Leitfaden zur Gesprächsführung mit psychisch belasteten Mitarbeitern

Leitfaden zur Gesprächsführung mit psychisch belasteten Mitarbeitern Vorbereitung Seelische Beeinträchtigungen und psychische Erkrankungen stellen im Arbeitsleben besondere Anforderungen an Führungskräfte und andere Funktionsträger wie Personalverantwortliche und Betriebsräte. So unterschiedlich und vielfältig Menschen in ihrer Persönlichkeit sind, so unterschiedlich äußern sich auch Merkmale von seelischen Befindlichkeitsstörungen. Irritierend wirkende, manchmal sogar ängstigende Verhaltensweisen oder irrationales Vorgehen sind im Kontakt mit Menschen, die psychisch stark belastet sind, häufig vorzufinden. Mit unserem Leitfaden möchten wir Ihnen daher Anregung und Orientierung bieten, damit Sie sich individuell und adäquat auf die jeweiligen Mitarbeitergespräche vorbereiten können. Zeit, Ruhe und eine gute Vorbereitung sind wichtige Voraussetzungen für den Verlauf eines Gespräches. Im Zentrum des Gespräches sollte der Aufbau einer vertrauensvollen Atmosphäre stehen, damit der Mitarbeiter sich öffnen kann und Ihre Angebote annehmen kann, ohne sich unter Druck gesetzt zu fühlen. Wie auch in anderen, schwierigen Führungssituationen achten Sie auf eine persönliche und geschützte Form der Ansprache des Mitarbeiters und bleiben Sie zitierbar. Tauschen Sie sich mit anderen Führungskräften und Vorgesetzten über diese schwierige Führungsaufgabe aus und lassen Sie sich von den Führungskräfteberatern im Fürstenberg‐Institut begleiten. Folgende Fragen sind hilfreich, um ein Gespräch mit einem psychisch belasteten Mitarbeiter vorzubereiten:  Was ist meine Grundhaltung / Einstellung zu dem Gespräch? Wie geht es mir als Führungskraft mit der Situation/dem Mitarbeiter? Bin ich emotional offen für ein Gespräch mit dem MA?  Wie geht das Team mit der Situation um? Wer ist noch betroffen? Welche Auswirkungen auf die Teamarbeit oder einzelne Kollegen gibt es ( z.B. Mehrarbeit, sich Sorgen machen, Konflikte)  Was ist das Ziel des Gespräches aus meiner Sicht? Was hat sich verändert, was ist mir aufgefallen? Kann ich es gut verantworten, dass er/sie noch arbeitet? Oder macht es mehr Sinn, dass der Mitarbeiter einen Arzt aufsucht und die Arbeit erst wieder aufnimmt, wenn er sich stabilisiert hat? Mit wem kann ich diese Fragestellungen erörtern? (eigene FK, HR, Betriebsarzt, Schwerbehindertenbeauftragte, Führungskräfteberatung Fürstenberg‐Institut) Das Gespräch 1. Wie möchten Sie das Gespräch einleiten? Wir empfehlen Ihnen einen authentischen Gesprächseinstieg. Wählen Sie einen zu der Arbeitsbeziehung passenden Einstieg. Signalisieren Sie, dass Sie sich Gedanken und Sorgen machen und dass Sie gerne mit dem Mitarbeiter darüber reden möchten. Machen Sie auch deutlich, dass Ihnen das Wohlbefinden des Mitarbeiters am Arbeitsplatz wichtig ist. „Herr Lehmann, wir haben früher viel gelacht, ich habe sie in den letzten Monaten nicht mehr lachen sehen!“ „Frau Müller, mir sind in letzter Zeit einige Dinge aufgefallen, über die ich mich gerne mit Ihnen austauschen möchte. Ist das in Ordnung für Sie?“ 2. Welche Sorgen und Gedanken möchten Sie ansprechen? Legen Sie Ihre Rückmeldung als einen Dialog an. Vermeiden Sie eine monologische Aufzählung, sondern bitten Sie den Mitarbeiter immer wieder um eine Selbsteinschätzung dazu. Beobachten Sie die Reaktion des Mitarbeiters auf Ihre Aussagen. 1 a.
