Unbezahlter Urlaub – Britta Schwalm, Dipl.-Finw. (FH) Holm Geiermann, Christoph Fleige – TK Lexikon Steuern – 5. Oktober 2015 Unbezahlter Urlaub Zusammenfassung HI630754 LI1930073 Begriff Unbezahlter Urlaub ist eine vom Arbeitnehmer mit dem Arbeitgeber vereinbarte Freistellung von der Arbeit, jedoch ohne Fortzahlung der Bezüge. Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt gilt arbeitsrechtlich als fortbestehend, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert. Sozialversicherungsrechtlich besteht das Arbeitsverhältnis bei unbezahltem Urlaub längstens für einen Monat weiter. Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung Arbeitsrecht: Der unbezahlte Urlaub ist gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt, wohl aber bestimmte Arten von Freistellungen, etwa bei Elternzeit oder der Pflege naher Angehöriger. Lohnsteuer: Unbezahlter Urlaub hat gem. R 39b.5 Abs. 2 Satz 3 LStR grundsätzlich keinen Einfluss auf den Lohnzahlungszeitraum. Sozialversicherung: Der Fortbestand eines Versicherungsverhältnisses bei Fortbestehen der Beschäftigung ohne Entgeltzahlung ist in § 7 Abs. 3 Satz 1 SGB IV geregelt. Die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung haben zu dieser Thematik am 28.10.2004 eine gemeinsame Verlautbarung veröffentlicht. Praxis-Beispiele Arbeitsunfähigkeit Beschäftigungsunterbrechung Ausschluss von Doppelansprüchen Feiertagsvergütung Urlaubsanspruch während Auszeit Arbeitsrecht HI6770613 Während des unbezahlten Urlaubs ruhen die Hauptleistungspflichten auf beiden Seiten. Das heißt der Arbeitgeber braucht kein Entgelt zu zahlen, der Arbeitnehmer ist nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet. Nebenabreden des Arbeitsvertrages wie ein Wettbewerbsverbot und Treue- und Fürsorgepflichten behalten aber ihre Gültigkeit. Auch ein evtl. bestehender Kündigungsschutz bleibt erhalten. Die Freistellung bei unbezahltem Urlaub muss immer im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber geschehen. Arbeitnehmer haben grundsätzlich keinen Anspruch auf unbezahlten Urlaub. Ausnahmen bestehen in den folgenden Fällen: 1. Der Arbeitgeber muss in einigen Fällen aufgrund seiner Fürsorgepflicht unbezahlten Urlaub gewähren. Das ist immer dann der Fall, wenn der Mitarbeiter in eine Notsituation gerät, z. B. wenn ein Familienmitglied plötzlich erkrankt. 2. Ein Tarifvertrag, Arbeitsverträge und Betriebsvereinbarungen können Ansprüche auf unbezahlten Urlaub vorsehen. Die Vereinbarungen regeln dann auch Fragen wie Voraussetzungen, maximale Dauer etc. Auch in diesen Fällen benötigt der Arbeitnehmer die Zustimmung des Arbeitgebers. 3. Gesetzliche Ansprüche bestehen beispielsweise bei der Pflege naher Angehöriger oder Kinder (§ 45 SGB V und §§ 2, 3 PflegeZG) und bei Elternzeit (§ 15 BEEG). 