verwaltungsgericht mainz

3 L 1482/15.MZ
Veröffentlichungsfassung!
VERWALTUNGSGERICHT MAINZ
BESCHLUSS
In dem Verwaltungsrechtsstreit
- Antragstellerin Prozessbevollmächtigter:
gegen
- Antragsgegner -
wegen
Führung eines Fahrtenbuchs
hier: Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO
hat die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Mainz aufgrund der Beratung vom
2. Dezember 2015, an der teilgenommen haben
Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht Lang
Richter am Verwaltungsgericht Ermlich
Richterin am Verwaltungsgericht Riebel
beschlossen:
-2Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin
vom 28. Oktober 2015 gegen den Bescheid des Antragsgegners
vom 26. Oktober 2015 wird insoweit wiederhergestellt, als für andere Fahrzeuge der Antragstellerin als das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen MZ-W XXX das Führen eines Fahrtenbuchs
angeordnet wurde. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Von den Kosten des Verfahrens haben die Antragstellerin 1/6 und
der Antragsgegner 5/6 zu tragen.
Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird auf 7.200 € festgesetzt.
Gründe
1
Der Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung
seines am 28. Oktober 2015 erhobenen Widerspruchs gegen den Bescheid des
Antragsgegners vom 26. Oktober 2015 ist gemäß § 80 Abs. 5 i.V.m.
Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO statthaft und auch ansonsten zulässig. Er hat in der
Sache auch in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Soweit der Antragstellerin gegenüber das Führen eines Fahrtenbuchs für das Fahrzeug Pkw
Mercedes-Benz mit dem amtlichen Kennzeichen MZ-W XXX aufgegeben wurde,
erweist sich der angegriffene Bescheid nach der im vorliegenden Verfahren allein
möglichen summarischen Sach- und Rechtsprüfung als offensichtlich rechtmäßig
(1.), so dass das Vollzugsinteresse des Antragsgegners das Suspensivinteresse
der Antragstellerin überwiegt. Soweit hingegen der Antragstellerin das Führen von
Fahrtenbüchern für alle weiteren (Firmen)Fahrzeuge aufgegeben wurde, erweist
sich der Bescheid als ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig (2.), so dass
insoweit die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wiederherzustellen ist.
2
1.) Hinsichtlich der auf das Fahrzeug mit dem Kennzeichen MZ-W XXX bezogenen Anordnung zum Führen eines Fahrtenbuchs ist der angefochtene Bescheid
nicht zu beanstanden.
3
Die Anordnung des Sofortvollzugs in Bezug auf die in dem angegriffenen Bescheid enthaltene Entziehung der Fahrerlaubnis ist in formeller Hinsicht nicht zu
beanstanden. Insbesondere genügt die Anordnung der sofortigen Vollziehung den
Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Die Behörde ist verpflichtet, mit
-3-
-3einer auf den konkreten Fall abgestellten und nicht nur formelhaften Begründung
darzulegen, warum ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung besteht. Der Antragsgegner hat zur Begründung des Sofortvollzugs ausgeführt, dass
es aus Gründen der Verkehrssicherheit, namentlich zum Schutz von Leib, Leben,
Gesundheit und Eigentum anderer Verkehrsteilnehmer, im weit überwiegenden
öffentlichen Interesse liege, nach Begehung einer Verkehrsordnungswidrigkeit den
verantwortlichen Fahrer sofort ermitteln zu können. Die Fahrtenbuchauflage diene
dazu, etwaige Verstöße gegen Vorschriften über den öffentlichen Straßenverkehr
künftig wirksam zu verfolgen. Dies genügt unter dem Gesichtspunkt der Gefahrenabwehr angesichts der hohen Bedeutung der Sicherheit des Straßenverkehrs
in formaler Hinsicht dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO.
Ob die Begründung der Anordnung des Sofortvollzugs hingegen in inhaltlicher
Hinsicht überzeugt oder nicht, ist keine Frage des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, sondern des ebenfalls erforderlichen besonderen Vollzugsinteresses.
