Lernhilfen zur Hauptvorlesung „Angiologie“ WS 2015/16 – Baars/Rammos Akuter arterieller Gefäßverschluss/kaltes Bein Definition „Akuter arterieller Gefäßverschluss“ Plötzliche Verlegung eines Gefäßlumens peripherer Arterien. Folge: Sauerstoffunterversorgung des abhängigen Versorgungsgebietes => Extremitätenischämie. Zu 90% aus der linken Herzhälfte stammend (-> prädisponierend: Vorhofflimmern, Mitralvitien, Herzinfarkt, Endokarditis, künstliche Herzklappen Zu 10% Embolien aus thrombosierten arteriosklerotischen Plaques Ursachen: Arterielle Embolie (in 60% der Fälle): - Herz (-> Vorhofflimmern, Klappenvitien) - Aorta Arterielle Thrombose (-> lokale Gerinnselbildung): - Vorbestehende Stenosen/Flowstörung - Gerinnungsstörung - Wandschaden (nach Bypass) Aneurysma (z.B. popliteal): - Thrombose - Embolie Trauma: - Frakturen - Penetrierende Verletzungen - Katheter (PTA) -> Dissektion Symptome: => plötzlich stärkster Schmerz, Blässe, fehlender Puls 6x „Ps“ nach Pratt: Pain: Ruheschmerzen Paleness: Blässe (und Kälte) Pulselesness: fehlender Puls Parästhesia: Sensibilitätsstörungen 1 Lernhilfen zur Hauptvorlesung „Angiologie“ WS 2015/16 – Baars/Rammos Paralysis: Lähmung/Bewegungsverlust Prostration: Kollaps MERKE: wird die Ischämie nicht innerhalb von 6 Stunden behoben, kann es im weiteren Verlauf zu Kreislaufschock und zum Verlust der Extremität kommen! Einteilung der akuten Extremitätenischämie nach Rutherford: Stadium Defizite I Vitalität vorhanden; kein sensomotorisches Defizit IIA Geringfügig gefährdete Extremität: kein oder minimales (Zehen) sensorisches-, kein motorisches Defizit IIB Unmittelbar gefährdet: sensomotorisches Defizit (mehr als die Zehen), gering bis mäßiges motorisches Defizit III Irreversibel: komplettes sensomotorisches Defizit (-> Anästhesie, Paralyse) Klinischer Fall: Ein 67-jähriger Patient mit bekannter pAVK und einer Gehstrecke von ca. 400 m verspürt plötzlich einen Schmerz in der linken Wade und kommt zu Ihnen. Zusätzlich ist bei dem Patienten ein Vorhofflimmern bekannt. Diagnostik: Anamnese: plötzlicher Beginn? Klinik: 6 P’s Doppler-Untersuchung: Duplex-Untersuchung: Kategorie Rutherford I und IIa zusätzlich: Arteriographie Differentialdiagnostik: Phlegmasia coerulea dolens: - Akute, die Extremität bedrohende, äußerst schmerzhafte Gefäßerkrankung - Betrifft fast immer ein Bein - Durch einen schlagartigen Verschluss des gesamten Venensystems eines Beines wird die arterielle Blutzufuhr zum Beein komplett unterbrochen 2 Lernhilfen zur Hauptvorlesung „Angiologie“ WS 2015/16 – Baars/Rammos - Folge: Ischämie - Diese muss schnellstens beseitigt werden! Aortendissektion Akutes Raynaud Phänomen: - Blass/weiss werden eines/einiger Finger, meist ausgelöst durch Kälte Therapie: Akuttherapie: - Tieflagerung des Beines -> Optimierung der Rest-Durchblutung - Polsterung mit Watteverband -> Vermeidung von zusätzlichen Druckläsionen und Kälteschäden - wichtigste Massnahme -> Heparinisierung i.v.: 10.000 IE als Bolus, dann 15-20 IE kg KG/h (Dauerinfusion beginnend mit 1000 IE/h unter PTT-Kontrolle); Ziel-PTT 70-80 sec - Schockbehandlung: Schaffung eines i.v.-Zuganges: auf keinen Fall an der betroffenen Extremität(!) -> 500 ml Elektrolytlösung (HAES 6% 500 ml) - Analgesie: -> Morphin 5-10 mg i.v. fraktioniert, nicht i.m.! - Antiemetika: Paspertin 5-10 mg i.v. (= ½ - 1 Amp.) die weiteren Entscheidung über die Art des Therapieverfahrens (-> interventionell oder chirurgisch!) hängt ab vom Stadium der Erkrankung, von der fachlichen Expertise sowie von der zeitlichen Verfügbarkeit des jeweiligen Verfahrens (-> 6 Stundengrenze!) Stadium II: Indikation zur dringenden Revaskularisierung Stadium IIA: Endovaskuläre Therapie, wenn Beschwerden < 14 Tage Stadium IIB: Operativer Eingriff Stadium III: Amputation Therapeutischer Algorithmus von Patienten mit kritischer Extremitätenischämie 1. Fall: Gesicherte kritische Extremitätenischämie -> Bildgebung -> Patient für Revaskularisierung geeignet -> Bildgebung (Duplex, Angiographie, MRA, CTA) -> Revaskularisation 3 Lernhilfen zur Hauptvorlesung „Angiologie“ WS 2015/16 – Baars/Rammos 2. Fall: gesicherte kritische Extremitätenischämie -> Bildgebung -> Patient für Revaskularisierung nicht geeignet -> 2 Möglichkeiten: o Wenn Schmerzen und Läsion stabil: -> Medizinische Behandlung (konservativ!) o Wenn Schmerzen nicht tolerabel, sich ausbreitende Infektion: -> Amputation Konservative, medikamentöse Behandlung Als einzige geeignete medikamentöse Behandlungsmethode bei Patienten mit kritischer Extremitätenischämie, die nicht für eine Rekanalisation geeignet sind, kommen parenteral applizierbare Prostanoide zum Einsatz. Wirkung der Prostanoide: verbesserte Ulkusabheilung und Abnahme der Amputationsrate 4
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