4. Ein Anspruch auf unbezahlten Urlaub kann sich schließlich auch aus einer betrieblichen Übung [ 1 ] ergeben. Unter betrieblicher Übung versteht man die regelmäßige Wiederholung eines bestimmten Arbeitgeberverhaltens mit der Folge, dass bei den Arbeitnehmern der Eindruck einer Gesetzmäßigkeit bzw. eines Brauchs entsteht. [ 2 ] Hat ein Arbeitgeber also in vergleichbaren Fällen dreimal hintereinander unbezahlten Urlaub gewährt, besteht für die Belegschaft ein Anspruch darauf. Hat ein Beschäftigter über mehrere Monate unbezahlten Sonderurlaub, ändert dies nichts am Entstehen des gesetzlichen Urlaubsanspruchs. Der Arbeitgeber darf den Erholungsurlaub in solchen Fällen nicht kürzen, so das Bundesarbeitsgericht (BAG): Bei längerem unbezahltem Sonderurlaub ruhen zwar die Hauptleistungspflichten, der gesetzliche Urlaubsanspruch des Mitarbeiters besteht aber in voller Höhe. [ 3 ] Der gesetzliche Urlaubsanspruch aus § 1 BUrlG setzt nur den rechtlichen Bestand des Arbeitsverhältnisses und die einmalige Erfüllung der Wartezeit (6 Monate) voraus. Er besteht daher auch im ruhenden Arbeitsverhältnis. Soweit es keine gesetzlichen Sonderregelungen gibt, wie z. B. bei der Elternzeit und der Pflegezeit, darf er auch nicht gekürzt werden. Für den über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehenden Urlaubsanspruch können tarif- oder einzelvertraglich Kürzungsregelungen vereinbart werden. Die Frage, ob bei unbezahlten Freistellungen Urlaub entsteht und besteht, ist häufig auch tarifvertraglich festgelegt. Lohnsteuer 1 Lohnsteuerberechnung HI632653 HI7220154 Bei unbezahltem Urlaub eines Arbeitnehmers ergeben sich lohnsteuerlich keine Besonderheiten. Wichtig ist, dass aufgrund des unbezahlten Urlaubs kein Teillohnzahlungszeitraum [ 4 ] entsteht. Solange das Dienstverhältnis fortbesteht, sind auch solche in den Lohnzahlungszeitraum fallende Arbeitstage mitzuzählen, für die der Arbeitnehmer keinen steuerpflichtigen Arbeitslohn bezogen hat. [ 5 ] Ein Teillohnzahlungszeitraum entsteht bei einem monatlich entlohnten Arbeitnehmer immer nur dann, wenn der Anspruch auf Arbeitslohn nicht für einen vollen Monat besteht, also wenn das Beschäftigungsverhältnis während eines Monats beginnt oder endet. Lohnzahlungszeitraum ist der Zeitraum, für den jeweils der laufende Arbeitslohn gezahlt wird, z. B. Monat, Woche oder Tag. [ 6 ] Erhält der Arbeitnehmer unbezahlten Urlaub, ist der für die verbleibenden Arbeitstage eines monatlichen Lohnzahlungszeitraums gezahlte (geringere) Arbeitslohn nach der Monats-Lohnsteuertabelle zu besteuern. [ 7 ] Lohnsteuer-Jahresausgleich durch den Arbeitgeber Im Übrigen kommt unbezahlter Urlaub, auf das Jahr gesehen, einem schwankenden Arbeitslohn gleich und führt deshalb i. d. R. im Lohnsteuer-Jahresausgleich durch den Arbeitgeber zu einer Lohnsteuererstattung. [ 8 ] 2 Aufzeichnungspflicht Großbuchstabe U HI7220155 Unbezahlter Urlaub von mindestens 5 zusammenhängend verlaufenden Arbeitstagen im Kalenderjahr muss auf der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung und im Lohnkonto durch Eintragung des Großbuchstabens U (= Unterbrechung) vermerkt werden. [ 9 ] Ebenso muss die Anzahl der Unterbrechungen auf der Lohnsteuerbescheinigung eingetragen werden, z. B. bei 2 Unterbrechungen die Zahl "2". Der Zeitraum der Unterbrechung ist nicht einzutragen. [ 10 ] Sozialversicherung 1 Gültigkeit für alle Zweige der Sozialversicherung HI632654 HI2067728 Die Regelung des Fortbestehens des Beschäftigungsverhältnisses für längstens einen Monat ist einheitlich für alle Zweige der Sozialversicherung anzuwenden. Die Versicherungspflicht besteht für die Dauer der