Zum Missbrauch: "Geste der Verantwortungslosigkeit" Am 17., 18. und 19.11. berichtete atheisten-info.at über eine kirchliche Geste zu den Kirchenmissbrauchsskandalen. Der Text stammt von Betroffenen der kirchlichen Gewalt und übt begründete Kritik an der Weise, wie die Kirche mit den Skandalen umgeht, sie (nicht) kommuniziert, sie (nicht) bereinigt und sie (nicht) aufklärt (Bild: Adolf Oberländer, Wikimedia Commons). Zum Missbrauch: "Geste Verantwortungslosigkeit" der In einer Presseaussendung der Plattform Betroffener Kirchlicher Gewalt vom 16.11.2016 wird die parlamentarische Gedenkveranstaltung vom 17.11. kritisiert und eine Protestaktion angekündigt. Missbrauch: Bures/Schönborn Veranstaltung eine "Geste der Verantwortungslosigkeit" Eine sogenannte "Geste der Verantwortung" zur sexuellen Gewalt durch Kirche und Staat haben Kardinal Schönborn und Parlamentspräsidentin Doris Bures für den 17.11 im Parlament angekündigt. Die Plattform Betroffener kirchlicher Gewalt forderte mehrfach, diese Veranstaltung, bei der die Opfer nicht mal selbst nicht zu Wort kommen, abzusagen. "Kardinal Schönborn hat seit Aufkommen der Kirchenmissbrauchsskandale die Täter vertreten, indem er die Klasnic-Kommission installiert hat. Diese hat die Opfer mit Almosen abgespeist und hält die Daten der Täter bis heute unter Verschluss" kritisiert Sepp Rothwangl von der Plattform Betroffener kirchlicher Gewalt. "Schönborn ist bei dieser Veranstaltung Tätervertreter – eine echte Geste der Verantwortungslosigkeit" so Rothwangl. Er kündigt eine Protestaktion am selben Tag an: "Wir werden unseren Kardinal-Schlitten fein herausputzen, um 16.00 beim Bundeskanzleramt auffahren und zeigen, dass wir mit unseren Anliegen gehört werden wollen." Schönborns leere Versprechen Auch habe Schönborn damals, beim Aufkommen der Kirchenskandale, Verjährungsverzicht angekündigt, damit die Justiz die Täter, deren Verbrechen Jahrzehnte zurück liegen, zur Verantwortung ziehen kann. "Dieses Angebot war jedoch ein leeres Versprechen", zeigt sich Rothwangl enttäuscht. Außerdem sei Schönborn selbst in die Skandale involviert, denn auch er habe persönlich Täter durch Nichthandeln gedeckt, indem er eine Frau, die sich hilfesuchend an ihn wandte, trotz Versprechen nicht half. Alt-BP Fischer zeigt nur Desinteresse Nun möchte Parlamentspräsidentin Bures einen Schlussstrich unter das leidige Thema ziehen und so die staatliche Verantwortung abgeben, moniert Rothwangl: "Wir fordern, dass der Staat seine Verantwortung wahrnimmt und eine staatliche Kommission zur Aufklärung der Gewalt-und Sexualverbrechen einsetzt." Dass der Staat das Thema nur noch totschweigen will, wird auch durch die Haltung von Altbundespräsident Fischer deutlich, der während seiner Amtszeit nie bereit war, sich mit den Betroffenen an einen Tisch zu setzen ("hatte vorher keine Zeit"). Die Klasnic-Kommission zeichnete er mit dem goldenen Verdienstzeichen der Republik aus. Erst nach seiner Amtszeit, am 14.11.16, hat Fischer die Plattform – lang nach Ende seiner Amtszeit – empfangen, doch das Gespräch dauerte nur knappe 10 Minuten und war von Unverständnis und Desinteresse von Fischers Seite getragen. Missbrauchs-Doku: "Die Kinder lassen grüßen" Wie die Kirche an den Vertuschungen beteiligt war und wie der Staat die Schutzinteresse der Kinder vernachlässigt hat, zeigt die aktuelle Filmdoku "Die Kinder lassen grüßen". Neun Betroffene schildern in nie dagewesener Offenheit, was ihnen angetan wurde. www.betroffen.at Dazu noch einige Berichte aus den Medien: Standard am 16.11.: "Kardinal-Schlitten" gegen Staatsakt für Missbrauchsopfer ORF-news am 16.11.: Heimkinder: "Geste der Verantwortung" im Parlament Religion.ORF am 16.11.: "Missbrauch: Kritik an Gedenkveranstaltung" Link zum Originalartikel bei atheisten-info.at Nachtrag 20.11.: Dieser Artikel wurde am 18.11. bei atheisteninfo um einen Teil 2 ergänzt: Geste der Verantwortungslosigkeit – Teil 2 Aussendung der