Predigt über Matthäus 25,14-30 Verantwortung übernehmen Liebe Gemeinde Jesus vergleicht das Gottesreich mit einem Mann, der seinen Besitz Verwaltern anvertraute, ins Ausland reiste und seine Verwalter nach seiner Rückkehr zur Rechenschaft zog. Solche Männer gab es tatsächlich. Es waren palästinische Grossgrundbesitzer oder reiche Kaufleute, die z. B. nach Rom oder Alexandria reisten, um ihre Geschäfte zu tätigen oder dort das Leben zu geniessen. Bis zu ihrer Rückkehr führten Verwalter ihre Arbeit in Palästina weiter. Im Gleichnis von den anvertrauten Talenten stehen die Knechte bzw. die Verwalter für die Jünger, der Mann, der ins Ausland reiste, ist Jesus. Nach seiner Auferstehung kehrt Jesus zum Vater im Himmel zurück. Hier spricht Jesus also von der Zeit zwischen Himmelfahrt und Wiederkunft, also von der Zeit, in der wir leben. Der Besitz, den der Mann seinen Verwaltern anvertraut, ist die Botschaft vom Gottesreich. Jesus hat seinen Jüngern seine Botschaft anvertraut. Jeder Christ ist Botschafter an Christi Statt. Er ist ein Zeuge seines Herrn in Wort und Tat. Beim anvertrauten Besitz handelt es sich um beträchtliche Summen, war doch die Kaufkraft des Geldes damals viel höher als heute. Die Verwalter bekommen unterschiedliche Beträge, der erste fünfmal soviel wie der dritte. Jeder bekommt die Summe, die seinem Können entspricht. Der erste ist sehr begabt. Er bekommt die grösste Summe von fünf Talenten. Der zweite hat mittlere Fähigkeiten. Ihm vertraut der Herr zwei Talente an. Der dritte ist schwächer begabt. Es ist für ihn anspruchsvoll genug, ein Talent zu verwalten. Jesus vergibt die Aufträge nicht nach einem Gleichheitsprinzip, sondern misst die Aufgaben individuell zu, je nach Begabung und Kapazität des Verwalters. Von keinem wird mehr erwartet, als er kann. Das ist Gottes Barmherzigkeit. Liebe Gemeinde Jeder Mitarbeiter im Gottesreich bekommt einen Auftrag nach seinem Können. Das ist eine gewaltige Entlastung. Einer allein muss nicht alles können. Ein Kirchgemeinderat, der im Besuchsdienst tätig ist, muss nicht alle älteren Gemeindeglieder besuchen. Beim einen hat er offene Türen, da soll er hingehen. Beim anderen wird er abgewiesen. Das entlastet ihn. Da hat ein anderer Mitarbeiter einen Zugang. Da soll derjenige hingehen, den Gott senden will. Im Auftrag von Jesus muss niemand alles können. Niemand muss die Arbeit allein machen. Jesus beruft andere genauso wie 1 mich. Andere haben andere Gaben. Gott will sie in einem anderen Dienst gebrauchen, für den sie Kraft und Freude haben. Entscheidend ist nicht, wie viel wir tun, sondern wie treu wir unseren Dienst tun. Die drei Verwalter im Gleichnis legen zwei Verhaltensweisen an den Tag. Die ersten beiden machen sich unverzüglich an die Arbeit. Jeder von ihnen arbeitet mit den anvertrauten Talenten. Die beiden ersten Verwalter verdoppeln ihre Summe. Anders der dritte. Er geht weg. Er distanziert sich. Er gräbt ein Loch in die Erde und versteckt das Geld seines Herrn. Aber eben: Nicht in Sicherheit bringen soll der Verwalter das Geld seines Herrn, sondern anderes dazugewinnen. Das Geld soll arbeiten, in Umlauf kommen. Wenn er das Geld versteckt, tut er gerade das, was sein Herr nicht will. Was will Jesus mit dem Gleichnis sagen? „Gewinnen“ ist ein Fachausdruck der urchristlichen Missionssprache. Wer die Botschaft von Jesus weitergibt, gewinnt Menschen für das Reich Gottes. Jetzt ist klar, warum der dritte Verwalter das Geld unter keinen Umständen hätte vergraben dürfen. Das