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Die Glocken der Pfarrkirche Trautmannsdorf
Zahlen, Fakten und eine abenteuerliche Geschichte
Zusammengetragen und aufgeschrieben von Brita Pillweis 2014
Allen, die sich für DIE
REPARATUR eingesetzt
haben, ein Herzliches
„Vergelts gott“
Im Sommer 2014 ermöglichten großzügige Spenden der Dorfbevölkerung, dass
dringende Reparaturarbeiten an den Glocken, deren Aufhängung und
elektronischer Steuerung, durchgeführt werden konnten. Auch unsere älteste
Glocke wurde in das neue Läutewerk integriert. Nach ca. 20 Jahren wird sie
wieder von Sterben und Auferstehung künden.
Historischer Überblick
Andreas Klein
Wien 1737
Ton H1
Ø 70cm
Ca. 200 kg
SIE IST NOCH HEUTE VORHANDEN.
Unsere älteste Glocke wurde von Andreas Klein in Wien
gegossen. Der damalige Pfarrer, Franciscus Lemon
(1708- +1737), stiftete sie und widmete die Glocke den
Sterbenden.
Josef Scheichl
Wien 1759
Ca. 678 kg
GLOCKE FÜR DEN KANONENGUSS
Diese mittelgroße Glocke goss Josef Scheichl 1759 in
Wien. Ihrer Aufschrift zufolge war sie die
„Wetterglocke“. „Sie wurde am 1. Mai 1917 durch den
Kunstschmiedemeister Schöfmann in Wien XIII.,
Rückertstraße 40, abgenommen, in Stücke geschlagen
und vom Turm herabgeworfen (Zitat Pf. Chr. 1917)“.
Bartholomaeus
Kaffel
Wien 1841
875 Pfund
420 Pfund
GLOCKEN FÜR DEN KANONENGUSS
„Die anno 1838 zersprungenen zwei mittleren Glocken
sind durch die Gnade des H. Patrons [Philipp Batthyány]
neu umgegossen, am 26. März aufgezogen und am 1.
April 1841 bei einem feierlich assistierten Lobamte zum
ersten Male geläutet worden“ (Zitat Pfarrchronik
1841).Die größere Glocke trug das Bild des Hl. Philipp,
die kleinere das des Hl. Johannes d. Täufers.
Beide Glocken ereilte das Kriegsschicksal am 1.Mai u.
16. Juli 1917
490 kg (Zitat
Pfarr Chronik)
August 1890 im Kirchturm zersprungen, aus den
Bruchstücken wurde eine neue Glocke gegossen.
Peter Hilzer
GLOCKE FÜR DEN KANONENGUSS
1890
Diese Glocke trug die Aufschrift:
K&k
ANGESCHAFFT DURCH WOHLTÄTIGE BÜRGER UNTER
HofglockenDEM H. H. PFARRER HEINRICH SCHWARZ i. J. 1890.
gießer in
Auch diese Glocke wurde am 1. Mai 1917 im Kirchturm
Wr. Neustadt
in Stücke zerschlagen und herabgeworfen.
485 kg
„Es ist nur mehr die ehemalige Sterbeglocke übrig“.
Eintragung in der Pfarrchronik von Pfarrer Alois v. Winitzky
B.B.G.1922
Ton C
Ø 65 cm
135 kg
GLOCKE FÜR DEN KANONENGUSS
Die kleine Schutzengelglocke aus der Berndorfer Glockengießerei war dem Andenken an Anton und Maria Schamp,
den Eltern des damaligen Pfarrers Maximilian Schamp
gewidmet. Als Glockenpatin fungierte die Schwester des
Pfarrers. 1939 beschlagnahmt, Advent 1940 vom Turm
geholt.
B.B.G. 1923
Ton A
Ø 92 cm
Ca.400 kg
GLOCKE FÜR DEN KANONENGUSS
Die Glocke, gegossen von der Firma Krupp in Berndorf,
wurde zum 200 jährigen Jubiläum der Pfarrkirche (1722–
1922) der Namenspatronin St. Katharina gewidmet, war aber
erst 1923 fertig. Glockenpatin war die (damals) älteste Frau
des Ortes, Barbara Maurer (1834-1926).
1939 beschlagnahmt, Advent 1940 vom Turm geholt.