Plattform Betroffener kirchlicher Gewalt vom 17.11.2016, 18h40: Parlamentarische "Geste der Verantwortung" – inhaltsleere Show ohne politische Konsequenzen Betroffene fordern Taten statt Tränen, eine staatliche Missbrauchskommission und Erleichterungen bei den Verbrechensopfer-Renten. Heute fand im Parlament der mit großem Aufwand angekündigte und im ORF live übertragene "Staatsakt Geste der Verantwortung" im Beisein der Regierungsspitze und des Kardinals statt. Nur Mitleid Selten hat man so viele weinende PolitkerInnen gesehen. – Wie befürchtet, bestand der Staatsakt aus perfekt inszenierten Mitleidsbekundungen – ohne jede Konsequenz. Die Übernahme von politischer Verantwortung durch die politischen und kirchlichen Entscheidungsträger war nirgendwo erkennbar. "Wir fordern Taten statt Worthülsen – etwa eine staatliche Aufklärungs-Kommission, Aufhebung der Verjährung, die bisher die zivil- und strafrechtliche Verfolgung der TäterInnen behindert hat, oder auch angemessene finanzielle Entschädigung. Wichtig wäre auch und eine Erleichterung für den Bezug von Renten nach dem Verbrechensopfergesetz", so Sepp Rothwangl von der Plattform Betroffener kirchlicher Gewalt. Betroffenen die Stimme geraubt Die Betroffenen dieses wohl größten Verbrechens der Nachkriegszeit hätten im Zentrum der Veranstaltung stehen sollen und einige Vorausgewählte waren auch eingeladen. Aber kein einziger durfte selbst über das Erlebte berichten. Stattdessen hatte Nationalratspräsidentin Bures fünf Schauspieler beauftragt Berichte vorzulesen. "Wolfgang Böck, Regina Fritsch, Miriam Fussenegger, Karl Markovics und Florian Teichtmeister haben damit den tausenden Betroffenen die Stimme geraubt und bei der Aufarbeitung der erlebten Verbrechen zu reinen Statisten degradiert", so Rothwangl. Leere Geste Zwar betonte NR-Präs. Bures, dass die Veranstaltung kein Schlussstrich sei. Die Frage nach weiteren Maßnahmen wollte sie aber nicht beantworten. "Republik und Kirche glauben, sie können sich mit einer weinerlichen Show ihrer Verantwortung entziehen. Aber wir, die Betroffenen, wollen keine Tränen sondern Taten sehen", so Rothwangl abschließend. Anmerkung atheisten-info: Wie streng man beim ORF wieder einmal kirchenfreundlich zensierte, zeigte sich u.a. darin, dass die Live-Übertragung des "Staatsaktes" nicht in die Mediathek gestellt wurde (laut ORF "weil das Thema so sensibel ist") und dass die Protestkundgebung der Betroffenen beim Bundeskanzleramt mit keinem Wort erwähnt wurde. Das Missbrauch-Papstmobil wurde zwar vom ORF gefilmt, aber nicht gesendet… Beim "Staatsakt" hatte man als kritisch erkannte Personen nicht zugelassen, das gelang nicht vollständig – wie dieses Bild zeigt, wo Kardinal Schönborn aus dem Publikum ausgebuht wird: Gleichzeitig sieht man aber anhand der leeren Plätze im Hintergrund, dass man es nicht geschafft hatte, genug Jubler herbeizubringen. Schönborn machte bei seinem Auftritt keine gute Figur: Er sah krank und hinfällig aus, alles was er von sich gab, waren kostenfreie Seufzer: "Wir haben in der Kirche wie auch im Staat zu lange weggeschaut. Wir haben vertuscht, wir haben wenn Missbrauch bekannt geworden ist, Leute versetzt und nicht abgesetzt. Für diese Schuld der Kirche stehe ich heute vor Ihnen und sage: Ich bitte um Vergebung." Solche Sätze nehmen einen Bischof natürlich her, schließlich hatte er ja gelernt wie man sowas zu vertuschen und zu leugnen hat. Dass er auch noch sagen hätte müssen, "…und nicht angezeigt", kam ihm überhaupt nicht in den Sinn, dabei wäre durch so eine Vorgangsweise ein Groër gar nicht Erzbischof geworden, weil er schon vorher in staatliche Klausur hätte gehen müssen. So aber hier ein Originalton aus dem Jahre 1995, Schönborn verteidigt Groër: Dann konnte er Kardinalerzbischof und Kinderschänder Groër nimmer verteidigen, schleimen konnte er immer noch: Weiter ist er bis heute nicht gekommen, echte Entschädigungsleistungen an Kirchenopfer zu zahlen, kommt