SONDERDRUCK aus GESUNDHEIT 4/2010 Fotos: Schwarze FÜTTERUNG Das rohfaserreiche Futter scheint den Kühen zu schmecken und gut zu bekommen. Das Geheimnis der alten Kühe Zwölf von 75 Kühen der GAEC de la Fromière haben eine Lebensleistung von über 100 000 kg Milch, sechs davon sogar über 130 000 kg. Erstaunlich ist aber vor allem die durchschnittliche Laktationszahl von acht Jahren. FÜTTERUNG D Die Brüder Verlet, zwei der fünf Gesellschafter der GbR GAEC de la Fromière, sind stolz auf ihre alten und trotzdem leistungsstarken Kühe. Paris Jubécourt FRANKREICH BETRIEBSSPIEGEL GAEC DE LA FROMIÈRE ■ ■ ■ ■ ■ Elite 4/2010 5 Gesellschafter 75 HF-Kühe n 10 500 kg Milchleistung 8 Laktationen 500 ha ie Herde der GbR „GAEC de la Fromière“ ist mitt-lerweile in ganz Frankreich bekannt: 12 ihrer 75 HF-Kühe haben schon die 100 000 l Marke übertroffen. Die Herdenleistung liegt im Schnitt bei 10 591 kg und das bei durchschnittlich acht Laktationen und einer Remontierung von 12 %. Das erste Mal abgekalbt wird auf dem Betrieb mit 24 Monaten. Eine der besten Kühe hat mit 20 Lebensjahren und 14 Laktationen insgesamt 182 000 kg geschafft. Eine weitere ist bereits 19 Jahre, hat 14 Kälber und dabei bereits 164706 kg Milch gegeben. So ziehen sich diese Leistungen quer durch den Stall. In Frankreich wird die Lebensleistung einer Kuh ab der Geburt errechnet (Milch/Lebenstag). Die Herde der GAEC de la Fromière erreicht durchschnittlich 25 kg Milch/Lebenstag. Die deutschen Kühe haben zum Vergelich imDurchschnitt nur 13 kg/Lebenstag. Was ist also das Geheimnis der alten Kühe? Auffällig im Stall ist die Ruhe: Die Kühe liegen entspannt wiederkauend auf der großzügigen mit Stroh eingestreuten Liegefläche. „Dies liegt daran, weil die Pansenbakterien arbeiten. Die Kühe haben keine Bauchschmerzen und sind ruhig. Ohne Ruhe geben die Kühe keine Milch“, so der französische Fütterungsberater David Fleischer. Seiner Überzeugung nach sollte die Ration u.a. deshalb 0 % pansengeschütztes Eiweiß und maximal 18 % Stärke enthalten. Kein pansengeschütztes Eiweiß Was die Kuh für ein langes Leben braucht ist viel verdauliche Rohfaser und Eiweiß (aber nicht geschützt!). Das beste Eiweiß dabei ist Harnstoff, ist der Berater überzeugt. „Pansengeschütztes Eiweiß und zu viel Stärke sind Gift für Kühe und verhindern Langlebigkeit. Kühe sind keine Schweine,“ so Fleischer. Was sich zunächst für uns provokant anhört, schließlich stellt es sämtliche gelernte Fütterungstheorien auf den Kopf, wird in Frankreich erfolgreich praktiziert: Die Brüder Didier und Olivier Verlet, zwei der fünf Gesellschafter der „GAEC de la Fromière“ füttern nach dieser Philosophie schon seit über 20 Jahren. Die notwendige Energie in der Ration kommt aus Fetten und Rohfaser. „Ist der Pansen gut aufgebaut und liegt der pH-Wert bei 7, dann hat die Kuh keine Probleme den Harnstoff zu verwerten. Der Kot ist das beste Beispiel für den Erfolg der Fütterung“, meint der Berater und deutet auf einen Kuhfladen, „alles ist verdaut, man kann keine Rohfaser oder Maiskörner mehr im Kot finden.“ Fotos: Schwarze FÜTTERUNG Übersicht 1: Ration In der dicken Strohmatte liegen die Kühe gemütlich und können in Ruhe alt werden. Es ist nicht so, dass die GbR keine Erfahrungen mit pansengeschütztem Eiweiß hat. Sie setzte es ein Jahr lang ein. Doch es überzeugte sie nicht: Nach Aussagen von Olivier Verlet hatten 96 % der Kühe Fruchtbarkeitsprobleme und das obwohl in dem Betrieb seit zwölf Jahren keine Färse mehr aufgrund von Unfruchtbarkeit verkauft wurde und nur ein oder zwei Kühe innerhalb von zehn Jahren als nicht tragend abgegangen sind. 3,5% des eingesetzten Eiweißkonzentrats besteht in