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Kapitel 4 – Praktische Methoden der Konfliktklärung
Stimmungsabfragen in der Mediation
Sowohl zu Beginn einer Sitzung oder eines Klausurtages, als auch zum Ausstieg aus der gemeinsamen Arbeit ist es
hilfreich, mit der Stimmung in der Gruppe und der Befindlichkeit der Einzelnen in Kontakt zu kommen.
Den Streitparteien tut es gut, ihre Befindlichkeit auszudrücken und sie berücksichtigt zu wissen: Die Gruppe
erhält ein Bild, wie die Stimmung insgesamt ist; Sie als Moderationsteam erhalten Informationen, die Sie bei der
weiteren Gestaltung des Prozesses unterstützen.
Auch um eigene Einschätzungen zur Gruppenstimmung zu korrigieren, bieten sich folgende Abfragemethoden
an:
Sternabfrage mit Gegenständen
Sie legen ein Kreppband oder eine Rolle Tesafilm in die Mitte des Stuhlkreises. Dann bitten Sie die
Teilnehmenden, einen eigenen Gegenstand (Tasse, Uhr, Handy, Stift ...) in die Hand zu nehmen: „Stellen Sie
sich vor, es gibt eine Achse zwischen dem Kreppband und Ihrem rechten Stuhlbein. Das Kreppband symbolisiert
100 Prozent gute Stimmung, körperliches Wohlbefinden, Zufriedenheit mit dem Prozess! Ihr rechtes Stuhlbein
steht für ein extrem ungutes Gefühl, 100 Prozent Unzufriedenheit mit dem Prozess oder körperliches
Unwohlsein. Auf der Achse von Stuhlbein zu Kreppband sind alle Abstufungen möglich. Wie geht es Ihnen zu
Beginn unserer Sitzung? Wie ist Ihre persönliche Stimmung? Bitte legen Sie alle Ihren Gegenstand gleichzeitig
irgendwo auf die jeweilige persönliche Achse.“
Wenn alle Gegenstände liegen, bitten Sie die Einzelnen, sich reihum zu ihrer Stimmung zu äußern. Fragen Sie
nach Bedürfnissen oder bieten Sie zur Klärung Bedürfnisformulierungen an, wenn jemand seinen Gegenstand
nah ans eigene Stuhlbein gelegt hat.
Daumencheck
Bei Zeitdruck empfiehlt sich folgende Methode: Sie sagen an, dass Sie gerne einen
Eindruck von der Stimmung in der Gruppe erhalten möchten. Sie bitten die
Teilnehmenden (und führen dabei die Geste vor): „Drücken Sie bitte mit Ihrer
Daumenhaltung aus, ob es Ihnen mit dem Klärungsprozess gut geht, oder so-là-là
oder ob Sie sich unwohl fühlen: Gut« symbolisiert der hoch gehaltene Daumen,
»mittelmäßig« bedeutet der horizontale Daumen, und Daumen runter heißt: »Mir
geht´s nicht gut. Ich fühle mich unwohl, so wie es läuft«.“ Nachdem alle
gleichzeitig eine entsprechende Daumenhaltung signalisiert haben, bitten Sie die
Einzelnen reihum, etwas zu ihrer Stimmungslage im Prozess zu sagen.
Ampel
Kaufen oder basteln Sie eine Miniatur-Ampelanlage mit den drei Farben „grün“, „gelb“ und „rot“.
„Ich lasse am Ende dieser Sitzung die kleine Ampel herumgehen. Wer sie jeweils in der Hand hat: Wären Sie
bereit, mir und uns zu sagen, wie es Ihnen im Prozess der Konfliktklärung geht? Grün könnte bedeuten: »Alles
prima, unabhängig von der Angespanntheit wegen des Konflikts, ich meine: Es bringt was!«. Gelb könnte heißen:
»Naja, ich weiß noch nicht, wohin das Ganze läuft, bin aber neu - gierig«, und rot zeigt eventuell an: »Mir geht´s
gar nicht gut. Ich würde am liebsten rausgehen – es bringt gar nichts« oder so ähnlich.“
Sie geben den Gegenstand herum und hören den Sprechenden aktiv zu, vor allem, wenn Streitparteien die Farbe
„rot“ gewählt haben. Hier reformulieren Sie die Antworten in Bedürfnisse, um zu erfahren, wie es für die
eweiligen Personen weitergehen kann.
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Kapitel 4 – Praktische Methoden der Konfliktklärung
0-10
Sie bitten die Teilnehmenden, sich zurückzulehnen, möglicherweise die Augen zu schließen, einige tiefe
Atemzüge zu nehmen und die Aufmerksamkeit auf die eigene Befindlichkeit und Stimmung zu richten: „Wenn
Sie Ihre momentane Stimmung auf einer Skala von 1-10 ausdrücken würden: Welches wäre Ihre Zahl? ,0‘ hieße
dabei: »Ich fühle mich auf dem Nullpunkt, müde, enttäuscht, hoffnungslos, was den Prozess angeht ...« oder was
auch immer Ihre Stimmung bei Null bedeutet. ,5‘ wäre dann eine mittlere Stimmungslage und ,10‘
Hochstimmung: »Der Prozess läuft gut, ich fühle mich aufgehoben, es entwickelt sich etwas Positives, wir reden
Tacheles und das gefällt mir« oder Ähnliches. Alles auf der Skala ist möglich.“
Sie warten eine Zeit der Stille ab, bis die Einzelnen deutlich Blickkontakt aufnehmen und abwartend schauen.
