Sag zum Abschied leise Servus - aber mit Respekt

Sag zum Abschied leise Servus - aber mit Respekt
manager-magazin.de vom 13.05.2015
Sag zum Abschied leise Servus - aber mit Respekt
Nur äußerst selten ist der Arbeitgeber rechtlich in der Lage, sich einseitig wirksam von einem Mitarbeiter durch Kündigung zu
trennen. Die Hürden des Kündigungsschutzes sind für den Arbeitgeber in Deutschland sehr hoch. Daher ist häufig einzige
Trennungsmöglichkeit eine Aufhebungsvereinbarung.
Die Art und Weise des Umgangs mit dem Mitarbeiter entscheiden, ob der Trennungsprozess entweder langwierig und streitig,
oder eher einvernehmlich und in überschaubarer Zeit ablaufen wird. Das erste Trennungsgespräch ist daher von besonderer
Bedeutung.
Die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses ist eine höchst persönliche und regelmäßig sehr emotionale Angelegenheit. Ein
persönliches Gespräch ist daher alternativlos. Das oberste Gebot lautet: Respekt! Respekt vor der schwierigen Situation des
zu entlassenden Mitarbeiters, unabhängig davon, welche - vielleicht gar vom Mitarbeiter verursachte und verschuldete Gründe den Arbeitgeber zur Trennung veranlassen. Jede Trennung verursacht für den Mitarbeiter erhebliche wirtschaftliche,
emotionale und oft auch soziale Probleme, die es im Trennungsszenario zu berücksichtigen gilt. Eine unangekündigte E-Mail
oder ein lapidarer Brief nach Hause, in dem der Arbeitgeber die Trennungsabsicht mitteilt, sind schwere taktische Fehler, die
als Respektlosigkeit aufgefasst werden könnten und daher den gesamten Verlauf der Trennung erheblich belasten.
Wer sollte am Gespräch teilnehmen?
Der fachliche und disziplinarische Vorgesetzte des Mitarbeiters sollte das erste Gespräch alleine führen. Bei Führungskräften
sollten Geschäftsführer, Vorstand oder bei Trennung von Organen der Vorsitzende des Aufsichts- oder Beirats oder der
Gesellschafterversammlung das Gespräch persönlich führen. Einwände eines vollen Terminkalenders oder eines weiten
Anreisewegs oder andere "Ausreden", das Gespräch nicht persönlich führen zu können, sind kontraproduktiv und ein
mögliches Zeichen von Führungsschwäche, die den Trennungsverlauf beeinträchtigen können.
Ein Kardinalfehler ist es, eine nicht entscheidungsbefugte oder dem zu entlassenden Mitarbeiter bisher unbekannte Person
das Gespräch führen zu lassen. Ein noch größerer Fehler ist es, zum ersten Gespräch einen Anwalt mitzubringen, oder diesen
gar als alleinigen Überbringer der Trennungsbotschaft vorzuschieben.
Der Zeitpunkt des Gesprächs sollte einerseits so gewählt werden, dass operativ keine Beeinträchtigungen zu befürchten sind,
wenn der Mitarbeiter nach dem Gespräch freigestellt wird oder - wie nicht selten - arbeitsunfähig erkrankt. Andererseits sollte
das Gespräch auch nicht auf den letzten Drücker, zum Beispiel am letzten Tag vor Beginn der Kündigungsfrist stattfinden. Je
mehr Zeit der Mitarbeiter hat, sich mit dem Trennungswunsch des Arbeitgebers auseinander zu setzen und sich beruflich neu
zu orientieren, desto weniger Anlass besteht für den Mitarbeiter, um jeden Monat einer Verlängerung des Arbeitsverhältnisses
zu kämpfen. Das Gespräch sollte daher so früh wie operativ möglich geführt werden.
Gespräche am Tag des Betriebsjubiläums des Mitarbeiters, an dessen Geburtstag oder am Tag des Betriebsausflugs oder der
Weihnachtsfeier verbieten sich.
Wo sollte das Gespräch stattfinden?
Der Gesprächsort sollte diskret und für unbeteiligte Personen unzugänglich sein. Am besten ist das Büro des Vorgesetzten
geeignet. Das Gespräch sollte auf Augenhöhe stattfinden, also nicht am Schreibtisch des Chefs, sondern an einem
Besprechungstisch. Der Vorgesetzte sollte dafür sorgen, dass es unter keinen Umständen während des Trennungsgesprächs
zu Störungen durch Telefonate oder persönliche Besuche kommt.
Die wichtigste Botschaft im Trennungsgespräch ist der unmissverständliche und unabänderbare Trennungswunsch des
Arbeitgebers. Er sollte gleich zu Beginn des Gesprächs fallen. Der Vorgesetzte sollte klar machen, dass es keine Alternative
zur Trennung gibt. Kann der Mitarbeiter den berechtigten Eindruck gewinnen, der Arbeitgeber sei noch unentschlossen oder
es gäbe noch Möglichkeiten, den Arbeitgeber umzustimmen, wird er alles versuchen, den Vorgesetzten von seinem Vorhaben
abzubringen. Diese Situation erschwert und verzögert den Trennungsprozess erheblich.
Der Vorgesetzte sollte in aller Kürze die Trennungsgründe darlegen und zwar anhand nachvollziehbarer und überprüfbarer
Fakten. Ohne Bedeutung ist hierbei, ob die Trennungsgründe aus juristischer Sicht Kündigungsgründe darstellen können.
