Die Reformatoren und die Juden - Schweizerischer Israelitischer

Aktualität
Nr. 30/31 I 24. Juli 2015 reformierte presse
Die Reformatoren und die Juden
Namen
Martin Peier wird Geschäftsleiter des
reformierten Stadtverbands Zürich.
Der 54-jährige Theologe folgt Anfang
November auf Beatrice Bänninger.
Derzeit begleitet Peier bei der Zürcher Landeskirche den Reformprozess «KirchGemeindePlus». Zuvor
war er unter anderem Bereichsleiter
Radio/Fernsehen bei den Reformierten Medien.
Zwingli und Calvin waren weniger aggressiv als Luther, sagt der Kirchenbund
Foto: public domain
In der Evangelischen Kirche in
Deutschland (EKD) ist eine Diskussion
über die Einbindung von jüdischen
Vertretern in das Reformationsgedenken entbrannt. Grund sind abfällige
Aussagen, die Martin Luther über die
Juden machte. In der Schweiz sieht
die Situation etwas anders aus, meint
Serge Fornerod vom Kirchenbund.
Martin Luther griff in einer Schrift auch die antijudaistische Karikatur der Wittenberger
«Judensau» auf (Druckblatt von 1596).
len Sprache lesen wollte und dem
‹Alten› Testament genauso die
Qualität des ‹Gottes-Wortes› zuerkannte wie dem Neuen Testament.»
Laut einem Lexikonartikel über
Zwinglis Haltung gegenüber dem
Judentum auf der Homepage der
reformierten Kirche des Kantons
Zürich ging Luther «ganz traditionell davon aus, dass die Kirche
das Judentum als auserwähltes
Volk ersetzt habe». Zwingli sei
dieser Tradition nicht gefolgt.
Reformation, nicht Reformator zählt
Grundsätzlich sei die Ausgangslage des Reformationsjubiläums
Foto: SEK
RP/kath.ch – Martin Luther habe
sich «in seiner Spätzeit unhaltbar
und zutiefst verletzend über das
Judentum geäussert», sagte der
Vizepräsident des Kirchenamtes der EKD, Thies Gundlach,
gegenüber der deutschen Katholischen
Nachrichten-Agentur
(KNA). «Diese Verirrungen sind
bis heute Anlass zu Bestürzung
und Scham.»
Auf Anfrage von kath.ch
erklärte Serge Fornerod, Projektleiter für das Reformationsjubiläum 2017 beim Schweizerischen Evangelischen Kirchenbund
(SEK), die Reformatoren Ulrich
Zwingli und besonders Johannes
Calvin seien «viel freundlicher
zu den Juden gewesen, oder genauer gesagt viel weniger aggressiv». Man finde bei ihnen keine
Schriften zum Judentum wie bei
Luther, was daher komme, dass
die Schweizer Reformatoren stärker als Luther durch den Humanismus geprägt worden seien.
«Das bedeutete unter anderem,
dass man die Texte in der origina-
Serge Fornerod betont: Der SEK feiert 2017 nicht Luther, sondern die Reformation.
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in der Schweiz eine andere als in
Deutschland, so Fornerod weiter, weil der SEK 2017 nicht
Luther, sondern die Reformation
als Ganze feiere. «Insofern haben wir bisher davon abgesehen,
in unserem ‹Jubiläumskomitee›
dem Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund (SIG)
einen Sitz anzubieten.» Der SIG
sei aber selbstverständlich zu den
Veranstaltungen anlässlich des
Reformationsjubiläums eingeladen.
Luther gilt mit seinen scharfen Angriffen gegen Juden als
ein Wegbereiter des Rassenantisemitismus, der zum Holocaust
führte. Der Zentralrat der Juden
in Deutschland sprach zuletzt
mit Blick auf das Reformationsgedenken die Hoffnung auf ein
«deutliches Zeichen» der deutschen evangelischen Kirche zu
Luthers Antisemitismus aus. Angesichts des Reformationsjubiläums hat die EKD laut Vizepräsident Gundlach klar signalisiert, dass sie sich der «daraus
erwachsenden Verantwortung»
stellen werde. Dazu gehöre auch
die deutliche Distanzierung der
Kirchen von den sogenannten
Judenschriften Luthers. Über
angemessene Formen der Begegnungen mit Vertretern des
Judentums sei man im Gespräch,
so Gundlach.
Die 52-jährige Kommunikationsfachfrau und Theologin Regina Hauenstein ist seit Mitte Juli neue Beauftragte Öffentlichkeitsarbeit der reformierten Luzerner Kirche. Die frühere Geschäftsführerin einer interkonfessionellen Stiftung trat die
Nachfolge von Stefan Sägesser an,
der als Leiter Kulturförderung zum
Kanton Luzern wechselt.
Bitte nur Christen
ref.ch – Bei der Aufnahme von Flüchtlingen zeigen sich die Länder im Osten
der EU sperrig: Muslimische oder
dunkelhäutige Flüchtlinge seien zu
«fremd», heisst es aus verschiedenen
Regierungen. Am liebsten würde man
im Osten der EU möglichst nur Christen aufnehmen. Daher dürfte die Zahl
der Menschen, die in der EU Aufnahme finden, deutlich geringer ausfallen, als von der EU-Komission zunächst vorgeschlagen.
Zu viel Koranunterricht
sda – Die Bewilligung für einen islamischen Kindergarten in Volketswil sei
zu Recht abgelehnt worden. Das bestätigte jetzt das Verwaltungsgericht
in Zürich. Hintergrund war die Beschwerde des Vereins «al Huda», der
ein solches Projekt realisieren wollte.
Zur Begründung heisst es, dass das
Konzept des Vereins keine genügende Abgrenzung zwischen profanem
Kindergartenunterricht und religiösen
Unterrichtseinheiten vornehme.
Anklage gegen Dorfpfarrer
sda – Die Staatsanwaltschaft Zürich Unterland muss eine neue Anklageschrift gegen einen refomierten
Pfarrer aus dem Kanton Solothurn
verfassen. Die vorausgegangene war
dem Bezirksgericht Bülach ZH zu
milde. Der Fall geht auf das Jahr 2014
zurück. Damals wurde der Pfarrer am
Flughafen erwischt, als er einen Drogenkurier aus Südamerika abholen
wollte.
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