Nationales longitudinales Mustercurriculum Kommunikation in der

Nationales longitudinales Mustercurriculum Kommunikation in der Medizin
1) Longkomm - Eine kurze Zusammenfassung
Mit dem Ziel die medizinischen Fakultäten bei der Integration und Weiterentwicklung
kommunikativer Kompetenzen in die Lehre und Prüfungen ihrer jeweiligen Curricula zu
unterstützen, wurde 2012 das von Heidelberg aus koordinierte Projekt „Nationales longitudinales
Mustercurriculum Kommunikation in der Medizin“ (kurz „Longkomm“) gegründet. Das Projekt steht
unter der Schirmherrschaft des Bundesministeriums für Gesundheit und wird von einer
interdisziplinären, interprofessionellen Arbeitsgruppe aus inzwischen über 500 VertreterInnen aus
36 Fakultäten unterstützt.
Schwerpunkte des Projekts sind neben der Entwicklung eines longitudinalen Mustercurriculums
Kommunikation in der Medizin, die Entwicklung von Konzepten zur Qualifizierung von Dozierenden
und studentischen TutorInnen. Ebenso wie die Verwirklichung einer gemeinsamen Online-Toolbox,
die den Austausch gesammelter Best Practice Beispiele, also von Lehr- und Prüfbeispielen zum
Thema ärztliche Gesprächsführung, ermöglichen soll.
2) Die Bedeutung der "Ärztlichen Kommunikation"
Eine gute Arzt-Patienten-Beziehung ist das tragfähige Fundament für eine erfolgreiche
Diagnosestellung, die Therapietreue und die Zufriedenheit der PatientInnen. Sie wiederum gründet
sich auf eine gelungene Arzt-Patienten-Kommunikation. Und diese ist lehr- und lernbar. So ist es
nicht verwunderlich, daß die Themen "Ärztliche Gesprächsführung" im Allgemeinen und "ArztPatienten-Kommunikation" im Speziellen in den vergangenen Jahren mehr und mehr in den Fokus
der Öffentlichkeit und ins Blickfeld der Behörden und Ausbildungszentren gelangt ist. Jüngstes
Beispiel hierfür ist der 118. Deutsche Ärztetag in Frankfurt am Main im Mai 2015, der einen
Themenschwerpunkt auf eben diesen Bereich "Kommunikative Kompetenz im ärztlichen Alltag"
gelegt hat.
Die Reformierung der Curricula der medizinischen Ausbildungsstätten und Entwicklung und
Evaluation neuer Lehr- und Prüfungsmethoden zur Förderung der Arzt-Patienten-Kommunikation,
insbesondere auch unter Einbezug standardisierter PatientInnen, belegt die zunehmende Bedeutung,
die dieses Thema in der Aus- und Weiterbildung von Studierenden und ÄrztInnen erfährt. Die
Vorgeschichte dieser Entwicklungen reicht bereits einige Jahre zurück.
3) Der Nationale kompetenzbasierte Lernzielkatalog Medizin (NKLM)
In Deutschland wurde nach Beauftragung durch den Medizinischen Fakultätentag (MFT) 2009 die
Projektgruppe „Nationaler Kompetenzbasierter Lernzielkatalog Medizin“ (NKLM) gebildet. Ähnlich
dem Schweizer Lernzielkatalog oder dem der Niederlande sollte sie einen konsentierten
Qualifikationsrahmen für das Medizinstudium in Deutschland schaffen. Über die Rolle des Arztes als
Medizinischer Experte hinaus wurden in Anlehnung an das CanMEDS-Rollenkonzept die Lernziele
hinsichtlich der im ärztlichen Berufsalltag zu erfüllenden Aufgabenfelder erweitert. Dazu zählen auch
die Lernziele für das Aufgabenfeld „Kommunikation“, die in den beiden Arbeitspaketen AP7 "Der
Arzt/ die Ärztin als Kommunikator" und AP14c "Fertigkeiten der ärztlichen Gesprächsführung"
unter der Leitung von Prof. Dr. Jana Jünger erarbeitet wurden.
Der NKLM wurde am 76. Ordentlichen Medizinischen Fakultätentag in Kiel im Juni 2015 beschlossen
und ist nun unter: http://www.nklm.de abrufbar.
Die ehemals auf zwei Arbeitspakete aufgeteilten Lernziele zur ärztlichen Gesprächsführung sind nun
im AP 14c zusammengeführt.
4) Die Ärztliche Approbationsordnung
Durch die am 11.05.2012 vom Bundesrat verabschiedete Erste Verordnung zur Änderung der
Approbationsordnung für Ärzte wurde die ärztliche Gesprächsführung ausdrücklich als Gegenstand
der ärztlichen Ausbildung und Inhalt der abschließenden Staatsprüfung in die Approbationsordnung
aufgenommen (BR-Drs. 238/12 vom 11.05.2012).
Diese Stärkung des Themenfeldes Kommunikation, stellte die Fakultäten vor eine neuen
Herausforderung: die Integration der kommunikativen Lernziele und Kompetenzen in die Curricula
und die konkrete Umsetzung in Lehre und Prüfungen.
5) Die Longkomm-Gründung
Um die Fakultäten bei dieser Aufgabe der Integration der kommunikativen Lernziele und
Kompetenzen in ihre jeweiligen Curricula zu unterstützen, haben wir die AkteurInnen und
Verantwortlichen im Bereich der Curriculumsgestaltung an allen deutschen medizinischen Fakultäten
eingeladen, gemeinsam an der Ausarbeitung eines Nationalen longitudinalen Mustercurriculums
Kommunikation in der Medidzin zu arbeiten.
