klicken - Swiss Bike Tours

Samstag, 7 Uhr. Der Wecker geht. Ich will es nicht wahrhaben und frage mich, wer sich wohl ausgedacht
hat, mich an einem Wochenende so früh aus dem Bett zu holen. Leider war es meine eigene Idee und so
bleibt mir nichts anderes übrig, als mich offiziell mit dem Tagesanfang anzufreunden. Dafür gibt es aber
auch gute Gründe, ich soll heute nämlich um 9.45 in Isikon mit Mountainbike parat sein für einen
Intermediate Weekend Kurs. Dafür hatte ich mich einige Wochen vorher angemeldet in der Hoffnung,
meine Fähigkeiten im Singletrail-fahren noch weiter verbessern zu können. Ein paar Stunden später
nehme ich die Kilometer von Pfäffikon Bahnhof nach Isikon bereits zum dritten Mal in meinem Leben
unter die Räder und meine Gedanken gehen zurück an das erste Mal, das ich mich auf dem Weg nach
Isikon machte.
Das war vor gut 2 Jahren. Damals war ich seit einem Jahr im Besitz eines Mountainbikes. Velofahren
hatte ich, dank Holländischer Herkunft, zwar noch vor dem Kindergarteneintritt gelernt, aber ich hatte
inzwischen bereits bemerkt, dass das Velofahren meiner bisherigen Erfahrungen nicht ganz die gleichen
technischen Fähigkeiten bedingte als das Mountainbiken, das ich mir vorgestellt hatte. Die Wege zu
steil, die Wurzeln zu hoch, die Kurven zu eng. Man kann sich natürlich vieles selbst lernen, aber ich hatte
im Laufe der Zeit auch zu viel Verständnis dafür entwickelt, was bei allfälligen Fehlern alles kaputt gehen
könnte als dass ich mit dem altbewährten „trial and error“ Prinzip weiterfahren wollte. Eine
Internetsuche hatte mich dann auf Swiss Bike Tours aufmerksam gemacht, wo man 1-Tageskursen für
Anfänger buchen konnte. Und auch noch Kurse speziell für Frauen. Das war doch etwas für mich! Die
Fortschritte, die man in einem Tag machen kann, waren erstaunlich. Nach 6 Stunden fühlte ich mich
bereits viel selbstsicherer auf meinem Bike und der Kurs bot ausreichend Möglichkeiten, viele
Bestandteile der Grundtechnik im einfachen Gelände zu üben: richtig bremsen, enge Kurven fahren,
kleinere Wurzeln überfahren.
Der Tageskurs hatte definitiv Lust auf mehr gemacht, und so meldete ich mich bereits kurze Zeit später
auch für einen Basic Weekend Kurs an und fuhr zum zweiten Mal nach Isikon hoch. Die Idee war, das
Gelernte aus dem Tageskurs nun auch einmal auf Singletrails anwenden zu können und dazu gab es
mehr als genug Möglichkeiten. Ob auf einer steileren Abfahrt durch den Wald, über ein paar
Treppenstufen oder auf dem Singletrails über die Alpwiese – schnell wurde klar, wie das Zusammenspiel
zwischen Bremsen, Kurvenfahren, Gewichtsverlagerung und vorausschauendes Fahren funktioniert. Am
Samstag des Wochenendes gab es ausreichend Möglichkeiten, bestimmte Hürden wiederholt zu üben,
am nächsten Tag ging es dann um die Anwendung während einem Tagestour. Auch dieses Mal waren
die Fortschritte innerhalb von 2 Tagen erstaunlich. Abfahrten an die ich mich am Samstagvormittag nie
herangewagt hätte, war ich Sonntagnachmittag einigermasse zuversichtlich runtergefahren. Auch die
Treppe, die ich vor dem Wochenende nur mit dem Mountainbike auf dem Schulter runtergelaufen wäre,
hatte sich mit der richtigen Bremstechnik und Gewichtsverlagerung als durchwegs fahrbar
herausgestellt.
Nach diesen beiden Grundlagenkursen fühlte ich mich gut genug gerüstet um weitere Touren
selbständig oder in Gruppen im Angriff zu nehmen. Das Fahren machte Spass – eine gute Kombination
von aktiv in der Natur sein, wunderschönen Gegenden und Nervenkitzel. Dank guter Basistechnik fühlte
ich mich auch sicher genug, einschätzen zu können, was für mich fahrbar oder auch (noch) nicht fahrbar
war. Aber natürlich kam es, wie es kommen musste: ich wollte den „fahrbar“-Anteil weiter steigern, und
dafür brauchte es eine Verbesserung meiner Technik, eine Steigerung meines Selbstvertrauens, oder
beides. Und so meldete ich mich für einen Intermediate Weekend Kurs an, aus welchem Grund ich jetzt
zum dritten nach Isikon hochradele.
Nach der Begrüssung und das Verladen vom Gepäck geht es gleich los im Wald mit einigen Übungen.
