hooligans in Connewitz | Manuskript
Dass rechte Hooligans, eingefleischte Neonazis und „besorgte Bürger“ zusammenrücken,
deutet sich seit Monaten an.
Auftakt: die HOGESA im Herbst 2014. Ein von Hooligans getragenes Aktionsnetzwerk gegen
Salafisten, das in Köln randalierte. Unterstützt von Rechtspopulisten und Neonazis.
In Sachsen dominieren die Rechten schon seit Monaten auf der Straße. Hass und Gewalt
richten sich gegen Migranten und politische Gegner.
Beispiel Heidenau Ende August: Aufgebrachte Bürger und Hooligans üben den
Schulterschluss - gegen Flüchtlinge. Der Mob greift auch Polizisten an.
Ende Juni. Verbrüderungsszenen zwischen gewaltbereiten Neonazis, Hooligans und
Anwohnern vor einem Flüchtlingsheim in Freital.
Alexander Leistner, Deutsches Jugendinstitut Halle
Also, was man sehr gut beobachten kann, ist, dass die Akzeptanz gestiegen ist für
Gewaltbereitschaft und dass man froh, dass man hier einen verlängerten Arm, einen
gewalttätigen, hat als Teil der Bewegung. Der sie nicht nur schützt. Ich glaube, das war
ursprünglich die Funktion ein Stück weit, sondern auch die eigenen Anliegen gewalttätig
umsetzt.
Bei Pegida in Dresden waren rechte Hooligans von Anfang an gern gesehen. Pegida-Jahrestag
am 19. Oktober 2015. Im Anschluss an die Kundgebung zogen stundenlang Hooligans
marodierend durch die Innenstadt. Johannes Lichdi von der Initiative „Herz statt Hetze“
organisierte den Gegenprotest.
Johannes Lichdi, Sprecher Initiative „Herz statt Hetze“ Dresden
In dem Augenblick kommen dann von da drüben die Nazis-Hools rausgespurtert, ungefähr
300 Leute und greifen uns also an. so richtig schwarz vermummt, also organisiert,
konzentriert greifen die uns an. Wir fliehen dann mehr oder weniger Richtung Postplatz,
die Polizei mach die Ketten auf, Die Nazis rennen durch auf uns zu, rennen Leute von uns
um, verprügeln die.
Auch in Leipzig sehen sich Hooligans und gewaltbereite Neonazis als militanter Arm einer
rechten Volksfront. 12. Dezember - Lautsprecher des Tages: David Köckert. Ein NPD-Stadtrat
aus Greiz und Organisator der Thüringer Pegida.
David Köckert, Organisator des Thüringer Pegida-Ablegers Thügida:
Auf die Straße! Wehrt Euch gegen die linke Diktatur.
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Die Teilnehmer sind organisierte Neonazis aus Parteien und Kameradschaften, außerdem
Hooligans. Das ursprüngliche Ziel ihres Aufmarschs erreichen sie an diesem Tag nicht:
Connewitz. Aber die Provokation genügte - es kommt zu einem Gewaltexzess auf der
Gegenseite.
Alexander Leistner, Deutsches Jugendinstitut Halle
Also einerseits ist ein symbolisch hoch aufgeladener Ort. In der Außenwahrnehmung die
Hochburg der linken Szene in Leipzig. Andererseits aber auch eine der letzten
linksalternativen Hochburgen, wenn man das so sagen kann, in Sachsen.
Und schließlich am Montag der Angriff auf Connewitz. Im Vorfeld warnte Sachsens
Verfassungsschutz: Der Auftritt der der Hooligan-Band Kategorie C könne „zahlreiche
Rechtsextremisten aus dem gewaltbereiten und Hooligan-Milieu“ anziehen.
Warnung: Ja. Aber eine Aktion deutschlandweit vernetzter Neonazis vorher aufzudecken,
dazu ist der Verfassungsschutz offenbar nicht imstande.
Ilona Fleischmann hätte es viel ersparen können.
Ilona Fleischmann, Buchhändlerin in Leipzig-Connewitz
Also ich bin so ein Typ, der hinfällt, aufsteht und weitermacht. Ganz optimistisch. Und ich
lass mich auch nicht so schnell unterkriegen.
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