Die interdisziplinäre und interprofessionelle Arbeitsgruppe besteht inzwischen aus über 500
VertreterInnen aus allen 36 Fakultäten. Daneben gehören ihr u.a. auch VertreterInnen von
Studenteninitiativen, MedizinischenFachgesellshaften, der Landes- und Bundesärztekammern, der
Krankenkassen und Juristen an.
Das Projekt steht unter der Schirmherrschaft von Bundesgesundheitsminister Herrn Herrmann
Gröhe und wird neben der Redaktionsgruppe und der Arbeitsgruppe von einem hochkarätig
besetzten Beirat sowie einem gemeinsamen Ausschuss von VertreterInnen der Fachgesellschaften
begleitet.
Die bisherige gemeinsame Arbeit verlief sehr erfolgreich, und die zahlreichen positiven
Rückmeldungen zeigen uns den großen Bedarf an einer solchen gemeinsamen Initiative.
Projektübersicht:
7) Die Ist-Standerhebung
Um herauszufinden, welche kommunikativen Lernziele bereits gelehrt werden bzw. wo
Entwicklungspotential besteht und gezielt eine fakultätsübergreifende Zusammenarbeit hilfreich
wäre, führten wir von Sommer 2013 bis Frühjahr 2015 eine differenzierte Ist-Standanalyse an den
deutschen medizinischen Fakultäten durch. Diese Erhebung zur Lehre und Prüfung kommunikativer
Kompetenzen erfolgte zweiteilig:
1. Anhand von Strukturanalysen, halbstandardisierten Fragebögen, wurden übergeordnete
Informationen zu den an den teilnehmenden Fakultäten angebotenen und geplanten
Lehrveranstaltungen und Prüfungen zur Kommunikation erfasst. Diese Informationen umfassen
unter anderen Angaben zu den Themenbereichen Entwicklung und Revision, Organisation,
Lehrformate und Lehrmaterialien, Prüfungen, Personal/ Lehrende, Evaluation und Finanzierung.
2. In einem 2. Schritt, dem Curricular Mapping wurden gemeinsam mit VertreterInnen aus den am
Kommunikationsunterricht beteiligten Fachbereichen der einzelnen Fakultäten in einem jeweils in
etwa halbtägigen Workshop an den Standorten vor Ort erarbeitet, welche Lernziele zur ärztlichen
Gesprächsführung des NKLM (AP7 und AP14c) explizit durch die bereits implementierten
Veranstaltungen zur Kommunikation in welchem Fachbereich in dem jeweiligen Curriculum
abgedeckt werden.
Erste Ergebnisse dieser Erhebung werden im Rahmen des Longkomm-Abschlußtreffens am 14.7.2015
in Heidelberg vorgestellt werden.
6) Die Best Practice Beispiele
Von Heidelberg aus koordiniert wurden und werden Best Practice-Beispiele (BPB) gesammelt. Dies
sind Lehr- und Prüfbeispiele zum Thema "Ärztliche Gesprächsführung", die überwiegend im
Unterricht an den Medizinischen Fakultäten (meist) Deutschlands von verschiedenen Fächern, aber
auch fächerübergreifend eingesetzt werden.
Diese BPB werden nach den NKLM-Lernzielen zur Kommunikation kategorisiert und klassifiziert.
Aufbereitet, sollen diese in einer Toolbox, in Form einer Online Plattform, gesammelt und inklusive
aller dazugehörigen Lehr- und Organisationsmaterialien (z.B. Rollenangaben für Schauspielpatienten,
Hintergrundinformationen, Dozenten-/ Studierendeninformationen) zur Verfügung gestellt werden,
um den Lehrenden der beteiligten Fakultäten einen Austausch ihrer Beispiele zu ermöglichen.
29 Fakultäten haben bereits 130 Best Practice-Beispiele eingereicht.
7) Das Mustercurriculum
Die eingereichten Best Practice Beispiele wurden anhand der NKLM-Lernziele zum Bereich "Ärztliche
Gesprächsführung" klassifiziert und aufbereitet. Hierbei wurde der minimal erforderliche Lehrumfang
in Unterrichtseinheiten (UE) für jedes Lernziel dokumentiert. Aufbauend auf dieser Klassifikation und
einer Expertendiskussion wurde der Gesamtumfang und die Zuordnung zu Teilkompetenzen für ein
longitudinales Mustercurriculum Kommunikation erarbeitet.
Der Entwurf dieses Mustercurriculums sieht 3 Bausteine vor:
1. das Kern-Curriculum „Ärztliche Kommunikation“ (Umfang: 300 UE),
2. einen Baustein zu „interprofessioneller Kommunikation“ (Umfang: 50 UE) sowie
3. ein Wahlpflichtangebot Spezialisierung/ Vertiefung Kommunikation" (Umfang: 100 UE).
Während die ersten beiden Bausteine als verpflichtendes Angebot für alle Studierenden empfohlen
werden, könnten besonders interessierte Studierende ihre kommunikativen Kompetenzen durch das
entsprechende fakultative Angebot des 3. Bausteins vertiefen.
Um eine zusätzliche Lehrbelastung durch isolierte Kommunikationskurse zu vermeiden, wird
empfohlen, die klinischen Fachinhalte und spezifische medizinische Kommunikationsfähigkeiten in
den Lehreinheiten integriert zu unterrichten.
8) Die Arbeitstreffen
Seit September 2012 wird in den regelmäßig stattfindenden Arbeitstreffen, bisher waren dies 5, der
nationalen Arbeitsgruppe in Heidelberg der Austausch über Lehre und Prüfen kommunikativer
Kompetenzen an den deutschen Medizinischen Fakultäten gepflegt und gemeinsam an der
Entwicklung und Umsetzung von Konzepten für kommunikationsbezogene und medizinischdidaktische Schulungen für Dozierende und TutorInnen gearbeitet.