Nun müssen vor allem Taten folgen Interview mit Prof. Dr. Detlev

Nun müssen vor allem Taten folgen
Interview mit Prof. Dr. Detlev Ganten zu den Ergebnissen des G7 Gipfels in
Elmau
Wie können wir die Gesundheit der über sieben Milliarden Menschen weltweit dauerhaft
verbessern? Die gemeinsame Abschlusserklärung zum G7 Gipfel in Elmau enthält
Empfehlungen zu dieser Frage. Prof. Dr. Detlev Ganten, Präsident des World Health
Summit und Experte für globale Gesundheitsfragen, bewertet sie.
Ebola, antibiotikaresistente Keime, vernachlässigte Tropenkrankheiten und die
Folgen des globalen Klimawandels – Gesundheit war ein zentraler Punkt des G7
Gipfels. Warum ausgerechnet diese Themen?
Die Auswahl zeigt, dass sich die Verantwortlichen intensiv mit dem Thema beschäftigt
haben und exzellent beraten wurden, denn es sind wichtige Probleme, die wir
schnellstmöglich gemeinsam lösen müssen.
Die Ebola-Krise zum Beispiel hat deutlich gezeigt, dass solche Krankheiten nicht nur
menschliche Tragödien sind, sondern ganze Regionen und Staaten destabilisieren und in
ihrer Existenz bedrohen können. Dies darf nicht erneut geschehen. Wir müssen
gemeinsam aus dieser Krise lernen – auch politisch.
Antibiotikaresistenzen sind eine große Gefahr, die von vielen noch immer unterschätzt
wird. Der massenhafte Einsatz von Antibiotika durch Ärzte, aber auch durch Landwirte
um ihr Mastvieh zu behandeln, führt dazu, dass bestimmte Keime nicht mehr auf
Antibiotika reagieren. In diesen Fällen werden wir in eine Zeit vor Penicillin zurück
versetzt. Wenn hier nichts geschieht, werden die Folgen dramatisch sein.
Es ist bei den vielen Krisen und gigantischen Aufgaben, die die Regierungschefs der G7
Länder lösen müssen, bemerkenswert, dass Gesundheit eine so zentrale Rolle bei den
Beratungen gespielt hat. Mich persönlich freut das ganz besonders, weil wir auf dem
World Health Summit immer wieder auf die Brisanz genau dieser Themen hinweisen. Die
politische Aufmerksamkeit gibt uns nun Recht. Der World Health Summit gibt über die
Nationalakademien aller Länder Empfehlungen an die jeweiligen Regierungen ab, ganz im
Sinne der Beratung und des politischen Agendasettings.
Was muss konkret geschehen, um zum Beispiel Antibiotika-resistente Keime
langfristig zu bekämpfen und auf Epidemien wie Ebola besser zu reagieren?
Eine G7 Abschlusserklärung verbessert die Situation vor Ort natürlich noch nicht. Jetzt
muss gehandelt werden! Und zwar gemeinsam: die Politik muss einen Aktionsrahmen
definieren und unterstützen; Wissenschaft und Wirtschaft müssen gemeinsam neue
Medikamente und Behandlungen entwickeln, auch wenn der wirtschaftliche Profit
vielleicht nicht optimal ist; und wir alle sind in der Verantwortung, wie zum Beispiel
Antibiotika im privaten Umfeld eingesetzt werden oder wie der Klimawandel auch im
Kleinen positiv beeinflusst werden kann. Gemeinsam können wir viel erreichen, aber wir
müssen uns beeilen, denn die Zeit drängt.
Zum Thema Antibiotikaresistenzen soll es vor allem nationale Aktionspläne
geben. Wie wichtig ist dabei eine internationale Abstimmung und welche Rolle
spielt die Weltgesundheitsorganisation WHO?
Antibiotikaresistenzen treten in verschiedenen Ländern ganz unterschiedlich auf. In
Deutschland sind sie schon weiter verbreitet als in Holland oder Schweden. In Indien und
Südamerika ist die Situation allerdings teils schon dramatisch. Um also in jedem Land
optimal gegen diese Resistenzen vorzugehen, sind nationale Pläne wichtig.
Trotzdem ist eine internationale Behörde gefragt, die die nationalen Aktionspläne bündelt
und reguliert, um einen internationalen Standard zu etablieren. Das ist die Aufgabe der
WHO. Hier liegt eine ihrer vielen Stärken.
Der G7 Gipfel hat sich beim Klima auf ein Ergebnis geeinigt, das als Grundlage
für den UN-Gipfel im Dezember in Paris dient. Und im Oktober ist der
Klimawandel und sein Einfluss auf die Gesundheit ein zentrales Thema auf dem
World Health Summit. Wie wird der UN-Klimagipfel dort vorbereitet?
Der World Health Summit holt unter der Führung der internationalen Wissenschaft die
Politik, die Zivilgesellschaft und die Industrie an einen Tisch, um gemeinsam an
Lösungsstrategien zu arbeiten. Auch zum Thema Klimawandel haben wir internationale
Top-Leute da, die in den drei Tagen der Konferenz klare Empfehlungen erarbeiten. Die
Abschlusserklärung des G7 Gipfels ist zwar ein sehr wichtiges Signal, doch sie hat keine
bindende Kraft. Ich hoffe, dass der UN-Klimagipfel in Paris konkrete und bindende
Vereinbarungen bringen wird. Die Empfehlungen des World Health Summit im Oktober
werden dazu beitragen. Zumal einer unserer Schirmherren, der französische Präsident
François Hollande, uns schon im vergangenen Jahr offiziell bescheinigt hat, wie wichtig
der World Health Summit als Vorbereitung für den Klimagipfel in Paris ist. Dazu kommt,
dass alle drei Schirmherren des World Health Summit, Bundeskanzlerin Angela Merkel,
der Präsident der Europäischen Kommission, Jean-Claude Juncker, und Hollande zentrale
Autoritäten des UN-Gipfels sind.
Der Klimawandel hat viele Folgen, aber der Einfluss auf die persönliche Gesundheit wird
oft unterschätzt: der ansteigende Meeresspiegel, Überflutungen, extremes Wetter,
Luftverschmutzung, Zugang zu sauberem Wasser, Infektionen, etc. Deshalb hat der
World Health Summit schon sehr früh auf diesen Zusammenhang hingewiesen. Ich bin
sehr froh, dass jetzt auch die höchsten politischen Stellen an einer Lösung arbeiten.
Der siebte World Health Summit findet vom 11.-13. Oktober 2015 mit mehr als 1.200
Teilnehmern aus über 80 Ländern im Auswärtigen Amt in Berlin statt.
Sprecher in diesem Jahr sind unter anderem die Nobelpreisträger Ada Yonath (2009,
Israel) und Thomas C. Südhof (2013, Deutschland), Dame Sally Davies (Chief Medical
Officer, England), Mark Dybul (Executive Director, Global Fund), Debra Jones (Director
and UN Representative „Save the Children“, USA), Andy Haines (former Director, London
School of Hygiene & Tropical Medicine), Hans Joachim Schellnhuber (Direktor, PotsdamInstitut für Klimafolgenforschung) und Rainer Sauerborn (Leiter, Institut für Public
Health, Universitätsklinikum Heidelberg)
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