Bibelstelle „Marta und Maria“, Lk 18, 38-42 38 Es geschah aber, als sie ihres Weges zogen, daß er in ein Dorf kam; und eine gewisse Frau, mit Namen Martha, nahm ihn in ihr Haus auf. 39 Und diese hatte eine Schwester, genannt Maria, die sich auch zu den Füßen Jesu niedersetzte und seinem Worte zuhörte. 40 Martha aber war sehr beschäftigt mit vielem Dienen; sie trat aber hinzu und sprach: Herr, kümmert es dich nicht, daß meine Schwester mich allein gelassen hat zu dienen? Sage ihr nun, daß sie mir helfe. 41 Jesus aber antwortete und sprach zu ihr: Martha, Martha! du bist besorgt und beunruhigt um viele Dinge; 42 eines aber ist not. Maria aber hat das gute Teil erwählt, welches nicht von ihr genommen werden wird. 16. Sonntag im Jahreskreis Sich Zeit nehmen - so einfach? Liebe Schwestern und Brüder! Der Evangelist Lukas erzählt von Marta und Maria und ihrem Verhalten beim Besuch eines besonderen Gastes. Es kommt Jesus, den man nicht alle Tage bei sich hat. Da ist es doch selbstverständlich, dass Marta sich sorgt und müht, um Jesus einen angenehmen Aufenthalt zu bieten. Maria aber schenkt alle Aufmerksamkeit dem Gast. Jesus hat viel zu erzählen und will mit den beiden Frauen ins Gespräch kommen. Da hört Maria ihm zu. Macht es sich Maria zu leicht? Müssen wir Mitleid mit Marta haben? Für uns dürfen wir die Frage heraushören: Ist es so einfach, sich Zeit zu nehmen? Ist es so einfach, sich in den Ansprüchen von Beruf und Familie Zeit für sich zu gönnen? Ist es so leicht, zwischen Arbeit und Kindern, Beruf und Freizeitaktivitäten sich einmal am Tag eine Zeit der Stille einzuräumen? Ist es so einfach, als Mutter einmal einen freien Tag für sich zu haben? Ist es so leicht, in unserer Geschäftigkeit sich Zeit zum Lesen, zum Hören, auch zum Beten zu nehmen? Vieles gibt es, was es uns schwer macht, solche Freiräume zu schaffen. Einwände und Hindernisse von außen wie von innen. Da ist der zunehmende Druck einer Gesellschaft, in der vor allem Leistung und Produktivität zählen. Da ist der Druck einer Gesellschaft in der unter den aktuellen Sparzwängen Kultur, Kunst und das Zweckfreie immer mehr zu überflüssigem Luxus erklärt werden. Da sind die vielen Erwartungen, Termine, Verpflichtungen, die uns in Anspruch nehmen. Da sind aber auch die Verdächtigungen, denen wir ausgesetzt sind, wenn ich mir mitten im Alltag eine Pause gönne. Da kann es schnell heißen: Haben die denn nichts zu tun? Auch die Unfähigkeit vieler Menschen, eine Zeit der Ruhe und der Stille auszuhalten, trägt dazu bei, ständig aktiv zu sein. In einer Pfarrgemeinde zeigt sich die Spannung darin, wenn geistliche Angebote in Konkurrenz zum karitativen Handeln gesehen werden. Und die täglichen Beterinnen und Beter beim Rosenkranz oder in den Werktagsgottesdiensten nur die sind, die »nur« beten. So einfach ist es also nicht, wenn Maria sich einfach zu Jesus setzt und ihm zuhört. Sie muss sich gegen die Kritik ihrer Schwester verteidigen, die ihr Verhalten als unfair und unangemessen betrachtet. Und sie muss sich gegen die eigenen Widerstände durchsetzen und gegen die Angst vor der Meinung der anderen. Jesus bekommt diesen Konflikt mit und geht darauf ein. Vielleicht spürt er, dass seine Predigt durchaus zu dieser Spannung mit beiträgt. Lukas überliefert genau vor dieser Begebenheit das Gleichnis vom barmherzigen Samariter. Hier hat Jesus gezeigt, wie sehr es ihm auf die helfende Tat, auf den konkreten Dienst ankommt. Daran lässt sich die Echtheit des Gottesdienstes messen, zu dem der Levit oder der Priester unterwegs sind, die in dem Gleichnis letzten Sonntag so schlecht weggekommen sind. Jesus kann deshalb das Sorgen und Mühen der Marta nicht gegen das Zuhören der Maria ausspielen. Er nimmt beides ernst. Jesus nimmt die entstandene Spannung zum Anlass, um etwas Entscheidendes zu sagen. Er benennt eine Reihenfolge der Wichtigkeiten. Das Hören auf seine Botschaft geht allem vor und steht für uns Christen vor allem Tun. Das Hören ersetzt dabei nicht das Tun, sondern ist sein Fundament. Jesu Wort bewegt uns zum Handeln, und gibt ihm eine Richtung und erschließt seinen Sinn. Denken wir an Jesu Wort: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“! Hier gibt Jesu Wort einen heilsamen Maßstab an für alle, die in ihrem Einsatz für andere sich so verausgaben, dass sie nicht mehr ihre eigene Bedürftigkeit erkennen. Sich einfach Zeit nehmen wie Maria, im Alltag ist das oft gar nicht so einfach. Da ist uns Marta näher als Maria. Aber im Blick auf unsere Sehnsucht, einmal auch Zeit für sich zu haben, da ist es wieder Maria, die wir sympathisch finden. Diese Frau, die spürt, dass es jetzt darauf ankommt, sich Zeit zu nehmen, hinzuhören, alles andere einmal stehen und liegen zu lassen, um selbst neu beschenkt und gestärkt zu werden. Wenn wir spüren, dass es das in unserem Alltag braucht, kann es hilfreich und heilsam sein, sich einfach einmal Zeit für sich selbst und für Gott und sein Wort zu nehmen. Etwas, was wir uns nicht nehmen lassen sollten. Machen wir es so, wie es in unserem Pfarrbrief heißt: Trage immer wieder dein Herz zu Gott, damit es dort die Kraft findet für das alltägliche Leben. Amen Pfarrer Josef Kurz
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