Eröffnungsrede Claudia Hauptmann

Begrüßung und Eröffnungsrede von Claudia Hauptmann (Künstleraus
Vorpommern)
zur Ausstellungseröffnung „Lebensreigen“
Philipp Mayer – Vogelsang am 2. Mai 2015 in Heinrichsruh
Ganz herzlich möchte ich Sie im Namen des Vorpommerschen Künstlerhauses
zur Eröffnung unserer diesjährigen Ausstellung begrüßen!
Am 5. Mai ist es ein Jahr her, dass der liebe Freund und geschätzte
Künstlerkollege Philipp Mayer-Vogelsang verstarb. Mit dieser Ausstellung wollen
wir des einfühlsamen, warmherzigen, humorvollen und so sehr sympathischen
Menschens gedenken und sein wundervolles Werk würdigen.
Wir haben uns entschieden, vorwiegend Bilder aus Philipps letzten
Schaffensjahren zu zeigen, welche sich durch eine enorme Produktivität
auszeichnen und wohl als Krönung eines ungeheuer intensiven Künstlerlebens
anzusehen sind, ein Leben in größtmöglicher Spannung, bis zum Zerreißen
zwischen „ himmelhoch jauchzend“ und „Zu Tode betrübt“, ausgekostet und
ertragen.
Diesem Leben können wir weiterhin begegnen, da der Bilderpoet es in seinen
Zeichnungen, Aquarellen, Grafiken und Gemälden gerinnen ließ, allerdings
ohne dass es dort erstarrt und zur Ruhe gekommen ist. Die Bewegung bleibt
uns, den Betrachtern, physisch erfahrbar. Stets kündet Philipp Mayer vom
Fließen der Dinge, von der unaufhörlichen Verwandlung und Veränderung allen
Seins.
Philipps Strich ist unruhig, tastend, suchend und webt ohne abzusetzenangetrieben duch eine durch ihn hindurchfließende Kraft- rastlos, wie ein
Seismograph aus verdichteten Linien schattenhafte Gebilde, aus denen
unseren Betrachteraugen Menschen und Dinge entstehen.
Sein Pinselstrich ist rhytmisch- musikalisch, kraftvoll- eruptiv. Wie im Rausch
scheinen die Bilder unaufhaltsam aus ihm hervorgebrochen zu sein. Auch wenn
er mitunter lange an ihnen arbeitete und zweifelnd um sie rang, haben sie doch
die Selbstverständlichkeit alles natürlich Gewachsenen.
Stets führt uns Philipp Mayer die gute Kraft vor Augen. In seinen Bildern ist
Staunen und Freude und ein Ja zum Leben. Er vermag Bedrohliches in
Erfreuliches zu verwandeln. Die Fähigkeit dazu hat der Künstler sich teuer
erkauft: immer wieder musste er Bekanntschaft mit der anderen, der dunklen
Macht machen und tiefe Depressionen erleiden.
Aus dieser oft wiederkehrenden Erfahrung heraus ist Philipp Mayer zusammen
mit seiner Frau Gisela so etwas wie ein Wächter und Bewahrer des poetischen
Raumes geworden. Die kleine Welt um die alte Schmiede in Vogelsang mag
dem Außenstehenden als eine Idylle erscheinen, ist aber alles andere als eine
luxuriöse, bequeme, repräsentative Hochglanz-Landlust. Vielmehr ein
notwendiges Refugium fernab von allem Lauten und Geltungssüchtigem, was
sich durch eine große Schlichtheit auszeichnet. Bescheidenheit aber und
Genügsamkeit waren wohl weniger die Gründe dafür, sich hier - weitab von den
sogenannten Kulturzentren zwischen einfachen, bodenständigen Menschen an
der Peripherie des Landes anzusiedeln. Vermutlich waren es es vielmehr
allerhöchste Ansprüche an das Leben: der unmittelbare Kontakt zur Natur und
den Jahreszeiten, die Möglichkeit eines ablenkungsfreien, konzentrierten
Arbeitens und, vor allem: mit allen Risiken ein ganz und gar eigenes Leben zu
führen! Dieser Anspruch ist im Mayersche Anwesen in jedem kleinsten Winkel
zu spüren. Nahezu jeder kleine alltägliche Gegenstand, wie etwa eine
Streichholzschachtel oder eine Mappe zur Aufbewahrung der Briefmarken, ist
gestaltet und geschmückt und seiner Austauschbarkeit und Banalität enthoben
indem er zu etwas einmaligem verwandelt wurde. Dieser liebevolle, ganz
persönliche Umgang mit den Dingen, mit den Menschen und mit der Natur
macht Philipp Mayer-Vogelsang in meinen Augen – auch wenn er den
Schuldienst frühzeitig wieder quittierte – zu einem großen Lehrer. So sollte man
leben: sich stets um das richtige Verhältnis zum jeweiligen Gegenüber
bemühen und dabei anzuerkennen, dass es keine festen Größen gibt, aber
deshalb stets auf`s neue Arbeit! Solches fordert und fördert den kreativen
Menschen.