4
Rechtsgrundlage für die Anordnung eines Fahrtenbuchs ist § 31 a Abs. 1 der
Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung – StVZO –. Danach kann einem Fahrzeughalter die Führung eines Fahrtenbuchs aufgegeben werden, wenn die Feststellung
eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften
nicht möglich war. Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben.
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a) Mit dem auf die Antragstellerin zugelassenen Pkw Mercedes-Benz mit dem
amtlichen Kennzeichen MZ-W XXX wurde am 18. Mai 2015 auf der A 61 in Fahrtrichtung L. zwischen den Anschlussstellen S. und W. bei km 286,1 ein nicht unerheblicher Verkehrsverstoß – Nichteinhaltung des erforderlichen Abstands – begangen. Ausweislich der durch Beamte der Polizeiautobahnstation G. durchgeführten Abstandsmessung – an deren Richtigkeit keine durchgreifenden Zweifel
bestehen – hielt das Fahrzeug unter Berücksichtigung von Toleranzen hinsichtlich
Geschwindigkeit und Abstand bei einer Geschwindigkeit von 84 km/h zum vorausfahrenden Fahrzeug einen Abstand von 15,63 m und damit von weniger als 4/10
des halben Tachowerts ein. Dies stellt gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 4 Abs. 1
Straßenverkehrs-Ordnung – StVO – eine Verkehrsordnungswidrigkeit dar, die neben einem Bußgeld in Höhe von 100 € (Ziffer 12.5.2 der Tabelle 2 der Bußgeldkatalog-Verordnung – BKatV –) zum Eintrag von einem Punkt im Verkehrszentralre-
-4-
-4gister (Nr. 3.2.3 der Anlage 13 zur Fahrerlaubnis-Verordnung) führt. Bereits ein
erstmaliger unaufgeklärter, mit einem Punkt bewerteter Verkehrsverstoß reicht
regelmäßig für die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage aus, ohne dass es auf
die Feststellung der näheren Umstände der Verkehrsordnungswidrigkeit ankommt
(vgl. BVerwG, Beschluss vom
9. September 1999 – 3 B 94.99 –, NZV 2000,
386 = juris Rn. 2; VG Mainz, Urteile vom 30. Januar 2013 – 3 K 926/12.MZ, S. 5
UA, und vom 8. Dezember 2010
6
– 3 K 237/10.MZ –, S. 5 f. UA).
b) Die Ermittlung des Fahrzeugführers bei Begehung der Ordnungswidrigkeit war
auch im Sinne von § 31 a Abs. 1 Satz 1 StVZO nicht möglich. Diese Voraussetzung liegt vor, wenn die Behörde nach den Umständen des Einzelfalles nicht in
der Lage war, den Fahrzeugführer zu ermitteln, obwohl sie bei sachgerechtem und
rationellem Einsatz der ihr zur Verfügung stehenden Mittel nach pflichtgemäßem
Ermessen die Maßnahmen getroffen hat, die der Bedeutung des aufzuklärenden
Verkehrsverstoßes gerecht werden und erwartungsgemäß Erfolg haben können
(vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Dezember 1993 – 11 B 113.93 –, juris Rn. 4; Urteil vom 17. Dezember 1982 – 7 C 3.80 –, Buchholz 442.16 § 31 a StVZO
Nr. 12 = juris Rn. 7). Art und Umfang der Tätigkeit der Behörde, den Fahrzeugführer nach einem Verkehrsverstoß zu ermitteln, kann sich dabei an dem Verhalten
des Fahrzeughalters ausrichten. Lehnt dieser erkennbar die Mitwirkung an der
Aufklärung des Verkehrsverstoßes ab, so ist es der Polizei regelmäßig nicht zuzumuten, wahllos zeitraubende, kaum Aussicht auf Erfolg bietende Ermittlungen
zu betreiben (vgl. BVerwG, a.a.O.). An einer solchen Mitwirkung fehlt es bereits
dann, wenn der betroffene Fahrzeughalter auf einen im Ordnungswidrigkeitenverfahren übersandten Anhörungsbogen überhaupt nicht reagiert. Bei einer derartigen Sachlage ist die Behörde regelmäßig nicht mehr gehalten, weitere Ermittlungsmaßnahmen einzuleiten und durchzuführen (vgl. VGH Baden-Württemberg,
Beschluss vom 29. Januar 2008 – 10 S 129/08 –, DAR 2008, 278 = juris Rn. 3;
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 2. November 2006 – 12 LA 177/06 –,
juris Rn. 20).
