Mögliche Ansprüche von O gegen A Übungen im Obligationenrecht Besonderer Teil Fall 5 – Unter Freunden Donnerstag, 7. April 2016 [Dozierende/r] www.rwi.uzh.ch/huguenin 1. Herunterladen Software beschädigt PC von O Informatikerrechnung CHF 250 2. O bezahlt dringliche, fällige Gebühren des A Gebühren CHF 150 3. Missbrauch der Kreditkarte von O Kreditkartenrechnung CHF 5'000 2 Übungen OR BT – Fall 6 Mögliche Ansprüche von A gegen O Ausgangslage 4. O zerstört Laptop-Akku von A Kosten kaputter Akku CHF 150 A WG-Kollegen O 5. O überwässert Bonsai von A Kosten für verendeten Bonsai CHF 1‘000 6. O lässt M den PC von A benutzen Abschöpfung Gewinn CHF 200 Übungen OR BT – Fall 6 www.norisknofun.com 3 Kriterien zur Abgrenzung Gefälligkeit – Vertrag 4 Definition GoA (OR 419 ff.) Ohne Rechtsbindungswille kein Vertrag! Entweder wird RBW explizit geäussert oder es ist nach T&G darauf zu schliessen, Kriterien: − Art, Grund, Zweck und rechtliche oder wirtschaftliche Bedeutung der Leistung − Umstände, unter denen Leistung erbracht wird − Interessenlage der Parteien: • rechtliches oder wirtschaftliches Interesse des Leistenden an der Hilfe Vertrag • erkennbares Interesse des Begünstigten, fachmännisch beraten oder unterstützt zu werden Vertrag (BGE 137 III 539, 541 f. E. 4.1 m.w.H.) Übungen OR BT – Fall 6 Übungen OR BT – Fall 6 5 Geschäftsführer führt ein Geschäft für einen anderen (Geschäftsherrn), ohne von diesem dazu aufgefordert gewesen zu sein bzw. ohne dass dieser davon wusste Geschäftsführer handelt eigenmächtig und somit ohne vertragliche Grundlage Ohne Eigenmacht keine GoA! Übungen OR BT – Fall 6 6 1 Arten der GoA echte GoA im Interesse des Geschäftsherrn − berechtigt: geboten dringlich und kein gültiges Einmischungsverbot − unberechtigt: nicht geboten nicht dringlich oder gültiges Einmischungsverbot unechte GoA − gutgläubig − bösgläubig im eigenen Interesse Geschäftseinmischung Geschäftsanmassung 7 Übungen OR BT – Fall 6 O A: Informatikerrechnung CHF 250 Gefälligkeit 9 Übungen OR BT – Fall 6 A: Gebührenzahlung CHF 150 − keine Vereinbarung über Bezahlung BGE 129 III 181, 184 f. E. 4.1 («Menzi-Muck»-Fall) Analogie zu GoA: «Insoweit rechtfertigt sich auch die analoge Anwendung von Art. 422 Abs. 1 OR auf die Fälle von Gefälligkeitshandlungen ohne Rechtsbindungswillen. Die Haftung greift allerdings nur dann, wenn sich das der gefährlichen Tätigkeit immanente Risiko verwirklicht. Nicht davon erfasst werden so genannte Zufallsschäden. Deshalb ist eine Haftung zu verneinen, falls sich nicht das besondere Tätigkeitsrisiko, sondern das allgemeine Lebensrisiko verwirklicht hat […].» Übungen OR BT – Fall 6 10 3. O A: Kreditkartenmissbrauch CHF 5’000 Eigenmacht Kosten stehen im Zusammenhang mit der Gebührenzahlung echte berechtigte GoA − echte GoA? • fremdes Geschäft:✓ • im Interesse des Geschäftsherrn (Fremdgeschäftsführung): ✓ • geboten? – dringlich: ✓ – kein Einmischungsverbot: ✓ echte, berechtigte GoA Verwendungsersatz nach OR 422 I Übungen OR BT – Fall 6 8 Haftung des Gefälligkeitsempfängers − Einigung − kein Rechtsbindungswille: • WG-Beziehung • einander Helfen unter Kollegen ohne finanziellen Nutzen • Freizeitaktivität • Prüfung Account nur «wenn er nichts anderes vorhabe» 2. O Übungen OR BT – Fall 6 Kausalhaftung für anderen Schaden nach OR 422 I: − Schaden: Kreditkartenbelastung von CHF 5'000 ✓ − Kausalität: natürlich und adäquat: ✓ Höhe des Schadenersatzes im Ermessen des Gerichts (ZGB 4) 11 Übungen OR BT – Fall 6 12 2 4. A O: Ersatz des kaputten LaptopAkkus Haftung des Gefälligkeitserbringers Sorgfaltsmassstab - fehlende Eigenmacht - kein Rechtsbindungswille Gefälligkeit Haftung des Gefälligkeitserbringers nach OR 41: − Schaden: Wert Akku CHF 150 ✓ − Widerrechtlichkeit: Verletzung absolut geschütztes Rechtsgut, da Akku = Eigentum des A ✓ − Kausalität: natürlich und adäquat ✓ − Verschulden: nach eigenüblichem Sorgfaltsmassstab (diligentia quam in suis) fahrlässig (✓ ✓) BGE 137 III 539. 545 E. 5.2 («Glatt»-Fall) «Bei Gefälligkeiten ist mithin grundsätzlich von einer verminderten Sorgfaltspflicht auszugehen […]. Es muss in der Regel genügen, dass der Gefällige jene Sorgfalt aufwendet, die er auch in eigenen Angelegenheiten beachtet (sog. eigenübliche Sorgfalt oder diligentia quam in suis). Denn wer im vertragsfreien Raum um eine Gefälligkeit bittet, kann vom Gefälligen nicht verlangen, eine höhere Sorgfalt als die eigenübliche aufzuwenden.» 13 Übungen OR BT – Fall 6 Übungen OR BT – Fall 6 5. A O: Ersatz des verendeten Bonsai Haftung echte unberechtigte GoA − keine Vereinbarung über Giessen Haftung des Geschäftsführers nach OR 41 i.V.m. 420 III: − Schaden: Wert Bonsai CHF 1'000 ✓ − Widerrechtlichkeit: Verletzung absolut geschütztes Rechtsgut, da Bonsai = Eigentum des A ✓ − Kausalität: natürlich und adäquat ✓ − Verschulden: ✓ • Meinung 1: bei gültigem Einmischungsverbot Kausalhaftung • Meinung 2: Verstoss gegen gültiges Einmischungsverbot = Übernahmeverschulden Eigenmacht − echte GoA? • fremdes Geschäft:✓ • im Interesse des Geschäftsherrn (Fremdgeschäftsführung): ✓ • berechtigt? Wenn geboten: – dringlich: ? – kein Einmischungsverbot: echte, unberechtigte GoA Übungen OR BT – Fall 6 6. A 15 Übungen OR BT – Fall 6 14 16 O: Abschöpfung des Gewinns − keine Vereinbarung über Gebrauch von Farbdrucker Eigenmacht − unechte GoA? • fremdes Geschäft:✓ • im eigenen Interesse (Eigengeschäftsführung): ✓ • gutgläubig/bösgläubig? Rechtfertigung für Eingriff unechte bösgläubige GoA (Geschäftsanmassung) also Anspruch aus OR 423 auf Herausgabe des Nettogewinns) Übungen OR BT – Fall 6 Anhang für die Studierenden: Rechtsgrundlagen GoA 17 Übungen OR BT – Fall 6 18 3 Ansprüche bei echter berechtigter GoA Ansprüche bei echter unberechtigter GoA Ansprüche des Geschäftsführers (OR 422 I): 1. Ersatz notwendiger/nützlicher Auslagen 2. Befreiung von Verbindlichkeiten 3. Ersatz des «anderen» Schadens nach richterlichem Ermessen Ansprüche des Geschäftsführers: − Schadenersatz aus OR 41 − Ersatz aus OR 62 (i.V.m. OR 64) Ansprüche des Geschäftsherrn (OR 420 I+II i.V.m. OR 97): Ersatz Schaden bei Fahrlässigkeit + evtl. Rechenschaftsablegung gem. OR 400 es handelt sich um quasivertragliche Ansprüche Übungen OR BT – Fall 6 19 Ansprüche des Geschäftsherrn: − Schadenersatz aus OR 41 bzw. aus OR 420 III (bei Einmischungsverbot) − Ersatz aus OR 62 − Ersatz aus OR 424 i.V.m. OR 400 Übungen OR BT – Fall 6 20 Ansprüche bei unechter GoA unechte, bösgläubige GoA − Ansprüche des Geschäftsführers: OR 41, OR 62 (Problem dann aber OR 63 I) − Ansprüche des Geschäftsherrn: OR 423 I unechte, gutgläubige GoA − Ansprüche des Geschäftsführers: OR 41 (Problem: Verschulden), OR 62 (i.V.m. OR 64) − Ansprüche des Geschäftsherrn: OR 41 (Problem: Verschulden), OR 62 (i.V.m. OR 64) es handelt sich um ausservertragliche Ansprüche Übungen OR BT – Fall 6 21 4
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