Philipp Mayer hat das Künstlersein in seinen Bildern sowohl zelebriert als auch
hinterfragt. Er hat sich im Spannungsfeld zwischen Lust und Zweifel bewegt,
hat aber der Verzweiflung und der absoluten Mutlosigkeit in seiner Kunst
widerstanden obwohl - oder weil er sie im Leben kannte.
Ich bin sehr dankbar, dass ich Philipp Mayer begegnen durfte, und große
Dankbarkeit erfüllt mich, dass ich in den letzten Tagen mich mit Gisela Mayer
diesem Leben noch einmal so sehr nähern durfte und all die herrlichen Bilder
sehen durfte, von denen ich einige mitbringen und hier aufhängen konnte.
Zu unseren Ausstellungseröffnungen ist es romantischer Brauch, die Künstler
zu bekränzen. Gern würde ich jetzt Philipp diesen Blumenkranz auf sein Barett
setzen, und ich kann mir sein Lachen dabei vorstellen. Allerdings hätte ich auch wenn Philipp noch lebte, zwei Kränze verteilt. Der zweite ist für Philipps
Frau Gisela, die an seinem Werk großen Anteil hat. Mit der Malerei eng
verbunden durch den Beruf der Kunsterzieherin, aber auch selbst malend, hat
sie ihrem Philipp stets den Rücken sowohl freigehalten als auch gestärkt, war
seine erste Kritikerin und seine wichtigste Muse, und war über ein langes
gemeinsames Leben hinweg immer wieder die Adressatin vieler wunderschöner
Bilder. Philipp war für die tiefe Verbundenheit mit Gisela sehr dankbar und
hätte es - dessen bin ich mir ganz sicher - geradezu verlangt, auch ihr einen
Blumenkranz zu verleihen, und ganz bestimmt hätte er sie so geschmückt auch
gemalt. Vielleicht entsteht ja nun ein „Selbstbildnis mit Blumenkranz“, das
würde mich sehr freuen!- Liebe Gisela, ganz herzlich danke ich Dir für unsere
wunderbare Zusammenarbeit bei der Vorbereitung dieser Ausstellung!
Danken möchte ich auch Herrn Prof. Prinz und Mario Scarabis, die aus
Greifswald gekommen sind, um Philipp Mayer mit ihren Gedanken zu ehren und
die uns als Kenner seiner Kunst und langjährige Freunde in sein Werk einführen
werden. Beide begrüße ich ganz herzlich!
Ebenso herzlich heiße ich das Trio Legato willkommen und danke, dass die
Cellistin Reinhild Cleff, die beiden Mayers in tiefer Freundschaft verbunden ist,
aus Potsdam gekommen ist, dass die Geigerin Clarissa Forster-Mommert und
die Bratschistin Katharina Becker sich aus Berlin auf den Weg nach
Heinrichsruh gemacht haben. Alle drei bitten um 17:00 in den Gartensaal zu
einem Philipp-Meyer-Gedenk-Konzert mit Werken von Bach und Reger.
Ein weiterer Dank geht an den Kunstdrucker Felix Büttner! Felix hat in diesem
Hause für Philipp Mayer viele Lithographien gedruckt. Heute druckt er einen
von Gisela Meyer gezeichneten Stein mit einem Abschiedsportrait Philipps. Es
wird ausschließlich an diesem Tag als kleine Sonderauflage angeboten und ist
bei Felix Büttner, dem man heute auch beim Druck zusehen kann, erhältlich.
Danken möchte ich auch der Sparkassenstiftung Uecker-Randow, die diese
Veranstaltung mit einer Spende unterstützt hat. Über weitere Spenden, die
helfen könnten, die Gesamtkosten gemeinsam zu tragen, würden wir uns sehr
freuen und danken im voraus!
Nicht zuletzt danke ich allen freiwilligen Helfern und auch für die reichen
Beiträge zum Buffett!
Nun lassen Sie uns gemeinsam unseren Maler feiern mit einem bunten Fest!Und empfehlen Sie diese Ausstellung weiter! Philipp Mayers Kunst hat es
verdient, dass sie von einer breiten Öffentlichkeit wahrgenommen wird!
Vielen Dank!