immer noch nicht infrage. Hier ein Bild Schönborn mit seiner extrem kostengünstigen Opferkommissionsleiterin Klasnic: Er stahlt voll Zuversicht, es wird der Kirche nicht so viel kosten, wie zu befürchteten gewesen war, weil der Staat überließ der Täterkirche die Aufarbeitung, diese hat laut eigenen Angaben bis zum Frühjahr 2016 nur 22 Millionen Euro an 1.455 von der Kirche anerkannte Opfer ausbezahlt, das waren 15.120 Euro pro Person. Nach von der Kirche nicht bestrittenen Medienberichten hat die katholische Kirche in Österreich alleine an Grundbesitz ein Vermögen von 120 Milliarden Euro. Sie hat also sozusagen 0,1833 Promille ihres Grundbesitzvermögens an Opfer ausbezahlt, wäre es eine Milliarde gewesen, dann wären es auch nur 0,83 Prozent, pro Opfer jedoch 687.285 Euro. Da ist also noch deutlich Luft nach oben, ohne dass die katholische Kirche in Konkurs gehen müsste, wie dies in den USA einigen Diözesen aufgrund gerichtlich verordneter Zahlungen passierte. Aber zumindest auch fürs Kirchenbudget spürbare Zahlungen an die Opfer zu leisten, kommt natürlich nicht infrage, weil einen Kardinal zerknirscht reden zu lassen, kostet deutlich weniger. Das macht er bestimmt im Rahmen seines monatlichen Bischofsgehalts sogar ohne Reuezuschlagsprämie… Die kirchliche Klasnic-Kommission wurde ja wohl vor allem deshalb eingerichtet, dass es zu keinen Gerichtsverfahren kommt, bei denen dann wegen der päpstlich angeordneten Vertuschungen die Kirche rechtlich als institutionalisierter Komplize nach der Tat dagestanden wäre und es dadurch keine Verjährungen geben hätte dürfen, was zu Zahlungen in vielfacher Höhe geführt Hundertmillioneneurobereich hätte hätte, den der klerikale Kinderschänderspaß dann schon recht deutlich überschreiten können… Link zum Originalartikel bei atheisten-info.at 2. Nachtrag 20.11.: Dieser Artikel wurde am 19.11. bei atheisten-info um einen Teil 3 ergänzt: Forderungen der Betroffenen umsetzen! Presseausendung des grünen Parlamentsklubs vom 18.11.2016: Steinhauser zu Kern: Nach Geste der Verantwortung endlich langjährige Forderungen der Betroffenen umsetzen Grüne: Bundesweite Untersuchungskommission und Anlaufstelle, sowie Pensionsansprüche sind gefordert "Eine Veranstaltung ist nichts wert, wenn daraus nichts folgt. Verantwortung übernehmen, heißt auch Handeln, es darf keinen Schlussstrich geben. Es ist daher zu begrüßen, wenn der Bundeskanzler jetzt aktiv werden will", reagiert der stellvertretenden Klubobmann der Grünen und Justizsprecher, Albert Steinhauser, auf die Ankündigung Kerns, weitere Möglichkeiten zur Entschädigung von Missbrauchsopfern auszuloten. "Nach Jahren müssen nun endlich die zentralen Forderungen der Betroffenen umgesetzt werden. Es liegt alles am Tisch und braucht nur den politischen Willen", meint Steinhauser und drängt auf konkrete Schritte: "Zentral ist, dass endlich eine bundesweite staatliche Untersuchungskommission und Anlaufstelle für Betroffene geschaffen wird. Auch bei den Pensionsansprüchen gibt es Handlungsbedarf." Der Grüne Justizsprecher möchte aber auch das Bewusstsein schärfen. "Ich würde mir auch ein zentrales Denkmal wünschen, das daran erinnert, was passiert ist und die Verantwortungsträger in der Republik und der Kirche mahnt, stets wachsam gegen institutionelle Gewalt in ihren Einrichtungen zu sein." Anmerkung atheisten-info: Gut wenn das Thema politisch wieder auf den Tisch kommt, 2010 haben es leider auch die Grünen verabsäumt, der katholischen Kirche ihren opferfeindlichen Privatausweg mit der kirchlichen Klasnic-Kommission zu verbauen. Wenn eine Institution wie die katholische Kirche klerikale Verbrechen seit Jahrzehnten auf päpstliche Weisung professionell vertuscht, dann sind die Vertuscher Mittäter und deswegen kann eine Verjährung gar nie angefangen haben! In diese Richtung muss jetzt der Kampf geführt werden! Link zum Originalartikel bei atheisten-info.at
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