Harninkontinenz beim Mann

Harninkontinenz beim Mann:
Ursachen, Diagnostik und Therapien
FA Dr. Jürgen SEWERYN, F.E.B.U.
Prim. Univ.-Prof. Dr. Paul Schramek, F.E.B.U.
Abteilung für Urologie und Andrologie
Inkontinenz des Mannes
► Tabu-Charakter
► behandelbare Krankheit
► Therapie muss anatomische Unterschiede, sowie
unterschiedliche Entstehungsmechanismen der
Inkontinenz berücksichtigen
Inkontinenz des Mannes
Häufigkeit in der gesamten männlichen Bevölkerung ~10 %
► Knaben bis zum 14 Lebensjahr
– 7 % Enuresis - Bettnässen
► Männer jenseits des 55 Lj
– irritative Symptomatik bis zur
Dranginkontinenz
– Obstruktive Beschwerden bis zur
Überlaufinkontinenz
► Männer über 70
– Dranginkontinez bei Zerebralatrophen
Prozessen mit verminderter zentraler
Hemmung der Blase mit evtl. zusätzlich
eingeschränkten Mobilität.
► Neurologische Erkrankungen
– Morbus Parkinson, Multiple Sklersose,
Querschnittslesionen
Ursachen für die männliche
Inkontinenz
► Fehlfunktionen des Detrusors
► Hohe Restharnmengen mit Überlaufblase
► Sphinkterinkompetenz
Einteilung
► Urge- oder Dranginkontinenz
– Blasenmuskelkontraktionen und zwingend zur Entleerung führender
Drang
Ursachen:
– Reizzustände (Steine, Entzündungen)
– neurologische Erkrankungen mit gestörter Detrusorfunktion (instabile
Blase)
– Restharnbildung im Zuge einer Prostatahyperplasie
(große Restharnmengen überlaufen der Blase häufige Miktionen
Überlaufinkontinenz)
– Tumoröse Prozesse in der Blase oder Prostata
(urologische Abklärung ist daher dringend erforderlich)
► Belastungsinkontinenz
– Folgeerscheinung von operativen Eingriffen an der Prostata
(Schädigung des Sphinkterapparates bzw. der Innervation)
– Im Vordergrund steht die Belastungsinkontinenz nach radikaler
Prostatektomie.
Diagnostik und Therapie
Abklärung erfolgt in Form einer Stufendiagnostik:
1. Basisdiagnostik
► Anamnese:
– Art und Dauer der Symptome
– Frühere chirurgische Eingriffe im Urogenitalbereich
– Medikamentenanamnese
– Erfassung von Co-Morbiditäten mit Auswirkung auf die Inkontinenz
(Morbus Parkinson, Multipleskrelose)
Diagnostik und Therapie
► Quantifizieren der Symptome:
– bei vorwiegend obstruktiver Symptomatik sollte ein SymptomscoreBogen (IPS-Score = International Prostate Symptom Score)
ausgefüllt werden
IPSS 0 – 7:
geringgradige Symptomatik
IPSS 8 – 19:
mäßiggradige Symptomatik
IPSS 20 – 35:
hochgradige Symptomatik
– Bei Inkontinenz wird ein ICS male Questionare und ein
Miktionsprotokol mit Angabe der Trink- und Harnmengen, sowie der
Inkontinenzepisoden eingesetzt.
Diagnostik und Therapie
► Untersuchung:
– Palpation der Abdomens
– Untersuchung des Perineums (Fistel?)
– Digitale rektale Untersuchung
– Feststellung des Analsphinktertonus, Bulbocavernosus Reflex
– Untersuchung des äußeren Genitales
Diagnostik und Therapie
2. Weitere Diagnostik
–
Harnuntersuchung (Infekt, Mikrohämaturie?)
–
Sonographische Restharnmessung
–
Uroflowmetrie = Harnflüssmessung (Obstruktion?)
Klärung der Ursache von Harnstrahlabschwächung
(Detrusorhypokontraktillität / Obstrukton ) nur durch Druck/FlussMessung (Urodynamik) möglich spezial Ambulanz
–
Urethrocystoskopie (Beurteilung der anatomischen Verheltnisse,
Striktur ?, Tumor?)
