Wiehl, März 2016 Es ist allgemein bekannt, dass man im Orient viel

Wiehl, März 2016
Es ist allgemein bekannt, dass man im Orient viel und gerne gestikuliert. Diese Art
der Kommunikation ist bei den Arabern besonders ausgeprägt, daher möchte ich
auf einige Gesten, aber auch Tabus besondere Aufmerksamkeit lenken:

Zeigen Sie niemals mit dem Finger auf andere Menschen, deren Gesichter oder
gegen den Himmel. So wird nämlich die niedere Rangstellung des Zielobjektes
verdeutlicht. Daher ist diese Geste höchstens gegenüber Tieren akzeptabel.

Jemand mit dem Fingerwink zu sich zu bestellen gilt als unhöflich und beleidigend.
Selbst wenn Sie den Kellner zu sich rufen wollen, heben Sie bitte die Hand und
machen Sie sich dann lautstark bemerkbar.

Bieten Sie nichts (und niemandem etwas) mit Ihrer linken Hand an. Diese gilt
nämlich als unrein und wird traditionell fast nur dem - man möge mir die deutliche
Ausdrucksweise verzeihen - Arschabwischen vorbehalten.

Aus gleichem Grund sollten Sie niemand die linke Hand zur Begrüßung anbieten,
selbst wenn Sie als Einarmiger nur diese haben. Ein freundliches Lächeln, eine
ehrfurchtvolle Verbeugung oder eine herzliche Umarmung sind im Orient ohnehin
eher angebracht als das bei uns übliche Händeschütteln.

Die Geste, mit dem Zeigefinger auf die Nasenspitze aufzutippen oder unter dem
Auge, auf die Kopfspitze oder auf dem Schnorrbart oder Kinn bedeutet: "Ich sehe
es.", "Es liegt direkt vor mir (bzw. vor meinem Auge)", "Ich bin dabei". Eine andere
Bedeutung dieser Geste ist: "Es ist meine Pflicht."

Die offene Hand auf dem Brustkorb nach dem Händeschütteln aufzulegen,
veranschaulicht Respekt oder Dankbarkeit gegenüber der eben begrüßten Person.
Diese Geste wird ebenfalls verwendet, wenn man angebotenes Essen ablehnt.
Dann wird die offene Handfläche symbolisch auf das Herz klopfen. In beiden Fällen
kann diese Geste um einen dezent vor dem eigenen Gesicht beschriebenen Bogen
erweitert werden.

Wenn nach dem Händeschütteln die Hand einer Person mit beiden Händen
umfasst und gehalten wird, dann ist das eine Geste der tiefen Freundschaft. Sie
wird nicht jedermann angeboten.

Mit einer zur sog. "Feige" Zurechtgelegten Hand (wobei alle Fingerspitzen
zusammenkommend nach oben zeigen und die Hand dann auf Taillenhöhe auf und
ab bewegt wird) signalisiert der Araber: "Warte mal!" oder "Vorsicht!". Diese Geste
kann ebenfalls bei Taxifahrern oder Fußgängern in den vom chaotischen Verkehr
verstopften Innenstädten der orientalischen Metropolen. Dann bedeutet diese
Geste "Lass mich vorbei!" oder auch "Mach Platz!".

Das Knabbern am rechten Zeigefinger, den man an der Seite in den Mund steckt,
kann eine Gefahr oder Bedauern verdeutlichen.

Das im westlichen Kulturkreis weit verbreitete OK-Zeichen, bei dem die spitze des
Zeigefingers mit der des Daumens zusammengedrückt werden, hat bei uns
Gesten der Araber
[1]
Wiehl, März 2016
grundsätzlich eine positive Bedeutung. Dagegen steht dieses Zeichen im Orient,
insbesondere wenn es jemand auf der Augenhöhe entgegengehalten wird, für „das
Auge des Bösen“, also eine negative Geste. Normalerweise wird diese Geste nicht
kommentarlos verwendet. Daher kann sie - üblicherweise - negativ oder - in
besonderen Fällen - mit einer positiven, westlichen Bedeutung belegt werden. Dann
wird diese Geste allerdings auf der Brusthöhe ausgeführt.

Das ostentative Einschlagen der rechten Faust in die offene linke Hand ist eine
obszöne Geste der Verachtung.

Das Auflegen der Hand auf den Brustkorb verbunden mit einer leichten Verneigung
des Kopfes und dem Schließen der Augen bedeutet soviel wie "Danke schön!" "Schukran“

Das Küssen seiner rechten Hand, die dann mit der Handfläche gegen Himmel
emporgehoben wird, verbunden mit dem erheben der Augen ist ebenfalls eine
eindeutige Dankesgeste.

Das gegenseitige dreifache berühren der Nasenspitzen ist eine alte, sehr
vertrauliche Begrüßung der Beduinen, ein Zeichen für tiefe Freundschaft und
Respekt.

Das schnelle vor dem Körper ausgeführte auf- und ab Bewegen der Hand, wobei
die Spitzen des Mittel- und des Zeigefingers die Daumenspitze berühren, soll dem
Gesprochenen Nachdruck verleihen.

Man berührt jemands Schulter mit der rechten Hand, um ihn im Vertrauen um Rat
zu bitten.

Vor dem Servieren des Tees oder Kaffees werden oft etwas Flüssigkeit auf die
Erde verschüttet als eine Art Opferritual der Beduinen.

Das Wedeln mit der Hand in der Mundnähe verbunden mit dem Klicken der Zunge
und zeig steigende Aufregung.

Eine Geste, bei der die Hand vor dem Gesicht gehalten und dann hin- und
hergewendet wird, bedeutet einfach die Verneinung oder eben ein "Nein!".

Das Schnippen mit den Fingern bedeutet: "Vergiss es!"

Das Berühren der gesenkten Stirn mit den Fingerspitzen der rechten Hand
veranschaulicht Respekt.

Das Küssen jemands Stirn oder den Handrücken einer höhergestellten Person
veranschaulicht einen enormen Respekt. Diese Geste wird jedoch nicht
"inflationiert", sie ist also nicht allzu häufig zu beobachten oder angesagt, obwohl
überall geschätzt.
Gesten der Araber
[2]