Zuerst mal enge Kurven auf dem Waldweg fahren – scheinbar so einfach, aber irgendwie fehlen mir
doch immer wieder die wenigen Zentimer, um die Kurve auch wirklich zu kriegen. Deswegen: üben,
üben, üben. Und sehe da, nach dem Tipp von Peter, den Augen fest auf dem Mittelpunkt des
Halbkreises zu fixieren, geht es dann irgendwann. Zuerst linksherum, und danach auch noch
Rechtsherum – das gibt Selbstvertrauen für die für den Sonntag angekündigten Serpentinen! Das
Vorder– und Hinterrad lupfen gelingt mir bereits recht gut und dann, zu meiner eigenen Freude, gelingt
es mir plötzlich auch zum ersten Mal, einige Sekunden stillzustehen. Eine kurze, etwas steilere und mit
mehreren Wurzeln versetzte Strecke bietet sich anschliessend perfekt an, um das Berg hochfahren zu
üben. Peter macht es vor und irgendwie sieht es gar nicht so schwierig aus. Also, los geht es. Mit der
ausgewählten Linie im Blick fahre ich los, aber bevor ich den Anstieg richtig begonnen habe, steht auf
einmal ein junges Bäumchen vor meinem Lenkrad und blockiert meine Weiterfahrt. Irgendwie habe ich
die in meiner Streckenanalyse übersehen... Deswegen einen zweiten Anlauf. Bäumchen schön
umfahren, aber 2 Meter weiter ist dann doch Schluss, weil mein Hinterrad nicht über den Wurzel
kommt. Dritten Anlauf. Bäumchen umfahren, Wurzel geschafft, aber plötzlich bin ich von der perfekte
Linie weggekommen und muss ich zum dritten Mal absteigen – Hausaufgaben für nach dem
Wochenende: Berg hochfahren!
Nach dem Mittagessen geht der Tour dann richtig los und wir machen uns auf dem Weg zur
Sennenhütte, wo wir übernachten werden. Immer wieder kommen wir an Stellen, wo die richtige
Technik gefragt ist, und was mich so richtig Freude bereitet, ist, dass ich einigen Stellen von meinem
Basic Weekend Kurs wiedererkenne, aber die, im Gegensatz zu damals, nun ohne Probleme fahren kann.
Der endgültige Beleg dafür, dass ich etwas gelernt habe! Schliesslich kommen wir zum letzten Anstieg
des Tages, aber der hat es in sich. Etwa 400 Höhenmeter gilt es zu überwinden, zum Glück meistens auf
gut fahrbaren Strassen und Waldwege. Gegen halb 5 sind wir in der Sennenhütte, wo wir uns das Bier
auf der Terrasse so richtig schmecken lassen. Nach einem feinen Abendessen und einer kleinen
abendlichen Spaziergang in der Nähe der Hütte gehen wir müde aber zufrieden ins Bett.
Am nächsten Morgen fahren wir kurz nach 9 wieder los – zuerst einmal wieder steil hinauf, sodass wir
spätestens nach 10 Minuten alle warm sind. Danach geht es weiter über Alpwiesen, wo die richtige
Lenktechnik gefragt ist, um zumindestens die grössten Kuhfladen zu umfahren. Kurze Zeit später
kommen wir an einer schönen Abfahrt, wo man die richtige Bremstechnik und der Wahl der optimalen
Linie perfekt üben kann – nicht zu steil und nicht zu flach, aber machmal schmall, mit Wurzeln versetzt
oder auch immer wieder mit losen Steinen und kleineren Absätzen. Peter findet immer wieder schöne
Singletrails, die man ohne Insider-Kenntnisse nicht gefunden hätte und entsprechend begegnen wir nur
wenige andere Mountainbiker oder Wanderer.
Gefühlsmässig schon fast zu schnell kommen wir an das technische Highlight des Tages. Ein steilerer
Singletrail mit gefühlten 100 Serpentinen (in Wirklichkeit sind es etwa 20-25). Für die ersten paar Kurven
nehmen wir uns ausführlich Zeit. Zuerst können wir die Kurve anschauen und die perfekte Linie
studieren. Danach geht es darum, das Vorgenomme in die Praxis umzusetzen – richtige Linienwahl,
Bremstechnik, Gewichtsverlagerung und natürlich Blickrichtung. Immer wieder laufen wir die Kurve
hoch (das ist manchmal herausfordernder als das Runterfahren), um sie nochmals zu üben. Es ist ganz
nebenbei auch eine gute Gelegenheit, um auf Aufsteigen im steilen Gelände zu üben. Irgendwann haben
wir das Gefühl, die ersten Kurven im Griff zu haben, und wir fahren die restlichen Kurven ohne
anzuhalten runter. Die sind ja viel einfacher als die oberen! Na ja, angeblich sind die übrigen Kurven
etwa gleich steil und eng als die ersten, aber inzwischen sind wir geübte Serpentinenfahrer geworden.
Nach dieser letzten technischen Herausforderung fahren wir locker und zufrieden nach Isikon zurück, wo
wir bereits mit Getränken und Süssigkeiten erwartet werden. Hier können wir uns noch ein letztes Mal
über die Erfahrungen des Wochenendes unterhalten, bevor jeder sich auf den Heimweg begibt. Ich
fahre zurück zum Bahnhof Pfäffikon und steige in den Zug ein. Noch bevor ich zwei Haltestellen weiter
bin, fängt es – wie die Wolken bereits angekündigt hatten – an wie aus Kübeln zu regnen und zu
gewittern. Ich lehne mich zufrieden zurück: es war ein perfektes Wochenende.
Manon S.