Bei Anruf Termin ...?!

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Klaus Fink:
Bei Anruf Termin ...?!
Call-Center wie Sand am Meer, nahezu endlose Akquiselawinen und genervte Telefonteilnehmer, die im Schnitt etwa fünfmal in der Woche von den
Profi-Telefonierern angerufen werden – das ist die gegenwärtige Situation in
den USA, wenn es um Terminvereinbarungen im Direktmarketing geht. Folge:
78 Prozent aller Telefonkontakte werden vor dem Ende abgebrochen – von
den Angerufenen. Ein Phänomen, das über kurz oder lang über den großen
Teich zu uns herüberschwappen dürfte. Amerikanische Verhältnisse in der
fernmündlichen Terminvereinbarung? Klaus-J. Fink, Telefontrainer und Spezialist für Empfehlungsmarketing, gibt Anregungen, wie mit bewährten Strategien gegengesteuert werden kann.
Viele Verkäufer leiden früher oder später
unter einem Engpaß, nämlich an zu wenig
qualifizierten Verkaufsterminen, häufig der
Anfang vom Ende. Gerade der Direktvertrieb
ist bekanntlich von einer hohen Fluktuation
betroffen. Häufiger Grund: Viele Vertriebspartner dieser Unternehmen sind nach einiger Zeit nicht mehr in der Lage, über die ursprünglich vorhandenen Kontakte im Freundes- und Bekanntenkreis hinaus neue Kontakte herzustellen. Hilfsangebote sind rar,
denn die aktuelle Literatur zum Thema Verkauf setzt meist erst in der Situation nach der
Terminvereinbarung ein, nämlich beim Kunden vor Ort.
Deshalb ist der Vorwurf, daß selbst manch
gestandener Verkäufer sich lieber 30 Minuten
unter die kalte Dusche stelle, anstatt 30 Minuten „kalt“ zu akquirieren, nicht ganz an
VITA
Klaus-J. Fink, Jahrgang 1960, studierter
Jurist, sammelte sechs Jahre lang praktische Erfahrungen mit dem Verkauf von
steuerbegünstigten Immobilien und Kapitalanlagen, bevor er sich dem Telefonmarketing als Trainer zuwandte.
Bei marktführenden Unternehmen war
er für die Aus- und Weiterbildung von Telefonakquisiteuren und für das Telefontraining im Außendienst verantwortlich. Seit
mehr als zehn Jahren führt der gebürtige
Rheinländer neben Schulungen „rund um
das Telefon“ - auch für Direktvertriebsunternehmen - Training-on-the-job-Maßnahmen sowie Train-the-trainer-Seminare
durch.
den Haaren herbeigezerrt. Dennoch gibt es
Mittel und Wege, diesem Verkäufer-Greuel
das latent Dämonische zu nehmen und die
persönlichen Blockaden zu überwinden.
Das Kernproblem ist klar: Die Anruflawine
nimmt auch in Deutschland rapide zu, touchiert mancherorts schon die Belästigungsgrenze. War die gezielte Ansprache vor Jahren in vielen Branchen noch ein Novum, hört
man heute immer häufiger die Reaktion: „Sie
sind schon der fünfte, der mich in dieser Sache anruft.“ Gerade deshalb ist es wichtig,
sich von anderen Anrufern abzuheben. In
Zukunft, prophezeit Klaus-J. Fink, wird sich
nur noch derjenige durchsetzen können, der
dieses Thema hochprofessionell angeht. Das
dürfe natürlich nichts mit dem Abspulen von
Standardfloskeln oder dem Ablesen von auswendiggelernten Telefonskripten zu tun haben, sondern: „Es geht vielmehr darum, anhand ganz individuell zugeschnittener Gesprächsbausteine und durch die Arbeit an der
persönlichen inneren Einstellung seine eigene authentische verkäuferische Persönlichkeit zu trainieren.“
Letztlich gehe es darum, erläutert Fink, die
Fähigkeit des Verkäufers und seine Authentizität zu vermitteln, psychologisch und rhetorisch geschickt auf Standardsituationen zu
reagieren und so auf den Dialog Einfluß zu
nehmen.
„Der perfekte Aufschlag bei der
Telefonakquise? Da heißt es:
üben, üben, üben, bis
die Netzroller raus sind“
Ein Harry Potter der verkaufenden Zunft
müsse dabei aber niemand werden, beruhigt
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der praxiserfahrene Trainer: „Bleiben Sie sich
selbst treu, kommen Sie weg von Standardsprüchen, ausgelutschten Reaktionsmustern
und plumpem Kundenlob. Benutzen Sie einfach Ihre eigenen Worte. Sie verlieren dramatisch an Glaubwürdigkeit, wenn Sie dem
Kunden im direkten Gespräch möglicherweise als Verbal-Hochstapler mit auswendiggelerntem Fachchinesich gegenübersitzen.
Und reden Sie sich auf keinen Fall fest. Das
Gespräch sollte nach höchstens drei Minuten
mit einem konkreten Termin beendet worden
sein. Unterdrücken Sie auch Ihr Produktwissen, das gehört in das Verkaufsgespräch vor
Ort.“ Das Ziel einer erstklassigen Terminvereinbarung skizziert Klaus-J. Fink so: „Wenn
Sie es schaffen, den Kunden mit wenigen Sätzen neugierig zu machen und mit ihm einen
‚wasserdichten‘ Termin zu vereinbaren, ohne
daß Sie Ihr Produkt auch nur erwähnt haben,
dann haben Sie bis hierher alles richtiggemacht.“
Herr Fink, einer Ihrer Bausteine für die
erfolgreiche Telefonakquise heißt Arbeit
an der eigenen mentalen Einstellung. Wo
liegen denn die größten Widerstände?
