66 PLÄNE FÜR EIN NEUES ÖSTERREICH – ARBEIT UND SOZIALES PLÄNE FÜR EIN NEUES ÖSTERREICH – GLEICHBEHANDLUNG 67 E s werden diejenigen unterstützt, die Unterstützung brauchen, und nicht diejenigen, die wissen, wie sie das Sozialsystem ausnützen können. GLEICHBEHANDLUNG VON FRAUEN UND MÄNNERN AM ARBEITSMARKT D a es nur eine auszahlende Stelle gibt, können Bedürftige besser identifiziert und Missbrauch einfacher reduziert werden. DIE HERAUSFORDERUNG Treffsicher Arbeitslosigkeit D ie Aufgaben des AMS werden an jene von privaten Personalvermittlungsagenturen angepasst, mit einer qualifizierten und individuellen Beratung für Arbeitssuchende. Keine Massenschulungen und „Alibi-Kurse“. A ngebot von Mentoring-Programmen für Selbständige. Auch zur Prävention von Insolvenzen. B ildungskonto (siehe NEOS-Positionen zur Bildungspolitik). Pensionen (siehe auch NEOS-Positionen zu Pensionen) G eblockte Altersteilzeit abschaffen. S ofortige Angleichung des Pensionsantrittsalters von Männern und Frauen. A ngleichung des faktischen Pensionsantrittsalters an das gesetzliche. S treichung der Hacklerregelung. Der Arbeitsmarkt in Österreich ist sowohl horizontal (nach Branchen) als auch vertikal (nach Hierarchieebenen) nach Geschlechtern geteilt. Das wird im internationalen Rahmen, beispielsweise von UNO, EU und OECD immer wieder kritisiert. Die Berufswahl von Jugendlichen findet stark entlang der Geschlechterstereotypen statt. Das zeigt sich auch am Gehaltsunterschied zwischen Männern und Frauen, der sich nicht in der Geschwindigkeit verringert, in der es wünschenswert wäre. Kollektivverträge und andere generelle Entgeltvorschriften schreiben je nach Branche unterschiedliche Lohnund Gehaltsniveaus fest. Dabei ist zu beobachten, dass Branchen mit hohem Frauenanteil zu einem niedrigeren Entlohnungsniveau tendieren. Dieses Phänomen zeigt sich auch innerhalb der jeweiligen Branchen und Unternehmen (bspw. Textil- und Metallindustrie; Finanzund personenbezogene Dienstleistungen). Der Gender Pay Gap hat gesellschaftlich große Auswirkungen: Zum einen auf die Pensionshöhe, sodass das Risiko der Altersarmut überwiegend Frauen trifft. Zum anderen beeinflusst er die familiäre Rollenaufteilung hinsichtlich der Betreuungspflichten von Kindern oder anderen Familienangehörigen. Die Gleichstellung der Geschlechter in Beruf und Familie hängt stark mit der Aufteilung der unbezahlten Arbeit zusammen. Unbezahlte Arbeit innerhalb der Familie ist in der gesellschaftlichen Wahrnehmung stark mit Frauen verknüpft und sie wird in der Realität hauptsächlich von diesen getragen. Das ist ein wesentlicher Grund, warum vor allem Frauen in atypischen Beschäftigungsverhältnissen tätig sind (z.B. Teilzeit und geringfügige Beschäftigung). Diese Beschäftigungsverhältnisse bieten nur eine geringe wirtschaftliche Absicherung, weshalb überwiegend Frauen in hohem Maße von anderen finanziell abhängig sind. Dadurch steigt auch das Risiko einer Armutsgefährdung im Alter. Ein weiteres Problem stellt die Tabuisierung von Einkommen dar, die so weit geht, dass in manchen Dienstverträgen explizit untersagt wird, über die jeweilige Entlohnung zu sprechen. Dabei stellt die mangelnde Transparenz bei der Entlohnung eines der größten Probleme dahingehend dar, dass Arbeitnehmer_innen ihren Anspruch auf diskriminierungsfreies Entgelt 68 PLÄNE FÜR EIN NEUES ÖSTERREICH – GLEICHBEHANDLUNG schwer verhandeln oder gerichtlich durchsetzen können. Die rechtlichen Möglichkeiten im Gleichbehandlungsgesetz bieten zwar einen Rahmen für individuelle Rechtsdurchsetzung, legen aber keine zielführenden Maßnahmen fest, um strukturelle Diskriminierung zu beseitigen. DIE VISION Gleichberechtigung ist ein Menschenrecht. Sie bedeutet, die vielfältigen Unterschiede zwischen Menschen anzuerkennen und ihre Gleichwertigkeit zu respektieren. Alle politischen Maßnahmen wenden sich aktiv gegen Einschränkungen der Gleichberechtigung aufgrund von Geschlecht, ethnischer Zugehörigkeit, Religion, Weltanschauung, Alter oder sexueller Orientierung. In einer offenen Gesellschaft werden die rechtlichen Rahmenbedingungen laufend an das sich wandelnde Leistungs- und Rollenverständnis angepasst. Die Politik trägt den wachsenden Ansprüchen der Menschen auf Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung – auch in der Wahl der Lebensformen – Rechnung. Damit die Forderung nach Gleichberechtigung keine leere Floskel bleibt, werden gleichzeitig die Voraussetzungen für ihre Inanspruchnahme geschaffen. Auf dem Arbeitsmarkt wird Arbeit nach geschlechtsneutralen Kriterien bewertet. Berufliche Tätigkeiten und Arbeitsbedingungen sind in Kollektivverträgen gendergerecht beschrieben und bewertet. Unterschiedlichen Kollektivverträgen liegen dabei dieselben Kriterien zugrunde, sodass bspw. körperlich anstrengende Tätigkeiten nicht nur im Rahmen industrieller Arbeit, sondern auch in pflegenden Berufen bewertet werden. Die Entlohnung basiert ausschließlich auf sachlichen Kriterien. Die Ausbildungs- und Berufswahl erfolgt nach Talenten und Interessen, weil berufliche Tätigkeiten mit Elternschaft und anderen Pflegetätigkeiten vereinbar sind. Das Verhältnis von Familienzeit und Arbeitszeit wird als ausgewogen erlebt. Die Elternteile sind gleich berechtigt und gleich verpflichtet. Sie können diese Gestaltungsfreiheit besser nutzen, ohne von äußeren Zwängen eingeschränkt zu werden. Der Kinderwunsch kann unter optimalen Bedingungen realisiert werden. Es gibt ausreichend qualitativ hochwertige Kinderbetreuungseinrichtungen. Insbesondere im ländlichen Raum gibt es vermehrt Kinderbetreuungseinrichtungen, die an Betriebe angegliedert sind, um langen Anfahrtswegen zu begegnen. Eltern haben dadurch echte Wahlfreiheit hinsichtlich der von ihnen angestrebten Arbeitszeit und Arbeitstätigkeit. PLÄNE FÜR EIN NEUES ÖSTERREICH – GLEICHBEHANDLUNG 69 Führungstätigkeiten sind auch in flexiblen Arbeitszeitmodellen möglich. Frauen und Männer werden bei Beförderungen in gleicher Weise berücksichtigt. Väter nehmen Karenz und Elternteilzeit ebenso in Anspruch wie Mütter. Eltern werden als wertvolle Mitarbeiter_innen betrachtet, die zusätzliche Erfahrungen, Fähigkeiten und Sichtweisen in die Unternehmen bringen. LEITLINIEN UND MASSNAHMEN S tereotype durch Bildung aufbrechen: Bereits in Kindergärten, Volksund Mittelschulen müssen Geschlechterstereotype vermieden werden, beispielsweise durch die Verwendung sensibler Unterrichtsmaterialien. Es bedarf aber auch der Gestaltung von bewusstseinsbildenden Prozessen in Unternehmen, in öffentlichen Einrichtungen und im öffentlichen Raum. Damit sollen festgefahrene Rollenvorstellungen hinterfragt werden und ein möglichst breiter gesellschaftlicher Konsens für die Umgestaltung der Bewertungsmuster am Arbeitsmarkt und in der (unbezahlten) Sorgearbeit erreicht werden. A nalyse der Kollektivverträge und der sich daraus ergebenden Unterteilung von Branchen und Hierarchieebenen nach Geschlechtern, Erstellung eines Maßnahmenkataloges mit konkreten Handlungsanleitungen für gendergerechte Arbeitsbewertung (bspw. Anrechnung von Elternkarenzzeiten als Dienst- und Vordienstzeiten) als Auftrag an die zuständigen Gremien. D er in den Gleichbehandlungsgesetzen vorgesehene Einkommensbericht entspricht in der derzeitigen Ausgestaltung nicht einer tatsächlichen Analyse. Dies liegt unter anderem an den gesetzlich nicht ausgereiften Vorgaben. Die Anforderungen und Aussagen, die der derzeitige Einkommensbericht bereitstellt, sind dementsprechend zu adaptieren und zu präzisieren und im Sinne einer wirklichen Analyse umzugestalten. U m Armut und Armutsgefährdung zu begegnen, braucht es personenstatt haushaltsbezogener Parameter bei der Bemessung von Sozialleistungen. Nur so wird auch das gerade bei Frauen auftretende verdeckte Armutsrisiko sichtbar gemacht. B ereits jetzt gibt es zahlreiche private und staatliche Zertifizierungen für Unternehmen im Bereich der Gleichbehandlung, Diversität und zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Auftragsvergaben des Bundes, der Länder und der Gemeinden haben diese Zertifizierungen bei der Auftragsvergabe positiv zu berücksichtigen.
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