Geld nicht in Umlauf setzen, bedeutet: nicht die Botschaft vom Gottesreich weitergeben. Und wer die Botschaft von Jesus nicht weitergibt, gewinnt keine Menschen für das Reich Gottes. Weggehen, sich distanzieren, die Botschaft zurückhalten ist Sünde. Wer die frohe Botschaft kennt und niemandem davon erzählt, handelt gegen den Willen Jesu. Wer heimlich Christ ist und nicht dazu steht vor den Menschen, enttäuscht Jesus. Wer zu träg ist, das Evangelium weiterzugeben, versündigt sich. Wer feig ist, muss die Konsequenzen tragen. Wir leben in der Zeit zwischen Himmelfahrt und Wiederkunft Jesu. Diese Zeit ist Missionszeit. Warum ist Jesus noch nicht wiedergekommen? Weil wir seine Boten sein sollen, die Menschen für das Gottesreich gewinnen. Jesus erwartet von uns, dass wir nicht die Hände in den Schoss legen und uns über unser persönliches Seelenheil freuen, sondern dass wir missionarisch leben. Ausgerechnet der Verwalter, der die kleinste Aufgabe zu bewältigen hatte – nur ein Talent – distanziert sich. Nach langer Zeit kommt der Herr zurück und fordert Rechenschaft von den Verwaltern (Vers 19). Es dauert lange bis zur Wiederkunft Jesu. Die christliche Gemeinde braucht einen langen Atem. Aber der Herr kommt garantiert zurück. In dem Moment fordert er Rechenschaft von den Verwaltern. Wir müssen einmal Rechenschaft geben über unser Leben. Jesus spricht hier aber nicht vom allgemeinen Weltgericht. Das Gericht über die Christen gehört mit der ersten Auferstehung zusammen. Das allgemeine Weltgericht ist mit der zweiten Auferstehung verbunden. Bei der Wiederkunft Jesu findet die Auferstehung der Gläubigen und das Gericht 2 über ihre Werke statt. Danach folgt die allgemeine Auferstehung der Toten und das allgemeine Weltgericht. Der erste Verwalter berichtet stolz und mit Freude: Herr, du hast mir fünf Talente anvertraut; siehe da, ich habe damit weitere fünf Talente gewonnen (Vers 20). Der Mitarbeiter im Reich Gottes ist eine verantwortliche Persönlichkeit. Durch Gottes Ruf und Gnade wird der Mensch ein verantwortlicher Mitarbeiter. Was wir in der Mission aufbauen, kann verschieden sein: Gold, Silber, edle Steine, Holz, Heu oder Stroh (1 Korinther 3,12f). Das ist unser Werk, unsere Verantwortung. Der Herr ist begeistert. Er lobt den tüchtigen und treuen Verwalter: Recht so, du tüchtiger und treuer Knecht, du bist über wenigem treu gewesen, ich will dich über viel setzen; geh hinein zu deines Herrn Freude (Vers 21)! Wir werden überwältigt sein, wenn der Herr einmal zu uns sagt: „Gut gemacht! Die Prüfung ist bestanden. Das Ziel ist erreicht. Der Kampf ist gekämpft. Der Lauf ist vollendet. Du hast Treue gehalten. Du hast den Siegespreis errungen.“ Aber, müssen wir fragen: Ist das nicht ein Lohn nach den Werken? Tatsächlich. Klar davon unterscheiden müssen wir die Frage, wie wir Sündenvergebung erlangen bzw. gerechtfertigt werden. Hier gilt: ohne des Gesetzes Werke, allein durch den Glauben (Römer 3,28). Der Lohn nach den Werken betrifft diejenigen, die bereits von Gott als seine Kinder angenommen sind, d. h. die Gerechtfertigten. Sie sind aus Gnade gerettet. Aber sie verspielen ihre Gnade, wenn sie ihre Talente vergraben, d. h. wenn sie ungehorsam sind. Von der Treue hängt es ab, wie gross die Belohnung ausfällt. Es gibt also verschiedene Ränge im Gottesreich, ohne jeden Neid. Es kann auch sein, dass unser Werk in der Nachfolge überhaupt kein Ergebnis brachte, und doch werden wir gerettet – wie durchs Feuer hindurch (1 Korinther 3,15). Was ist die Belohnung? „Ich will dich über viel setzen; geh hinein zu deines Herrn Freude!