1 Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA) Echte GoA berechtigte GoA (vgl. § 683) Unechte GoA unberechtigte GoA (vgl. § 684 S. 1) irrtümliche Eigengeschäftsfhr. (vgl. § 687 I) angemaßte Eigengeschäftsfhr. (vgl. § 687 II) Zweck der §§ 677 ff. einerseits: - Interessenausgleich zwischen Geschäftsführer (GF) und Geschäftsherrn (GH), wenn vertragliches Schuldverhältnis fehlt - Not- und Menschenhilfe sind grds. zu fördern, Privilegierung des Geschäftsführers vor allem im Rahmen der echten berechtigten GoA andererseits: - Schutz des Geschäftsherrn vor „aufgedrängten“ Geschäftsbesorgungen, vgl. Wortlaut des § 683 - Maßstab für eine sach- und interessengerechte Verteilung der Risiken sollte ein hypothetischer Vertrag der Beteiligten über das betreffende Geschäft sein, vgl. systematische Stellung der §§ 677 ff. im Rahmen der Typenverträge I. Echte berechtigte GoA, vgl. §§ 677, 683 2 1. Wahrnehmung eines fremden Geschäftes, vgl. § 677 a) Geschäft: jedes tatsächliche oder rechtsgeschäftliche Tätigwerden für den Geschäftsherrn. b) fremd (1) objektiv-fremd: Geschäfte, die ausschließlich dem Rechts- und Interessenkreis eines anderen angehören. Bsp.: Veräußerung oder Nutzung einer Sache steht nur dem Eigentümer zu, vgl. § 903 und ist damit für Dritte ein objektiv fremdes Geschäft. (2) subjektiv-fremd: objektiv neutrales Geschäft, das erst durch den Fremdgeschäftsführungswillen (FGW) zu einem subjektiv fremden Geschäft wird. Bsp.: schuldrechtlicher und dinglicher Erwerb von Gegenständen für einen Dritten mit beabsichtigter schuldrechtlicher und dinglicher Übertragung auf diesen. (3) auch-fremd: Geschäfte, mit denen sowohl fremde Angelegenheiten als auch eigene erledigt werden. Bsp.: Hierunter fallen verschiedene Fallgruppen, die z.T. umstritten sind. Die wichtigsten sind: • Handeln aufgrund allgemeiner öffentlichrechtlicher Pflicht, für einen anderen tätig zu werden, z.B. § 323 c StGB • Handeln aufgrund einer speziellen öffentlich-rechtlichen Pflicht, für einen anderen tätig zu werden, z.B. Eingreifen von Behörden und Beliehenen zum Zwecke der Gefahrenabwehr (Feuerwehr, Polizei) 3 • Handeln aufgrund wirksamer oder nicht wirksamer (str.!) Vertragsverhältnisse mit dem Geschäftsherrn oder Dritten (Schwarzarbeiterfälle) 2. mit Fremdgeschäftsführungswillen (FGW), vgl. § 677 („für einen anderen“) und Umkehrschluss aus § 687 I a) Kenntnis der Fremdheit des Geschäftes und Wille, es als fremdes Geschäft zu führen. Anknüpfungspunkt ist hier die Art des fremden Geschäfts: b) beim objektiv-fremden Vermutung des FGW Geschäft: widerlegbare c) beim subjektiv-fremden Geschäft: keine Vermutung, nach außen erkennbarer Fremdgeschäftsführungswille notwendig; Handeln für einen anderen wird ausdrücklich oder konkludent im Zeitpunkt der Übernahme des Geschäfts deutlich d) beim auch fremden Geschäft umstritten: • Rspr.: widerlegbare Vermutung für Fremdgeschäftsführungswillen; im Ergebnis starke Orientierung am objektiv-fremden Geschäft • Schrifttum: konkrete Anhaltspunkte für Fremdgeschäftsführungswillen erforderlich, im Ergebnis eher Orientierung am subjektiv-fremden Geschäft 3. ohne dazu aufgrund eines vertraglichen oder gesetzlichen Schuldverhältnisses verpflichtet oder sonst wie berechtigt zu sein, vgl. § 677 4 a) kein Vertrag mit dem Geschäftsherrn - Auftrag, § 670 - Entgeltliche Geschäftsbesorgung §§ 675, 670 - Verwahrung, § 693 - GbR: §§ 713, 670 - sonst. Verträge - nach hM stellt die Hilfeleistungspflicht aus § 323c StGB keine Berechtigung