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Was ist mir bei dem persönlichen Auftreten/Erscheinungsbild des Mitarbeiters aufgefallen? Zum Beispiel: Wirkt reizbar, fühlt sich schnell angegriffen, verwickelt sich in Konflikte mit anderen Kollegen Auffallend sensibel oder zurückgezogen Sieht blass und matt aus Stöhnen und klagen Lustlosigkeit b. Was ist mir arbeits‐ und leistungsbezogen aufgefallen? Zum Beispiel: ‐ Anzeichen von Überforderung ‐ Fehlerhäufigkeit ‐ Vergesslichkeit ‐ Beschwerden von anderen ‐ Hohe Bereitschaft zu Überstunden ‐ Arbeit trotz Urlaub und Krankschreibung 3.
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Zu welchem Zwischenergebnis kommen Sie? Was ist Ihr Eindruck? Wie schätzen Sie den Leidensdruck Ihres Mitarbeiters ein? Wo bestehen Unterschiede zwischen der Selbst‐ und Fremdeinschätzung? Bleiben Sie ruhig bei Ihrer Sichtweise, wenn Ihnen diese realistisch erscheint, auch wenn der Mitarbeiter eine andere Perspektive hat. Wenn möglich, tauschen Sie sich über Ihre gemeinsamen und unterschiedlichen Einschätzungen aus. Lassen Sie den Mitarbeiter zu Wort kommen. Sollte der Mitarbeiter viel von seinen persönlichen Themen erzählen, schätzen Sie bitte selbst ein, wie weit Sie sich darauf einlassen wollen und setzen Sie entsprechende Grenzen. Eigenverantwortung: Wie schätzen Sie die Eigenverantwortung und Motivation des Mitarbeiters ein, etwas positiv zu verändern? Wie können Sie die Motivation und die Fähigkeit zur Selbsthilfe des Mitarbeiters anregen, ansprechen und fördern? Signalisiert Ihnen der Mitarbeiter, dass er Hilfe annehmen möchte oder benötigt? Besprechen Sie mit dem Mitarbeiter konkret, was er tun kann, um seine Situation zu verbessern. Unterstützung und Hilfe durch andere: Fragen Sie Ihren Mitarbeiter, wie Sie ihn als direkte Führungskraft unterstützen können. Können Sie am Arbeitsplatz etwas verändern, damit es ihm besser geht? Wie könnten das Team und die Kollegen hilfreich einwirken? Gibt es etwas was die Mitarbeiter wissen sollten, damit sie sich einstellen, Verständnis entwickeln können? Gibt es Kollegen am AP, die ggfls. unterstützend einwirken können? Formulieren Sie am Ende des Gesprächs klare Empfehlungen und treffen Sie, wenn möglich, Vereinbarungen. Welche ersten Lösungsschritte gibt es? Welche Unterstützung können Sie als Führungskraft anbieten? Empfehlen und unterstützen Sie den Mitarbeiter, Hilfe in Anspruch zu nehmen, und nennen Sie konkrete Hilfsangebote (z.B. externe Mitarbeiterberatung des Fürstenberg‐Instituts, Betriebsarzt). Die Entscheidung dafür sollten Sie ihm überlassen. Vereinbaren Sie einen neuen Gesprächstermin innerhalb der nächsten 2‐4 Wochen, um zusammen mit dem Mitarbeiter in Folgegesprächen zu überprüfen, wie sich die getroffenen Vereinbarungen ausgewirkt haben und steuern Sie gegebenenfalls nach. 2 Sie stehen nicht allein: Hilfreiche Ansprechpartner für psychisch belastete Menschen Folgende Ansprechpartner können zur weiteren Unterstützung des betroffenen Mitarbeiters fungieren. Informieren Sie Ihren Mitarbeiter bei Bedarf über diese Ansprechpartner. Sie können sich auch gern mit unseren Führungskräfteberatern abstimmen, wer im besten Falle hinzuzuziehen wäre. Externe Mitarbeiterberatung und Führungskräfteberatung des Fürstenberg‐Instituts: 0800 3877836 ‐
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Betriebsarzt Schwerbehindertenvertreter/ Betriebsrat Integrationsamt: www.integrationsaemter.de Telefonseelsorge in Deutschland: 0800‐1110111 oder 0800‐1110222 Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychiatrische Notfallpraxen oder Krisendienste vor Ort 3