Stilzug

STILISTIK
PhDr. Tamara Bučková, Ph.D.
Lehrstuhl für Germanistik an der Päd. Fakultät der Karlsuniversität in Prag
[email protected],cz
Problemkreis IV
Makrostilistik
STILZÜGE
PhDr. Tamara Bučková, Ph.D.
Lehrstuhl für Germanistik an der Päd. Fakultät der Karls-Universität in Prag
[email protected],cz
Stilzüge?
Stilzüge stellen die letzte Kategorie der Makrostilistik dar.
– TamBu: Alle Kategorien der Makrostilistik sind auf den
Text als das Ganze zu beziehen und als solche werden
sie auch weiter klassifiziert. Sowie makrostilistische
Kategorien beeinflussen zwar auch mikrostilistische
Kategorien den Gesamtstil eines sprachlichen Textes,
aber - im Unterschied zu den erst genannten - liegt ihr
Kern in den kleineren textlichen Einheiten. (Vgl.
textlinguistische Textauffassung der Makro- und
Mikrostrukturen des Textes).
Die Stilforscher, wie E. Riesel, G.Michel, W. Fleischer, J.
Chloupek, J. Mistrik, erklären die Stilzüge als das der
einzelnen Funktionalstiltypen entsprungenen Texten
gemeinsame Stilmittel, die man weiter als Sammelbegriff für
Klassifizierung von Stilzügen nach der relativen
Häufigkeit bestimmter Sprachmittel (G. Michel, 1975)
Kriterium
Stilzug
1. Relative Häufigket bestimmter 1. Verbal,nominal
Wortarten
2. parataktisch, hypotaktisch,
2. Relative Häufigkeit
bestimmter Satzformen
3. Konjunktionsart
4. Figuren und Troppen
5. Stilschichtung und -färbung
6. Lexikalische Stilschichtung
Periodenstil
3. syndetisch, asyndetisch,
polysyndetisch
4. Figurativ:
metaphorisch,metonymisch,
personifizierend,
periphrasenreich....
5. gehoben, normalsprachlich,
umgangssprchlich, salopp, vulgär
6. Fremdwortstil,Modestil,
fachsprachlich....
Klassifizierung von Stilzügen nach der durch die
Sprachverwendung bedingten Wirkung (Funktion)
(G. Michel, 1975)
Kriterium
Stilzug
1. Redundanzgrad
1. aufgelockert, verdichtet, knapp X
ausführlich
2. Gedankenführung
3. Bewußtheitsgrad
4. Anschaulichkeitsgrad
5. Emotionalität
6. Dynamik
7. Kommunikativ-funktionaler
Bereich
8. Darstellungsart
2. klar X verschwommen,
argumentierend,konstatierend
3. streng, logisch, spontan
4. bildhaft X gegenständlich
5. sachbetont X erlebnisbetont,
nüchtern X emphatisch
normalsprachlich,
umgangssprchlich, salopp, vulgär
6. Dynamisch X statisch
7. Amtlich, publizistisch, fachlich...
Klassifizierung von Stilzügen nach der durch die
Sprachverwendung bedingten Wirkung (Funktion)
(G. Michel, 1975)
Kriterium
9. Kompliziertheitsgrad
10. Erkenntniswert
11. moralische Qualität
12. Partnerbezogenheit
Stilzug
9. schlicht, einfach, natürlich...
10. wahrheitsgemäß, demagogisch...
11. parteilich, offen, ehrlich...
12. überzeugend, eingehend,
beeindruckend...
Die hier angebotene Stilklassifiziereung ist als eine Hilfskategorisierung zu betrachten.
Es ist wichtig von dem Stil eines konkreten Textes auszugehen und dies zu suchen
(und finden!!!), was auffällig und für den Gesamtstil relevant ist!
TamBu
Eine kleine Übung
Stilanalyse dieser Rotkäppchenvariante?
Analyse der Stilzüge?