dar, da diese Pflicht nur der Allgemeinheit ggü. besteht, während die Berechtigung ggü. dem GH bestehen muss b) kein gesetzliches Schuldverhältnis: - Kind, § 1648 - Vormund, § 1835 4. Voraussetzung der berechtigten GoA, § 683: a) Übereinstimmung mit dem Interesse des Geschäftsherrn (+), wenn obj. nützlich b) Übereinstimmung mit dem wirklichen Willen des Geschäftsherrn (subj. Bewertung) - im Zeitpunkt der Übernahme - der Wille muss konkret die Geschäftsführung durch diesen Geschäftsführer decken. Das heißt: Zeitpunkt, Umfang, Art und Weise und Person des Geschäftsführers kann ausdrücklich oder (sehr häufig) konkludent geäußert werden. c) oder sonst Übereinstimmung mit dem mutmaßlichem Willen (er ist gegeben, wenn der GH bei obj. Beurteilung der Umstände im ZP der Übernahme der Geschäftsführung zugestimmt hätte Folgerung aus dem obj. Interesse) Merke: Der Wille geht dem Interesse vor und daher primär zu prüfen (Ausn. § 679) 5 d) bei (beschränkt) Geschäftsunfähigen: §§ 104 ff. analog: es kommt auf den Willen des gesetzlichen Vertreters an. e) Unbeachtlichkeit eines entgegenstehenden Willens gem.§ 679 f) Ggf. Genehmigung nach §§ 684 S. 2, 184 5. Rechtsfolge: Hinweis: Hier bitte ganz genau prüfen, wer Anspruchsteller ist und welches Anspruchsziel verfolgt wird! a) Ansprüche Geschäftsherr gegen Geschäftsführer aa) Herausgabe des Erlangten, § 681 S. 2, 667 bb) bei Verstoß gegen Pflicht aus § 677: Schadensersatzpflicht des Geschäftsführers aus §§ 280 ff.; Stichwort: Ausführungsverschulden (Bsp.: zufällig vorbeikommender Arzt behandelt fehlerhaft) im Unterschied zur echten unberechtigten GoA keine Haftung für das Übernahmeverschulden, da § 678 (-) und §§ 823 ff. (-) da echte berechtigte GoA als Rechtfertigungsgrund eingreift cc) Auskunft und Rechenschaft gem. §§ 681 S. 2, 666 b) Ansprüche Geschäftsführer gegen Geschäftsherrn aa) Ersatz der erforderlichen Aufwendungen gem. §§ 677, 683 S. 1, 670 - Aufwendungen sind zur Durchführung vom Geschäftsführungsmaßnahmen freiwillig erbrachte Vermögensopfer - erforderlich sind Aufwendungen die ein vernünftig Handelnder den Umständen nach für notwendig halten 6 durfte. Es ist auf den Zeitpunkt der Vornahme der Aufwendungen abzustellen. - die Aufwendungen werden auch ersetzt, wenn die nutzlos waren. bb) Befreiung von einer im Rahmen der Geschäftsführung eingegangenen Verbindlichkeit nach §§ 683, 670, 257 cc) Schadensersatz analog §§ 677, 683, 670 i.V.m. Rechtsgedanke des § 110 HBG (hM) - Aufwendungsersatz erfasst auch die Schäden, in denen sich das typische Risiko der übernommenen Geschäftsführung realisiert hat - beachte § 254 - bei Geschäftsführung zur Gefahrenabwehr ist bei der Berücksichtigung des Mitverschuldens allerdings der Haftungsmaßstab nach dem Rechtsgedanken des § 680 auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit des Geschäftsführers beschränkt dd) Tätigkeitsvergütung wird grundsätzlich nicht gezahlt, aber nach hM Arbeitsentgelt analog § 1835 III, soweit die Geschäftsführungsmaßnahme zum Beruf / Gewerbe des Geschäftsführers gehört, denn das Verhalten des Geschäftsführers liegt ähnlich wie das Verhalten des Vormundes im öffentlichen Interesse! 