7
Gemessen an diesen Voraussetzungen war eine Ermittlung des Fahrzeugführers
des Fahrzeugs MZ-W XXX am Tattag nicht möglich, obwohl die Ermittlungsbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen ausreichende Maßnahmen getroffen hat, um
-5-
-5den Verkehrsverstoß aufzuklären. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin
war der Umstand, dass ihr nach eigenen Angaben der Zeugenfragebogen unter
Missachtung des Regelzeitraums von zwei Wochen (vgl. hierzu BVerwG, Urteil
vom 13. Oktober 1978 – 7 C 77.74 –, NJW 1979, 1054 = juris Rn. 18 f.) erst 6 Wochen nach dem Verkehrsverstoß zugegangen ist, nicht für die fehlgeschlagene
Aufklärung des Fahrzeugführers zum Zeitpunkt der Begehung der Ordnungswidrigkeit ursächlich. Zwar geht die Rechtsprechung davon aus, dass regelmäßig die
Anhörung innerhalb von zwei Wochen nach Begehung der Verkehrsordnungswidrigkeit zu erfolgen hat. Denn regelmäßig kann nur in diesem Zeitraum erwartet
werden, dass sich der Betreffende daran erinnert, wem er sein Fahrzeug zum Tatzeitpunkt überlassen hat. Dieser Zeitraum stellt aber keine starre Grenze im Sinne
einer gesetzlichen Frist dar. Vielmehr handelt es sich hierbei lediglich um einen
Anhaltspunkt dafür, bis zu welchem Zeitpunkt dem Fahrzeughalter regelmäßig
zugemutet werden kann, sich zu erinnern, wer das Fahrzeug gefahren hat. Entscheidend sind aber immer die Umstände des Einzelfalls. Danach ist eine Überschreitung unschädlich, wenn sie die Position des Halters im konkreten Fall nicht
beeinträchtigt (OVG NW, Urteil vom 31. März 1995 – 25 A 2798/93 –,
NJW 1995, 3335 = juris Rn. 16). Die Überschreitung der 2-Wochen-Frist ist dabei
dann regelmäßig unschädlich, wenn keine Anforderungen an das Erinnerungsvermögen des Halters gestellt werden. Das ist etwa dann der Fall, wenn bei Begehung der Ordnungswidrigkeit Tatfotos gefertigt werden, die den Fahrer ohne
Weiteres erkennen lassen (vgl. VG Augsburg, Beschluss vom 4. März 2004
– Au 3 S 04.384 –, juris Rn. 18). So liegt es hier. Die Ordnungswidrigkeitenbehörde hat die Antragstellerin mit Zeugenfragebogen um Mitteilung von Namen und
ladungsfähiger Anschrift des Fahrzeugführers gebeten. Diesem Fragebogen war
ein Lichtbild beigefügt, auf dem der Fahrer des Fahrzeugs trotz Sonnenbrille zu
erkennen war, so dass es der Antragstellerin ohne weiteres möglich gewesen wäre, der Kreis der in Betracht kommenden Mitarbeiter einzugrenzen oder diesen zu
benennen.
8
Hinzu kommt, dass die Ordnungswidrigkeitenbehörde des Weiteren die Polizeiinspektion B. im Wege der Amtshilfe um Ermittlung des verantwortlichen Fahrzeugführers gebeten hat. Diese hat ausweislich einer Mitteilung der Polizeiinspektion
-6-
-6die Halteradresse mehrfach von Polizeibeamten aufsuchen lassen, ohne dass den
Beamten auf ihr Klingeln geöffnet wurde.