„Es heißt zu recht, daß gute Verkäufer
sich von mittelmäßigen weniger durch andere Argumente oder Abschlußtechniken
unterschieden, sondern durch ihre innere
Einstellung. Das Match wird, wie Boris
Becker es einmal formulierte, zwischen den
Ohren gewonnen. Das gilt nicht nur für den
Sport, das ist auch im Business so. Innere
Blockaden und tiefsitzende Gewohnheiten
machen vielen Verkäufern das Leben schwerer, als es eigentlich sein müßte. Wenn man
aber die Hintergründe sozusagen ‚einleuch-
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tend ausleuchtet‘, geht auf einmal viel
mehr, als man es je erwartet hätte. Dazu gehört auch die Einsicht, daß es besser ist, fehlerhaft zu beginnen als perfekt zu zögern.“
Hört sich ganz so an wie ein Leitsatz für
den Direktvertrieb ....
„Dieses Prinzip ist wohl überall im Leben
gültig. Allerdings wird seine Wirksamkeit
gerade im Direktvertreib besonders deutlich.
Es heißt ja nicht umsonst, ‚während die Intellektuellen noch diskutieren, stürmen die
Entschlossenen schon die Burg‘. Sprich: Verzichten Sie auf Perfektion, halten Sie es am
besten einfach – und fangen Sie an. Mit zunehmendem Erfolg werden Sie sowieso immer besser.“
Wie kann man denn die Angst des Verkäufers vor dem Nein an der Sprechmuschel in den Griff kriegen, kann man da
überhaupt vorbauen?
„Ganz gewiß. Gehen Sie mit einem positiven Glaubenssatz an das Gespräch heran.
Fragen Sie sich auch, wieviel Neins Sie am
Telefon akzeptieren können, ohne daß es Sie
psychisch herunterzieht. Dabei sollte man
immer daran denken, daß es wohl nie eine
hundertprozentige Erfolgsquote geben wird.
Schon deshalb, weil es erfahrungsgemäß eine Gruppe von notorischen Neinsagern gibt,
bei der wahrscheinlich nicht einmal Thomas
Gottschalk einen Termin bekommen würde.
Absagen gehören in diesem Beruf dazu wie
Gegentore beim Fußball. Wer das akzeptiert,
nimmt Absagen nicht mehr persönlich. Mit
zunehmender Routine kommen viele sogar
zu einer herausfordernden Erkenntnis, nämlich daß kein
Nein ein endgültiges Nein ist.“
Und wenn, um beim Sport zu bleiben,
mal partout kein Termin-Tor mehr fallen
will?
„Dann gilt es wachsam zu sein. Wenn Sie
merken, daß Sie anfangen, kleinlaut auf
den Kunden zuzugehen, wenn bei mehreren
Gesprächen hintereinander keine Treffer zu
verzeichnen sind, ist es ratsam, erst einmal
eine Auszeit zu nehmen.“
Reicht denn ein Seminar aus, um künftig hochprofessionell auf seine Kunden
zugehen zu können?
„Auch hier können wir uns hervorragend
an den Gepflogenheiten von Spitzensportlern orientieren. Auch ein Boris Becker hat
in seiner Anfangszeit ganz sicher beim Aufschlag mehr Netzroller produziert, als ihm
lieb war. Um einen perfekten Aufschlag für
die Telefonakquise zustande zu bringen,
muß man ebenfalls eines tun: üben, üben,
üben, bis die Netzroller raus sind. Deshalb
müssen die Seminarinhalte immer wieder
trainiert werden. Mitten im Jobstreß ist das
oft gar nicht machbar. Das haben mir eine
Menge Teilnehmer bestätigt, die sich von
Zeit zu Zeit in meinen Seminaren einen
Nachschlag holen. Und es sind nicht wenige
mit einer langen Vertriebserfahrung dabei.
Sie haben erkannt, daß man immer am Ball
bleiben muß, sich immer wieder auf den
Prüfstand begeben muß, wenn man wirklich
gut bleiben oder sich verbessern will.“
Abschließend noch eine prinzipielle
Empfehlung?
„Gehen Sie immer positiv aus dem Gespräch heraus - dann haben Sie eine zweite Chance für einen Anruf.“
SEEWO
Acht Profitips für Telefontermine
1. Konzentrieren Sie Ihre Energie darauf, eine ausreichende Anzahl von Verkaufsterminen
zu erhalten
2. Überprüfen Sie Ihre persönlichen Glaubenssätze bezüglich Zielgruppe und Anrufzeitpunkt etc., versuchen Sie, positiv auf neue Kontakte zuzugehen.
3. Die strategisch richtige Nutzung des Telefons ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Legen Sie
Ihre eigene Strategie fest.
4. Denken Sie stets an das „Gesetz der Zahl“: jeder Anrufer, der Sie ablehnt, bringt Sie ein
Stück näher zum nächsten Kunden.
5. Höfliche Hartnäckigkeit hilft! Ein Verkäufer, der zu früh aufgibt, beleidigt den Kunden.
6. Formulieren Sie für Ihr Produkt/Ihre Branche einige zündende Gesprächseröffnungen,
die mit Ihrem Sprachgebrauch übereinstimmen.
7. Prüfen Sie, welche typischen Kundenreaktionen in Ihrer Branche verstärkt auftreten und
mit welchen Strategien der Einwandbehandlung Sie Ihnen entgegentreten können.
8. Sichern Sie die Einhaltung des Termins durch Wiederholung von Zeit und Ort, und fixieren Sie diese Abmachung gegebenenfalls durch ein weiteres Telefonat.
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