1675 ÖffR 22.02.2016

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hemmer Berlin/Brandenburg - Klausurenkurs öffentliches Recht
Klausur Nr. 1675 - Sachverhalt
Flucht
F sitzt in Untersuchungshaft. Er ist schwerer Straftaten dringend verdächtig, verfügt weder über
einen Wohnsitz noch über eine geregelte Arbeit. Das Amtsgericht hatte Haftbefehl erlassen.
Ein Justizvollzugsbeamter war unaufmerksam. Leicht, für einen Augenblick nur, aber das genügte. F fügte sich eine tiefe Schnittwunde im Armbereich zu. Er hoffte, in ein Krankenhaus verlegt zu werden, dort rechnete er sich bessere Fluchtchancen aus. Mittels eines zivilen Rettungstransportwagens sollte er von der Justizvollzugsanstalt in das 35 km entfernte Justizkrankenhaus verbracht werden. Im Transportraum befanden sich neben dem F und einer Sanitäterin
zwei bewaffnete und in waffenloser Kampfweise ausgebildete Vollzugsbeamte. F war mit einem
Schlafanzug bekleidet und trug keine Schuhe. Die Anstaltsleitung hatte die ständige unmittelbare Beaufsichtigung des F durch zwei bewaffnete Vollzugsbeamte sowie Hand- und Fußfesselung angeordnet. Wegen der an den Armen angelegten Verbände und Injektionskanülen trug F
aber nur die Fuß-, nicht auch die Handfesseln.
Während der Fahrt klagte F über starke Übelkeit. Er veranlasste so, dass der Rettungswagen
auf dem Standstreifen der Autobahn anhielt. F war kreidebleich, krümmte sich, schien sich
übergeben zu müssen. Die Vollzugsbeamten hatten das Wohl des F im Auge, aber wohl auch
Reinheit ihrer Uniformen. Eine Flucht zogen Sie nicht in Erwägung. Für einen Augenblick nur,
aber das genügte. F entwich. Er flüchtete über die Fahrbahn.
K fuhr mit seinem Pkw auf der linken Fahrspur. Vor ihm fuhr M auf dem Mittelstreifen. M war
aufmerksam, auch in diesem Augenblick. Als F vom rechten Fahrbahnrand aus über die rechte
Fahrspur in Richtung Mittelstreifen rannte, bremste M sein Fahrzeug stark ab und wechselte auf
die linke Fahrspur. Es gab keine Alternative. F wäre sonst einfach überfahren worden. K fuhr
daraufhin auf M auf. Auch das war völlig unvermeidbar. Der beste Fahrer hätte nicht besser
können. F wurde sofort wieder festgenommen. Das war den beiden Vollzugsbeamten zu verdanken. Das Landesjustizvollzugsamt sprach ihnen hierfür eine Anerkennung aus.
K prallte bei dem Unfall gegen das Armaturenbrett und erlitt eine Gehirnerschütterung, eine
Hals-Wirbelsäulen-Distorsion und Gesichtsprellungen. Sein Fahrzeug wurde schwer beschädigt. Der Wiederbeschaffungswert beträgt 6.000,- €, der Restwert 1.000,- €, jeweils brutto.
Fahrzeuge dieser Art werden ganz überwiegend auf dem Privatmarkt angeboten. Die Reparatur
wäre teuer. Sie würde etwa 18.000,- € kosten.
Bearbeitervermerk:
1. K ist der Auffassung, das Land müsse ihm wegen der Beschädigung seines Fahrzeugs
Schadensersatz in Höhe von 5.000,- € leisten, wegen seiner Verletzungen außerdem
Schmerzensgeld in angemessener Höhe. Ist das zutreffend? Unterstellen Sie, dass der Fall
in Berlin bzw. in Brandenburg spielt, die Vollzugsbeamten sind solche des Landes.
2. Das Land zahlt nicht, K erhebt Klage vor dem örtlich zuständigen Landgericht. Der Vorsitzende ist der Auffassung, der ordentliche Rechtsweg sei nicht gegeben. Die Kammer verweist den Rechtsstreit daher nach Anhörung der Parteien an das örtliche zuständige Verwaltungsgericht.
a) Ist das Verwaltungsgericht an diesen Verweisungsbeschluss gebunden?
b) Angenommen, K hat sämtliche Rechtsmittel gegen den Verweisungsbeschluss ordnungsgemäß, aber erfolglos ausgeschöpft. Ist ihm dann zu einer Verfassungsbeschwerde zum
Bundesverfassungsgericht zu raten?
hemmer Berlin/Brandenburg, Inh. Leander Gast - Stand der Bearbeitung: Februar 2016.
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