9
Überdies hat die Antragstellerin selbst ihren Mitwirkungspflichten nicht in ausreichender Weise Genüge getan hat. Sie war nicht in der Lage, den Fahrzeugführer
des betreffenden Fahrzeugs zu benennen, obwohl sie als Kaufmann eine erhöhte
Dokumentationsobliegenheit trifft (vgl. VGH BW, Beschluss vom 21. Juli 2014
– 10 S 1256/13 –, juris Rn. 7; OVG NW, Beschluss vom 13. November 2013
– 8 A 632/13 –, juris Rn. 9; BayVGH, Beschluss vom 14. Mai 2013
– 11 CS 13.606 –, juris Rn. 12; OVG S-H, Beschluss vom 26. März 2012
– 2 LA 21/12 –, juris Rn. 8 f.; OVG Bremen, Beschluss vom 12. Januar 2006
– 1 A 236/05 –, juris Rn. 5 f.).
10
Die
Antragstellerin
ist
eine
GmbH,
somit
nach
§
6
Abs.
1
HGB,
§ 13 Abs. 3 GmbHG Formkaufmann und damit buchführungspflichtig. Ihr Geschäftsführer ist verpflichtet, für die ordnungsgemäße Buchführung der Gesellschaft zu sorgen (§ 41 GmbHG). Als Kaufmann im Sinne des Handelsrechts ist die
Klägerin etwa verpflichtet, nach § 238 Abs. 1, § 257 HGB Bücher zu führen und
über längere Zeit aufzubewahren, aus denen sich die Geschäftsvorfälle „in ihrer
Entstehung und Abwicklung verfolgen lassen“. Daraus ergibt sich zwar keine unmittelbare Pflicht, Fahrtenbücher oder Einsatzpläne vorzuhalten (vgl. BayVGH,
Beschluss vom 16. April 2015 – 11 ZB 15.171 –, juris Rn. 12; OVG SH, Beschluss
vom 26. März 2012, a.a.O., juris Rn. 9). Es entspricht jedoch unabhängig von der
Reichweite dieser Vorschriften sachgerechtem kaufmännischem Verhalten, auch
Geschäftsfahrten längerfristig zu dokumentieren. (vgl. BayVGH, Beschluss vom
16. April 2015, a.a.O.) Es liegt schon im kaufmännischen Eigeninteresse, Vorkehrungen gegen eine missbräuchliche Verwendung der Fahrzeuge etwa für Privatfahrten zu treffen oder in Schadensfällen Ersatzansprüche belegen zu können. Es
kann deshalb unterstellt werden, dass ein Wirtschaftsbetrieb grundsätzlich ohne
Rücksicht auf die Erinnerung einzelner Personen in der Lage ist, Auslieferungsvorgänge, Geschäftsfahrten usw. nach seinen Kontenbüchern in Verbindung mit
Belegmappen, Einsatzplänen oder Ähnlichem zu rekonstruieren und den jeweiligen Fahrzeugführer im Einzelfall festzustellen. In Anbetracht dieser Umstände fällt
es in die Sphäre der Geschäftsleitung, organisatorische Vorkehrungen dafür zu
-7-
-7treffen, dass im Falle einer Verkehrszuwiderhandlung festgestellt werden kann,
welche Person zu einem bestimmten Zeitpunkt ein bestimmtes Geschäftsfahrzeug
benutzt hat. Die Geschäftsleitung muss zumindest in der Lage sein, der Ermittlungsbehörde die Firmenangehörigen zu nennen, denen das betreffende Fahrzeug zugerechnet werden kann. Es kann nicht Aufgabe der Behörde sein, innerbetriebliche Vorgänge aufzuspüren, denen die Geschäftsleitung weitaus näher
steht (vgl. BayVGH, Beschluss vom 16. April 2015, a.a.O.; OVG Bremen, Beschluss vom 12. Januar 2006, a.a.O.). Ihrer Verpflichtung als Fahrzeughalterin, bei
der Feststellung des Fahrzeugführers im Ordnungswidrigkeiten- bzw. Verwaltungsverfahren mitzuwirken, kann die Geschäftsleitung deshalb regelmäßig nicht
mit der Behauptung genügen, es sei nicht möglich, den Fahrzeugführer ausfindig
zu machen. Denn eine Firma muss in ihrer Eigenschaft als Kaufmann grundsätzlich ohne Rücksicht auf die Erinnerung einzelner Personen in der Lage sein, Geschäftsfahrten und Ähnliches anhand schriftlicher Unterlagen zu rekonstruieren
und den jeweiligen Fahrzeugführer im Einzelfall festzustellen (vgl. OVG NW, Beschluss vom 13. November 2013, a.a.O.; OVG M-V, Beschluss vom 26. Mai 2008
– 1 L 103/08 –, juris Rn. 12).