Therapie der Dranginkontinenz
► Die Therapie der Urgeinkontinenz und der
Überlaufinkontinenz richtet sich zunächst nach der
zugrundeliegender Ursache
– Operative Sanierung (Blasentumore, HR-Strikuren,
Blasensteinentfernung, Prostataresektion ( transurethral /
suprapubisch )
– Behandlung der Entzündungen (Antibiotika)
– Medikamentöse Therapie:
•
•
Alpha1 - Blocker (Relaxation der glatten
Harnröhrenmuskulatur und des inneren Sphinktes )
5 – Alpha Reduktase Hemmer (Finasterid) (ProstataSchrumpfung)
Therapie der Dranginkontinenz
► Drangsymptomatik ohne erkennbare Ursache
– Miktionstraining, Toilettentraining, Beckenbodentraining
– Anticholinerge Therapie (unter regelmäßiger Rastharnkontrolle)
► Dazu stehen zahlreiche Präparate zur Verfügung
Therapie der Dranginkontinenz
Belastungsharninkontinenz beim
Mann
Postoperative Belastungsharninkontinenz nach radikaler
Prostatektonie ist oft nur vorübergehend
Meist wieder zufriedenstellende Kontinenz durch
– Gezielte Beckenbodengymnastik
– Biofeedbeck Training
– Elektostimulation
In ca. 5 – 10 % bleibt die Belastungsinkontinenz nach
6 - 12 Monaten erhalten chirurgische Therapie
Belastungsharninkontinenz beim
Mann
Belastungsinkontinenz lässt sich beim Mann in
3 Schweregrade unterteilen:
► Grad I: Verlust im Stehen mit geringen Harnverlust bei
starken Belastungsmanövern, wie Niesen, Husten,
schwerer körperlicher Arbeit.
► Grad II: Verlust in Sitzen oder Stehen schon bei
geringen Belastung wie Lachen, Aufstehen und geringer
körperlicher Tätigkeit
► Grad III: Verlust auch im liegen, fast ständiger
Harnverlust
Chirurgische Therapie der
Belastungsinkontinenz beim Mann
Folgende Methoden stehen derzeit zur Verfügung:
► Artifizieller Sphinkter AMS 800
– 1972 erstmals implantiert
– „Goldener Standard“ in der Therapie der
Belastungsinkontinenz Grad III
– Erfolgsrate bis 90 %
– 20 % Revisionsrate (mechanische Defekte)
– Gute Fingerfertigkeit notwendig
Chirurgische Therapie der
Belastungsinkontinenz beim Mann
► InVance
– Von perineal der proximalen Harnröhre angelegtes Netz
– 6 Titanschrauben am unteren Schambeinast fixiert
– Indikation leichte bis mittlere Belastungsinkontinenz
– Nachteil: nach der Implantation keine Korrektur möglich
– Heilungsrate: bis 70 %
Chirurgische Therapie der
Belastungsinkontinenz beim Mann
Adjustierbare Schlingensysteme:
► REMEEX:
mittels Schraubendreher kann nachträglich unter
Lokalanästhesie die Spannung der Schlinge
verändert werden, um eine zufriedenstellende
Kontinenz zu erreichen.
Chirurgische Therapie der
Belastungsinkontinenz beim Mann
► PRO ACT:
– In Korneuburg entwickelt
– Zwei mit Kontrastmittelgefüllte Ballons am Blasenhals
Vorteil: Postoperative Anpassungsfähigkeit mittels eines in das
Skrotum platzierten Port-a-Cath
Nachteil: nicht bei Patienten nach Strahlentherapie
Relativ häufige Ballon – Dyslokation
Chirurgische Therapie der
Belastungsinkontinenz beim Mann
► ARGUS:
– wird ebenfalls von perineal gelegt
– weiches Silikonkissen
– ermöglich einen konstanten Druck auf die Harnröhre
– an der Faszie der Rektusmuskulatur mit Silikonschrauben verankert
– die Spannung der Schlinge kann in Lokalanästhesie korrigiert
werden
Chirurgische Therapie der
Belastungsinkontinenz beim Mann
►ATOMS (adjustable
transobturator male sling)
– In den Jahren 2005 – 2008 an der
Urologischen Abteilung im KH der
Barmherzige Brüder entwickelt
– erstmals 2008 implantiert
– benötigt keine Schrauben zur Fixierung
– Fixation durch integrierte Nähte
– verrutscht nicht (sitzt wie ein Rucksack auf
der Harnröhre)
– ist nachträglich ohne chirurgisches
Vorgehen problemlos verstellbar
Chirurgische Therapie der
Belastungsinkontinenz beim Mann
► Heilungsrate beträgt 84 %
Harninkontinenz des Mannes
Inkontinenz ist kein Schicksal, das
hingenommen werden muss.
Gemeinsam können wir viel erreichen!
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit