1 VB 8/16 - Beschluss - Verfassungsgerichtshof Baden

1 VB 8/16
VERFASSUNGSGERICHTSHOF
FÜR DAS LAND BADEN-WÜRTTEMBERG
Beschluss
In dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde
des
- Beschwerdeführer gegen
a) das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 9. April 2015 - 2 K 875/13 und
b) den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom
8. Dezember 2015 - 4 S 1073/15 -
hat der Verfassungsgerichtshof für das Land Baden-Württemberg gemäß § 58 Abs. 2
und 4 Satz 1 VerfGHG durch den Präsidenten Stilz, den Vizepräsidenten Dr. Mattes
und den Richter Gneiting
am
8. März 2016 einstimmig
beschlossen:
Die Verfassungsbeschwerde wird als offensichtlich unbegründet zurückgewiesen.
Gründe
Die Verfassungsbeschwerde, die sich gegen Entscheidungen der Verwaltungsgerichte des Landes wendet, mit denen eine Ermessensentscheidung der Bundeswehr in
einer Förderangelegenheit nach dem Soldatenversorgungsgesetz unbeanstandet
blieb, hat keinen Erfolg.
1. Dabei kann hier dahingestellt blieben, ob der Verfassungsgerichtshof Gerichtsentscheidungen, mit denen die Entscheidung einer Bundesbehörde auf der Grundlage
-2von Bundesrecht bestätigt wird, nach § 55 Abs. 1 VerfGHG überhaupt überprüfen
darf (ablehnend: VerfG BB, Beschlüsse vom 17.7.2015 - 53/15 -, Juris Rn. 12 f., und
vom 19.6.2015 - 11/15 EA -, Juris Rn. 9) und ob die Verfassungsbeschwerde daher
unzulässig ist.
2. Denn die Verfassungsbeschwerde ist jedenfalls offensichtlich unbegründet.
a) Eine Verfassungsbeschwerde oder sonstiger Antrag ist „offensichtlich unbegründet" im Sinne von § 17 Abs. 2 und § 58 Abs. 2, 3 und 5 VerfGHG, wenn der Verfassungsgerichtshof zum Zeitpunkt der Entscheidung der Auffassung ist, dass kein Gesichtspunkt erkennbar ist, der dem gestellten Antrag zum Erfolg verhelfen könnte.
Die Beurteilung, ein Antrag sei offensichtlich unbegründet, setzt dabei nicht voraus,
dass seine Unbegründetheit auf der Hand liegt; sie kann auch das Ergebnis einer
vorgängigen gründlichen Prüfung unter allen rechtlichen Gesichtspunkten sein
(vgl. StGH, Beschluss vom 6.8.2014 - 1 VB 37/14 -, Juris Rn. 4).
b) Ausgehend hiervon liegt eine Verletzung des sich aus Art. 2 Abs. 1 LV in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG ergebenden Willkürverbots durch die angegriffenen Gerichtsentscheidungen offensichtlich nicht vor.
Willkürlich ist ein Richterspruch, wenn er unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich
vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht (vgl. StGH, Beschluss vom 17.7.2014 - 1 VB 131 u.a./13 -, Juris
Rn. 59). Fehlerhafte Rechtsanwendung allein macht eine Gerichtsentscheidung nicht
willkürlich im Sinne des Art. 2 Abs. 1 LV in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG. Willkür
liegt vielmehr erst dann vor, wenn die Rechtslage in krasser Weise verkannt wird.
Hingegen kann von willkürlicher Missdeutung nicht gesprochen werden, wenn das
Gericht sich mit der Rechtslage eingehend auseinandersetzt und seine Auffassung
nicht jedes sachlichen Grundes entbehrt (vgl. StGH, Beschluss vom 3.12.2015 1 VB 75/15 -, Juris Rn. 37).
Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers ist es nicht rechtsfehlerhaft oder gar
unvertretbar, wenn der Verwaltungsgerichtshof bei der Kontrolle der Ermessensausübung der Bundeswehr nach §§ 51 und 49 VwVfG es nicht beanstandet hat, dass
-3diese den rechtsstaatlichen Grundsatz der Rechtssicherheit berücksichtigt hat. Zwar
kann mit dem Widerruf eines Verwaltungsakts dessen Bestandskraft oder gar die
Rechtskraft eines diesen bestätigenden Urteils durchbrochen werden. Dies allein ist
jedoch noch kein Grund dafür, dass gerade der für die Bestands- oder Rechtskraft
sprechende Grundsatz der Rechtssicherheit bei der Ermessensentscheidung völlig
außer Betracht gelassen werden müsste; vielmehr kann er berücksichtigt werden
(vgl. Schmidt-Aßmann, in: Isensee/Kirchhof <Hrsg.>, Handbuch des Staatsrechts,
Band II, 3. Aufl. 2004, § 26 Rn. 83). Ob und inwieweit dagegen zugunsten des Betroffenen des in Frage stehenden Verwaltungsakts im Rahmen eines Widerrufs nach
§ 49 VwVfG der Grundsatz des Vertrauensschutzes zu prüfen ist, ist eine hiervon zu
trennende Frage (vgl. BVerwG, NVwZ 1992, S. 565 f.; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs <Hrsg.>, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 49 Rn. 33 und 35;
Kopp/Schenke, VwVfG, 14. Aufl. 2013, § 49 Rn. 30).
Auch im Übrigen sind keine Gründe für das Vorliegen einer völlig unvertretbaren Ermessensausübung ersichtlich.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
Stilz
Dr. Mattes
Gneiting