Arbeitsunterbrechung ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung fort. Dabei wird nicht vorausgesetzt, dass die Dauer der Arbeitsunterbrechung von vornherein befristet ist. Die Versicherungspflicht bleibt daher auch für einen Monat erhalten, wenn die Dauer der Arbeitsunterbrechung nicht absehbar oder die Unterbrechung von vornherein auf einen Zeitraum von mehr als einem Monat befristet ist. Für die Dauer des unbezahlten Urlaubs besteht mangels Arbeitsentgelt keine Beitragsbemessungsgrundlage. Für die Berechnung der Beitragsbemessungsgrenzen wird diese Zeit (soweit die Monatsfrist nicht überschritten wird) jedoch berücksichtigt. 2 Meldungen bei Überschreiten der Monatsfrist HI2067729 Nimmt ein Arbeitnehmer unbezahlten Urlaub, endet die entgeltliche Beschäftigung. Da während des unbezahlten Urlaubs in der Regel kein Arbeitsentgelt gezahlt wird, werden für die Zeit des unbezahlten Urlaubs auch keine Sozialversicherungsbeiträge aus dem Beschäftigungsverhältnis erhoben. Der Versicherungsschutz bleibt jedoch für längstens einen Monat bestehen. Wird die Monatsfrist überschritten, ist eine Abmeldung zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung an die Einzugsstelle zu senden. Die Monatsfrist beginnt mit dem ersten Tag der Arbeitsunterbrechung. Sie endet mit dem Ablauf desjenigen Tages des nächsten Monats, welcher dem Tag vorhergeht, der durch seine Zahl dem Anfangstag der Frist entspricht. Fehlt dem nächsten Monat der für den Ablauf der Frist maßgebende Tag, dann endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats. Praxis-Beispiel Berechnung der Monatsfrist Letzter Tag der entgeltlichen Beschäftigung: Montag, 22.9. Beginn der Monatsfrist: Dienstag, 23.9. Ende der Monatsfrist: Mittwoch, 22.10. Nach Ende des unbezahlten Urlaubs ist der Arbeitnehmer neu anzumelden. [ 11 ] Die Anmeldung ist dabei mit der ersten folgenden Lohn- und Gehaltsabrechnung, spätestens innerhalb von 6 Wochen nach Wiederaufnahme der Beschäftigung, mit dem Meldegrund "13" (Anmeldung wegen sonstiger Gründe: Anmeldung nach unbezahltem Urlaub) zu erstatten. Darüber hinaus ist in diesen Fällen eine sogenannte Unterbrechungsmeldung erforderlich, mit der der Einzugsstelle (und damit auch dem Rentenversicherungsträger) das Ende der Entgeltzahlung gemeldet wird. Die Meldung über das Ende der Entgeltzahlung muss (statt dem Beginn des unbezahlten Urlaubs) das Ende des Monats enthalten, in dem der unbezahlte Urlaub beginnt. Die Meldung ist auch erforderlich, wenn der unbezahlte Urlaub noch im Folgemonat endet, die Monatsfrist jedoch überschritten wird. Soweit die Monatsfrist nicht überschritten wird, sind keinerlei Meldungen erforderlich. [ 1 ] Vgl. Gr. 2 Betriebliche Übung. [ 2 ] BAG, Urteil v. 28.10.1987, 5 AZR 518/ 85. [ 3 ] BAG, Urteil v. 6.5.2014, 9 AZR 678/12. [ 4 ] BAG, Urteil v. 6.5.2014, 9 AZR 678/12. [ 5 ] R 39b.5 Abs. 2 Satz 3 LStR. [ 6 ] S. Lohnabrechnungszeitraum. [ 7 ] S. Lohnzahlungs- und Abrechnungszeiträume in der Entgeltabrechnung. [ 8 ] § 41 Abs. 1 Satz 5 EStG; § 4 Abs. 2 Nr. 2 LStDV. [ 9 ] § 41 Abs. 1 Satz 5 EStG; § 4 Abs. 2 Nr. 2 LStDV. [ 10 ] S. Arbeitsunterbrechung. [ 11 ] S. Meldungen.
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