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Diesen gesteigerten Mitwirkungspflichten bei der Feststellung des Fahrzeugführers im Rahmen eines Ordnungswidrigkeiten- oder Strafverfahrens hat die Antragstellerin offenkundig nicht genügt. Sie hat nämlich zu dem als Fahrzeugführer in
Betracht kommenden Personenkreis gar keine Angaben gemacht, sondern lediglich über ihren Prozessbevollmächtigten nach erfolgter Akteneinsicht mitteilen lassen, es handele sich bei dem Fahrzeug um ein Firmenfahrzeug, der Fahrer sei
nicht zu erkennen und man beantrage die Einstellung des Verfahrens.
12
In Anbetracht all dieser Umstände hat die Ordnungswidrigkeitenbehörde damit
diejenigen Ermittlungsansätze verfolgt, die sich ihr nach Lage der Dinge in dem
konkreten Fall zur Feststellung des Fahrzeugführers aufdrängen mussten. Sie war
nicht gehalten, gleichsam ins Blaue hinein weitere Ermittlungen anzustellen und
durfte rechtsfehlerfrei von der Nichtermittelbarkeit des Fahrzeugführers ausgehen.
13
c)
Schließlich
hat
der
Antragsgegner
auch
das
ihm
nach
§ 31 a Abs. 1 Satz 1 StVZO zustehende Ermessen ausgeübt. In Anbetracht dessen, dass bereits ein mit einem Punkt im Verkehrszentralregister zu bewertender
-8-
-8Verkehrsverstoß eine Fahrtenbuchauflage rechtfertigt (vgl. auch BVerwG, Urteil
vom 17. Mai 1995 – 11 C 12/94 – BVerwGE 98, 227 = juris Rn. 10), ist es nicht zu
beanstanden, dass sich der Antragsgegner vorliegend für die Auferlegung eines
Fahrtenbuchs entschieden hat. Die Fahrtenbuchauflage erweist sich auch im Hinblick auf ihre Dauer als rechtmäßig. Um die Fahrzeugbenutzung wirksam überwachen und den Fahrzeughalter künftig im Falle eines Verkehrsverstoßes zur Mitwirkung bei der Feststellung des Fahrzeugführers anhalten zu können, ist eine gewisse, nicht zu geringe Dauer der Fahrtenbuchauflage erforderlich. Bei der Bemessung der Frist sind einerseits das Gewicht des festgestellten Verkehrsverstoßes und andererseits das Verhalten des Fahrzeughalters im Zusammenhang mit
den Bemühungen der ermittelnden Stelle zur Tataufklärung zu berücksichtigen.
Angesichts der Schwere des Verkehrsverstoßes – es handelt sich um eine mit
einem Punkt im Verkehrszentralregister bewehrte Verkehrsordnungswidrigkeit –
ist es nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner der Antragstellerin die Führung eines Fahrtenbuchs für die Dauer von 6 Monaten aufgegeben hat.
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Das erforderliche sofortige Vollzugsinteresse hat der Antragsgegner zu Recht damit begründet, die jederzeitige Feststellung des verantwortlichen Fahrzeuglenkers
sei im Interesse der Aufrechterhaltung der Ordnung im Straßenverkehr und dem
Schutz anderer Verkehrsteilnehmer zu rechtfertigen. Die sich aus der sofort vollziehbaren Fahrtenbuchauflage ergebenden Beschwernisse für die Antragstellerin
müssten hinter das öffentliche Interesse an der jederzeitigen Feststellbarkeit des
Fahrzeuglenkers zugunsten der Sicherheit im Straßenverkehr zurücktreten. Diese
Erwägungen sind rechtlich nicht zu beanstanden.
