Wirkt Medizin erst, wenn sie auch vom Patienten gewollt wird?

Bericht über den Besuch eines Symposiums in Berlin
Wirkt Medizin erst,
wenn sie auch vom Patienten gewollt wird?
Unter diesem Aspekt stand die Veranstaltung am Montag, den 22.6.15 in Berlin, die im
Auditorium des Hotels Aquino durchgeführt wurde.
Der Dachverband Anthroposophische Medizin in Deutschland, die BKK VBU und der
Patientenverband GESUNDHEIT AKTIV hatten zur Diskussion dieser sehr interessanten
Thematik zahlreiche Gäste eingeladen.
In allen Vorträgen und Diskussionen stand der Patient im Mittelpunkt und damit auch die
Frage danach, was Patienten wirklich wollen, wenn es um ihre Gesundheit geht.
Zwei Hauptthemen:
- Wirken vom Arzt empfohlene medizinische Maßnahmen weniger gut oder gar nicht, wenn
der Patient sie eigentlich ablehnt?
- Inwieweit sollen und dürfen Patienten überhaupt Einfluss auf das Gesundheitswesen
haben?
Zu diesen Fragen sprachen:
- Prof. Dr. Franz Porzsolt:
Evidenzbasierte Medizin: Wie ist Evidenz ohne die Bewertung des
Patienten möglich?
Perspektiven für die Einbeziehung von Patientenpräferenzen
- Dr. Bettina Berger: Evidenzbasiert – Präferenzbasiert: Passt
das zusammen? Mehr Raum für Eigensinn!
- Marion Danner : Verfahren zur Messung von
Patientenpräferenzen: Erste Erfahrungen am Beispiel „Depression“
- Dr. Martin Danner: Was wollen Patienten wirklich? Erfahrungen aus
der Selbsthilfe und der Patientenberatung
- Prof. Dr. Marie-Luise Dierks: Wie kommt der Patient zu seiner
Präferenz? Zur Rolle der Gesundheitsbildung für die
Patientenpräferenz
- Prof. Dr. Peter F. Matthiessen: Gibt es Evidenz in der Medizin ohne
die Perspektive des Patienten?
Bei den anschließenden Podiumsgesprächen mit Prof. Dr. Gisela
Fischer (Medizinische Hochschule Hannover), Andrea Galle
(Vorständin der BKK VBU) und Dr. Martin Sterner (Facharzt für Innere
Medizin, SP Gastroenterologie, Notfallmedizin/Anthroposophische
Medizin,
Chirotherapie/Naturheilverfahren,
Integrative
Komplementärmedizin, Lehrtätigkeit für Anthroposophische Medizin)
stellte der Moderator Dr. Stefan Schmidt-Troschke Fragen zum
Thema "Gefühlte Sicherheit des Patienten" und "Wie viel Eigenverantwortung will der
Patient überhaupt?"
Wer sich krank fühlt oder wer krank ist, muss viele Entscheidungen treffen. Es beginnt mit
der Entscheidung, überhaupt zum Arzt zu gehen oder sich mit Hausmitteln zu kurieren.
Konsultiert man den Arzt nach reiflicher Überlegung stehen die nächsten Entscheidungen
an:
- Soll ich die empfohlenen Medikamente wirklich nehmen?
- Soll ich mich eventuell auf weitere Diagnostik einlassen?
- Haben die Medikamente erhebliche Nebenwirkungen?
- Gibt es Alternativen zur Behandlung, die mein Arzt vielleicht nicht nennt?
- Kenne ich wirklich alle Risiken, die mit der Behandlung verbunden sind?
- Geht es in erster Linie darum, die Symptome einer Krankheit zu lindern?
- Steht die Heilung im Vordergrund?
Mit dieser komplexen Thematik und der daraus entstehenden Unsicherheit des Patienten
sowie der Frage, ob Medizin nur wirkt, wenn sie auch gewollt wird, beschäftigte sich das
Symposium „Patientenpräferenzen und die Bewertung von Verfahren“ zu dem der
Dachverband der Anthroposophischen Medizin in Deutschland (DAMiD), der
Patientenverband GESUNDHEIT AKTIV und die Betriebskrankenkasse Verkehrsbau
Union (BKK VBU) Fachleute und interessierte Patienten eingeladen hatte.
Es gibt so viele „Gesundheiten“ wie es Menschen gibt!
Bisher spielte die Sicht der Patienten bei der Bewertung, wie wirksam ein Medikament
oder eine Behandlungsmethode ist, kaum eine Rolle. Doch derzeit wird heftig darüber
diskutiert, sich stärker an den Erfahrungswerten der Patienten auszurichten.
Deutsche GBS Initiative e.V. Bundesgeschäftsstelle Monschauer Str. 44 41068 Mönchengladbach
Tel.: +49-2161-56 155 69 Fax: +49-2161-56 155 78 E-Mail: [email protected]
Inzwischen ist die Frage, wie sich Patienten zwischen Alternativen entscheiden, zu einem
wichtigen Forschungsfeld geworden. Dabei ist bisher immer noch nicht eindeutig geklärt,
warum sich ein Patient so und nicht anders entscheidet, wenn es um eine medizinische
Maßnahme geht. Zu viele Faktoren spielen dabei eine Rolle, denn jeder Mensch hat seine
eigene Gesundheit!
Was wollen Patienten wirklich? - Gefühlte Sicherheit!
Patienten in Deutschland wollen bei Behandlungen mitbestimmen. Sie wollen beim Arzt
über Behandlungen und Verordnung von Medikamenten - zumindest zum Teil entscheiden dürfen.
Eine Studie zur Zufriedenheit von Patienten ergab, dass sich jeder Fünfte wünscht, mehr
in die Entscheidung des behandelnden Arztes einbezogen zu werden. Doch noch zu
selten treffen sich Arzt und Patient auf Augenhöhe.
Unzufrieden sind die Befragten der Studie besonders dann, wenn es um die
Verschreibung von Medikamenten geht. Wirkung und Nebenwirkungen werden von den
Ärzten oft nicht ausreichend und verständlich genug erklärt. Die Folge davon ist, dass
viele Medikamente gar nicht erst eingenommen werden.
Ein interessantes Ergebnis der Studie ist übrigens, dass sich fast jeder zweite Patient
selbst als chronisch krank einschätzt.
Fazit des Symposiums
Insbesondere die ausführliche Kommunikation mit dem Arzt und die Einbindung in wichtige
Entscheidungen zeichnen das Bild, das Patienten von ihrem Arzt haben möchten. Die
Zufriedenheit eines Patienten steigt zudem mit der Dauer der Arzt-Patienten-Beziehung.
Sie ist aber auch abhängig von der - subjektiv empfundenen - fachlichen Kompetenz des
Arztes.
Patient und Arzt – beide sind Experten!
Der Patient für das Befinden - der Arzt für die Diagnostik!
Sabine Nett und Katy Seier
Deutsche GBS Initiative e.V. Bundesgeschäftsstelle Monschauer Str. 44 41068 Mönchengladbach
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