„Das Geläute zu Weihnachten mit dem Sterbeglöckchen mutete besonders
traurig an“. Eintragung in der Pfarrchronik von Pfarrer Karl Schäfer 1940
Die Neuen Glocken
Gegossen von Fa. J. Pfundner Wien 1956
Ton F1
Ø 113 cm
ca. 890 kg
Inschrift:
HL. MARIA, ERHABENE SCHUTZFRAU ÖSTERREICHS,
BITTE FÜR UNS +++ TRAUTMANNSDORF A. D. LEITHA
Relief: Muttergottes mit Kind, Gießerzeichen; Glockenpatin
Maria Dermoutz, Gattin des damaligen Jagdpächters
Ton A1
Ø 89 cm
ca. 450 kg
Inschrift:
+ HL. LEOPOLD, BITTE FÜR UNS + DEN OPFERN BEIDER ,
WELTKRIEGE TRAUTMANNSDORF A. D. LEITHA
Relief: Hl. Leopold; Glockenpatin Frau Franziska Hartl
Ton C2
Ø 75 cm
ca. 260 kg
Inschrift:
HL: KATHARINA, BITTE FÜR UNSERE PFARRGEMEINDE
TRAUTMANNSDORF A. D. LEITHA
Relief: Hl. Katharina ,
Stifterwappen der Fam. Batthyány-Strattmann
Glockenpatin Antoinette Batthyány-Strattmann
Einst half ich meiner Großmutter Aurelia (1882-1966) bei der Feldarbeit im
Aufeld. Von überall her begannen die Mittagsglocken zu läuten. „ Gelt, unsere
Glocken klingen wie SAMT UND SEID(e)N, SAMT UND SEID(e)N…“. Das sprach
Großmutter so singend aus, dass ich die Melodie noch heute höre.
Es stellt sich die Frage:
Wie kam es, dass schon 1956 neue Glocken angeschafft werden konnten?
In einem Aufruf an das Pfarrvolk im März 1956 finden wir den Satz: „Es ist nun
so weit, dass darangegangen werden kann, aus dem im Jahre 1945
geborgenen Material neue Glocken für unsere Pfarrkirche anzuschaffen.“
Als Zeitzeugin berichtete die heute 83-jährige Frau Helene Hartl geb. Dorner:
Karl Dorner (1899-1994) war in der Kriegszeit Schrankenwärter in Trautmannsdorf. Im Rahmen seiner Tätigkeit entdeckte er auf einem Abstellgleis einen
offenen Waggon mit Metalltrümmern, anscheinend von Glocken. Mit dem
„Gummiradler“(Erntefahrzeug mit geräuscharmen Rädern) des Franz Hartl
(1880-1957), bargen die Herrn Josef Grasl (1890-1966), Leopold Maurer (18951965) und Karl Dorner in einer NACHT- UND NEBELAKTION dieses Material.
Damals stand auf solche Taten die Todesstrafe. Die mutigen Männer schafften
den Wagen in den Stadl von Leopold Maurer und versteckten bzw. vergruben
dort die Beute. Nach Kriegsende wurden die Metallteile in die Pfarrkirche
verlagert. So konnte bald nach den historischen Worten „Österreich ist frei“ an
den Glockenguss gedacht werden.
Das Besondere an der geglückten Aktion ist, dass, weit über politische und
konfessionelle Barrieren hinaus, der Stellenwert der Glocken und ihr
Vorhandensein im Kirchturm für die Zukunft in Friedenszeiten,
ausschlaggebend waren.
Die Glockenweihe am 22. April 1956, dem 3. Sonntag nach Ostern, wurde ein
großes Fest. „Nach dem Aufzug der Glocken ließ noch einmal das alte
Glöckchen seine Stimme ertönen. Nun setzten die neuen Glocken, zuerst jede
einzeln, dann alle zusammen, ein. Dieses Läuten besorgten jene mutigen
Männer, die schon vor Jahren die Grundlage für die Anschaffung gelegt haben“
(aus einem Zeitungsartikel in der Pfarrchronik).“ „Nun war es wieder möglich,
jenes feierliche Geläute zu hören, das nur noch die ältere Generation unserer
Pfarre in Erinnerung hatte, nämlich den Wohlklang dreier abgestimmter
Glocken, wie dies bis zum Jahre 1917 der Fall gewesen war (Eintragung in der
Pfarr Chronik von Pf. Karl Schäfer)“.