Dann bitten Sie alle, sich reihum zu ihren Zahlen und deren Bedeutung zu äußern. Bei sehr niedrigen Zahlen
bieten Sie Reformulierungen in Gefühle und Bedürfnisse an, d.h. arbeiten heraus, was die Person bräuchte.
Möglicherweise sind ihre Bedürfnisse und das daraus hervortretende Thema für die ganze Gruppe von
Bedeutung.
Linienpositionierung
Sie haben zwei runde Karten vorbereitet: ein lachendes „Smiley“ und ein
griesgrämiges Gesicht. Eine Karte legen Sie an eine Seite des Raumes und die
andere an die gegenüberliegende Wand. Sie erklären das Vorgehen: „Stellen Sie
sich bitte eine Linie zwischen dem lachenden und dem Gesicht mit den
unangenehmen Gefühlen vor. Wie geht es Ihnen zu Beginn (am Ende) unserer
Sitzung? Sie können sich auf der ganzen Linie verteilen: (Sie machen es vor und
gehen zum lachenden Gesicht) direkt am Smiley heißt: »Mir geht es super, alles
stimmt« – oder was auch immer Sie mit dieser Position ausdrücken wollen.
Irgendwo in der Mitte (Sie gehen dorthin) könnte heißen: »Ich habe gemischte
Gefühle.« (Sie gehen zum unzufriedenen Gesicht) Hier stehen hieße vielleicht: »Mir geht´s gerade nicht gut«.“
Wenn alle einen Punkt auf der Linie eingenommen haben, befragen Sie die Teilnehmenden, wie es ihnen konkret
geht, und was sie bräuchten.
Räumliche Aussage
Sie bitten die Gruppe, sich von den Sitzen zu erheben und sich im Raum zu verteilen. Dann fahren Sie fort: „Wie
ist Ihnen im Moment zumute? Fühlen Sie sich eher »niedergedrückt« oder haben Sie eher ein »Hoch«?“ Geht die
Konfliktklärung eher an Ihnen »vorbei«, möchten Sie am liebsten »rausgehen « oder fühlen Sie sich »mitten drin«?
Bitte überlegen Sie einen Moment und probieren dann aus: Ob Sie sich lieber auf den Tisch stellen, um Ihr
»Hoch« auszudrücken, auf den Boden setzen, um zu sagen »Ich bin nachdenklich, habe den Eindruck, wir sind
auf dem Boden der Realität angekommen, und das finde ich gut« oder Ähnliches. Ich gebe ein Beispiel (Sie gehen
zur Tür:) Vielleicht stehen Sie am Ausgang, um auszudrücken, dass Sie sich mit der Konfliktklärung unwohl
fühlen und am liebsten gehen würden oder anderes. Ich werde Sie – wenn alle eine Position gefunden haben –
reihum zu Ihrer Stimmung befragen.“ Sie sichern, ob es noch Klärungsbedarf zur Methode gibt. Wenn alle
Fragen beantwortet sind, geben Sie ein Startzeichen.
Gefühlsmonsterkarten
Sie verteilen die Karten mit Figuren unterschiedlichster Gefühlsäußerungen auf dem Boden oder auf Tischen.
Dann bitten Sie die Teilnehmenden, herumzugehen und eine Karte zu wählen, die ihrer momentanen Stimmung
entspricht. Wenn alle eine Karte gewählt haben, setzen sie sich wieder in den Stuhlkreis. „Nun lade ich Sie
nacheinander ein, uns Ihre Karte zu zeigen, von Ihrer Stimmung zu sprechen und vielleicht auch zu sagen, was
konkret diese Stimmung ausgelöst hat.“ Die Antworten nehmen Sie aktiv auf, indem Sie Beobachtungen,
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Gefühle und möglicherweise indirekt geäußerte Bedürfnisse und Bitten der Streitpartei reformulieren. (Genaue
Anleitungen und Varianten dazu finden Sie als Anlage in dem Set der „Gefühlsmonsterkarten“.
Bezugsquelle: www.gefuehlsmonster.eu)
Geste
Sie laden die Gruppe ein, sich in einen Kreis zu stellen. Dann fahren Sie fort: „Ich würde gerne erfahren, wie Sie
aus der zweiten Runde der Konfliktklärung herausgehen. Dies bitte ich Sie, in einer Geste auszudrücken.
Beispielsweise (Sie halten die Hände hinter Ihre Ohrmuscheln) könnte diese Geste ausdrücken: »Ich habe viel
Neues gehört und verstanden, damit geht´s mir besser als heute Mittag. « Oder Sie verschränken die Arme auf der
Brust (Sie machen es vor) und sagen damit: »Ich bin ein wenig auf Distanz, ich schütze mich, weil ich das neu
aufgebrochene Thema explosiv finde« oder Ähnliches.“ Sie geben der Gruppe etwas Zeit und fragen nach einer
Weile, ob alle eine Geste zu ihrer Stimmung gefunden haben. Dann geben Sie mit „Bitte jetzt alle gleichzeitig“
das Startzeichen.
Wenn sich alle umgeschaut haben, bitten Sie die Einzelnen reihum, etwas zu ihrer Geste und zu ihrer Gefühlslage
zu sagen.
Quelle:
« Christian Bähner / Monika Oboth / Jörg Schmidt: Praxisbox Konfliktklärung in Teams & Gruppen, Junfermann 2011 (2. Auflage)
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