6. Verjährung: §§ 195, 199 I, III 7. Und schließlich wichtig: Konkurrenzen - Verhältnis zum EBV: berechtigte GoA gibt ein Recht zum Besitz i.S.d. § 986 S. 1, wenn Inbesitznahme mit Geschäftsübernahme zusammenfällt 7 - Verhältnis zum Bereicherungsrecht: berechtigte GoA kann Rechtsgrund iSd. §§ 812 ff. darstellen - Verhältnis zum Deliktsrecht: berechtigte GoA ist Rechtfertigungsgrund für eine durch die Geschäftsübernahme verursachte Rechtsgutsverletzung iSd §§ 823 ff.; bei Rechtsgutsverletzung im Zusammenhang mit der Geschäftsausführung sind die §§ 280, 677 und §§ 823 ff. nebeneinander anwendbar. II. Echte unberechtigte GoA Prüfungspunkte 1. – 3. wie oben bei der berechtigten GoA, denn auch die unberechtigte GoA ist eine echte GoA! Allerdings muss nun Punkt 4. ersetzt werden, weil es hier an der Berechtigung zur Geschäftsführung fehlt. Auch die Rechtsfolgen unterscheiden sich unter 5. 4. Voraussetzungen der echten unberechtigten GoA, § 684: a) Übernahme widerspricht objektiv dem (geäußerten) tatsächlichem Willen oder dem mutmaßlichem Willen des Geschäftsherrn (Übernahmeverschulden) beachte hier: der Wille geht dem Interesse vor, sodass es auf eine objektive Nützlichkeit nicht ankommt b) Geschäftsführer hat den entgegenstehenden Willen erkannt oder hätte ihn erkennen müssen, § 678 c) Keine Unbeachtlichkeit Willens nach § 679 eines entgegenstehenden d) Kein weiteres Verschulden erforderlich, § 678 (d.h. nur Übernahmeverschulden notw.; ein Verschulden bei der Ausführung ist nicht erforderlich 5. Rechtsfolge: 8 a) Ansprüche Geschäftsherr gegen Geschäftsführer aa) Schadensersatz • gem. § 678 (Stichwort: Übernahmeverschulden) Kein Verschulden bei Ausführung notw.! (Bsp.: Kind des Mieters brennt vom GF vermietetes Haus nieder – Vermietung widerspricht Willen des GH) • gem. §§ 823 ff. (Stichwort: Ausführungsverschulden) unberechtigte GoA kein Rechtsgrund bb) Herausgabe des Erlangten nach § 681 (-), da Mgl. der Genehmigung gem. § 684 S. 2, 184 (hM) i.Ü. §§ 812 ff. anwendbar denn unberechtigte GoA ist kein Rechtfertigungsgrund cc) Auskunft, §§ 677, 681 S. 2, 666 b) Ansprüche Geschäftsführer gegen Geschäftsherr Herausgabe des durch die Geschäftsführung Erlangten gem. §§ 684 S. 1, 818 f. (nach hM Rechtsfolgenverweisung) III. Unechte GoA i.F.d. irrtümlichen Eigengeschäftsführung gem. § 687 I 1. Wahrnehmung eines objektiv fremden Geschäftes 2. Eigengeschäftsführungswille (kein FGW) 3. keine Berechtigung des Geschäftsführers Geschäftsführung zur 4. Fahrlässige Unkenntnis des Geschäftsführers von der Fremdheit des Geschäfts und der mangelnden Berechtigung 9 5. Rechtsfolge: GoA-Regeln finden keine Anwendung; mögliche Ansprüche der Parteien richten sich allein nach §§ 812 ff., 823 ff. IV. Unechte GoA i.F.d. angemaßten Eigengeschäftsführung gem. § 687 II 1. Wahrnehmung eines objektiv fremden Geschäftes 2. Eigengeschäftsführungswille (kein FGW) 3. keine Berechtigung Geschäftsführung des Geschäftsführers zur 4. Positive Kenntnis des Geschäftsführers von der Fremdheit des Geschäfts und der mangelnden Berechtigung a) Grds. positive Kenntnis erforderlich, vgl. § 687 II b) Kennen oder Kennenmüssen der Anfechtbarkeit des die Berechtigung ausmachenden Rechtsgeschäfts genügt, vgl. § 142 II 5. Rechtsfolge gem. § 687 II a) Ansprüche Geschäftsherr gegen Geschäftsführer aa) Schadensersatz für alle durch die Geschäftsführung entstandenen Schäden gem. §§ 687 II 1, 678 (Übernahmeverschulden notwendig!) 10 bb) Herausgabe des Erlangten gem. §§ 687 II 1, 681 S. 2, 667 cc) Auskunft und Rechenschaft gem. §§ 687 II 2, 684 S. 1, 818 f. b) Ansprüche Geschäftsführer gegen Geschäftsherr, soweit Geschäftsherr Ansprüche aus §§ 687 II geltend macht: • Herausgabe des durch die Geschäftsführung Erlangten gem. §§ 687 II 2, 684 S. 1, 818 f
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