Wichtig ist, dass der Mitarbeiter den unabänderlichen Trennungswunsch des Arbeitgebers nachvollziehen kann - auch wenn
es ihm schwer fallen wird, das zu akzeptieren. Der Vorgesetzte sollte auch aufzeigen, welche alternativen Überlegungen wie
eine etwaige Weiterbeschäftigung an einem anderen Arbeitsplatz oder eine Versetzung in einen anderen Betrieb geprüft und
mit welcher Begründung diese Alternativen ausgeschlossen wurden.
Das Gespräch muss sehr gut vorbereitet sein. Auf die in aller Regel entstehende Verteidigungshaltung des Mitarbeiters muss
der Vorgesetzte alle Antworten parat haben, gegebenenfalls auch durch aussagekräftige Unterlagen unterstützt. Auch sollte
der Arbeitgeber eine Antwort auf die Frage parat halten, was denn im Falle eines Scheiterns einer einvernehmlichen Lösung
passieren würde. Hier kann nur die Kündigung als nächste Eskalationsstufe ins Feld geführt werden.
Die Vorlage eines Entwurfs eines Aufhebungsvertrags bereits im ersten Trennungsgespräch will wohl überlegt sein.
Regelmäßig ist der Mitarbeiter hierdurch überfordert. Dies sollte erfahrungsgemäß erst Thema eines zweiten Gesprächs sein.
Vorbereitung auf emotionale Reaktionen des Mitarbeiters
Der Vorgesetzte sollte sich mit der emotionalen Situation des Mitarbeiters, der gerade vom Trennungswunsch erfahren hat,
auseinandersetzen und sich auch auf heftige emotionale Reaktionen des Mitarbeiters einstellen. Der Arbeitgeber sollte
mehrere Handlungsoptionen bereit halten, wie das Angebot, den Mitarbeiter im Anschluss an das Gespräch per Taxi nach
hause zu bringen, Gelegenheit zur sofortigen Freistellung oder Entlastung des Mitarbeiters von kurzfristig anstehenden
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Terminen und Aufgaben.
Das erste Trennungsgespräch sollte nicht länger als eine Stunde dauern. Endlose Diskussionen und Rechtfertigungen bergen
das Risiko, den Trennungswunsch zu verwässern. Außerdem besteht die Gefahr, sich in Details zu verzetteln und vom
eigentlichen Ziel des Gesprächs abzulenken, vom Ziel nämlich, ein Trennungsszenario einzuleiten.
Neben der Übermittlung des unabänderlichen Trennungswunsches sollte Ziel des ersten Trennungsgesprächs sein, die
nächsten Schritte auf dem Weg zu einer einvernehmlichen Lösung konkret terminlich und inhaltlich festzulegen. Eine zunächst widerrufliche - Freistellung zur emotionalen Verarbeitung des Trennungswunschs für einen Zeitraum von ein bis zwei
Wochen ist ebenso sinnvoll, wie die konkrete Vereinbarung eines zweiten Besprechungstermins noch innerhalb des
Freistellungszeitraums, dann durchaus auch mit anderen Beteiligten wie Personalleiter, Outplacementberatern oder Anwälten.
Der Arbeitgeber sollte schon im ersten Trennungsgespräch einen klaren zeitlichen Rahmen vorgeben, innerhalb dessen die
Trennungsvereinbarung verhandelt sein muss. Ein Zeitraum von vier bis sechs Wochen ist völlig ausreichend.
Im Verlauf der Verhandlungen sollte der Arbeitgeber Trennungsbedingungen anbieten, die die wirtschaftlichen und rechtlichen
Risiken eines aus seiner Sicht verlorenen Kündigungsschutzprozesses zumindest teilweise abdecken und die es dem
Mitarbeiter leichter machen, die Trennung zu akzeptieren. Ein "teurer" Aufhebungsvertrag ist aus Sicht des Arbeitgebers
regelmäßig wirtschaftlich und aus betrieblichen Gründen immer noch sinnvoller, als ein verlorener Kündigungsschutzprozess.
Mitteilung weiterer Schritte im Falle des Scheiterns der Verhandlungen
Sollte bis zum vorgegebenen Termin keine Einigkeit über die Trennungsbedingungen erzielt sein, muss der Arbeitgeber
seinen Trennungswunsch anders versuchen umzusetzen, regelmäßig mit einer Kündigung. Dies sollte der Vorgesetzte dem
Mitarbeiter bereits im ersten Trennungsgespräch mitteilen. Auch hier ist es unerheblich, ob die in Aussicht gestellte Kündigung
juristisch angreifbar - wie in den meisten Fällen - oder haltbar ist. Wichtig ist die Botschaft, dass eine Rückkehr des
Mitarbeiters an den Arbeitsplatz ausgeschlossen ist.
Je besser ein Trennungsgespräch inhaltlich und von den Rahmenbedingungen vorbereitet ist und je klarer die Regeln für die
Trennungsverhandlungen vorgegeben werden, desto eher wird es zu einer einvernehmlichen Lösung kommen.
Je respektvoller der Arbeitgeber den Mitarbeiter in der für ihn schwierigen Situation der Trennung behandelt, desto geringer ist
das Risiko einer endlosen und teuren Auseinandersetzung bei der Trennung.
Stefan Röhrborn ist Mitgründer und Partner der Arbeitsrecht-Kanzlei vangard.
Stefan Röhrborn
Quelle:
manager-magazin.de vom 13.05.2015
Dokumentnummer:
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