WIR WISSEN WEITER MIT EINEM BEIN IM KRIMINAL – VERTRAGSVERLETZUNG & BETRUG September 2015 WIR WISSEN WEITER Betrug (§ 146 StGB) „Wer mit dem Vorsatz, durch das Verhalten des Getäuschten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, jemand durch Täuschung über Tatsachen zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung verleitet, die diesen oder einen Dritten am Vermögen schädigt ist […] zu bestrafen.“ Kern des Tatbestands ist die Täuschung 2 WIR WISSEN WEITER Sind Vertragsverletzungen Kavaliersdelikte? Kunden werden öfters getäuscht… Werbeversprechen nicht eingehalten Haltbarkeitsdatum verlängert Auftrag anders durchgeführt als vereinbart Ware als Bioprodukt bezeichnet mehr abgerechnet, als in den AGB vereinbart Fixpreis überschritten 3 WIR WISSEN WEITER Causa „Toni‘s Freilandeier“ 689.260 nicht mehr frische Eier in den Handel gebracht Schaden von über EUR 109.000,- Gericht sah darin gewerbsmäßig schweren Betrug Geschäftsführer und drei Mitarbeiter wurden (nicht rechtskräftig) zu bedingten Freiheits- strafen zwischen 14 und 22 Monaten verurteilt 4 WIR WISSEN WEITER 5 WIR WISSEN WEITER 6 WIR WISSEN WEITER Täuschung über Tatsachen I Es muss über „Tatsachen“ getäuscht werden Tatsachen sind objektiv feststellbare Umstände (zB Echtheit, Alter, Mängelfreiheit, Herstellung als „Bioprodukt“, Eigentumsverhältnisse, rechtliche Möglichkeiten) keine „Tatsachen“ sind Hoffnungen, Emotionen, Gefühle und Werturteile, die sich auf subjektiven Meinungen gründen Täuschung kann erfolgen durch aktives Tun: Täter erklärt ausdrücklich oder konkludent (zB fasst das Angebot so ab, dass gegenüber dem Kunden der Eindruck entsteht, es wird auf Basis der AGB kontrahiert) Unterlassen: Täter unterlässt gebotene Aufklärung (setzt Pflicht zur Aufklärung voraus) 7 WIR WISSEN WEITER Täuschung über Tatsachen II Verkehrsadäquates Verhalten mit Täuschungseignung ist nicht tatbestandsmäßig! Nicht strafbar sind zB reklamehafte Übertreibungen, die üblich und nicht wörtlich zu nehmen sind („Wir verkaufen zu Selbstkosten“; „wäscht weißer als weiß“) bloßes Verlangen eines überhöhten Preises, das keine Zusicherung einer bestimmten Qualität impliziert Tatbildlich sind aber zB Vorgabe, Fixpreise oder feste Tarife einzuhalten Vorgabe, sich an die AGBs zu halten Kundenanschreiben mit konkreten Zusagen („wir verlängern Ihren Vertrag zu den gleichen Konditionen“) 8 WIR WISSEN WEITER Weitere Tatbestandselemente Täuschung muss einen Irrtum hervorrufen nur Menschen können getäuscht werden allgemeine Vorstellung, dass „alles in Ordnung“ reicht Vermögensverfügung durch den Getäuschten Handlung des Getäuschten muss sich auf dessen Vermögen oder Vermögen eines Dritten auswirken täuschungsbedingter Irrtum muss zumindest mitursächlich sein Vermögensschaden Schädigung des Getäuschten oder eines Dritten und Bereicherung eines Täters oder eines Dritten Täuschungs-, Schädigungs- und Bereicherungsvorsatz 9 WIR WISSEN WEITER Strafdrohung Grundtatbestand: 360 Tagessätze bzw 6 Monate Freiheitsstrafe (FS) Qualifikation („Schwerer Betrug“) über EUR 3.000: FS bis zu 3 Jahren über EUR 50.000: FS bis zu 10 Jahren StRÄG: Anhebung der Wertgrenze auf EUR 5.000 bzw EUR 300.000 ab 1.1.2016 Gewerbsmäßiger Betrug (§ 148 StGB): FS bis zu 10 Jahren Tätige Reue möglich! 10 WIR WISSEN WEITER Drei handfeste Gründe, die für Compliance sprechen: Strafrechtliche Verantwortung des Unternehmens (Verbandsverantwortlichkeitsgesetz) Nachteile im Wirtschaftsleben Strafbarkeit des Compliance-Verantwortlichen 11 WIR WISSEN WEITER Die strafrechtliche Verantwortung eines Unternehmens Verbandsverantwortlichkeit (§ 3 VbVG) Ein Unternehmen ist für eine Straftat verantwortlich, wenn die Tat zu seinen Gunsten begangen wurde oder durch die Tat Pflichten verletzt worden sind, die den Verband treffen. Strafbare Handlungen von Führungskräften (§ 3 Abs 2 VbVG) Jede rechtswidrige und schuldhafte Tat eines "Entscheidungsträgers" Straftaten von Mitarbeitern Haftung für Organisationsverschulden 12 WIR WISSEN WEITER Konsequenzen aus der strafrechtlichen Verurteilung des Unternehmens Verhängung einer Verbandsgeldbuße bis zu 180 Tagessätzen (halber Jahresertrag) Erteilung von Weisungen (technische, organisatorische oder personelle Maßnahmen) Wettbewerbsnachteile "Leumundsnote" des Unternehmens Verständigung der zuständigen Verwaltungs- oder Aufsichtsbehörde Auswirkungen auf konkrete Auftragsgespräche Haftungsrisiken Ansehensverlust 13 WIR WISSEN WEITER Strafbarkeit des Compliance-Officer Urteil 5 StR 394/08 des dBGH Arbeitnehmer, die in einem Unternehmen als "Compliance-Officer" tätig sind, haben rechtlich eine besondere Stellung. Aufgrund der haben sie die Pflicht, Straftaten, die im Unternehmen begangen werden und die diesem erhebliche Nachteile verursachen können, zu verhindern. Maßgeblich für den Umfang der Verantwortung sind in erster Linie die Vereinbarungen im Dienstvertrag Verletzt ein Compliance-Officer die ihm ausdrücklich auferlegten Pflichten, so kann dies unter gegebenen Voraussetzungen zur Strafbarkeit führen (im entschiedenen Fall wegen Beitrages zum Betrug) 14 WIR WISSEN WEITER Business Judgement-Rule (§ 84 Abs 1a AktG ab 01.01.2016) Ein Vorstandsmitglied handelt jedenfalls im Einklang mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters, wenn er sich bei einer unternehmerischen Entscheidung nicht von sachfremden Interessen leiten lässt und auf der Grundlage angemessener Information annehmen darf, zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. 15 WIR WISSEN WEITER Kontaktieren Sie uns. Brandl & Talos Rechtsanwälte GmbH Mariahilfer Straße 116 1070 Wien T +43 1 522 5700 M [email protected] W www.btp.at 16 DANKE FÜR IHRE AUFMERKSAMKEIT! 17
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