15
2.) Soweit der Antragstellerin hingegen in dem angefochtenen Bescheid das Führen von Fahrtenbüchern über das Fahrzeug mit dem Kennzeichen MZ-W XXX
hinaus für alle auf sie zugelassenen Fahrzeuge – dies sind insgesamt 5 weitere
Fahrzeuge – aufgegeben wurde, erweist sich der Bescheid als unverhältnismäßig
und daher ermessensfehlerhaft. Zwar kann die Verwaltungsbehörde nach dem
ausdrücklichen Wortlaut von § 31 a Abs. 1 Satz 1 StVZO die Führung eines Fahrtenbuchs auch für mehrere Fahrzeuge des Halters anordnen. Von diesem Grundsatz ausgehend ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass bei mehreren unaufgeklärt gebliebenen Verkehrsverstößen mit verschiedenen auf einen Halter zuge-
-9-
-9lassenen (Firmen)Fahrzeugen die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage bezogen
auf den gesamten Fahrzeugpark gerechtfertigt sein kann (vgl. OVG Niedersachsen, Beschluss vom 2. November 2005 – 12 ME 315/05 –, DAR 2006, 167, 168
= juris Rn. 6 m.w.N.). Unverhältnismäßig ist die Fahrtenbuchauflage aber dann,
wenn die Fahrtenbuchauflage auf alle Fahrzeuge des Halters gestützt wird, ohne
dass die Behörde eine Prognose darüber angestellt hat, ob über das Fahrzeug,
mit dem die der Fahrtenbuchauflage zugrunde liegende Verkehrszuwiderhandlung
begangen wurde, hinaus Verkehrsverstöße mit (den) anderen Fahrzeugen des
Halters ebenfalls nicht aufgeklärt werden können (vgl. VG Würzburg, Beschluss
vom 19. Mai 2011 – W 6 S 11.367 –, juris Rn. 30; VG Cottbus, Urteil vom 11. September 2007 – 2 K 1526/04 –, juris Rn. 29). Eine solche Anordnung stellt im Verhältnis zur Einzelanordnung für ein jeweiliges Tatfahrzeug eine erhebliche Erweiterung dar und bedarf deshalb einer ihre Auswirkungen auf den betroffenen Halter
bzw. Fahrzeugführer berücksichtigenden Verhältnismäßigkeitsprüfung. Dies setzt
voraus, dass die Behörde für ihre Entscheidung den Sachverhalt hinreichend aufklärt. Grundlage einer ordnungsgemäßen Ermessensausübung ist es dabei, dass
Art und Umfang des Fahrzeugsparks geklärt werden, um abschätzen zu können,
ob Verkehrsverfehlungen mit anderen Fahrzeugen des Halters zu befürchten sind
(vgl. VG Würzburg, a.a.O.).
16
Vorliegend hat es der Antragsgegner (nach der Aktenlage) bereits unterlassen, Art
und Umfang des Fahrzeugparks der Antragstellerin und damit die Tatsachen zu
ermitteln, die die Grundlage für eine ordnungsgemäße Ermessensausübung einschließlich der Beurteilung der Erforderlichkeit und Angemessenheit der Erstreckung der Fahrtenbuchauflage auf alle Firmenfahrzeuge bilden. Aus dem Bescheid selbst ergeben sich bezüglich der Ausdehnung der Auflage auf alle Fahrzeuge der Antragstellerin keinerlei Erwägungen. Der Antragsgegner stellt dort zunächst lediglich allgemein die Voraussetzungen für die Anordnung eines Fahrtenbuches dar, ehe er unter Hinweis auf den von ihm herangezogenen Verkehrsverstoß ausführt, warum er in dem konkreten Fall eine Fahrtenbuchauflage für die
Dauer von 6 Monaten für gerechtfertigt hält. Ausführungen dazu, warum das Fahrtenbuch auf alle Fahrzeuge zu erstrecken ist, fehlen in der Begründung indes völlig, und auch im gerichtlichen Verfahren führt der Antragsgegner mit keinem Wort
aus, warum im vorliegenden Fall über eine Fahrtenbuchauflage bezüglich des Tat- 10 -
- 10 fahrzeugs hinaus eine Erstreckung der Auflage auf alle Fahrzeuge der Antragstellerin geboten ist. Insoweit liegt ein zur Rechtswidrigkeit der über das Tatfahrzeug
hinausgehenden Fahrtenbuchanordnung führender Ermessensnichtgebrauch vor.