1. Klassifizierung von Stilzügen nach der relativen
Häufigkeit bestimmter Sprachmittel
2. Klassifizierung von Stilzügen nach der durch die
Sprachverwendung bedingten Wirkung
Jakob und Wilhelm Grimm:
„Rotkäppchen und der Wolf“
Es war einmal ein kleines süßes Mädchen, das hatte jedermann lieb, der sie nur ansah,
am allerliebsten aber ihre Großmutter, die wusste gar nicht, was sie alles dem Kinde
geben sollte. Einmal schenkte sie ihm ein Käppchen von rotem Samt. Weil ihm das so
wohl stand und es nichts anders mehr tragen wollte, hieß es nur das Rotkäppchen. Da
sagte einmal seine Mutter zu ihm: „Komm, Rotkäppchen, da hast du ein Stück Kuchen
und eine Flasche Wein, die bring der Großmutter hinaus, weil sie krank und schwach
ist, wird sie sich daran laben; sei aber hübsch artig und grüß sie von mir, geh auch
ordentlich und lauf nicht vom Weg ab, sonst fällst du und zerbrichst das Glas, dann hat
die kranke Großmutter nichts." Rotkäppchen sagte: „Ja, ich will alles recht gut
ausrichten", und versprach es der Mutter in die Hand. Die Großmutter aber wohnte
draußen im Wald, eine halbe Stunde vom Dorf. Wie nun Rotkäppchen in den Wald
kam, begegnete ihm der Wolf, Rotkäppchen aber wusste nicht, was es für ein böses
Tier war und fürchtete sich nicht vor ihm. „Guten Tag, Rotkäppchen", sprach er.
„
märchen-welt.eu/
deutschland-Grimm
-rotkäppchen_und_der_wolf
[30.11.2015, 7:07]
Rotkäppchen schlug die Augen auf und als es sah,
wie die Sonne durch die Bäume hin und her
sprang und alles voll schöner Blumen stand,
dachte es: „Ei! Wenn ich der Großmutter einen
Strauß mitbringe, der wird ihr auch lieb sein; es
ist noch früh, dass ich doch zu rechter Zeit
ankomme und sprang in den Wald und suchte
Blumen. Und wenn es eine gebrochen hatte,
meinte es, dort stand noch eine schönere Blume
und lief danach und lief weiter in den Wald
hinein. Der Wolf aber ging geradewegs zu dem
Haus der Großmutter und klopfte an die Türe.
„Wer ist draußen?" — „Rotkäppchen, das bringt
dir Kuchen und Wein, mach mir auf." — „Drück
nur auf die Klinke“, rief die Großmutter, „ich bin
zu schwach und kann nicht aufstehen." Der Wolf
drückte an der Klinke und er trat hinein, ohne ein
Wort zu sprechen, geradezu an das Bett der
Großmutter und verschluckte sie. Dann nahm er
ihre Kleider, tat sie an, setzte sich ihre Haube auf,
legte sich in ihr Bett und zog die Vorhänge vor.
….......
Rotkäpchen aus der Sicht eines Mathematikers
Es war einmal ein Mädchen, dem wurde eindeutig eine rote Kappe
zugeordnet, wodurch es als Rotkäppchen definiert wurde. "Kind",
argumentierte die Mutter, "werde kreativ, mathematisiere die kürzeste
Verbindung zur Großmutter, analysiere aber nicht die Blumen am Wege,
sondern formuliere deinen Weg in systematischer Ordnung." Rotkäppchen
vereinigte einen Kuchen, eine Wurst und eine Flasche Wein zu einer Menge,
hinterfragte nochmal den Weg und ging los.
Im Walde schnitt ihr Weg, den Weg eines Wolfes. Er diskutierte mit ihr über
die Relevanz eines Blumenstraußes für die Großmutter und motivierte sie,
einen geordneten, höchstens abzählbaren Strauß zu verknüpfen. Inzwischen
machte der Wolf die Großmutter zu einer Teilmenge von sich.
http://www.familie-ahlers.de/wissenschaftliche_witze/rotkaeppchen_mathematiker.html
Als Rotkäppchen dann ankam, fragte sie: "Großmutter, warum hast du so
große Augen?"
"Ich habe gerade mein BAföG erhalten!"
"Großmutter, warum hast du so große Ohren?"
"Ich habe versucht, Prüfungsfragen durch die Tür zu erlauschen!"
"Großmutter, warum hast du einen so großen Mund?"
"Ich habe gerade versucht, das Mensa-Essen zu schlucken!"
Daraufhin machte sich der Wolf zur konvexen Hülle von Rotkäppchen.
Ein Jäger kam, sah eine leere Menge von Großmutter im Haus und
problematisierte die Frage, bis sie transparent wurde. Dann nahm er sein
Messer und machte aus dem Wolf eine Schnittmenge. Die im Wolf
integrierten Personen wurden schleunigst von ihm subtrahiert. Zum Wolf
wurde eine mächtige Menge von Steinen addiert. Er fiel in einen
zylinderförmigen kartesischen Brunnen, bis seine Restmenge nicht mehr
lebte.
Aus Friedrich Wille: "Humor in der Mathematik", Vandenhoeck & Ruprecht.
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