der heutigen Ration aus Harnstoff (Ration siehe Übersicht 1). Dabei liegt der Milchharnstoffgehalt bei 320 mg/kg Milch, der Milchfettgehalt bei 3,97% , der Milchproteingehalt bei 3,15 % und der Zellgehalt bei 130 000 Zellen/ml Milch. Lang geschnittener Mais 11 kg Mais (36 % TM) 3 kg Grassilage (45%) 1 kg Heu 0,5 kg Stroh 2 kg Zuckerrübenschnitzel 4 kg Eiweißfutter mit 43% Eiweiß (davon 3,5% Harnstoff, 60% Sojaschrot, 20% Sojabohnenschalen, Rapsschrot, Sonnenblumenkuchen) 0,35 kg Mineralstoffe Das Grundfutter in der Ration muss nach Verlet eine ordentliche Struktur haben. Wichtig ist, dass der Mais lang (25 mm) aber gut geschnitten wird. Um den Silierprozess zu unterstützen setzt die GbR Silier- bis zu 8 kg Eiweißpellets am Transponder (20 % Eiweiß, 7 % Fett, 15 % Rohfaser, 15 % Stärke, 12 MJ) Elite 4/2010 FÜTTERUNG mittel ein. Bei der Maisernte sollte das Blatt noch grün sein und das Korn die Milchreife erreicht haben. Bei der Grassilage setzt man bei der „GAEC de la Fromière“ ausschließlich auf Welsches Weidelgras (also nur Ackergras), welches alle zwei Jahre umbrochen wird. Geerntet wird bewusst um den 15. Juni (nach der Blüte) um nicht zu viel Zucker und scharfes Eiweiß im Gras zu haben (30% Rohfaser, 12 bis 13 % Rohprotein). Jünger darf das Gras nach Verlet nicht sein, denn vor Jahren hat er schlechte Erfahrungen mit jungem Gras gehabt: Das Gras schmeckte den Kühen nicht und sie hatten Durchfall- und Fruchtbarkeitsprobleme. Tierarztkosten: Nahezu Null Nun könnte man annehmen, dass eine solch harnstoffreiche Fütterung hohe gesundheitliche Risiken birgt. Doch die Tierarztkosten bei den Kühen liegen nahezu bei Null. So kommt der Tierarzt fast nur für die Kälber und zur Blauzungen- und BVD-Impfung. Zur Vorsorge bekommen die Kühe aber monatlich eine Leberreinigung, die bei 3,50 €/Kuh liegt. Klauenprobleme sind selten auf dem Betrieb. Hoher Kuhkomfort Doch die tollen Leistungen der alten Kuhherde allein auf die Fütterung zu schieben wäre wohl zu einfach. Anstatt Boxen hat der Stall eine großzügige Liegefläche mit Stroh. Diese wird zweimal täglich mit jeweils zwei Ballen Stroh eingestreut. Auch das wache Auge der Betriebsleiter für ihre Kühe spielt sicher eine große Rolle. Färsen werden nach zwei Milchkontrollen durchselektiert, in der dritten Laktation noch einmal. D. Schwarze Harnstoff schon beim Jungvieh Auch die GbR „GAEC des 2 Vallées“ (drei Brüder und ihre Ehefrauen) hat mit durchschnittlich sechs Laktationen und einer durchschnittlichen Milchleistung von 10 953 kg eine stabile Herde und setzt ebenfalls auf die Fütterung mit Harnstoff und Rohfaser, auch schon beim Jungvieh. So präsentieren die Brüder La Chambre ihr Jungvieh voller Stolz: viel Körpertiefe, lange Beine, kein Fett, großer Pansen. „So müssen künftige leistungsstarke und gesunde Milchkühe aussehen“, sind die Brüder überzeugt. Die Kälber bekommen während der Milchphase nur Stroh (kein Heu) und ein Spezialfuttermittel mit 14 % Eiweiß und 22 % Rohfaser. Ab dem zweiten Lebensmonat wird den Rindern Heu und zwei bis drei Kilogramm Eiweißfuttermittel mit Harnstoff (35 % Rohproteien, davon 2 % Harnstoff, 16 % Rohfaser, 8 bis 9 MJ) gefüttert. Mit Beginn der Besamungsphase (ab 15 Monaten) wird Ballensilage und Heu mit 1,5 kg/Tag Eiweißfuttermittel eingesetzt. Besamte Rinder kommen ab April auf die Weide. Die Abkalbungen sind auf dem Betrieb von März bis November geblockt. Erst zwei Monate vor dem Kalben bekommen die tragenden Tiere Maissilage. Dieser Sonderdruck wird mit besonderer Genehmigung des Landwirtschaftverlag GmbH, Hülsebrockstraße 2, 48165 Münster, herausgegeben.
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