17
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
18
Die Festsetzung des Verfahrensgegenstandswerts beruht auf § 52 Abs. 1,
§ 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V. mit Ziffern 1.5 und 46.13 des Streitwertkatalogs für die
Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327 ff.). Die sich aus dem Antrag ergebende wirtschaftliche Bedeutung der Sache für die Antragstellerin ist in Anlehnung
an den für die Verwaltungsgerichtsbarkeit erarbeiteten Streitwertkatalog hinsichtlich der Anordnung eines Fahrtenbuches mit 400 Euro je angeordneten Monat für
jedes Fahrzeug – im Eilverfahren auf die Hälfte reduziert – angemessen bewertet.
Dies führt bei einer 6-monatigen Fahrtenbuchauflage für insgesamt 6 Fahrzeuge
zu einem Hauptsachestreitwert von 14.400 €, der vorliegend auf die Hälfte zu reduzieren war.
- 11 -
- 11 RMB 021
Rechtsmittelbelehrung
19
Gegen diese Entscheidung steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz zu.
20
Die Beschwerde ist bei dem Verwaltungsgericht Mainz (Hausadresse: Ernst-Ludwig-Str. 9, 55116 Mainz;
Postanschrift: Postfach 41 06, 55031 Mainz) schriftlich, in elektronischer Form oder zur Niederschrift des
Urkundsbeamten der Geschäftsstelle innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung
einzulegen. Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist schriftlich oder in
elektronischer Form bei dem Beschwerdegericht eingeht.
21
Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Deinhardpassage 1, 56068 Koblenz, schriftlich oder in elektronischer Form einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung
abzuändern oder aufzuheben ist und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Das
Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
22
Die elektronische Form wird durch eine qualifiziert signierte Datei gewahrt, die nach den Maßgaben der Landesverordnung über den elektronischen Rechtsverkehr in Rheinland-Pfalz vom 10. Juli 2015 (GVBl. S. 175) in
der jeweils geltenden Fassung zu übermitteln ist.
23
Die Einlegung und die Begründung der Beschwerde müssen durch einen Rechtsanwalt oder eine sonstige
nach Maßgabe des § 67 VwGO vertretungsgefugte Person oder Organisation erfolgen.
24
Gegen die Streitwertfestsetzung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes
200,-- € übersteigt oder das Gericht die Beschwerde zugelassen hat. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb
von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren
sich anderweitig erledigt hat, eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist
festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des
Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
25
Die Beschwerde ist beim Verwaltungsgericht Mainz (Hausadresse: Ernst-Ludwig-Str. 9,
55116 Mainz;
Postanschrift: Postfach 41 06, 55031 Mainz) schriftlich, in elektronischer Form oder zur Niederschrift des
Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist schriftlich oder in elektronischer Form bei dem Oberverwaltungsgericht RheinlandPfalz, Deinhardpassage 1, 56068 Koblenz, eingeht.
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Die elektronische Form wird durch eine qualifiziert signierte Datei gewahrt, die nach den Maßgaben der Landesverordnung über den elektronischen Rechtsverkehr in Rheinland-Pfalz vom 10. Juli 2015 (GVBl. S. 175) in
der jeweils geltenden Fassung zu übermitteln ist.
gez. Lang
gez. Ermlich
gez. Riebel