“, sagt Jesus zum treuen und tüchtigen Verwalter. Das bedeutet: Er kommt ins Reich Gottes und darf mit Christus regieren. Gott wird ihm spezielle Aufgaben zuweisen. Es wird also alles andere als langweilig sein in der Ewigkeit. Wir werden unvorstellbare Freude haben und Aufgaben wahrnehmen, die Freude bereiten werden. Jesus ist der endzeitliche Richter, vor dem wir als Christen Rechenschaft ablegen werden. Der zweite Verwalter bekommt das gleiche Lob wie der erste. Auch er hat es gut gemacht und bekommt den angemessenen Lohn. Anders der dritte Verwalter. Er handelt nicht aus Liebe zu seinem Herrn. Die Anrede „Herr“ ist bloss ein Lippenbekenntnis. Der dritte Verwalter lebt 3 nicht in einer persönlichen Beziehung mit Jesus. Er hat ein falsches Christusbild. Er sieht in Jesus einen harten Mann. Das Gegenteil ist wahr: Jesus war besonders barmherzig mit ihm. Er hatte ihm die kleinste Aufgabe anvertraut, nur ein Talent, nach seinem Können. In Wahrheit will der dritte Verwalter dem Herrn nicht gehorchen. Er schreckt zurück vor dem Wagnis, sich für seinen Herrn einzusetzen. Er will nicht für ihn arbeiten. Er tut lieber seinen eigenen Willen. Er steht im Gleichnis für die Menschen, die es nicht wagen, Zeugen Jesu zu sein, weil sie kein Vertrauen zu Jesus haben. Unanständig war er nicht. Er hat das anvertraute Talent nicht gestohlen. Er war so anständig, dass er alle Rechtsvorschriften über die Aufbewahrung anvertrauter Sachen erfüllt hat. Aber das spricht ihn nicht frei. Jesus will nicht das Anvertraute zurückerstattet haben, sondern die Arbeit, damit weitere Menschen von der Botschaft erreicht werden. Sein Wort soll laufen – auf unseren Füssen und durch unser Zeugnis. Anständigkeit im bürgerlichen Sinn genügt nicht, um Christ zu sein. Jesus sucht Hingabe und Gehorsam. Darum lautet das Urteil über den dritten Verwalter: Du böser und fauler Knecht (Vers 26)! Bös ist, wer Jesus ungehorsam ist. Faul oder träg ist, wer seinen Auftrag nicht erfüllt. Wer sich vom Herrn distanziert, wer nicht in einer liebevollen, vertrauensvollen Beziehung mit ihm lebt, kann auch seinen Auftrag nicht mehr erfüllen. Der dritte Knecht hätte ja sein Geld zur Bank bringen können, wenn er sich die Arbeit ersparen wollte, so hätte er das Geld für sich arbeiten lassen. So hätte er immer noch etwas für seinen Herrn herausschlagen können. Wenn er noch ein bisschen Treue und Liebe zu seinem Herrn gehabt hätte. Hätte der dritte Verwalter auch nur das Geringste getan, so wäre Jesus mit ihm zufrieden gewesen. Oder hätte der dritte Verwalter – wenn er selbst schon nicht Zeuge in der Oeffentlichkeit sein wollte – den Dienst von Missionaren unterstützt, dann hätte ihn Jesus ins Gottesreich aufgenommen. Aber Jesus fand nicht das Geringste an Engagement bei ihm. Besonders tragisch ist, dass die harte Strafe einen trifft, der Christ gewesen ist. Er war ein unnützer Knecht. Darum gehört er an den ewigen Gerichtsort der Gottesferne. Liebe Gemeinde Diese ernste Stelle warnt uns Christen davor, böse und faul zu werden. Lassen wir uns warnen vor Ungehorsam und Trägheit. Arbeiten wir für den Herrn, bis er wiederkommt. Engagieren wir uns direkt oder indirekt in der Mission. Geben wir die Botschaft vom Reich Gottes weiter. Der Lohn wird überwältigend sein, das Engagement lohnt sich. Amen 22-11-2015, Madeleine Koch-Stoll, Pfrn., Adelboden 4
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