Kohle-Renaissance: China war erst der Anfang

Kohle-Renaissance: China war erst der Anfang
Niedriger Kohlepreis treibt globale CO2-Emissionen in die Höhe – Studie warnt vor Bau
neuer Kohlekraftwerke in armen aber schnell wachsenden Entwicklungsländern
06.07.2015. Berlin. Nicht allein China sondern auch andere vergleichsweise arme und
zugleich schnell wachsende Entwicklungsländer stillen ihren steigenden Energiehunger
zunehmend durch billige Kohle. Diese strukturelle Veränderung führt dazu, dass sie den
globalen Anstieg der CO2-Emissionen maßgeblich beschleunigen – und zu vielen kleinen
und großen neuen Chinas bei den CO2-Emissionen werden. Inzwischen hat diese
Staatengruppe, zu der Länder wie Indien, Indonesien oder Vietnam gehören, bereits ihre
Kohleemissionen mehr als verdoppelt. Ihr Anteil an den globalen Emissionen ist daher von
38 Prozent im Jahr 2000 auf 54 Prozent im Jahr 2011 gewachsen.
Das sind einige der Kernergebnisse der neuen Untersuchung „Drivers for the renaissance of
coal“. Jan Christoph Steckel, Ottmar Edenhofer und Michael Jakob vom Mercator Research
Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) haben diese jetzt im Fachmagazin
Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America (PNAS)
veröffentlicht.
Die neuen Forschungsresultate haben große Bedeutung für die Klimaverhandlungen auf
dem Weg zu der wichtigsten Konferenz des Jahres Ende 2015 in Paris. Bisher wurde China in
den Fokus gerückt. Der weltgrößte Kohleverbraucher hat in diesem Kontext nun
angekündigt, seine Kohlendioxid-Emissionen gemessen an der Wirtschaftsleistung bis 2030
um 60 bis 65 Prozent gegenüber 2005 reduzieren. Zudem soll bis dahin der CO2-Ausstoß
möglichst den Höhepunkt erreichen und der Anteil der nicht-fossilen Energie von heute 11,2
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auf 20 Prozent steigen. China hatte in der Vergangenheit argumentiert, als Entwicklungsland
dürfe es zum Schutz seiner Wirtschaft nicht zu strenge Klimavorgaben setzen.
„Chinas Ankündigung ist ein Schritt in die richtige Richtung, Freudensprünge wären aber
verfehlt. Denn bislang hat die internationale Klimapolitik die Staaten zu wenig auf dem
Schirm, die – noch – bei den Gesamtemissionen in der zweiten oder dritten Liga spielen“,
sagt Jan Christoph Steckel, Leitautor des Artikels und Leiter der MCC-Arbeitsgruppe
Klimaschutz und Entwicklung. „Tatsächlich sind viele Staaten in Asien und Afrika derzeit aber
dabei, stark in neue Kohlekapazitäten zu investieren und der sehr billigen Kohle zu einer
nachhaltigen Renaissance zu verhelfen. Wenn das passiert, wird ambitionierter Klimaschutz
extrem schwierig.“
Im Detail zeigt die Studie, dass Entwicklungs- und Schwellenländer ihren jährlichen
Kohleverbrauch von gut einer Gigatonne im Jahr 1990 auf rund 3,7 Gigatonnen im Jahr 2011
gesteigert haben. Aufgrund des zunehmend globalisierten Kohlemarktes spielen die
nationalen Vorkommen im Boden eine immer geringere Rolle. Relevanter ist dagegen, dass
der Weltmarktpreis pro Energieeinheit aus Kohle deutlich billiger ist als der für andere
Energieformen wie beispielsweise den Erneuerbaren.
Die Forschungsergebnisse verdeutlichen auch, wie sehr sich die armen aber schnell
wachsenden Entwicklungsländer durch den massiven Bau neuer Kohlekraftwerke in eine
Pfadabhängigkeit bei ihrer Energiepolitik begeben. Diese könnten der Welt auf Jahrzehnte
steigende CO2-Emissionen bescheren. „Derzeit torpediert die weltweite Renaissance der
Kohle die CO2-Einsparungen, die die erneuerbaren Energien leisten. Denn das ökonomische
Wachstum der Ärmsten auf dieser Erde wird durch billige Kohle befeuert“, sagt MCCDirektor Ottmar Edenhofer. „Wir brauchen eine schnelle und effektive CO2-Bepreisung, um
den armen und zugleich schnell wachsenden Entwicklungsländern einen alternativen Pfad
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zur Kohle aufzuzeigen. Die Einnahmen daraus könnten für den Aufbau einer CO2-freien
Infrastruktur verwendet werden – und so zugleich den Armen zu Gute kommen.“
Dies ist vor allem mit Blick auf die unmittelbar bevorstehende internationale Konferenz zur
Entwicklungsfinanzierung in Addis Abeba von hoher Relevanz. Dort wollen sich die Vereinten
Nationen auf einen neuen Ansatz für eine nachhaltige Entwicklungsfinanzierung
verständigen. „Die Industriestaaten sollten stärker berücksichtigen, dass viele
Entwicklungsländer so sehr auf Kohle setzen, weil sie der Armut entkommen wollen“, sagt
MCC-Forscher Michael Jakob. „Wenn ein Entwicklungsland aus der Kohle aussteigt, sollte es
daher Unterstützung bei der Förderung anderer Technologien erhalten.“
Über das MCC
Das MCC erforscht nachhaltiges Wirtschaften sowie die Nutzung von Gemeinschaftsgütern
wie globalen Umweltsystemen und sozialen Infrastrukturen vor dem Hintergrund des
Klimawandels. Sieben Arbeitsgruppen forschen zu den Themen Wirtschaftswachstum und entwicklung, Ressourcen und Internationaler Handel, Städte und Infrastrukturen, Governance
sowie wissenschaftliche Politikberatung.
Weitere Informationen:
Steckel, Jan Christoph; Edenhofer, O.; Jakob, M. (2015): Drivers for the renaissance of coal,
Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America, doi:
10.1073/pnas.1422722112
Pressekontakt:
Fabian Löhe
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC)
Telephone: +49 (0) 30 338 5537 201
Email: [email protected]
Gemeinsam gegründet von:
https://twitter.com/MCC_Berlin
www.mcc-berlin.net
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